Was ist Arbeit?
Philosophie: Prozess der schöpferischen Aktivität des Menschen
Betriebswirtschaftslehre: Plan- und zweckmäßige Tätigkeit
Volkswirtschaftslehre: Tätigkeit zur Einkommenserzielung
Betätigungsform: Körperliche oder geistige Arbeit
Qualifikation: Ungelernte, angelernte und gelernte Arbeit
Steuerrecht: Selbständige Arbeit oder abhängige Beschäftigung
→ Unbestritten ist, dass Arbeit einen großen und wichtigen Teil
unseres Lebens darstellt. Die voraussichtliche Lebensarbeitszeit
in Deutschland lag 2022 bei 39,3 Jahren.
Systematik der Arbeitsverhältnisse
Unentgeltliche Arbeit
Tätigkeiten zum Erhalt der Lebensgrundlage und der Fürsorge (Subsistenzarbeit, Care-Arbeit)
Tätigkeiten zur Selbstentfaltung
Freiwillige Arbeit (Ehrenamt)
Unfreiwillige Arbeit (Sklaverei, Zwangsarbeit)
Erwerbsarbeit
Arbeitsleistung gegen Entgelt (Arbeitslohn)
In Beschäftigungsverhältnis (Lohnarbeit) oder in selbständiger Arbeit
Wenn Ökonom:innen von „Arbeit“ sprechen, ist meistens nur Erwerbsarbeit gemeint.
Grundlage für den Zugang zu Gütermärkten
Als Grundlage für den Zugang zu Gütermärkten sind Akteur:innen im Regelfall auf die Erzielung von Einkommen auf dem Arbeitsmarkt durch Erwerbsarbeit angewiesen.
Wirtschaftliche Güter stehen nicht frei zur Verfügung, sondern müssen produziert werden.
Für die Produktion von Gütern werden knappe Produktionsfaktoren benötigt (z.B. Arbeit).
Damit ist der Arbeitsmarkt für praktisch alle Wirtschaftssubjekte der zentrale Markt jeder Volkswirtschaft.
Anbieter: Private Haushalte
Nachfrager: Unternehmen
Die materielle und soziale Position jeder Akteur:in gründet direkt oder indirekt auf der jeweiligen Stellung innerhalb des Arbeitsmarktes.
Durch die knappe Ressource „Zeit“ besteht zwischen Arbeit und Freizeit ein trade off…
Funktionen der Erwerbsarbeit:
Generierung von Einkommen zur Bedürfniserfüllung
Erwerbsarbeit gibt dem Alltag eine zeitliche Struktur,
vermittelt Sozialkontakte,
bindet die Arbeitenden in kollektive Ziele ein,
trägt zur Definition ihres sozialen Status/ihrer Identität bei und sorgt für ein höheres Aktivitätsniveau.
→ Latente Funktionen der Arbeit nach Jahoda, M. (1983) auf Basis der Untersuchung zu den Arbeitslosen von Marienthal (1933).
Negative Folgen von Arbeitslosigkeit
Aus individuellem Blickwinkel…
fehlende Möglichkeit zur Partizipation
gesellschaftlich-kulturelle Isolation und Verarmung
psycho-soziale und gesundheitliche Probleme
Entqualifizierung durch ungenutzte Fähigkeiten und Fertigkeiten
Aus gesellschaftlichem Blickwinkel…entgangenes Produktionspotenzial
geringere Produktion/ Einkommen (Y)
geringere Konsumnachfrage (c1Y → Multiplikatoreffekt)
geringere Steuereinnahmen und damit Staatsausgaben (G)
höhere Belastung des Sozial- und Gesundheitssystems
➢ Gefährdung des sozialen Friedens
Exkurs: Arbeitswerttheorie
Die Industrialisierung löste im 19. Jahrhundert enorme ökonomische, soziale und kulturelle Umbrüche aus. Zu den bedeutendsten Kritikern der Verwerfungen der „Moderne“ und des Kapitalismus gehörte Karl Heinrich Marx (1818 – 1883).
Karl Marx hat gemeinsam mit Friedrich Engels dazu beigetragen, dass der Klassenkampf im 19. Jahrhundert stattfand. Er gilt als einer der einflussreichsten Theoretiker von Sozialismus (Vorstufe unter den Werten Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität) und des radikalen Kommunismus (klassen- und herrschaftslose Gesellschaft).
