Bewertung von (Standort-)Alternativen:
Mögliche Verfahren zur Entscheidungsunterstützung sind (u. a.):
bei quantitativen Informationen:
Break-Even-Analyse, Verfahren der Investitionsrechnung (siehe z. B. Götze & Bloech 2002) und Optimierungsmodelle zur Standortwahl, z. B. Warehouse-Location Problem
bei (primär) qualitativen Informationen:
Nutzwertanalyse und Scoring-Modelle
Bei quantitativen und qualitativen Informationen:
AHP (Analytischer Hierarchieprozess), PROMETHEE
Das Warehouse-Location Problem (WLP)
Bedeutung: Frage, an welchen Standorten Unternehmen ihre Lagerhäuser/ Distributionszentren errichten sollten, um die Gesamtkosten zu minimieren.
Kosten aus Standorterrichtungskosten, den Belieferungskosten/Transportkosten zwischen Lagerhäusern und Kunden oder Produktionsstätten
Ziel: Minimiere die Summe aus Standorterrichtungskosten und Belieferungskosten
WLP - Hauptkategorien:
Unkapazitiertes WLP: Jedes Lagerhaus kann beliebig viele Produkte aufnehmen
Verbindungen (Kanten):
Jeder potenzielle Lagerhausstandort ist mit jedem Kunden durch eine Kante verbunden. Bedeutet, dass jedes Lagerhaus jeden Kunden beliefern kann. Dies spiegelt das "unkapazitierte" Problems wider, da keine Beschränkungen für die Menge gibt, die zwischen Lagerhäusern und Kunden transportiert werden können.
Gewichtungen:
Transportkosten/ Errichtungskosten:
Jede Kante, die einen potenziellen Standort mit einem Kunden verbindet, ist mit Transportkosten gewichtet.
Jeder potenzielle Lagerhausstandort ist zudem mit Errichtungskosten gewichtet. Diese Kosten fallen an, einmalig an, wenn an einem Standort ein Lagerhaus errichtet wird.
Ziel des Problems: Das Ziel beim unkapazitierten Warehouse-Location Problem ist es, eine Auswahl von Standorten für die Lagerhäuser zu treffen, die die gesamten Kosten minimiert. Diese gesamten Kosten setzen sich zusammen aus den Errichtungskosten für die ausgewählten Lagerhausstandorte und den Transportkosten für die Belieferung aller Kunden von diesen Standorten aus. Es geht also darum, die kostengünstigste Kombination von Lagerhausstandorten zu finden, die alle Kunden effizient beliefern kann, ohne dabei eine Kapazitätsgrenze der Lagerhäuser zu berücksichtigen.
Kapazitierten WLP: Lagerhäuser können nur begrenzte Menge an Produkten aufnehmen
Arten von WLP:
Multi-Criteria Decision Making (MCDM) / Mehrzielentscheidungsunterstützung
Bedeutung: MCDM ist ein Verfahren, dass sich damit befasst, wie Entscheidungen getroffen werden können, wenn mehrere, oft miteinander konkurrierende Kriterien berücksichtigt werden müssen.
Wichtig in Situationen, die schlecht strukturiert, komplex und Informationen unvollständig sind und Ziele der Entscheidungsträger vielfältig und konfliktreich sind. Keine eindeutig Lösung und hohe Unsicherheit.
Kernaspekte MCDM:
Subjektivität: Da keine "richtige" Entscheidung gibt, spielen die subjektiven Erwartungen und Präferenzen des Entscheidungsträgers eine wesentliche Rolle.
Mehrere Entscheidungskriterien: Berücksichtigen mehrere Kriterien, die in ihrem Verhältnis zueinander stehen können. Diese Beziehungen können wie folgt klassifiziert werden:
Indifferenz: Verbesserung oder Verschlechterung eines Kriteriums hat keinen Einfluss auf die Ausprägung eines anderen Kriteriums.
Komplementarität: Eine Verbesserung in der Ausprägung eines Kriteriums führt ebenfalls zu einer Verbesserung bei einem anderen Kriterium.
