-Bevölkerungsgröße/-zahl ( = Bevölkerung am Ort der Hauptwohnung)
o Man unterscheidet in Bevölkerung am Ort der Hauptwohnung und Bevölkerung in Privathaushalten
o Bei letzterer kann es zu Mehrfachzählungen kommen und Personen in Gemeinschaftsunterkünften werden nicht mitgezählt
-Bevölkerungsstand Deutschlands = alle Einwohner, die mit ihrer Hauptwohnung in der BRD und mit ihrem Hauptwohnsitz dort gemeldet sind (d.h. auch hier gemeldete Ausländer) – gilt dabei für alle administrativen Einheiten, egal ob Gemeinde, Bundesland oder Staat
o Unabhängig von Staatszugehörigkeit, so bspw. auch Schutzsuchende
-Meldepflicht bei Ausländern
o Zuzüge aus dem Ausland, d.h. Meldepflicht, wenn man länger als drei Monate in Deutschland lebt
o Nicht zur Bevölkerung gehören: Ausländische Stationierungsstreitkräfte, diplomatische Vertretungen und deren Familien
o Schutzsuchende (Asylbewerber, Flüchtlinge, etc.) unterliegen der Meldepflicht
-Bevölkerungsstruktur dagegen ist Teil der Verteilungsstruktur – dabei werden die Einwohner nach demographischen Merkmalen gegliedert (Wie Religionszugehörigkeit, Erwerbszugehörigkeit, Altersstruktur, etc.)
-Demografie – ist die Beschreibung und Erklärung der Bevölkerungsgröße und des Bevölkerungsstands
-Demographische Grundgleichung (Berechnung des Bevölkerungsstands P zum Zeitpunkt t) dient der Bevölkerungsfortschreibung
-Bevölkerungsstand wird durch Bevölkerungsfortschreibung errechnet
o Wird auf Basis einer Volkszählung oder eines Zensus fortgeschrieben
o Ausgangsbestand ist der Zensus 2011 – wobei ein neuer im Mai 2022 folgte
o 2011 wurden Register- und Verwaltungsdaten zusammengeführt und nur ein Teil der Bevölkerung befragt („gemischte Methode“)
-Auf Grundlage von Ausgangsbeständen werden jährlich die Geburten und Zuzüge addiert, die Sterbefälle und Fortzüge subtrahiert
-Bevölkerungsvorausberechnung – ist die potentielle Entwicklung unter bestimmten Annahmen (welche somit auch zu verschiedenen Szenen/Varianten führen)
-Die Basis für die Vorausberechnungen bildet der Bevölkerungsstand vom 31.12.2021 (kann falsch sein, da er auf der Bevölkerungsfortschreibung beruht)
-Beschreibt wie sich die Bevölkerungsgröße und -strukturen unter bestimmten Annahmen („Varianten“) bis 2070 entwickeln würden
-Unsicherheit von Bevölkerungsvorausberechnungen
o Daten beruhen auf Bevölkerungsfortschreibungen (letzte Volkszählung fand 1987 in der BRD und 1981 in der DDR statt – Zensus 2011 ist nur als Volkszählung im eingeschränkten Sinn zu bezeichnen), d.h. die Zahlen werden mit jährlicher Entfernung zum Zensus ungenauer
o Unerwartete historische Ereignisse können demographische Entwicklungen verändern, z.B. das Ausmaß der Zuwanderung, Pandemie, Krieg, etc. (- Wanderungssaldo weist unbestimmte Intervalle auf)
è Trotzdem großes politisches Gewicht auf Migrations- und Sozialpolitik
-Basiert auf 2021
==> Durch Geburtenrate allein würde unsere Gesellschaft schrumpfen – sie wächst aber mit unserem Wanderungssaldo
-Demographischer Übergang = nicht kriegsbedingter starker Rückgang der Geburten- UND Sterberate aufgrund von Modernisierung
