Motive der Plessnerschen Anthropologie
Verbindung von Anthropologie und Naturwissenschaft
Aufzeigen der Verwurzelung der Kultur in der biologischen Natur des Menschen
radikal antimetaphysischer und historischer Ansatz
-> dynamisches Menschenbild (unterliegt kulturspezifischen Bedingungen)
Überwindung des Ethnozentrismus auf europäisches Menschenbild
historischer Standpunkt -> eigene Horizontbedingtheit muss mitgedacht werden
nicht normatives Menschenbild mit dem Menschen identifizieren
Gegenstand: hominitas = Mensch, als Zugehörigkeit zur Spezies homo sapiens (=/ humanitas, Idealbild des Menschen)
=Begründung einer transkulturellen Anthropologie
benötigt: Tiefenstruktur, auf welcher verschiedene Menschenbilder aufbauen
Grundzüge der Plessnerschen Anthropologie
Positionalität = höchstes Apriori (eine nicht-erfahrungsbasierte Leitidee)
Leitfaden = Prinzip Leben in Pflanzen, Tieren und Menschen
also Aufbau auf eine Philosophie des lebendigen Daseins (Wissenschaftsprogramm von Wilhelm Dilthey und Georg Misch)
Voraussetzung: apriorische Theorie der organischen Wesensmerkmale; diese sind in Qulität irreduzibel (z. B. Stoffwechsel, Vermehrung, Vererbung)
Ableitung aus Prinzip der grenzrealisierenden Körper
Organismen behaupten Grenze gegenüber Umwelt; Dinge besitzen diese nur = Positionalität (Selbstgrenzsetzung)
“Stufen des Organischen” = Steigerungen dieser Selbstgrenzsetzung
offene Positionalität (Plessner)
= Strukturtyp der Pflanzen, azentrisch
unmittelbar in Umgebung eingegliedert und unselbständig gegenüber Lebenskreis
= kein Trieb- oder Willensimpuls, da keine Zentralorgane
geschlossene Positionalität (Plessner)
= Strukturtyp der Tiere, zentrisch
besitzen Selbständigkeit ggüber Lebenskreis
da: Reiz-Reaktion-Verkopplung (sensomotorische Zuordnung)
basiert auf Jakob von Uexküll: sensorische Reize (“Merken”) werden durch motorische Rekationen (“Wirken”) beantwortet
Merkwelt / Wirkwelt
=> opitmale Eingepasstheit in Umgebung = Spezialisierungen (Geschwindigkeit; Sehvermögen; …)
=> Agieren mit Bewusstsein
dezentralistische Form der Geschlossenheit:
-> nur ansatzweise geschlossen, bspw. wirbellose Tiere
Verhalten mit Bewusstsein, da keine Entscheidungsmöglichkeit über Reaktion (passiv)
nicht 1 Zentralorgan reagiert, sondern verschiedene Zentren reagieren
zentralistische Form:
Verhalten aufgrund Bewusstsein
einzelne Reize werden durch 1 Zentralorgan zu perspektischer Umweltrepräsentation zusammengesetzt = komplexes Merkfeld entsteht
= Dingbewusstsein besteht = können Reaktion auf Merkfeld beziehen (aktiv); haben also Verhaltenssteuerung
erleben sich in Distanz zur Umwelt = “Frontalität”
damit einhergehend = Mehrung der Reaktionsmöglichkeiten
-> führt zu Unsicherheit über Entscheidung
Kompensation durch Instinkt u Erfahrung
Anthropion bei Plessner
= exzentrische Positionalität
nicht mehr nur im erlebenden Mittelpunkt des Umfeldes (zentrisch), sondern außerhalb dieses Zentrums
Mensch hat also Distanz auch zu sich selbst
offen bleibt bei Plessner, welches Vermögen dieser exzentrischen Positionalität zu Grunde liegt
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Kritikpunkte:
“ex” = irreführende Formulierung
meint kein zweites Zentrum, sondern nur die Betrachtung des eigenen Zentrums; meint das metaphorisch
auch wenn er betont, dass das nicht gemeint ist, ist es missverständlich
Eindruck, dass Anthropion ständige Selbstobjektivierung und Dauerreflexio bezeichnet
betont daraufhin, dass es ein Hin- und Herbewegen zwischen Selbstobjektivierung und Wahrnehmungsperspektive des Tieres ist
Was genau ermöglicht Selbstobjektivierung? Was ist das Anthropion?
Vorstellungskraft? Denkvermögen?
biologische? kulturell?
sagt es seien keine evolutionären Aspekte -> also biologisch
aber warum?
