Anwendung
Erhebung von Lebensgeschichten
kleinformatige Handlungsprozesse mit Beteiligung der Befragten - wenn Erzählungen möglich (Erzählung - selbsterlebtes)
weil: Analyse von Erzählungen ermöglicht tiefe Einblicke
-> nicht: wiederkehrende Prozesse, Handlungsroutinen von Interesse, Themen mit starker massenmedialer Überlagerungen (bspw. Corona, Kriegsgeschehen)
Thema und Erzählstimulus
Erleben von Brustkrebspatient:innen mit der Diagnose Brustkrebs _ Lebensqualität
Ich möchte Sie bitten, mir in aller Ruhe zu erzählen was die Diagnose für Sie bedeutet. Inwiefern hat diese Diagnose Ihr Lebens beeinflusst? Sie können alles erzählen und nehmen Sie sich die Zeit, die Sie brauchen. Ich werde Ihnen zuhören und mir nebenher Notizen machen.
Wie erleben nicht-binäre Personen die Gesundheitsversorgung?
Das Interview würde so ablaufen, dass ich Ihnen erst einmal nur zuhöre, Sie nicht unterbrechen werde und mir zunächst nur Notizen machen möchte. Ich möchte Sie bitten, Ihre Gedanken, Meinungen, Gefühle und Erlebnisse zum Erleben der Gesundheitsversorgung als nicht-binäre Person zu erzählen. Nehmen Sie sich soviel Zeit, wie Sie brauchen.
Phasen
Erzählaufforderung - vorformuliert und will die Stegreiferzählung (Haupterzählung) anregen
Haupterzählung - asymmetrische Redeverteilung; liegt bei Befragten
textimmanentes Nachfragen - Vertsändnis, Themenwechsel/angerissene Themen; Wechsel in der Textsorte -> erzählgenerierend Nachfragen - erzählgenerierend, orientieren sich jetzt an den wissenschaftlichen Relevanzsystemen des Forschungsvorhabens
textexmanentes Nachfragen
Interviewabschluss
Erzählaufforderung/Erzählstimulus
vorformuliert
offen - ohne thematische/temporale Eingrenzung
leicht strukturierend - thematische Eingrenzung
geschlossen - thematische und temporale Eingrenzung
Beispiel:
Warum strebt narratives Interview Erzählung an?
Erzählungen
eigenerlebte Erlebnisse/Erfahrung (Gefühle. Kognitionen, Selbsterklärungen/Selbsttheorien)
näher am Handlungsgeschehen als Beschreibung oder Argumentation es sind
Möglichkeit, mit heutigem Wissen auf vergangenen Handlungsablauf blicken - Kontrast
Rekonstruktion dessen, was die Person erlebt hat und wie es ihre Deutungsmuster beeinflusst/bestimmt hat
Erzählzwänge
werden in einer Erzählung wirksam, weil nur so konsistente Erzählung - redigierende Eingriffe werden spürbar, anders als bei Beschreibung und Argumentation
-> Gestaltschließungszwang - was muss der Zuhörer wissen, um der Erzählung folgen zu können - Gesamtzusammenhang - notwendige Hintergrundinformationen, die so sonst evtl. nicht zur Sprache gekommen wären
-> Kondensierungszwang - Raffung dessen, was nötig ist zu erzählen - Erzeähl- und Erlebniszeit sind nicht identisch
-> Detallierungszwang - wesentliche Punkte für die Übergäge zwischen den Ereignispunkten - Szenen beschreiben, Personen, Zeiträume, Mitakteure/Kontrahenten
4 kognitive Figuren
werden in Erzählungen reproduziert und bestimmen die Struktur der Erzählung
Erzählträger - beteiligte Person, mind. Beobachter
Erzählkette - einzelne Abschnitte von Beginn bis Ende
Situation - einzelne hervorgehobene Abschnitte
thematische Gesamtgestalt - was ist die Erzählung? Leidens-, Erfolgs- oder Scheiternsgeschichte
Auswertung - Narrationsanalyse sehr knapp; ginge ja auch dokumentarische Methode
Transkript
Narrationspassagen in Segmente untergliedert, die einen Prozessabschnitt repräsentieren
Interpretation - Wort, Satz und Segmente -> Rekonstruktion des erzählten und erlebten Prozessgeschehens
symptomatische Datenanalyse - auch “nicht-erzähltes” wird gesucht und interpretiert
-> jeder einzelne Fall wird analysiert, ganz zum Schluss fallvergleiche
-> Formulierung von “theoretischen” Kategorien über den untersuchten Prozess
Textsorten
Erzählung
präzise
hoher Detaillierungsgrad
differenzierte Darstellung eines selbsterlebten Ereignisses/Prozesses
konsistent -> redigierendes Eingreifen fällt schnell auf (zögern, Schwiegen, Wechsel Textsorte)
raum-, zeit- und kontextbezogen
Beschreibung
berichten, zusammenfassen, resümierend
generalisierend/verallgemeinernd
wiederkehrende Prozesse
“normalerweise”, “immer”, “montags”
Argumentation
bewerten, analysieren
Begründungen, Rechtfertigungen
Fokus liegt auf kausalen Zusammenhängen von Verhaltensweisen und Einstellungen
“denn”, “also”, “weil”, “deswegen”, “obwohl”
Unterschied Erzählung und Beschreibung/Argumentation
bei Beschreibungen/Argumentationen können die Chronologie verlassen, Handlungsabschnitte weglassen und die eigene Beteiligung verschleiern -> ohne dabei inkonsistent zu werden
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