-Universeller Anspruch des Modells – jede Gesellschaft macht diesen Übergang im Zuge der Industrialisierung durch, er ist irreversibel und unumkehrbar
==> Bereits seit dem Ende der unmittelbaren Nachkriegszeit und dem Babyboom 1964 ist schon ein positives Wanderungssaldo vonnöten um einem Bevölkerungsrückgang zuvorzukommen
-Fünf Phasen des ersten demographischen Übergangs
o Prätransformative Phase
1. Ausgangspunkt: Vorindustrielle Agrargesellschaft mit hoher Geburten- und Sterberate
o Transformative Phase
2. Rückgang der Sterblichkeit (insb. Der Kindersterblichkeit) bei konstanter Geburtenrate – hat ein starkes Bevölkerungswachstum zur Folge
3. Sterberate sinkt weiter, Geburtenrückgang setzt ein – immer noch Wachstum, die Bevölkerung fängt an zu Altern
4. Rückgang der Sterberate schwächt sich ab und stabilisiert sich bei sinkender Geburtenrate – langsameres Wachstum der Bevölkerung
o Posttransformative Phase
5. Stabilisierung von Sterbe- und Geburtenrate auf niedrigem Niveau – wir haben eine Phase eines offenen Endzustandes
==> Gerade in sich entwickelnden Ländern fällt durch die Industrialisierung die Sterberate stark, während die Geburtenrate dort erst einmal konstant hoch bleibt. Dies hat ein schnelles Bevölkerungswachstum zur Folge, welches häufig mit politischen Konflikten verbunden ist
-Bestandserhaltungsniveau gibt an, wie hoch die Geburtenrate hätte sein müssen, um den Bevölkerungsstand ohne Wanderung aufrecht zu erhalten
-Ein hoher Bevölkerungsgrad ist dabei nicht zwingend besser für eine Gesellschaft!
-Die Erklärungsansätze für die Bevölkerungsentwicklungen haben einen globalen Geltungsanspruch – Ausgangspunkt ist die Industrialisierung
o Modernisierung
o Technisierung
o Steigerung von Wohlstand und Bildung
o Ausbildung von „modernen“ Mentalitäten und Lebensformen, u.a. durch Bildung
-Erklärungen des Geburtenrückgangs
o Als Folge der Sozialpolitik sinken die materiellen Vorteile von Kindern
§ Verbot der Kinderarbeit, Schulpflicht – Eltern müssen dadurch die Kosten der Aufzucht tragen ohne davon einen direkten ökonomischen Vorteil zu erlangen
§ Einführung der Rentenversicherung – Männer und Frauen haben weniger die Unterstützung durch Kinder nötig
o Kosten von Kindern nehmen zu (Ausbildung, Opportunitätskosten)
==> Mikroökonomische Erklärung
o Emotionaler Gewinn durch Kinder, ist auch nur mit wenigen Kindern erreichbar
o Wandel von Werten und Normen
==>Soziologische Erklärung
· Erklärung des Sterblichkeitsrückgangs
o Medizinischer Fortschritt (Entwicklung von Antibiotika, Krankenhaushygiene, etc.)
o Sanierung der Städte (Abwassersysteme, Müllabfuhr, etc.)
o Arbeits- und Unfallschutz
o Bessere Ernährung und Versorgung der Kinder
-Folgt unmittelbar auf den ersten demographischen Übergang – Geburtenrückgang ab Mitte der 1960er Jahre unter Reproduktionsniveau (wobei es umstritten ist ob hier ein wirklicher demographischer Übergang vorliegt)
o Tatsächlich ist nur die Geburtenrate stark gesunken, die Sterberate ist nicht radikal zurückgegangen – d.h. wirklich ein demographischer Übergang aufgrund der Industrialisierung oder nur ein starker Geburtenrückgang?
