Diagnostische Urteilsbildung
Integration der vorliegenden Informationen über einen Beurteilungssachverhalt zu einem Urteil
Was sind Urteilsfehler?
Urteil steht im Widerspruch zu einem allgemein anerkannten normativen Urteilsmodell
Modell kann begründet werden
Beispiele für Kontexteffekte
Kontexteffekte in der Wahrnehmung
Halo-Effekte
Skaleneffekte
Kontrasteffekte
Konzessionselfmeter
Beurteilung von Prüfungsleistungen (auch Kontrasteffekt)
Decoy-Effekt: Kontrasteffekt bei asymmetrisch dominierten Alternativen
Ebbinghaus-Illusion:
Simultankontrast:
Watercolor Illusion: keine gelbe Schattierung
Size-Distance-Illusion:
Cornsweet-Illusion:
Schachbrettillusion:
Brightness Illusion:
Halo-Effekt
Kontexteffekt in der Kognition
Schluss von bekannten Eigenschaften auf unbekannte
dabei werden schwach oder gar nicht korrelierende Eigenschaften fälschlich als zusammenhängend wahrgenommen
ursprünglich gestaltpsychologische Interpretation aufgrund angeblicher „Wärme“ vs. „Kälte“
Effekte besonders stark, wenn Personen als „warm“ oder „kalt“ beschrieben werden
Streben nach Konsistenz und Kohärenz
Beispiele:
attraktivere Soldaten wurden auch als intelligenter, als bessere Schützen und als bessere Mundharmonikaspieler eingeschätzt (Thorndike, 1920)
„what is beautiful, is good“: physische Attraktivität erzeugt Halo-Effekte auf sozial erwünschte Persönlichkeitsmerkmale, vermuteten beruflichen Status, vermutete private und berufliche Zufriedenheit sowie die Bewertung der Qualität schriftlicher Essays
Möglichkeiten des Debiasing im Bereich des Halo-Effekts
merkmalsweise Bewertung von Personen reduziert Halo-Effekte
Merkmale nach Dimensionen trennen
so werden Merkmale zur Gruppierung verwendet und nicht die Personen selbst
Paper: negative Mood fördert systematisches Denken
Zeitdruck verstärkt Halo-Effekte
Halo-Effekt durch Wärme/Kälte (WS 24)
Eine Person zeichnet sich durch folgende Eigenschaften aus:
Sie ist intelligent, geschickt, fleißig, warmherzig, bestimmt, praktisch, vorsichtig.
Sie ist intelligent, geschickt, fleißig, kaltherzig, bestimmt, praktisch, vorsichtig.
-> Eigenschaften größtenteils nicht mit “warm-/kaltherzig” zusammenhängend
Effekte physischer Attraktivität (WS 24)
Effekt der physischen Attraktivität auf Beurteilung der Textqualität
UV1: Textqualität
UV2: Attraktivität der Autorin
AV: männliche Urteile über Textqualität
-> schlechter Text einer attraktiven Person fast so gut wie guter Text einer unattraktiven Person
Range-Frequency-Theory (Parducci, 1965; Birnbaum, 1999)
9 > 221
Effekt nur im between-subjects design
Angenommene Effekte der Range-Frequency-Theory
Range principle:
Bewertung im Kontext einer Vergleichsdimension
9: 1-10
221: 1-1000
Frequency principle
Bewertung in Abhängigkeit der Häufigkeitsverteilung
9: 1-8 darunter, 10 darüber
221: 1-220 darunter, 222-1000 darüber
Skaleneffekte durch Antwortkategorien
Skala dient als Kommunikation
hier größerer Effekt - evtl. kann Lernzeit schlechter eingeschätzt werden
Kontrasteffekt
Reihenfolge der zu beurteilenden Items spielt eine Rolle
für Kohl nachteilig, wenn zuerst Schmidt beurteilt
Kontexteffekte bei Schiedsrichterentscheidungen: Konzessionselfmeter
eine Art Kompromiss: in einer weniger kritischen Situation wird Elfmeter verhängt, weil in einer zuvor kritischeren Situation keiner verhängt wurde
-> Konzessionselfmeter verstoßen gegen die Regeln, weil vorgesehen wird, dass jede Situation unabhängig beurteilt wird
empirische Untersuchung:
Wahrscheinlichkeit für Elfmeter höher, wenn die gegnerische Mannschaft zuvor Elfmeter bekommen hat
Kontexteffekte bei der Beurteilung mündlicher Prüfungen
Videoaufnahme der mündlichen Deutsch-Abiturprüfung zweier Schülerinnen
Beurteilung durch 156 Lehrer aus 39 Gymnasien
Kontexteffekt durch Kontrast: 8% Varianzaufklärung
nach einem vorhergehenden guten Prüfling wurden schlechtere Noten vergeben
Kontexteffekt durch Vorinformation: 7% Varianzaufklärung
nach einer (angeblich) mit der Note 5 bewerteten vorherigen schriftlichen Prüfung wurde die mündliche Leistung schlechter bewertet (3.56) als nach einer angeblichen vorherigen Note 1 (3.01)
Allgemeine Befunde zu Kontexteffekten bei der Beurteilung von Prüfungsleistungen
Sequenzeffekte sind spezielle Art des Kontexteffektes mit zeitlicher Komponente
Sequenzeffekte auf die Benotung sind bei mittelguten Leistungen am stärksten
Sequenzeffekte sind bei den ersten Beurteilungen am stärksten; nach einer größeren Zahl von Beurteilungen bildet sich offenbar ein stabilerer Vergleichsstandard heraus
Sequenzeffekte lassen sich nicht durch eine Warnung vor Sequenzeffekten verhindern
Decoy-Effekt durch asymmetrisch dominierte Alternativen
ein asymmetrisch dominiertes Produkt wird von einem anderen Produkt vollständig (auf allen Vergleichsdimensionen) dominiert und ist einem weiteren Produkt auf manchen Dimensionen überlegen
asymmetrisch dominiertes Produkt als Decoy (Attrappe; Köder) - die unattraktivste Variante
in der Gegenwart einer solchen asymmetrisch dominierten Alternative wird die dominierende Option häufiger gewählt
-> Entscheidung wird zugunsten des dominierenden Produkts beeinflusst
in der Gegenwart von Bier C (decoy) wird Bier B häufiger gewählt
Decoy-Effekt bei der Sektwahl WS 24
Decoy-Effekt bei der Partnerwahl WS 24
Decoy-Effekt bei “Geld oder Liebe”
kein Effekt in WS 24
in anderen Jahrgängen etwas größere Effekte
mögliche Erklärung: Liebe und Geld nicht vergleichbar
Decoy-Effekte im Online-Marketing
mittlere Alternative soll gewählt werden
Mögliche Ursachen für den Decoy-Effekt
1. Veränderung des relativen Gewichts der Vergleichsdimensionen durch den Decoy
wahrgenommene Bedeutung/Wichtigkeit einer Dimension wird verändert
2. Veränderung der subjektiven Werte auf den Vergleichsdimensionen durch den Decoy
Range (möglicher Wertebereich) wird verändert
3. Verwendung einer Dominanzheuristik
„was dominiert, ist gut“
Dominanzbeziehung erleichtert die Begründung der Entscheidung
notwendige und hinreichende (wichtigste) Einflussgröße
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