Stevens-Johnson-Syndrom (SJS) und Toxische epidermale Nekrolyse (TEN)
schwere Arzneimittelreaktionen mit hoher Letalität
Auslöser:
AB: Aminopenicilline, Cephalosporine, Chinolone, Cotrimoxazol
Allopurinol
Cabamazepin, Lamotrigin, Phenobaribal, Ph
NSAR
Hautveränderungen nach 1-3 Wochen nach Einnahme
SJS/TEN- Ätiopathogenese
Epidermolyse durch apoptotische Keratinozyten über CD8+ zytotoxische T-Lymphozyten
Apoptose- Faktoren —> Granzym-B, TNF alpha, IFN gamma, Annexim A1
Ursachen: Medikamente
Allopurinol, NSAR, Antikonvulsiva, Psychopharmaka
Antibiotika (Cotrimoxazol)
Impfungen (selten)
Genaue Ursachen unbekannt —> Erstsymptome meist nach 1 Woche bis 2 Monaten
SJS/TEN- Klinik
Prädilektionsstellen: Gesicht, Rumpf, Extremitäten
SJS: Mortalität 1-5%, <10% KOF Epidermolyse
Initialsymptome: Fieber, Augenbrennen, Schluckbeschwerden, Krankheitsgefühl
Hautveränderungen: Tage später erythematös livide (generalisierte) Makulae am Oberkörper, Gesicht, Händen, Füßen und atypische Kokarden (weniger zonaler Aufbau)
Übergang zu flächiger Epidermolyse mit Erosionen, Konjunktivitis, Lidödemen und Hornhautulzera
Langzeitschäden: Hypo- und Hyperpigmentierung, narben, Nageldytrophien
SJS/TEN-Übergang: 10-30% KOF Epidermolyse
TEN: Mortalität 25-30%, >30% KOF Epidermolyse
SJS/TEN- Einteilung
Einteilung
EEM majus
SJS
SJS/TEN
TEN
Hautablösung
<10%
10-30%
>30%
Kokarden
typisch, erhaben
atypisch, flach
Verteilung
extremitättenbetont
stammbetont, generalisiert
SJS/TEN- Diagnostik
Nikolski-Phänomen I: nachweisbar
Nikolski I: Schiebedruck auf vorher gesund erscheinender Haut provoziert die Ausbildung von Blasen (Bulla)
Nikolski II: seitliche Verschieblichkeit einer bestehenden Blase bei Spatelschub
Histo: subepidermale, teils intraepidermale Spaltbildung, disseminierte Keratinozytennekrosen, vollständige Nekrosen der Epidermis
DIF: Ausschluss bullöse Dermatose
SJS/TEN- DD
SSSS (subkorneale Spaltbildung)
blasenbildende Dermatosen (DIF)
fixes Arzneimittelexanthem (kaum Blasenbildung, besserer AZ)
SJS/TEN- Therapie
Allgemein:
Absetzen Auslöser
Intensivmedizinische Betreuung: Flüssigkeits-, Elektrolyt- und Wundmanagement, Analgesie, Umkehrisolierung
Systemisch:
hochdosis Glukokortikoide, Ciclosporin, IVIG
prophylaktische AB-Therapie
Topisch: Fettgaze, Metalline-Folien
Erythema-multiforme-Gruppe
polyätiologische Erkrankungsgruppe mit kokardenförmigen Hautveränderungen (zonal aufgebaute, rötlich-livde, hämorhagische Plaques mit zentraler Bläschenbildung)
Erkrankungen: Erythema exudativum multiforme (EEM), Stevens-Johnson-Syndrom (SJS), toxische epidermale Nekrolyse (TEN)
Erythema exudativum multiforme (EEM)
Einteilung:
Minorvariante: geringe/keine Schleimhautbeteiligung
häufiger, v.a. Frühjahr/Herbst, jüngere Menschen
Majorvariante: ausgeprägte Schleimhautbeteiligung
Erythema exudativum multiforme (EEM)- Ätiologie
diskutiert wird Typ-IV-Reaktion
Minor: Viren (Herpes simplex)
Major: Arzneimittel
Erythema exudativum multiforme (EEM)- Klinik
kokarden-förmige Plaques: rötlich-livides Zentrum, weißliche Intermediärzone, rötlicher Randsaum, zentrale Blasenbildung
Schleimhautbeteiligung (Lippen, Munschleimhaut): Erosionen und Blasenbildung
Prädilektionsstellen: Handrücken, Streckseiten UA, Ellbogen, Knie, Fußrücken, Hals
Erythema exudativum multiforme (EEM)- Diagnostik
Medikamentenanamnese!