-Nach dem geburtenstärksten Jahrgang in Dt. 1964 liegt die Geburtenrate dauerhaft unter der Sterberate (sogenannter „Pillenknick“ – Ursachen sind aber komplexer)
-Gründe für den zweiten demographischen Übergang ab Mitte der 1960er Jahre bis in die 1970er Jahre hinein
o Karriereziele von Männern UND Frauen werden durch hohe Opportunitätskosten der Elternschaft behindert
§ Hohe Vereinbarkeitsproblematiken von Elternschaft (insb. Frauen) und Beruf – Strukturen laufen hier zuwider
o Instrumentelle und finanzielle Vorteile von Kindern gehen weiter zurück, emotionaler Gewinn von Kindern ist mit einem oder zwei Kindern realisierbar
§ Familie als „Betrieb“ ist aufgrund der Fürsorgeleistungen durch gesellschaftliche und staatliche Einrichtungen nicht mehr nötig
§ Kinder werden so etwas rein Emotionales, Sinnstiftendes und Erfahrungsbereicherndes
§ Gestiegener Kosten- und Erziehungsaufwand für Kinder
o Wertewandel, d.h. Postmaterialismus, Selbstverwirklichung und nichteheliche Lebensgemeinschaften
o Individualisierung und Pluralisierung von Lebensformen spielt eine immer größere Rolle, dazu kommen Rationalisierung und Spezialisierung
-Weitere Entwicklung ab Mitte der 1960er Jahre
o Entkoppelung von Sexualität, Ehe und Fortpflanzung – was lange Zeit ein fester Verbund gewesen ist
o Zunehmende Verbreitung von Kontrazeptiva (vom „ungeplanten“ zum „geplanten“ Kind)
o Anstieg der Ehescheidungsrate und der nichtehelichen Lebensgemeinschaften
==> Erster und zweiter demographischer Übergang weisen zwar unterschiedliche Verläufe, z.T. aber ähnliche Bedingungen auf
-In allen Populationen werden mehr Jungen als Mädchen geboren // quantitatives Verhältnis von Männern und Frauen wird Sexualproportion genannt
-In Dt. immer wieder Schwankungen aufgrund geschlechter-spezifischer Migration
-Primäre Sexualproportion – Verhältnis von Ei- und Samenzellen
o Nicht genau bekannt, aber vermutlich ca. 100 – eine geschlechtsspezifische pränatale Sterblichkeit bedingt die sekundäre Sexualproportion
-Sekundäre Sexualproportion ist die der Lebendgeborenen – mehr oder weniger konstant schwankt sie zwischen 102 und 106 mit einem Mittelwert zwischen 105 und 106 (d.h. zwischen 105 und 106 lebendgeborene Jungen pro 100 lebendgeborene Mädchen)
-Positiver Zusammenhang zwischen sekundärer Sexualproportion und historischen Ereignissen, welche die Bevölkerung belasten (z.B. Hungerkatastrophen, Kriege, etc.)
-Deutschland weist hier z.T. große regionale Unterschiede auf
-Oft eine Folge geschlechtsspezifischer Migration (Bsp. Landkreis Prignitz: 2011 lebten dort 122 Männer auf 100 Frauen) – Konsequenz einer Mobilität, bei der mehr Frauen abgewandert sind als Männer
-In China bspw. hat die Ein-Kind-Politik und die männliche Nachkommenspräferenz zu seiner Sexualproportion von 117 Männern zu 100 Frauen bei der Bevölkerung unter 15 Jahren geführt
-Altersstruktur ist das Ergebnis der Geburtenhäufigkeiten, Wanderungsbewegungen und Sterbefälle der letzten 100 Jahre
-Grundtypen des Altersaufbaus
-Stationäre Bevölkerung bspw. oft in Lateinamerika zu finden
-Schrumpfende Bevölkerung hat u.a. eine Überalterung zur Folge
==> 1964 größter Geburtenjahrgang in Deutschland
-Median ist hierbei nicht das arithmetische Mittel, sondern exakt die Hälfte aller aneinandergereihten Alter in Deutschland
o Altenquotient: Verhältnis der Über-60- oder Über-65-Jährigen zu den 20 bis 60- bzw. 64-Jährigen
-Alterung der Bevölkerung
-Zunahme des Anteils älterer Menschen im Vergleich zum Anteil der jüngeren Menschen – wichtiger Aspekt des demographischen Wandels
