Buffl

Sitzung 3a Nonverbale Kommunikation

HM
by Hanna M.

Gestik

Zeitliche Bindung von Sprache und Gestik:


Die zeitliche Bindung von Sprache und Gestik ist tatsächlich sehr unempfindlich gegenüber Versuchen, diese Bindung zu stören

Beispiele:

  • Delayed Auditory Feedback (DAF) erzeugt starke Sprachstörungen (Stottern) bei Normalsprechenden (insb. bei 200ms Verzögerung bei Erwachsenen) aufgrund rhythmischer Inkongruenz zwischen Gesprochenem und Gehörtem (Kaspar & Rübeling, 2011)

  • Aber: Sprache und Gestik bleiben beim DAF synchron. Bei Inkompatibilität von Sprache und Gestik wird entweder das Stottern gehemmt (bei Einsetzen eines „gesture strokes“) oder es wird –falls das Stottern während eines Strokes einsetzt –die Gestik gestoppt (Mayberry& Jaques, 2000)


Gestik und Sprachproduktion laufen nicht unabhängig; dazu zwei weitere Beispiele:

  • Personen mit angeborener Blindheit gestikulieren laut einer Studie so häufig wie sehende Personen, selbst, wenn sie wissen, dass sie mit einer anderen blinden Person sprechen (Iverson& Goldin-Meadow, 1998).

  • Informationen, die über Gesten geliefert werden, können später von Empfänger*innen als sprachlich erinnert werden (Cassellet al., 1999) und die pragmatische Intention sprachlicher Mitteilungen kann durch begleitende Gestik besser verstanden werden (Kelly et al., 1999)


Weiteres zu Gestik:


  • 90% der Gesten treten zeitlich synchron mit der entsprechenden verbalen Äußerung auf, was darauf hinweist, dass gesprochene Sprache und Gestik kognitiv nicht unabhängig voneinander verarbeitet, geplant und ausgeführt werden.

  • Manchmal geht die Gestik dem semantisch zugehörigen verbalen Ausdruck auch voraus (wenn es zu kurzzeitiger verbaler Unterbrechung kommt), folgt ihm aber selten (wenn man natürlich spricht und es nicht willentlich herstellt).

  • Gestik und Sprache sind offenbar in einem gemeinsamen neuronalen System grundgelegt (Xuet al., 2009), das eine Art modalitätsunabhängiges semiotisches System darstellt und eine zentrale Rolle in der menschlichen Kommunikation spielt, indem es Symbole mit Bedeutungen verbindet (Worte, Gesten, Bilder, Töne etc.).

  • Diese Befunde sind mit der von einigen Forscher*innen vertretenen Ansicht kompatibel, dass nichtsprachliche gestische Kommunikation zwischen unseren Primaten-Vorfahren ein Gerüst für die Entwicklung unserer verbalen Sprache bildete (vgl. Arbibet al., 2008).


Klassifikation von Gestik nach McNeill

  • Das Klassifikationsschema fokussiert auf die Bedeutung und Funktion einer Geste.

  • Durch das Schließen auf diese Bedeutung und Funktion wird klassifiziert und nicht –wie bei einigen anderen Systematiken –anhand von Unterschieden in der physikalischen Erscheinungsform von Gesten.

  • Außerdem wird stark auf die begleitende Sprache Bezug genommen.


Das zeigt sich auch in folgendem Punkt: Vom Gestikulieren (welches synchron zur Sprache auftritt) werden von McNeillet al. (1994) an anderer Stelle folgende Aspekte abgegrenzt bzw. ausgeschlossen, die von anderen Forscher*innen jedoch durchaus als Teil von Gestik verstanden werden (z. B. von Xuet al., 2009):

  • Embleme, d. h. kulturvariante Handzeichen (z. B. „Daumen hoch“)

  • Pantomime, d. h. eine Sequenz von Gesten, die eine Geschichte ohne Worte erzählen

  • Zeichensprache mit eigener linguistischer Struktur, Grammatik und Wortschatz


McNeillet al. (1994) begründen diese Ausschlüsse wir folgt:

  • „We focus on the gestures that are the spontaneous and largely unwitting, manual accompaniments to speech“ (S. 224).

  • Embleme, Pantomime und Zeichensprache sind insofern nicht Begleitphänome der normalen Sprachproduktion, da es gar keine begleitende Sprache gibt (Pantomime, Embleme) oder ein eigenes Sprachsystem (Zeichensprache) besteht.


Es werden vier Haupttypen von Gesten unterschieden:


  • Ikonische Gesten bilden die Wirklichkeit ab, d. h. Objekte werden dargestellt und Handlungen nachgeahmt; sie stehen in enger Beziehung zum semantischen Inhalt der verbalen Aussage, können co-expressiv sein (semantisch und pragmatisch wird derselbe Bedeutungsinhalt durch Sprache und Gestik ausgedrückt) oder komplementär (Sprache und Gestik beziehen sich auf gleichen Sachverhalt, ergänzen sich aber in ihrer Bedeutung).

  • Metaphorische Gesten repräsentieren abstrakte Bilder, Konzepte, Konstrukte (z. B. „Idee“, „Gedächtnis“).

  • Deiktische Gesten zeigen auf etwas (oft imaginäre Objekte, Orte oder Sachverhalte).

  • Rhythmische Gesten (engl. beat gestures) dienen der Betonung von Gesprochenem und können auch wichtige Aspekte einer Ereignissequenz zeitlich hervorheben –quasi ein nonverbaler gelber Textmarker.


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Hanna M.

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