o Fokus auf die Europäische Integration
o Erklärungsversuch für Integrationsschritte in den 1950ern, schien damals sehr zeitgemäß
o Theoretischer Rahmen für Monnets Plan („immer engerer Zusammenschluss“) – sagte sehr optimistisch sehr viel und enge Integration voraus (1970ern sehr viel Stagnation)
o Ausgangspunkt: nicht-staatliche Eliten möchten mehr wirtschaftliche Kooperation
§ Steigende Interdependenz → weitere Kompetenzübertragung in andere Bereiche auf supranationaler Ebene
§ Folge: Eigendynamik der Integration
-Drei Mechanismen des Neofunktionalismus – eine funktionale und institutionelle Eigendynamik der Integration, die angetrieben wird durch...
o “Spillover” Mechanismen
§ Mitgliedstaaten realisieren, dass sie im Zuge steigender Interdependenz in einigen Politikbereichen alleine nicht mehr effektiv agieren können, und treten durch Kompetenzübertragungen in anderen Politikbereichen weitere Souveränität an die supranationale Ebene ab.
§ Zusammenhängende Politikbereiche werden auf supranationaler Ebene geregelt, auch wenn einer der Politikbereiche dafür nicht vorgesehen war - bspw. stand am Anfang Kohle und Stahl, was letztlich einer gemeinsamen Währung Sinn gab (funktionaler Spillover)
§ Politische Akteure entwickeln neue Identitäten und Loyalitäten – treiben die europäische Integration so voran, obwohl die Bevölkerung es evtl. gar nicht so sehr unterstützt (politischer Spillover)
o Europäische Sozialisierung der politischen EntscheidungsträgerInnen
o Bedeutung supranationaler Institutionen und Interessengruppen
§ Die beiden letzten Aspekte beinhalten, dass zentrale Akteure der Integration sogleich auch supranationale Akteure sind
§ Kommission: supranationaler Entrepreneuer
§ Europäischer Gerichtshof: trifft integrationsfreundliche Urteile
§ Parlament: Alliierter der Kommission
§ Rat: repräsentiert Interessen der Mitgliedsstaaten (aber möglicherweise beeinflusst durch politischen spillover)
§ Interessengruppen: orientieren sich an supranationaler Ebene
==> Sämtliche supranationalen Akteure haben ein hohes Interesse an Integration und damit verbundener Kompetenzerweiterung – werden viel mächtiger
==> So kann bspw. der EuGH Urteile fällen, die seine eigenen Kompetenzen damit automatisch erweitern
-Schwerpunkt liegt auf supranationalem Regiere (governance) anstatt Loyalitäten und einem integrierten europäischen Rechtssystem
-Zusätzliche zentrale Akteure: nichtstaatliche Akteure mit transnationalen Aktivitäten (Handel, Firmen)
-Fokussiert sich auf Politik und Interessen nichtstaatlicher Akteure
1. Transnationale Aktivitäten von nichtstaatlichen Gruppierungen (Handel) erfordern supranationale Regeln
2. Supranationale Regeln führen zu mehr transnationalen Transaktionen
3. Supranationale Regeln führen zu größerer Aktivität transnationaler Interessengruppen
4. Supranationales Regieren führt zu mehr EuGH-Entscheidungen
5. Mehr supranationales Regieren in Bereichen mit mehr Transaktionen (Binnenmarkt)
6. Kommission und EuGH entscheiden oft gegen Interessen der Mitgliedsstaaten in Bereichen mit mehr Transaktion
-Integrationsprozess hat sich anders entwickelt als vorhergesagt – ggf. Rückschläge
-Stagnation: Kein Fortschreiten der Integration zwischen Luxemburger Kompromiss und Einheitliche Europäische Akte
-Keine Berücksichtigung nationalstaatlicher Interessen und Prozesse
-Intergouvernementalismus als Antwort auf Supranationalismus: „Der Erfolg des neo-funktionalen Ansatzes hing davon ab, dass die nationalen Regierungen das allmähliche Abfließen ihres Lebenssafts in Brüssel nicht bemerkten." (Wallace 1982)
-Realistischer Intergouvernementalismus mit rationalen, staatlichen Akteuren
-Akteurszentriert:
-Zentrale Akteure: Nationalstaaten
-Staaten als rationale, einheitliche Akteure
-Die Integration wird von den Regierungen gesteuert.