o Bevölkerungsrückgang hat wahrscheinlich weniger gravierende Konsequenzen als die Veränderung der Altersstruktur
o Tritt im Zuge sinkender Geburtenraten bei gleichbleibenden, bzw. sinkenden Sterberaten ein
o Universalität in allen Weltregionen – außer in vielen Entwicklungsländern, dort geht sie schneller voran
o Alterung wird sich in den nächsten Jahrzehnten beschleunigen, die Zahl der ganz Alten nimmt somit rasch zu
o Die Alterungsbewegung weist eine kurzfristige Form der Unumkehrbarkeit auf
-Soziale Sicherung
o Dem Generationenvertrag (d.h. dem Umlageverfahren im Rentensystem) fehlt zunehmend die demographische Basis, weil immer weniger Erwerbstätige immer mehr Rentner finanzieren müssen
§ Rentenbezugsdauer hat sich in den letzten 50 Jahren von knapp 10 auf 18.5 Jahre (2010) fast verdoppelt
§ Zuwachs an Pflegefällen
§ Prekäre Beschäftigungsverhältnisse resultieren in Altersarmut
o Mögliche Maßnahmen
§ Private Altersvorsorge
§ Erhöhung der Frauenerwerbstätigkeit
§ Förderung der Arbeitsmigration
§ Verkürzung der Schul- und Studienzeit
§ Anhebung der Regelaltersgrenze
o Querschnitts- und Periodenbetrachtung: Ereignisse (z.B. Geburten) werden in einem bestimmten Kalenderjahr („Periode“) gezählt
§ Bsp. Wie viele Kinder werden in einem Jahr geboren?
o Längsschnitt- und Kohortenbetrachtung: Beobachtung von Ereignissen über mehrere Kalenderjahre hinweg innerhalb einer Geburtskohorte
§ Bsp. Wie viele Kinder bringt eine Frau im Laufe ihres Lebens zur Welt?
==> Diagramm veranschaulicht ganz gut die Betrachtungsweisen („Wer war wann und in welchem Alter betroffen?“ – das „Wie?“ wird dabei jedoch nicht geklärt)
-Eine Kohorte ist eine Bevölkerungsgruppe, bzw. eine soziale Einheit, die ein bestimmtes Ereignis in demselben Zeitintervall erfährt
-Kohorten können durch zwei spezifische Kombinationen von Ereignis und Zeitachse auf je zwei Aggregatebenen konstruiert werden
o Kohorten werden durch bestimmte individuelle Ereignisse gebildet, die in dasselbe historische Zeitintervall fallen
§ Bsp. Individuelles Ereignis ist Geburt, historisches Zeitintervall ist ein Kalenderjahr (Geburtskohorte, so gibt es aber auch Rentenkohorte, Schuleintrittskohorte, etc.) – individuelle Zeit stellt dabei die Mikroebene dar
o Kohorten werden durch historische Ereignisse konstruiert, die eine Bevölkerungsgruppe in demselben Alter erlebt.
§ Bsp. Fall der Mauer, individuelles Zeitintervall ist das Alter von 15 bis 20 Jahren – historische Zeit stellt dabei die Makroebene dar
==> Kohorten sich nicht zwingend begrenzt; sie können auch eine Altersspanne von 15-40 Jahren umfassen – sie werden dann nur unspezifischer
-Querschnittsbetrachtung (Horizontale Schläuche): Wie wurde die gesamte Bevölkerung im Jahre 1989 von der Wende betroffen (Periodeneffekte)?
-Längsschnitt- oder Kohortenbetrachtung (diagonale Schläuche): Entwicklung ein und derselben Geburtskohorte über die gesamte Altersspanne (Kohorteneffekte)
-Altersbetrachtung (vertikale Schläuche): Was geschieht in einer bestimmten Altersgruppe in verschiedenen Geburtskohorten und in unterschiedlichen Kalenderjahren (Alterseffekte)?
-Alterseffekte – Unterschiede aufgrund von alterskorrelierten Entwicklungsprozessen (diese können dabei biologisch, psychologisch oder auch sozial sein)
-Kohorteneffekte – Unterschiede aufgrund soziokultureller Ereignisse zum Zeitpunkt der Datenerhebung (brisantes und einschneidendes Ereignis, Terroranschlag oder Pandemie, etc.)