→ Das Kapital (Erster Band). Kritik der politischen Ökonomie…, erschien 1867 als Analyse und Kritik der kapitalistischen Gesellschaft.
https://www.youtube.com/watch?v=fvtq8zyYpqs
Kernpunkt der Marxschen Gesellschaftsanalyse bildet die Werttheorie, die die Erzeugung von Mehrwert durch die Verwendung von menschlicher Arbeitskraft beschreibt.
Wie bereits Ricardo ist auch Marx der Ansicht, dass sich der Wert von Gütern nur durch den Arbeitswert bestimmen lässt.
Die Differenz zwischen dem Tauschwert des Produkts und den Lohnkosten fällt Kapitalist:innen als Mehrwert zu. Profit kann ausschließlich aus dem so erhaltenen Mehrwert entstehen.
Mehrwert = Tauschwert – Wert der Arbeitskraft
Akkumulationstheorie: Die kapitalistische Produktionsweise
führt zur Kapitalakkumulation der Bourgeoisie bzw. der
Kapitalist:innen und zur Ausbeutung des Proletariats
Arbeitslosigkeit und ihre Berechnung
Die Arbeitslosen- bzw. Erwerbslosenzahl ist eine Bestandsgröße zu einem bestimmten Stichtag oder für den Durchschnitt einer Periode, die sich mit Zugängen und Abgängen als Stromgrößen verändert.
→ Die (tatsächliche) ökonomische Arbeitslosigkeit ist in der Regel höher als die
statistische Arbeitslosigkeit.
Denn: es besteht immer auch eine verdeckte Arbeitslosigkeit durch z.B.
Kurzarbeit,
Personen in subventionierter Beschäftigung (z.B. ABM),
Teilnehmer:innen an Maßnahmen der beruflichen Fortbildung,
Personen im vorzeitigen Ruhestand etc. …
Die Arbeitslosenquote der BA verwendet im Nenner neben registrierten Arbeitslosen nur die abhängig Beschäftigten im zivilen Sektor.
Die Arbeitslosenquote der EU berücksichtigt im Nenner demgegenüber neben Arbeitslosen und abhängig Beschäftigten im zivilen Sektor auch die Selbstständigen.
Die Arbeitslosenquote der OECD berücksichtigt im Unterschied zu den bislang genannten Varianten im Nenner zudem abhängig Beschäftigen im militärischen Sektor.
Im Zähler stehen immer die registrierten Arbeitslosen. Differenzierung über die unterschiedlichen Nenner möglich.
Die Quote der BA ist tendenziell am höchsten (aktuell 5,7%) gefolgt von jener der EU (aktuell 2,9%) und zum Schluss von jener der OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung).
Arbeitslosigkeit und ihre Ursachen
Unterschiedliche Arten der Arbeitslosigkeit zeigen auf, wodurch Arbeitslosigkeit entsteht. Unfreiwillige Arbeitslosigkeit kann friktionell, saisonal, konjunkturell oder strukturell geprägt sein.
Friktionelle Arbeitslosigkeit ist…
… die sogenannte Sucharbeitslosigkeit, die bei der Suche nach einem Arbeitsplatz entsteht, der den Fähigkeiten und Neigungen der/des Arbeitssuchenden am besten entspricht.
… die sogenannte Übergangsarbeitslosigkeit, die beim Übergang von einer Beschäftigung in eine andere entsteht.
→ Prinzipiell von kurzer Dauer und fällt selbst bei Vollbeschäftigung an…
Strukturelle Arbeitslosigkeit
beschreibt ein allgemeines Ungleichgewicht zwischen der Struktur der Arbeitsnachfrage und des Arbeitsangebotes.
→ Art und die Rahmenbedingungen der verfügbaren Arbeitsplätze, passen nicht zu den Arbeitssuchenden (Mismatch)
→ oder die räumliche Distanz zwischen eigentlich zusammenpassenden Arbeitsuchenden und Stellen kann nicht überwunden werden.
→ häufig der Grund für Langzeitarbeitslosigkeit.
Saisonale Arbeitslosigkeit
entsteht in Branchen die saisonal z.B. vom Klima oder der Nachfrage abhängig sind.
→ Landwirtschaft, Bauwirtschaft, Tourismusbranche, Gastronomiebranche.