Ggf. Histo
Erythema exudativum multiforme (EEM)- DD
Urtikaria
Sweet-Syndrom
fixe Arzneimittelexantheme
bullöses Pemphigoid
Erythema migrans
v.a. bei unklar ausgeprägten Kokarden
Erythema exudativum multiforme (EEM)- Therapie
häufig selbstlimitierender Verlauf nach 1-2 Wochen
Hinweis auf Herpes simplex: Aciclovir
Topisch: zinkhaltige Lotio (Lotio alba), Glukokortikoide
Schleimhaut: Antiseptische Spülungen
Schwer: systemische Glukokortikoide
kutane Arzneimittelreaktionen - Typ-I-Reaktion
Urtikaria, Angioödem, Anaphylaxie
kutane Arzneimittelreaktionen - Typ-II-Reaktionen
Allergische Thrombozytopenie
Allergische thrombozytopene Purpura
kutane Arzneimittelreaktionen - Typ-III-Reaktionen
Anaphylaxie/Allergie
Allergische Vaskulitis
Immunkomplexvaskulitis
Serumkrankheit
Erythema nodosum
kutane Arzneimittelreaktionen - Typ-IV-Reaktionen
Allergisches Kontaktekzem
Fixes Arzneimittelexanthem
Makulopapulöses Exanthem
Photoallergische Reaktionen
Ätiologie
Nicht-immunologisch (pharmakotoxisch): durch Überdosierung, bekannte/unbekannte Toxizität, Interaktionen, Teratogenität hervorgerufene Arzneimittelreaktion
Überempfindlichkeitsreaktion, die durch pharmakologische Eigenschaften nicht erklärbar ist
Allergisch (Typ I-IV Reaktion)
Intoleranzen/Pseudoallergien
unbekannte Pathogenese häufig!
Treten oft nach kurzer Einnahmedauer auf, können aber auch bei Medikamenten auftreten, die vorher lange Zeit gut vertragen wurden!
typische Auslöser
Sulfonamide (Cortimoxazol, Sulfasalazin)
Andere AB (Aminopenicilline, Fluorchinolone, Cephalosporine)
Antiepileptika (Phenytoin, Carbamazepin, Lamotrigin, Phenobarbital)
Zeichen einer schweren Arzneimittelreaktion
Gesichtsödem
Starke Eosinophilie
Läsionen an Schleimhaut und Konjunktiva
Brennen der Augen/Schmerzen der Haut (Symptome generell sprechen für schweren Verlauf)
Gräuliche Läsionen der Haut
Epidermale Ablösungen/Blasenbildung
DD
Virusexantheme(Gesichtsbetont, Richtung stamm wandernd): HIV-Erstlingsexanthem, Masern
Arzneimittelexantheme (stammbetont, Richtung Extremitäten wandernd)
Ampicillinexantheme (Ausnahme): beginn an den Extremitäten und wandert im Verlauf Richtung Stamm (Beginn 10-14d nach Einnahme)
GvHD(extremitäten betont, Richtung stamm wandernd): Ampicillinexanthem, EEM, Vaskulitis, Masern, Kawasaki-Syndrom
Infektiös:
parasitär: Skabies
mykotisch: Pityriasis versicolor
Bakteriell: Scharlach, SSSS, Lues II
Immunologisch: EEM, Vaskulitis, BP
Exanthematische Dermatosen: Pso gutatta, Kontaktekzem mit Streuung, generalisierter Lichen ruber
Diagnostik
Anamnese: zeitlicher Abstand zwischen Einnahme und Symptombeginn
Arzneinmittelreaktionen zeigen sich meist in den ersten Tagen bis Wochen