==> Grenzen sind dabei fließend, d.h. es ist bei kausalen Zusammenhängen nicht auseinanderzuhalten, ob ein Alters- oder Kohorteneffekt vorliegt
-Bevölkerung mit Migrationshintergrund wird definiert: „dann einen Migrationshintergrund, wenn sie selbst oder mindestens ein Elternteil nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren ist. Zu den Personen mit Migrationshintergrund gehören im Einzelnen alle Ausländer, (Spät-)Aussiedler und Eingebürgerten. Ebenso dazu gehören Personen, die zwar mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren sind, bei denen aber mindestens ein Elternteil Ausländer, (Spät-)Aussiedler oder eingebürgert ist. Außerdem Personen, die durch Adoption deutscher Eltern, die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten haben, sowie Kinder der vier genannten Gruppen“ (Huinink/Schröder 2019, S.57)
-Ausländer*innen
o Personen die nicht Deutsche nach Artikel 116 Absatz 1 GG sind
o Deutsche Staatsbürgerschaft wird erworben durch: Geburt (bei einem dt. Elternteil), Adoption oder Einbürgerung
-Altersspezifische Geburtenziffer (age-specific fertility rate)
o Verhältnis von der Anzahl der Lebendgeborenen von Frauen im Alter von X zur Zahl der Frauen im Alter von X, d.h. wie viele Kinder haben Frauen im Alter von X im Kalenderjahr bekommen?
-Zusammengefasste Geburtenziffer (total fertility rate, TRF) – Schätzwert der durchschnittlichen Anzahl der Kinder, die eine Frau im Laufe ihres Lebens zur Welt bringt
o Ist die Summe der altersspezifischen Geburtenziffern innerhalb eines Kalenderjahres
o Betrachtet werden alle Frauen im Alter zwischen 15 und 49 (manchmal 45) – dabei werden alle Frauen in einem hypothetischen Jahrgang (Kohorte) zusammengefasst, d.h. die TFR ist eine Querschnittsanalyse, bzw. eine Altersbetrachtung
o Sagt aus, wie viele Kinder eine Frau durchschnittlich im Laufe des Lebens hätte, wenn die zu einem einheitlichen Zeitpunkt ermittelten altersspezifischen Geburtenziffern für den gesamten Zeitraum ihrer fruchtbaren Lebensphase gelten würden.
o Tempoeffekt: Aufschub des Gebärens ändert die TFR zeitweise, weil sich das Alter der Gebärenden, nicht aber die Kinderzahl verändert
§ Da das Alter bei Geburt in Westdeutschland seit den 1970er Jahren und in Ostdeutschland seit 1990 kontinuierlich gestiegen ist, muss man davon ausgehen, dass die jährliche Geburtenziffer als Indikator für die tatsächliche Kinderzahl pro Frau verzerrt ist
o Bsp.: Die TFR 2007 wird wie folgt interpretiert: Wenn das Geburtenverhalten der Frauen zwischen ihrem 15. und 50. Geburtstag so wäre wie das durchschnittliche Geburtenverhalten aller 15- bis 49-jährigen Frauen im Jahr 2007, würden sie im Laufe ihres Lebens durchschnittlich 1,37 Kinder bekommen.