-Wichtige Entscheidungen werden von den Staats-und Regierungschefs getroffen.
o Liberale Theorie der nationalen Präferenzbildung -ökonomische Interessen von Bedeutung, determiniert von dominanten heimischen Produzenten
o Verhandlungsmodell: Verhandlungsmacht der Mitgliedsstaaten entscheidend
o Delegation an supranationale Institutionen dient der Erfüllung bestimmter Funktionen, die Staaten nicht allein ausüben können oder wollen (Prinzipal-Agent Modell /d.h. Mitgliedsstaaten-EU) – Institutionen sind nur Befehlsausführer der MS-Interessen
o Es gibt keine unerwarteten Konsequenzen bei Integration – nichts geht über das hinaus was genau verabschiedet wurde, d.h. keine Spillover-Effekte
o Wichtigste politische Arenen sind Regierungskonferenzen (Aushandeln von europäischen Verträgen) und Sitzungen des Europäischen Rates (Richtungsentscheidungen)
-EU wie jedes andere internationale Regime (von Staaten akzeptiertes Regelsystem): Integration ein Prozess, der von Regierungen gesteuert wird
-Hierbei verbleibt Souveränität bei den Mitgliedstaaten
-Beispiele: Leerer Stuhl, Luxemburger Kompromiss, Entwicklung des Europäischen Rates – alles hängt an den Mitgliedsstaaten und ihrem Willen
-Unterscheidung der Politikfelder in “high politics” und “low politics”
o High = politisch → Souveränität (Grenzen, Staatsbürgerschaft, etc.)
o Low = wirtschaftlich → Kooperation
-Kritik
o Impräzise Dichotomie – Grenzen außerdem fließend
o Komplexität der Integration unterschätzt
o Vage Annahmen über staatliche Präferenzen
-Ansatz fokussiert nur auf historische Vertragsänderungen, ignoriert die alltäglichen Interaktionen/Gesetzgebung
-Rolle der EU-Institutionen(Kommission, Parlament, Gerichtshof) für Politikergebnisse wird vernachlässigt
-Entspricht nicht dem tatsächlichen Integrationsverlauf
-EU als föderales politisches System – und damit vergleichbar
-Ziel: Untersuchung aller relevanten Akteure
-EU-Institutionen (Entscheidungsregeln) sind nicht nur das zu erklärende Phänomen (abhängige Variable) sondern auch erklärende Variable für Politikergebnisse in der EU (unabhängige Variable)
-Was ist Föderalismus? Ein institutionelles Arrangement in welchem...