3 anthropologischen Grundgesetze + Kritik (Plessner)
Gesetz der natürlichen Künstlichkeit
naturnotwendige Künstlichkeit, weil Mensch Mängelwesen (ergänzungsbedürftig)
-> schwache Instinkt
Manifestation der Mängel = kulturelle Produktivität
Kompensation durch Kultur (= kein transzendeten Hintergund)
Gesetz der vermittelnden Unmittelbarkeit
(zwei Gesetze)
1) Notwendigkeit von Reflexion oder Philosophie
Bewusstsein vermittelt zw. Merken (Reiz) und Wirken (Reaktion)
dessen wird sich Mensch bewusst und fragt sich wie unmittelbar das Merken ist (ob dieses auch schon durch das Bewusstsein beeinflusst wird)
2) Notwendigkeit der geschichtlichen Selbstüberholung aller Kulturäußerungen
Zweck: Kompensation
Vermittlung des menschlichen Bewusstseins wird für spätere Generationen Unmittelbarkeit, sodass neue Vermittlung stattfinden muss
+ “Expressivität” = Diskreptanz zw. Erreichtem und Erstrebtem
=> Grund für den historischen Charakter menschlicher Existenz
Gesetz des utopischen Standorts
Mensch ist Beobachter der Außen-, Innen- und Mitwelt
Ich ist im Nirgendwo; braucht kompensatorischen Standort
schafft sich als Stützpunkt Religion
Bedeutung Begriffe “Gott” und “Religion” variabel -> Funktion gleichbleibend
Kritik:
formulieren gegenläufige Tendenzen
Folgen der exzentrischen Positionalität (Plessner)
= Entzweiung mit selbst und der Umwelt
Entstehung drei exklusiver Welten: Außenwelt, Innenwelt, Mitwelt
drei Arten des Wechsel von tierischer Perspektive und Selbstobjektivierung:
Zwischen Umfeld (Tier) und Außenwelt
Wahrnehmen eines Umfelds durch Sinne
Vergegenständlichung des eigenen Körpers -> dieser wird Teil der Außenwelt
Zwischen Selbsterleben (Tier) und Innenwelt
Vergegenständlichung des seelischen Erlebens
Probleme:
sofortige Interpretation des Selbsterleben könnte dieser verfälschen
keine Kriterien, ob Erleben tatsächlich objektiv betrachtet werden kann
abstrakte Unterscheidung ist zwar möglich, aber nicht trennscharf (Wo Erlebe ich noch? Ab wann interpretiere ich?)
Zwischen Mitverhältnis und Mitwelt
Mitverhältnis bei Tieren: Witterung von Artgenossen/Feinden
Reziprozität der Perspektive
= Erkennung, dass andere auch eigene Perspektiven haben, und damit auch Perspektive auf einen selbst
=> Tiere = keine Fähigkeit zur Subjektivierung = keiner Fähigkeit zur Objektivierung
Unterschiede Scheler + Plessner
Motive
Scheler: statisches Menschenbild
Plessner: dynamisches Menschenbild
Stufen bei Scheler = integratives Vermögen oder Fähigkeiten (Mensch hat pflanzl. u tierischen Stufen inne)
Plessner: alternative Strukturen; grenzen sich hierdurch ab
Scheler: assoziatives Gedächtnis
Plessner: Erfahrung für Tieren als Kompensation zur Unsicherheit durch Möglichkeitsmehrung
-> Scheler eigene Stufe; bei Plessner Binnendifferenzierung in geschlossener Positionalität
Anthropion:
Scheler: Weltoffenheit?
Plessner: exzentrische Positionalität
-> unterschiedliche Begriffe für das Gleiche
Integration der Mitmenschen, der Anderen in Theorie
Scheler: nich vorhanden
Plessner: Mitverhältnis/ Mitwelt
Einleitung
Die Philosophische Anthropologie betrachtet das Wesen des Menschen aus einer naturwissenschaftlich ausgericheteten Perspektive. Sie erhebt den Anspruch den Mensch als Teil der Natur zu erklären ohne hierfür auf metaphysische Erklärungen zurückzugreifen. Als ihr Begründer gilt Max Scheler. Helmuth Plessners Werk entwickelte die Disziplin weiter.
Dieser Text wird sich mit den Grundgedanken der Plessnerschen Antrhopologie befassen. Da Scheler asl Begründer der Disziplin gilt soll Plessners Theorie geben Schelers abgegrenzt werden, ohne hierbei Schelers komplette Theorie zu erläutern.
Hierfür werden zunächst Plessners Motive erläutert. Darauf folgt eine kurze Skizzierung der Grundszüge seiner Theorie. Es wird auf die verschiedenen Arten der Positionalität eingegangen und hieraus folgend das Plessnersche Anthropion erläutert. Daraufhin werden die drei anthropologischen Grundgesetze skizziert. An den entsprechenden Punkten wird auf die Differenzen zu Schelers Theorie eingegangen.
In einem abschließenden Fazit sollen die Unterschiede zwischen der Plessnerschen und Schelerschen Anthropologie zusammengefasst werden.
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