Normative Ethik - Einordnung
Metaethik, Normative Ethik und Angewandte Ethik
(Metaethik: Fragen über die Ethik)
Normative Ethik: 3 Arten von Aussagen
Deskriptive Aussage: “Du hast gelogen”
Präskriptive Aussage: “Du sollst nicht lügen”
Normative Aussage: “Lügen ist falsch”
Die präskriptive Aussage folgt aus der normativen Aussage und das kann ich mit der deskriptiven Aussage vergleichen
Normative Ethik: 2 Arten von Theorien
Deskriptive Theorien: Beschreibung und Erklärung der Wirklichkeit (z.B. naturwissenschaftliche Theorien): Wie ist die Welt?
Normative (ethische) Theorien: Wie sollte die Welt sein? Wie sollen wir handeln? Leitet aus normativen Überlegungen präskriptive Aussagen ab (Handlungsanweisungen in Form von Imperativen/Sollenssätzen)
Normative Ethik: Regeln für normative Theorien
Aus Nicht-Können folgt Nicht-Sollen: Eine normative Theorie ist abzulehnen, wenn es für uns Menschen prinzipiell unmöglich ist, ihren Forderungen nachzukommen (z.B. „Du sollst 10m hoch springen!“; „Du sollst dich niemals über andere Menschen aufregen!“).
Aus Sein folgt kein Sollen (vgl, Humes Gesetz): Eine normative Theorie verliert nicht an Relevanz, wenn Menschen sich häufig oder sogar meistens nicht an ihre präskriptiven Aussagen halten (z.B. wenn wir manchmal lügen folgt daraus nicht, dass man lügen soll). Umgekehrt gilt, wenn Menschen sich immer entsprechend einer normativen Theorie verhalten, ist die normative Theorie überflüssig.
Normative Theorien bewerten nicht nur Verhalten, sondern auch reine Überzeugungen oder Emotionen (z.B. rassistisches Gedankengut ist abzulehnen, auch wenn es sich nicht in entsprechenden Verhaltensweisen äußert).
Normative Ethik: Ethik vs. Moral
Ethik: Bezieht sich auf die allgemeine Lebensführung (z.B. „Was ist ein gutes Leben?“)
Moral: Unterklasse der ethischen Handlungsvorschriften, die sich auf zwischenmenschliche Verhaltensweisen bezieht (z.B. „Wie soll ich mich gegenüber meinen Mitmenschen verhalten?“). In jüngerer Zeit auch erweitert auf nicht- menschliche Lebewesen bzw. die Natur im Allgemeinen
Normative Ethik: Moraltheorien vs. Alltagsmoral
Moraltheorien leiten nicht nur präskriptive Aussagen her sondern in Abgrenzung zur Alltagsmoral begründen sie auch, warum bestimmte normative Überzeugungen richtig sind (z.B. durch Handlungsprinzipien wie den kategorischen Imperativ nach Kant oder das Nützlichkeitsprinzip nach Mill).
Alltagsmoral: Hat sich durch Erziehung, (religiöse) Weltanschauung, Erfahrungen und persönliche Überlegungen herausgebildet und wird intuitiv verwendet.
Oft reicht die Alltagsmoral als intuitive Handlungsleitlinie bzw. eine ausgereifte Alltagsmoral kommt ohnehin zu den gleichen oder ähnlichen präskriptiven Regeln wie eine elaborierte Moraltheorie (-> Überlegungs-Gleichgewicht nach Rawls).
Normative Ethik: Nutzen von systematisch ausgearbeiteten Moraltheorien
In sich selbst widersprüchliche Alltagsmoral: Es gibt Situationen, in denen verschiedene präskriptive Normen im Widerspruch zueinander stehen. Ohne eine systematische Moraltheorie ist es schwierig, diesen Widerspruch aufzulösen und zu einem angemessenen Verhalten zu kommen (z.B. „Du sollst nicht lügen!“ vs. „Du sollst die Gefühle deiner Mitmenschen nicht verletzen!“).
