Sie sind ein Gasnetzbetreiber und möchten ihr Gasnetz von Erdgas auf Wasserstoff umstellen. Wie gehen Sie vor und was müssen Sie beachten?
Aktuell ist eine H2-Beimischung in das Gasnetz von 10 % erlaubt und 20 % wären ebenfalls technisch möglich. Jedoch kann der H2-Gehalt bei Industriekunden zu Problemen führen
Bis 2040 soll in Deutschland bereits der H2-Backbone, d.h. Erdgasleitungen mit einer Länge von 5.900 km für den Transport von 100 %, fertiggestellt werden.
H2-Backbone:
Bei der Umwidmung auf 100 % Wasserstoff muss man differenzieren zwischen Punktobjekten (Anlagen wie Verdichter) und Leitungsobjekten (Rohren). Punktobjekte sind leichter umzutauschen.
Kunststoffleitungen und Stahlrohre sind Wasserstoffverträglich (aktuell 80 % der deutschen Rohre)
Herausforderungen bei der H2-Beimischung:
Verträglichkeit der Leitungen und Betriebsmittel
Verträglichkeit der angeschlossenen Verbraucheranlagen
Werkstoffe und Materialien des Bestandsnetzes müssen verträglich sein
Erdgastankstellen und Industrieanlagen sind sehr kritisch
geringere volumetrische Energiedichte erst ab 75 % H2 50 % der Energie abgedeckt
Anpassung der Brenner (siehe V1)
Baujahr der Gasleitung entscheidend -> Dichtigkeit
kostengünstige Option für längere Distanzen
Welche fünf Schritte können/sollten Sie befolgen, um erfolgreich auf 100 % Wasserstoff umzustellen
1) Netzbetreiber muss Bedarfe und Zukunftswünsche der Anwohner in Erfahrung bringen
2) Das Gebiet als Gas-Umstellungsgebiet ausweisen und die Verteilnetze für 100 % Wasserstoff ertüchtigen
3) Netztrennung: Teil des Netzes bereits auf 100 % Wasserstoff umstellen; anderen Teil Stück für Stück mehr beimischen
4) 100 % Wasserstoff im gesamten Netz + Individuallösungen (z.B. Stromlösung -> Produktion von H2 mit Elektrolyseuren bei mangelndem H2-Vorrat)
5) Ausbau der Resilienz (EE-Zubau, H2-Erzeugung, Speicherung)
Sie haben von Materialverträglichkeit gesprochen. Welche Effekte können zu Problemen beim Material führen, wenn diese mit Wasserstoff in Berührung kommen?
1) Permeation von Wasserstoff: Wasserstoff ist ein sehr kleines Molekül was dazu führt, dass es durch massive Metallwände diffundieren kann
-> allerdings mit geeigneten Metallen beherrschbar
2) Wasserstoffversprödung:
Atomarer Wasserstoff wird von dem Material absobiert was zu Wechselwirkungen in der Gitterstruktur führt -> hohe Spannungen innerhalb des Materials
Austentischer Stahl, Aluminium, Nickel sind weniger anfällig dafür
Was muss man bei dem Austausch von Erdgas-Brennern mit H2-Brennern beachten?
Es gibt aktuell schon Brenner die mit 20 - 30% Beimischung von Wasserstoff klar kommen
Auch 100 % H2-Brenner schon marktreif
Die Brennertechnologie und die Flammenüberwachung muss angepasst werden aufgrund von kürzeren und heißeren Flammen mit einer wesentlich höheren Geschwindigkeit. Flammenrückschlag muss beachtet werden
Alternative Verbraucher wären auch Mikro-KWK in Form von Brennstoffzellenheizungen
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