==> Schon lange existierender Trend, dass Kinder im Lebenslauf erst später geboren werden
-Endgültige Kinderzahl (completed fertility rate, CFR)
o Endgültige Kinderzahl von Frauen, die derselben Kohorte / demselben Geburtenjahrgang angehören (hier handelt es sich demnach um eine retrospektive und Kohorten-, bzw. Längsschnittbetrachtung
o Summe der altersspezifischen Geburtenziffern der Frauen dieser Kohorte
o Kann erst bestimmt werden, wenn die Frauen ein Alter erreicht haben, in dem sie keine Kinder mehr bekommen können (statistisch 49+)
-Bestandserhaltungsniveau
o Geburtenniveau, welches zum Erhalt der Elterngeneration durch die Kindergeneration benötigt wird
o Verändert sich historisch durch die Entwicklung der Sterblichkeit
o Sind von 1.000 Frauen eines Geburtsjahrgangs bis zu ihrem 49. Lebensjahr wiederum 1.000 Mädchen geboren worden, so spricht man vom einfachen Ersatz der Elterngeneration
-Starker Rückgang zu Beginn des 20. Jahrhunderts
-Dann Babyboom in den 1960er Jahren
o „Nachgeholte Geburten“ nach dem 2. WK
o Nachfolgende Kohorten begannen immer früher mit Familiengründung, Heiraten – sog. „Golden Age of Marriage“
o Endgültige Kinderzahl der Frauen stieg geringfügig an
o Materielle Sicherheit durch das Wirtschaftswunder
-Anschließender Abschwung zum Ende der 1960er Jahre (siehe letzte Woche)
o Geburtenniveau fällt unter das Reproduktionsniveau
o "Pillenknick" (für den die Pille jedoch nicht allein verantwortlich ist): Mit Anti-Baby-Pille war bessere Planung der Familiengründung möglich
o Emanzipation und Wandels des Rollenbildes: Aufschub der Familiengründung durch längere Bildungszeiten und Erwerbstätigkeit der Frauen
o Neue Lebensformen und sexuelle Liberalisierung
o Bildung und Familie ist noch unvereinbarer als Arbeit und Familie
o Immer mehr Frauen bleiben kinderlos
· Kinderlosigkeit in Deutschland
o Höhere Kinderlosigkeit in jüngeren Geburtsjahrgängen, besonders in Westdeutschland
o Unterschiede zwischen Ost-West heute noch erkennbar (Gründe: im Osten bessere Unterstützung von Schwangeren, Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Betreuungsangebot, etc.)
o Drastischer Geburtenrückgang in Ostdeutschland im Zuge der Wende
o Weitere entscheidende und bestimmende Determinante: Bildungsniveau, d.h. je höher das Bildungsniveau der Frau, desto eher bleibt sie kinderlos – dies gilt jedoch nur für Westdeutschland, nicht für Ostdeutschland
-Lebenserwartung = gibt an wie viele Jahre ein Mensch unter den Sterblichkeitsverhältnissen des betreffenden Kalenderjahres im Durchschnitt noch zu leben hat
o Sie ist ein hypothetisches Maß – und unterstellt, dass die altersspezifischen Sterbewahrscheinlichkeiten des jeweils betrachteten Jahres für das gesamte Leben gelten
o Mit zunehmendem Alter erhöht sich die durchschnittliche Lebenserwartung, da das Sterberisiko der bereits durchlebten Jahre entfällt, außerdem verändern sich die Sterblichkeitsverhältnisse im Zeitverlauf
-Berechnung der durchschnittlichen Lebenserwartung mithilfe der Sterbetafel – erfolgt für jedes Altersjahr über die altersspezifischen Sterbewahrscheinlichkeiten
o Am bekanntesten ist die Lebenserwartung bei der Geburt – bei der Lebenserwartung für die anderen Altersjahre spricht man von ferneren durchschnittlichen Lebenserwartungen
-Männer haben global eine geringere Lebenserwartung als Frauen – aufgrund anderer Normen, Erwartungen und des Lebensstils
o Anderes Gesundheitsbewusstsein der Frauen, d.h. gesünderer Lebensstil
o Höhere Belastung / Risiken am Arbeitsplatz
o Häufiger Unfälle mit Todesfolge und Opfer von Mord&Totschlag