o Politische Autorität zwischen Mitgliedsstaaten und Zentralregierung geteilt ist
o Jede Regierungsebene exklusive politische Zuständigkeiten hat
o Ein Bundesgericht über föderale Streitigkeiten entscheidet
-EU erfüllt Kriterien eines föderalen politischen Systems, ist aber kein Staat, da ohne Gewaltmonopol
-Freiwilliger Zusammenschluss („coming-together federalism“): Mitgliedsstaaten sind souverän (Brexit), aber solange Mitgliedschaft besteht wird EU als höchste Regierungsebene in bestimmten Politikbereichen akzeptiert (inklusive Vorrang von EU Recht)
-Analytischer Rahmen ≠ Normatives Ideal „Vereinigte Staaten von Europa“
-Vorteile der vergleichenden Perspektive:
o EU als historische Entwicklung der Staatsbildung
o Politikergebnisse als Folge strategischer Interaktion: Anwendung des rational choice Institutionalismus
-Rationalität der Akteure: Interessen, Maximierung der Zielerreichung
-Institutionen = Entscheidungsregeln. Beeinflussen die Strategien der politischen Akteure
-Gleichgewichtsanalyse: Suche nach den besten/stabilen Entscheidungen aller beteiligten Akteure (Spieltheorie)
-Vetospieler sind politische Akteure, die politische Entscheidungen blockieren können, d.h. es gibt extrem viele Vetospieler
-Abhängige Variable: Stabilität politischer Entscheidungen
-Unabhängige Variable: Vetospielerkonfiguration eines politischen Systems, Entscheidungsregeln/Institutionen
-Blockadeintervall: Es enthält alle Politikalternativen, die nicht mehr geändert werden können => Indikator für Politikwandel bzw. Reformstau, d.h. ist der Status Quo (SQ) einmal im Blockadeintervall angelangt, so kann er nicht mehr geändert werden, ohne dass einer der Akteure sein Veto einlegen wird.
-Reihenfolge: Kommission besitzt das Initiativrecht, aber danach sind nur noch Parlament und Rat wichtig
-Ordentliches Gesetzgebungsverfahren. Ministerrat und Parlament als Vetospieler (können Politikwandel blockieren)
o Blockadeintervall: Alle Politikalternativen, die unter einer bestimmten Abstimmungsregelnicht geändert werden können (auch genannt, Kern oder Paretoset). (hat auch mit der Stabilität politischer Entscheidungen zu tun)
o Ein Indikator für Potential für Politikwandel/Reformstau.
==> bei Einstimmigkeit
==> bei 4/5-Mehrheit
o Auswirkungen des nationalen Vetos im Rat der EU laut Vetospielertheorie
§ Bürokrat_innen (durch Politkimplementierung) und Richter_innen (durch Entscheidungen) können Politikalternativen wählen, die von den Mitgliedsstaaten nur einstimmig geändert werden können
§ Kontraintuitives Resultat: Nationales Veto in Kombination mit heterogenen Präferenzen (großes politisches Blockadeintervall) stärkt möglicherweise die Handlungsfreiheit der supranationalen Akteure bei der Politikimplementierung/-interpretation
§ Höhere Effizienz und Handlungsfähigkeit des Rates
§ Geringere politische Legitimation
§ Geringere Handlungsfreiheit supranationaler Akteure
§ Stärkere Agendasetzungsmacht der Kommission in der Gesetzgebung, aber schwächerer bürokratischer Handlungsspielraum bei der Implementierung von Gesetzen.
§ Mehr Mitsprache für das Europäische Parlament (Vetorechte) schränkt die Agendasetzungsmacht der Kommission ein (sofern EP und Kommission andere Präferenzen haben), da Rat und Parlament ohne die Kommission das finale Ergebnis aushandeln können
o Entstehung des nationalen Territorialstaats in Europa als Konsequenz mehrerer Faktoren (Tilly 1990), u.a.:
§ Sicherheit vor militärischer Bedrohung
§ Wirtschaftliche Vorteile durch Markintegration
o In EU: Marktaspekte vor Sicherheitsaspekten (Binnenmarkt mit entsprechenden Institutionen wie Kommission und EuGH)
o NATO dient als kollektive Sicherheitsorganisation
-In fast allen Politikbereichen EU Gesetze/Regulierungen, aber eine vergleichsweise kleine Bürokratie (ca. 40.000 BeamtInnen, Vergleich mit Berlin mit ca. 60.000 BeamtInnen)
-Europaweite Rechtsordnung, EuGH einer der einflussreichsten Gerichtshöfe weltweit, aber kein Gewaltmonopol
-EU-Haushalt nur ein Bruchteil der nationalen Haushalte der Mitgliedsstaaten
-EU-Integration nicht vergleichbar mit Bildung des Nationalstaats: letztere waren Voraussetzung für erstere
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