Ggf. Epikutantest
Ggf. Biopsie
Therapie
je nach Ausprägung
Leicht: Pausierung der Therapie kann reichen
Schwer: bis hin zur intensivmedizinischen Betreuung
Allgemein: Absetzen der Medikamente
Topisch: Glukokortikoide
Systemisch: Glukokortikoide
Makulopapulöse Exantheme
Hautbefund: stammbetone, sehr variable klein- bis mittelgroßfleckige, makulopapulöse Exantheme, teils mit Blasenbildung, Urtikaria, Pupura, Erythrodermie unter Ausschluss von Kopf, Palmae, Plantae
Klinik: Hautbefund s.o. symmetrische Verteilung (rumpfbetont), Fieber und Juckreiz möglich
Beginn nach 7-14 Tagen nach Einnahme des Medikaments
SDRIFE (symmetrical drug-related intertriginous and flexural exanthema)
scharf begrenzte, gluteale, inguinale und/oder Beugeseiten-betonte, symmetrische Erytheme
Lichenoide Arzneimittelexantheme
Hautbefund: stammbetontes, papulös lichenoides Exanthem unter Ausschluss der Schleimhäute (schwer von Lichen planus zu Unterscheiden, kann auch in einen übergehen)
Zeitlicher Verlauf: Zwischen Ersteinnahme des Medikaments und Aufreten des Exanthems liegen im Schnitt 12 Monate
—> Abheilung nach Absetzen dauert ebenfalls Wochen bis Monate)
Ätiologie: Tritt häufig bei Biologika und Immuncheckpointinhibitoren auf
fixes Arzneimittelexanthem
Hautbefund: erythematös, livide, scharf begrenzte, meist einzelne Plaque, teils auch Blase
Prädilektionsstellen: Extremitäte, perioral, Genital
Zeitlicher Verlauf: Schnelles Autreten 30 Minuten bis 8h nach Einnahme
Abheilung unter Hyperpigmentierung
Bei erneuter Einnahme rezidivierend an gleicher Stelle
Maximalvariante: generalized bullous fixed drug eruption (GBFDE) —> multilokulär
akute generalisierte exanthematische Pustulose (AGEP)
Hautbefund: stammebtonte, sterile Pusteln auf großflächig erythematösem Grund, teils mit Schleimhautbeteiligung und Purpura der unteren Extremitäten
Diagnostische Kriterien: akutes, pustulöses Exanthem (Primäreffloreszenz = Pustel), Fieber >38, Neutrophilie mit Eosinophilie, subkorneale/intrakorneale Pusteln, spontane Verbesserung innerhalb von 15 Tagen möglich
Behandlung: Absetzen des Medikaments, topische/systemisch Steroide, Fiebersenkende Therapie
DD: pustulöse Psoriasis, Subkorneale Pustulose (Sneddon-Wilkinson, TEN
DRESS (drush rash with eosinopihila and systemisch symptoms)
Syn: Hypersensitivitätssyndrom
Spezifische Arzneimittelreaktion mit Eosinophilie und systemischer Beteiligung
Hautbefund:stammbetontes, makulopapulöses Exanthem bis zur Erythrodermie
Allgemein: Fieber (>40 Grad), Eosinophilie, Organbeteiligung mit Hepatitis, Nephritis, Myokarditis, Pneumonie
Beginn >3 Wochen (3-6) nach Medikamenteneinnahme
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