Konkurrenz/Konflikt: Eine Verbesserung in der Ausprägung eines Kriteriums führt zu einer Verschlechterung bei einem anderen Kriterium.
Alternativen zur Lösung des Problems: MCDM-Ansätze unterscheiden sich auch in der Art der betrachteten Alternativen.
Multi-Objective Decision Making (MODM): Hier geht es um Entscheidungsprobleme mit unendlich vielen möglichen Alternativen, typischerweise bei kontinuierlichen Entscheidungsvariablen.
Multi-Attribute Decision Making (MADM): Dieser Ansatz wird verwendet, wenn die Anzahl der Alternativen endlich ist. Jede Alternative wird anhand mehrerer Attribute (Kriterien) bewertet.
Die Herausforderung bei MCDM besteht darin, eine methodische Herangehensweise zu entwickeln, die es ermöglicht, trotz der Komplexität des Entscheidungsraums und der subjektiven Präferenzen, zu einer rational begründbaren Entscheidung zu kommen. Dafür werden verschiedene mathematische und statistische Methoden eingesetzt, darunter Gewichtungsverfahren, Nutzwertanalysen und Optimierungsmodelle. Diese Methoden helfen dabei, die verschiedenen Kriterien vergleichbar und die Entscheidungsfindung transparenter und nachvollziehbarer zu machen.
Nutzwertanalyse
Nutzwertanalyse Methode, um zwischen verschiedenen Optionen oder Handlungen zu entscheiden, insbesondere wenn es viele unterschiedliche Dinge zu berücksichtigen gibt.
„Die Nutzwertanalyse ist die Analyse einer Menge komplexer Handlungsalternativen mit dem Zweck, die Elemente dieser Menge entsprechend den Präferenzen des Entscheidungsträgers bezüglich eines multidimensionalen Zielsystems zu ordnen. Die Abbildung erfolgt durch die Angabe der Nutzwerte (Gesamtwerte) der Alternativen.“
Eine Nutzwertanalyse unterscheidet sich von einer Kosten-Nutzen-Analyse (cost benefit analysis) dadurch, dass sich bei der Kosten-Nutzen-Analyse sowohl die positiven (Nutzen) als auch die negativen (Kosten) Aspekte weitgehend monetär bewerten lassen.
Beispiel: Stellen Sie sich vor, Sie möchten ein neues Smartphone kaufen und haben verschiedene Modelle zur Auswahl. Jedes Modell hat seine eigenen Vor- und Nachteile in Bezug auf Preis, Kameraqualität, Akkulaufzeit, Speichergröße und so weiter.
Bei einer Nutzwertanalyse gehen Sie folgendermaßen vor:
Wichtige Kriterien festlegen: Zuerst legen Sie fest, welche Eigenschaften oder Kriterien (wie Preis, Kameraqualität, Akkulaufzeit) Ihnen wichtig sind.
Bewertung und Gewichtung: Dann bewerten Sie jedes Smartphone basierend darauf, wie gut es jedes Kriterium erfüllt. Außerdem geben Sie jedem Kriterium ein Gewicht, also wie wichtig es Ihnen im Vergleich zu den anderen ist.
Berechnung: Für jedes Smartphone multiplizieren Sie die Bewertungen mit den Gewichtungen der Kriterien und addieren diese, um einen Gesamtwert oder Nutzwert zu erhalten.
Entscheidung: Das Smartphone mit dem höchsten Nutzwert ist theoretisch die beste Wahl, da es am besten zu Ihren persönlichen Präferenzen und Prioritäten passt.
Alternative mit höchsten Gesamtnutzwert wird zur Realisierung vorgeschlagen
Multidimensionales Zielsystem: Die Nutzwertanalyse berücksichtigt eine Vielzahl von Zielen bzw. Bewertungskriterien, die für die Entscheidungsfindung relevant sind.
Transformation in eine kardinale Skala: Die Bewertung erfolgt, indem qualitative und quantitative Kriterien auf eine gemeinsame Skala (oftmals Punktwerte) übertragen werden, um die Vergleichbarkeit zu gewährleisten.