Neue, komplexe Situationen: F ̧r neue und besonders komplexe Situation hat sich noch keine Alltagsmoral herausgebildet (z.B. Einsatz von Gentechnik; Datenschutz im Internet; Verkehrsunfälle bei autonomen Fahrzeugen etc.).
Revision der Alltagsmoral: Die Alltagsmoral kann auch falsch sein bzw. durch (kulturelle) Veränderungen überholt werden (z.B. Einsatz von körperlicher Züchtigung in der Erziehung bzw. in der Schule).
Deontologie (Kant): Allgemein
Kant (1724-1804): Ethik der Pflichten
(=Deontologie von altgr.: deon = Pflicht)
Deontologie (Kant): Argumentationsstruktur
Deontologie (Kant): Kategorischer Imperativ
Utilitarismus (Mill): Allgemein
John Stuart Mill (1806-1873): Utilitarismus bzw. Nützlichkeitsethik
Grundprinzip: Maximierung des Glücks der größten Anzahl an Menschen. Der moralische Wer einer Handlung wird anhand der Folgen einer Handlung bewertet. Es ist somit eine konsequentialistische Ethik
Nützlichkeit/Glück = bringt Lust hervor oder erzeugt zumindest keinen Schmerz
Nützlichkeitsprinzip: Die Auffassung, für die die Nützlichkeit oder das Prinzip des größten Glücks die Grundlage der Moral ist, besagt, dass Hanldungen insoweit und in dem Maße moralisch richtig sind, als sie die Tendenz haben, das Gegenteil von Glück zu bewirken.
-Anhänger des Empirismus, d.h. dass Wissen aus Erfahrungen abgeleitet wird
-Großer Einsatz für die Gleichberechtigung von Frauen - sowohl in privater als auch in politischer Hinsicht
-Verfechter eines politischen Liberalismus (-> Freiheit des Einzelnen gegenüber dem Staat - sowohl in moralischer als auch ökonomischer Hinsicht)
Utilitarismus (Mill): Gliederung
Utilitarismus (Mill): Analogieargument
Argumentationskete nach Mill:
1. Das Einzige, was für ein Individuum wertvoll ist, ist sein persönliches Glück. Glück ist das einzige Gut des Menschen, da sich alle anderen Güter des Menschen als Teil oder Determinante des Glücks auffassen lassen.
2. Moral fragt, was wertvoll ist aus der Perspektive der moralischen Gemeinschaft, d.h. der Menge aller Menschen.
3. Was wertvoll aus der Perspektive der moralischen Gemeinschaft, d.h. der Menge aller Menschen ist, ist das Maximum von dem, was für das Individuum gut ist, nämlich Glück.
4. Moral fragt nach dem größten Maß an Glück für die moralische Gemeinschaft
Utilitarismus (Mill): Kritik
Utilitarismus (Mill): Kritik (Beispiel & Verteilungsgerechtigkeit)
Deontologie vs. Utilitarismus
Mill: “Wer einen Mitmenschen vor dem Ertrinken rettet, tut, was moralisch richtig ist, einerlei, ob er es aus Pflichtgefühl tut oder in der Hoffnung, für seine Mühe entschädigt zu werden”
Deontologie vs. Utilitarismus (Beispiel Luftsicherheitsgesetz)
Ethik der Verantwortung (Jonas)
Hans Jonas (1903-1993): Das Prinzip der Verantwortung
• In seinem Hauptwerk „Das Prinzip der Verantwortung“ entwickelt Hans Jonas eine Ethik, die den Herausforderungen der modernen Technik begegnen kann. Eine solche ist notwendig, da sich seines Erachtens das Wesen menschlichen Handelns durch die Fortschritte der Technik grundlegend verändert hat. Menschliches Handeln kann tiefgreifende Auswirkungen auf die menschliche und außermenschliche Natur haben und sogar zur Vernichtung allen menschlichen Lebens führen (z.B. Atombomben).
• Ökologischer Imperativ: »Handle nur so, dass die Wirkungen deiner Handlung verträglich sind mit der Permanenz menschlichen Lebens auf Erden«
• Grundlegend ist die Verantwortung, die jeder Mensch als Mensch trägt. Wir sind für all das verantwortlich, worüber wir Macht haben, also auch für die dauerhafte Existenz menschlichen Lebens.