Konjunkturelle Arbeitslosigkeit
ist eine Folge von konjunkturellen Schwankungen der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage (daher auch keynesianische Arbeitslosigkeit).
durch sinkende Güternachfrage sinkt die Nachfrage der Unternehmen nach Arbeit…
durch sinkende Produktion werden Stellen gestrichen, die bei steigender Nachfrage wieder besetzt werden…
die Anzahl der Arbeitssuchenden übersteigt die Anzahl der offenen Stellen…
Wirtschaftspolitik gegen Arbeitslosigkeit
konjunkturelle Arbeitslosigkeit…
→ nachfrageorientierte Wirtschaftspolitik z.B. Beschäftigungszuschüsse
friktionelle und strukturelle Arbeitslosigkeit…
→ angebotsorientierte Wirtschaftspolitik z.B. Förderung der Aus- und Weiterbildung
Die (neu-)keynesianischen Theorie starrer Lohnsätze bzw.
sticky wages beschreibt…
…dass sich Löhne nur langsam verändern und über dem Gleichgewicht verharren können. Löhne können aus zahlreichen Gründen "klebrig" bzw. „sticky“ sein, u. a. via Gewerkschaften, Arbeitsverträgen, der Abneigung gegen Nominallohnkürzungen und "Effizienzlöhnen". Dies kann gemäß des NKE zu Entlassungen bzw. Einstellungsstopps der Unternehmen führen.
Die „Klebrigkeit“ ist jedoch nur bedingt real, da das Realeinkommen aufgrund der Inflation im Laufe der Zeit in Bezug auf die Kaufkraft verringert wird!
Arbeitsmarktpolitik
In einer engeren Abgrenzung umfasst Arbeitsmarktpolitik in Deutschland den durch das Sozialgesetzbuch II und III der Bundesagentur für Arbeit übertragenen Handlungsbereich, der darauf ausgerichtet ist, Angebot und Nachfrage am Arbeitsmarkt in quantitativer oder qualitativer Weise zu beeinflussen (Niveauund Strukturdimension der Arbeitsmarktpolitik).
Arbeitsmarktausgleichspolitik
Beseitigung von struktureller Mismatch-Arbeitslosigkeit bzw. Verkürzung friktioneller Arbeitslosigkeit via verbesserter Allokation z.B. Arbeitsvermittlung
Arbeitsmarktordnungspolitik
Hoher Beschäftigungsgrad und gute Beschäftigungsbedingungen/rechtliche Rahmenbedingungen
Beschäftigungspolitik
Aufrechterhaltung/Wiederherstellung von Vollbeschäftigungssituation; Wirtschaftspolitik zur Überwindung konjunkturell bedingter Ungleichgewichte
Aktive und passive Arbeitspolitik
Während passive Arbeitsmarktpolitik primär darauf ausgerichtet ist, die materiellen Schäden bei den von Arbeitslosigkeit betroffenen Personen und ihren Angehörigen für eine gewisse Zeitdauer abzumildern,
zielt aktive Arbeitsmarktpolitik darauf ab, arbeitslosen Personen insbesondere nicht-materielle Unterstützung zur (Wieder-)Eingliederung in den Arbeitsmarkt zu geben.
Instrumente passiver Arbeitsmarktpolitik:
Lohnersatzleistungen bei kurz- und mittelfristiger Arbeitslosigkeit (Arbeitslosengeld auf Basis des SGB III)
Hilfe zum Lebensunterhalt bei Langzeitarbeitslosigkeit oder fehlendem Anspruch auf Lohnersatzleistungen (Bürgergeld auf Basis des SGB II)
Insolvenzgeld als Lohnersatzleistung bei Entgeltausfall durch Insolvenz des Arbeitgebers
Zahlung von Kurzarbeitergeld als Lohnersatzleistung für Einkommensausfall
Arbeitslosengeld
Leistung der Arbeitslosenversicherung → Finanziert aus Versicherungsbeiträgen
Auszahlung bei Eintritt in die Arbeitslosigkeit für ein Jahr (im Regelfall) wenn mind. 12 Monate Versicherungspflicht vorlag
Allgemeine Leistungssatz beträgt 60 % des vorherigen Brutto-Entgeltes
Bürgergeld
Aus Steuergeldern finanzierte Sozialleistung bei Hilfsbedürftigkeit zur Sicherstellung des Existenzminimums
Regelsatz alleinstehender Erwachsener: 563 Euro/ Monat (Minderung bei Pflichtverletzung) + Übernahme der Wohnkosten in angemessener Höhe (ca. 449 Euro).
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