Gewichtung: Die verschiedenen Ziele bzw. Kriterien werden gemäß ihrer Bedeutung für den Entscheidungsträger gewichtet. Diese Gewichtung spiegelt die relative Wichtigkeit jedes Kriteriums wider.
Additive Zusammenfassung: Die gewichteten Bewertungen der einzelnen Kriterien werden zu einem Gesamtnutzwert für jede Handlungsalternative addiert. Dieser Gesamtnutzwert dient als Grundlage für die Erstellung einer Rangfolge der Alternativen.
Ergebnis in Form einer Rangfolge: Die Alternativen werden entsprechend ihrer Gesamtnutzwerte geordnet. Die Alternative mit dem höchsten Gesamtnutzwert wird als die vorzugswürdigste angesehen.
Vor- und Nachteile Nutzwertanalyse
Vorteile:
Einfach anwendbar
Transparente Entscheidungen
Bewusster Entscheidungsprozess
In der Praxis weit verbreitet
Nachteile:
Substituierbarkeit/Kompensation:
Es wird eine vollständige Substituierbarkeit der Kriterienerfüllungen untereinander unterstellt, d. h., Defizite einer Alternative bei einem Kriterium können durch Übererfüllung bei einem anderen Kriterium ausgeglichen werden.
Nutzenunabhängigkeit:
Die Bewertung einer Alternative hinsichtlich eines Kriteriums sei völlig unabhängig von der Bewertung hinsichtlich der übrigen Alternativen. Widerspruch zu Interdependenzen, die in der Realität auftreten.
Gewichtung/Teilnutzenbestimmung:
Subjektiv, oft Ergebnis von Verhandlungsprozessen
Entscheider muss sich eigener Präferenzfunktion klar bewusst sein
Bandbreiten-Effekt:
Gewichte dürfen nicht unabhängig von der gewählten Bewertungsskala gewählt werden
Zielsplittung:
Unterziele werden insgesamt oft höher gewichtet als das übergeordnete (aggregierte) Ziel
AHP – analytischer Hierarchieprozess
AHP:
MADM-Verfahren, 1980 von THOMAS L. SAATY entwickelt
Strukturierung der Kriterien in einer Hierarchie, Alternativen sind die unterste Ebene
Bewertung basiert auf paarweisen Vergleichen und Verhältniskennzahlen
Ergebnis: Rangfolge
Axiome:
Der Entscheider kann zwei Alternativen 𝑝 und 𝑞 aus der endlichen Menge an Alternativen bezüglich eines Kriteriums aus einer Menge von Kriterien auf einer Skala von 1-9 bewerten (𝑎𝑝𝑞). Die Skala ist reziprok, sodass gilt: 𝑎𝑝𝑞 = 1 𝑎𝑞𝑝
Der Entscheider bewertet ein Element niemals als unendlich viel besser als ein anderes Element im Hinblick auf ein Kriterium aus der Kriterienmenge.
Das Entscheidungsproblem kann als Hierarchie dargestellt werden.
Alle relevanten Kriterien und Alternativen sind in der Hierarchie enthalten.
Beispiel für Kriterienhierarchie
Beispielfrage: In Bezug auf das Aussehen, wie stark wird der Golf gegenüber dem Clio präferiert?
Vorgehen beim AHP
Methode, um komplexe Entscheidungen zu treffen, indem Entscheidungskriterien hierarchisch strukturiert und die Präferenzen der Entscheidungsträger quantifiziert.
Paarweise Bewertung von Kriterien/Alternativen: Zuerst bewerten die Entscheidungsträger die Kriterien oder Alternativen paarweise in Bezug auf die nächsthöhere Ebene in der Hierarchie. Dies geschieht mit einer Skala von 1 bis 9:
1: Keine Präferenz (beide werden gleich präferiert)
3: Schwache Präferenz
5: Starke Präferenz
7: Sehr starke Präferenz
9: Absolute Präferenz
Beispiel: Wenn wir zwischen den Kriterien "Preis" und "Qualität" wählen, könnten wir "Qualität" eine 7 und "Preis" eine 5 geben, was darauf hinweist, dass Qualität eine sehr starke Präferenz hat.