• Herkömmliche Moraltheorien kümmern sich darum, zwischenmenschliches Handeln zu regulieren. Diese Theorien sind anthropozentrisch, da sie sich auf das Zusammenleben der Menschen untereinander konzentrieren. Es ist jedoch keine Rede von Tieren oder der Natur im Allgemeinen. Diese haben z.B. bei Kant keinen moralischen Eigenwert. Dieser kommt bloß vernunftbegabten Wesen, also hauptsächlich Menschen, zu, die selbst moralisch handeln können.
Ethik der Verantwortung (Jonas) (2)
• Traditionellen Moraltheorien geht es primär um die Regulierung von individuellem Handeln (-> Wie soll ich in dieser Situation handeln? ́). Die Macht, welche der Mensch sich verschafft hat, äußert sich nicht nur in individuellen Handlungen, sondern gerade in der Aufsummierung der Folgen individueller Handlungen (z.B. Klimawandel). Daher sucht Jonas weniger nach einer individuellen Ethik, sondern nach einer Ethik, die in den politischen Bereich hineinreicht.
• Der Horizont bisheriger Ethiken in ihren Betrachtungen ist sowohl in räumlicher als auch in zeitlicher Hinsicht begrenzt. Konzentriert man sich auf zwischenmenschliches Handeln, geht es (meist) um eine Handlung und deren Folgen auf unser direktes Gegen über. Durch die moderne Technik können unsere Handlungen jedoch Folgen haben, die sich über das sowohl räumlich als auch zeitlich Unmittelbare ausdehnen (z.B. Finanzkrise 2009 oder Gentechnik: Ein heutiger Eingriff in das menschliche Erbgut kann Folgen haben, die zukünftige Generationen tangieren).
-> Die Ethik der Verantwortung ist eine Zukunftsethik, die langfristig und auf kollektive Handlungen ausgerichtet ist und dabei weniger anthropozentrisch orientiert ist
Politische Philosophie - Vertragstheorie: Kernfrage & Argumentationsschritte
Kernfragestellung: Welche Staatsform ist die Beste? Wie sollte der perfekte Staat aussehen? Wie kann staatliche Autorität legitimiert werden?
Argumentationsschritte der Vertragstheorie:
Naturzustand: Rein hypothetischer Zustand, in dem keine staatliche Autorität und keine Gesetze existieren. Alle Menschen sind gleichermaßen frei und gleich. Ein Zusammenleben in größeren Gruppen ist jedoch nicht möglich.
Gesellschaftsvertrag: Um den Naturzustand zu beenden, müssen sich die Menschen auf Gesetze und staatliche Strukturen einigen, denen jeder vernünftige Mensch freiwillig zustimmen würde
Staat: Der Staat hat die Aufgabe die Einhaltung der Gesetze zu überwachen und den Bruch von Gesetzen zu sanktionieren
Politische Philosophie - Vertragstheorie (Hobbes)
Thomas Hobbes (1588-1679): Begründer der Vertragstheorie
Deswegen schließen alle Menschen freiwillig untereinander einen Vertrag mit folgendem Wortlaut: » Ich übergebe mein Recht, mich selbst zu beherrschen, diesem Menschen oder dieser Gesellschaft unter der Bedingung, dass du ebenfalls dein Recht über dich ihm oder ihr abtrittst «
Politische Philosophie - Vertragstheorie (Rawls)
John Rawls (1921-2002): Theorie der Gerechtigkeit
• “Jedermann hat gleiches Recht auf das umfangreichste Gesamtsystem gleicher Grundfreiheiten, das für alle möglich ist”
• Jedem Menschen sollen die gleichen Grundfreiheiten zukommen. Diese Bedingung kann zu einer Eingrenzung der Freiheit jedes Einzelnen führen. Jedem Menschen stehen nur so viele Grundfreiheiten zu, wie das mit dem gleichen Maß an Grundfreiheiten für den anderen vereinbar ist
Normativer Rahmen I: Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (ausgewählte Artikel)
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Normativer Rahmen II: Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (Mai 1949)
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