Was ist Quellenkunde?
Versuche, historische Überlieferung zu ordnen, zu beschreiben und zu bezeichnen
Unterscheidung nach:
stofflicher Qualität
Holz, Pergament, Stein, Papier
sinntragender Form
Schriftzeugnis, Bildzeugnis, mündliches Zeugnis, Sachzeugnis
Sachbezug
Recht, Verwaltung, Literatur/ Kunst, Religion/ Kult, Wirtschaft, …)
Zwecksetzung
normative, narrative, ordinativ-numerische
Tradition oder Überrest?
Tradition = willkürlich oder absichtlich für historische Zwecke hinterlassene Quellen
z. B. Werke der Geschichtsschreibung wie Chroniken, Anna- len, Biographien, Memoiren etc.
Überrest = unabsichtliche Quellen, die nicht für historische Zwecke bestimmt waren
z. B. Gerät, Kleidung, Schmuck; Wappen, Münzen, Siegel, Inschriften, aber auch Urkunden, Notizen, Akten, Gesetze, Rechnungen etc.
Grundmerkmale alteuropäischer Überlieferungen
Fremdartigkeit der äußeren Form
Papyrus o Pergament; Papier erst ab 1300; Holz, Stein, Metall, Ton
oft nur fragmentarisch
fremde Sprache u Schriftart
Worte haben andere Bedeutungen
oft kein Datum oder Autor
Dürftigkeit der Quellen insgesamt
unregelmäßige räumliche und zeitliche Dichte
Grund:
natürlicher Zerfall (so nahezu die gesamte antike Papyrusüberlieferung)
Unglücksfälle (Naturkatastrophen, Brände)
bewußte Vernichtung (Plünderung, Zerstörung)
gedankenlose Vernichtung (Auflösung, Radierung und Wiederbeschriftung von Pergamenthandschriften, Einschmelzen und Umschmieden von Metallgerät)
insb. geringen Verschriftungsgrad
archaische Epochen; früheres Mittelalter
bspw. nicht in: klassischen und hellenistischen Griechenland und im spätrepublikanischen und kaiserzeitlichen Rom
85-95 % der Bevölkerung konnten nicht schreiben und lesen (Schätzungen sind schwierig)
teilliterate Gesellschaften: nur bestimmte Schichten konnten Schreiben und lesen
z. B. Mittelalter fast nur Klerus; nicht mal Adel
griechisch-römische Antike
geschrieben auf Papyrus
-> wird aus Pflanzenfaser gewonnen und ist nicht lang haltbar (bei ungünstigen klimatischen Bedingungen zerfällt es nach wenigen Jahrzehnten)
normales Buch: quer beschriebene Papyrusrolle
außerhalb des Mittelmeerraums auch auf Holztäfelchen
wenn nicht erneuert oder auf Stein übertragen, dann zerfallen
häufig wurden Epen, Dramen, philosophische, staatstheoretische und historische Schriften erneuert
kaum o gar nicht alltägliches Schriftgut wie Briefe, Listen, Notizen
am besten überliefert die Sachen die auf Pergamentcodex (3. Jh. n. Chr.) übertragen und im Mittelalter regelmäßig erneuert wurden
-> also nur Schriften, die Christen als lesenswert deklarierten
deswegen: meist Stein, Alltag: Münzen, Tongefäße, Malerei, Waffen, Schmuck, Überreste menschlicher Siedlungen
wichtige Nebendisziplinen: Archäologie, Epigraphik (Inschriftkunde), Numismatik (Münzkunde)
literarische Quellen:
Philosophie: Platon, Aristoteles
Drama /Literatur: Homer, Hesiod, Sophokles, Vergil, Horaz
Staatsschriften/ politische Reden: Cicero, Demosthenes
Historiografie: Herodot, Thukydides, Polybios, Sallust, Livius, Tacitus
Biografie: Plutarch, Sueton
Tatenberichte: Caesar
römisches Recht: Corpus Justinianum
meiste in Handschrift des Mittelalters
aber auch in Ägypten oder anderen Wüstenregionen hat sich Papyrus gehalten
bspw. aus Vulkan Vesuvs: schloss mit Asche Buchrollen ein, die philosophische Schriften beinhalten
deswegen auch Papyrologie wichtige Nebendisziplin
Mittelalter
Pergamentcodex Hauptüberlieferungsmedium vom 3./4. Jh. bis 14./15. Jh.
-> wird aus gegerbter Tierhaut gewonnen
Schriftlichkeit ging drastisch zurück -> Monopolisierung der Schriftkultur bei Klerus (bis mind. Ende 12. Jh.)
damit Latein Schriftsprache, während germanisch-romanisch-slawischen Mündlichkeit (Volkssprachen)
überwiegend:
monastisch-religiöse Gebrauchsschrifttum: Liturgische Handschriften, Heiligenviten, Totenbücher, Kloster- und Bistumschroniken, Bischofs- und Abtslisten
administratives Schriftgut wie Güter- und Einkünfteverzeichnisse
kaum:
Herrschaftshandeln und Güterverwaltung beim weltlichen Adel
wichtigstes (und einziges) Dokument herrscherlicher Willensbekundung war die besiegelte Perga- menturkunde
alltägliches Leben: weiterhin archäologische Zeugnisse entscheidend
im 12. / 13. Jh. enorme Ausweitung der Schriftlichkeit und damit Bedeutungsgewinn der Volkssprachen:
Urkundenpraxis und Registerführung breiten sich auch unter den Laien, insbesondere in der städtischen Verwaltung aus
Verschriftung der Volkssprachen – in Heldenlied, Roman und Lyrik – entstehen neue Gattungen
in traditionellen Genera, in Predigt, Geschichtsschreibung und Heiligen- schrifttum, gewinnen die Volkssprachen zunehmend an Boden
seit 13. Jh.
Verwaltungs- und Rechtsdokumente werden gebündelt in Akten
Entstehung erster serieller handschriftlicher Buchproduktion (sog. Pecienwesen)
Entstehung Blockbücher: erste Fromen des mechanisch vervielfältigten Buches
Frühe Neuzeit
Erfindung und Verbreitung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern (etwa 1450)
-> enorme quantitative Ausweitung der Schriftdokumente
Schriftstücke sehen nun identisch aus
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