Berechnung der Eigenvektoren: Die Präferenzmatrix, die durch die paarweise Bewertungen erstellt wurde, wird quadratisch multipliziert und dann normiert, um einen Eigenvektor zu erhalten. Dies wird iterativ durchgeführt, bis sich die Werte zwischen den Iterationen nur minimal ändern. Die Elemente des Eigenvektors liegen im Intervall [0, 1], wobei größere Werte auf stärkere Präferenzen hinweisen. Die Summe der Elemente eines Eigenvektors ist immer 1.
Gesamtranking bilden: Nachdem die Eigenvektoren für alle Teile der Hierarchie berechnet wurden, werden die Ergebnisse zusammengeführt, um ein Gesamtranking zu erstellen. Dies ermöglicht es, die wichtigsten Kriterien und Alternativen zu identifizieren, die bei der Entscheidung berücksichtigt werden sollten.
Beispiel: Angenommen, Sie müssen zwischen drei verschiedenen Autos entscheiden und haben drei Kriterien: Preis, Sicherheit und Kraftstoffeffizienz. Sie bewerten die Kriterien paarweise in Bezug auf ihre Wichtigkeit. Nach mehreren Iterationen erhalten Sie für jedes Kriterium einen Eigenvektor. Durch Zusammenführen dieser Ergebnisse erhalten Sie ein Gesamtranking der Autos basierend auf Ihren Präferenzen für Preis, Sicherheit und Kraftstoffeffizienz.
Präferenz bezüglich zweier Kriterien/Alternativen paarweise bewerten, in Bezug auf die nächsthöhere Hierarchieebene, Darstellung in Präferenzmatrix 𝐴 mithilfe folgender Skala:
1 – keine Präferenz (beide werden gleich präferiert)
3 – schwache Präferenz
5 – Starke Präferenz
7 – Sehr starke Präferenz
9 – Absolute Präferenz
Eigenvektoren für alle Teile der Kriterienhierarchie mithilfe eines iterativen Vorgehens berechnen:
Schritt 1: Quadratur der Präferenzmatrix: 𝐴 × 𝐴
Schritt 2: Zeilensummen bilden und normieren
Abbruch: Wenn Unterschied der Werte des Eigenvektors zwischen zwei Iterationen minimal ausfällt
Die Elemente eines Eigenvektors liegen im Intervall [0; 1]. Je größer der Wert, desto stärkere Präferenz. Die Summe der Elemente eines Eigenvektors ist immer 1 (Rundungsfehler ausgenommen)
Gesamtranking nach Zusammenführung der Ergebnisse bilden
Beispiel zur Berechnung des Eigenvektors
Präferenzmatrix eines Entscheiders in Bezug auf das Kriterium „Aussehen“:
Beispiel: Eigenvektoren
Aggregation über mehrere Ebenen
Aggregation über Matrixmultiplikation
Im Beispiel:
In diesem Beispiel ist nach dem AHP der Clio knapp vor dem Golf zu bevorzugen.
Bewertung AHP
Komplexes Bewertungsproblem wird in handhabbare Teilprobleme zerlegt
Paarvergleiche lassen sich leicht durchführen
Präzise Berechnungen der Gewichte und der Qualität der Beurteilungen sind möglich
Inkonsistenzen in der Bewertung können aufgedeckt werden
Paarvergleiche brauchen viel Zeit
EDV-Anwendung ist i. d. R. nötig
durch aufwändige Berechnungen wird ggf. verschleiert/unterdrückt, dass Paarvergleiche i. d. R. auf subjektiven Einschätzungen („Bauchentscheidungen“) beruhen, und die quantifizierten Verhältnisse nur angenähert sind
Vergleich zur Nutzwertanalyse:
Nutzwertanalyse braucht keinen Rechner, AHP ist ohne kaum möglich
Nutzwertanalyse kann die Konsistenz einer Entscheidung aus den subjektiven Bewertungen nicht überprüfen
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