o Hormonelle und genetische Faktoren bedingen längere Lebensspanne bei Frauen
-Lebenserwartung hat sich in Deutschland seit 1871 verdoppelt (was auch ein wichtiger Indikator für den Entwicklungsstand eines Landes ist)
-Entwicklung der Lebenserwartung Neugeborener seit 1871/1881: Lebenserwartung bei Geburt…
o …Männer: 1871/81 (35,6 Jahre) oder 2019/21 (78,5 Jahre)
o …Frauen: 1871/81 (38,5 Jahre) oder 2019/21 (83,4 Jahre)
-Rektangularisierung der Überlebenswahrscheinlichkeit (bzw. der Sterbekurve), d.h. Kurve wird immer mehr zum Rechteck
o In den vorindustriellen Gesellschaften konnte einen der Tod in jedem Lebensalter treffen
o In modernen Gesellschaften wurde der Tod ins hohe Alter verlagert – Leben wird „sicherer“
==> Normen über und Investitionen in den Lebenslauf werden sinnvoller, Institutionalisierung und Planung der Lebenszeit
-Wanderungsstatistik basiert auf Wanderungsfällen, die von Meldeämtern registriert werden
-Migration = räumliche Verlegung des Lebensmittelpunktes einer Person
o Außenwanderung (internationale Migration, d.h. Wechsel des Lebensmittelpunktes über Landesgrenzen)
o Binnenwanderung (Wanderung zwischen Regionen innerhalb eines Landes oder einer Region) – Bsp. mehr Menschen ziehen von Ost- nach Westdeutschland, was sich nun aber stabilisiert hat
-Wanderungssaldo: Differenz zwischen Zu- und Fortzügen
-Wanderungsvolumen: Summe von Zu- und Fortzügen
=>Migration ist sozial selektiv (Alter, Bildung): Veränderungen durch Wanderungen in Bevölkerungsgröße und -struktur in Ziel- und Herkunftsland
o Binnenwanderung innerhalb Deutschlands zwischen 1995 und 2016 stabil
o Je höher das Bildungsniveau, desto höher ist die räumliche Mobilität (außerdem häufiger zwischen dem 18. Und 30. Lebensjahr
-Migration in der Nachkriegszeit – BRD als Einwanderungsland
o 1944-50: Aufnahme von 8 Mill. (BRD) bzw. 4 Mill. (DDR) Vertriebenen und Flüchtlingen
o 1945-61: BRD nimmt 3,1 Mill. Flüchtlinge und Übersiedler aus DDR auf
o 1955-74: Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte (ca. 3,5 Mill.): Italien, Spanien, Griechenland, Türkei, Marokko, Portugal, Tunesien, Jugoslawien (1973 Anwerbestopp und Zuwanderungsgesetz)
o ab 1980: Zunehmende Einwanderung von Asylsuchenden aus Staaten des Globalen Südens
o ab 1987: Verstärkte Einwanderung von (Spät-)Aussiedlern („Deutschstämmige“ aus Ost- und Südosteuropa, frühere Sowjetunion)
o ab 1988: Zusammenbruch sozialistischer Staaten, Ausreisewelle aus der DDR
o ab 2015: starke Migrationsbewegungen aus dem Nahen Osten (Syrien, Irak), Afghanistan, verschiedene afrikanische Länder (Gründe: Bürgerkrieg, Terrorismus, Armut)
o Im zweiten Corona-Jahr 2021 sind rund 329 000 Personen mehr nach Deutschland zugezogen als aus Deutschland fortgezogen.
o 2022: Von Februar bis August 952 000 Zuzüge aus der Ukraine
==> (West-)Deutschland als Einwanderungsland auf internationaler Spitzenposition (vor allem Ende der 1980er Jahre) - „Auf 100.000 Einwohner bezogen, betrug die Zahl der Zuwanderer in den 1980er Jahren in den USA 245, in Kanada 479, in Australien 694 und in Westdeutschland 1022“ // starker Einfluss von politischen Entscheidungen
o Bevölkerungswachstum seit den 1990er Jahren geht ausschließlich auf Nettozuwanderung zurück – ohne Zuwanderung überhaupt nicht möglich
· DDR als Auswanderungsland
o DDR war neben Irland das einzige Land in Westeuropa, aus dem bis in die 1980er Jahre hinein durchgehend mehr Menschen fortzogen als zuwanderten – 1989 lebten in der DDR weniger als 200.000 Ausländer (insb. Aus Vietnam und Mosambik)
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