Was ist die Grundidee des Scientist-Practitioner-Modells?
Klinische Psychologen vereinen die Rolle von Praktiker*innen und von Wissenschaftler*innen in einer Person
Dynamische und hypothesengeleitete Ausbildung, in der Forschung & Praxis integriert werden
↳ & nicht nur parallel gelehrt werden
Unabhängig von Arbeitsbezeichnung o. Arbeitsfeld
Was ist das Prinzip des Scientist-Practitioner-Modells?
Forschung & Praxis informieren sich gegenseitig
Ein Wechselspiel zwischen wissenschaftlicher Datenbasis & Praxis
z.B.
Fallvignetten in der Lehre
Behandlungsmanuale
aktuelle soziale Problemstellungen
Neue empirische Befunde
Theorien & wissenschaftlich fundierte Behandlungsprogramme die das Fachgebiet voranbringen
Praxis gibt neue Impulse & Hypothesen, die empirisch überprüft werden können
Welche 3 Rollen gibt es in dem Scientist-Practitioner-Modell?
Forscher*in:
Streben danach, neue Daten & Befunde der Disziplin zur Verfügung zu stellen
Sollten in der Lage sein, validierte Mess- und Behandlungsmethoden anzuwenden
Konsument*in:
Lesen
Verstehen
auf dem Laufenden bleiben bzgl. anwendbarer Forschung
Empirische Gutachter*innen:
Beurteilung von Behandlung
Bewertung der Fortschritte in der Therapie & der Wirksamkeit der Behandlung
Interventionen beurteilen können
Welche Schwierigkeiten gibt es in der praktischen Anwendung des Scientist-Practitioner-Modell?
Das Scientist-Practitioner-Modell, das auf die Integration von wissenschaftlicher Forschung und praktischer Anwendung abzielt, begegnet in der Praxis verschiedenen Herausforderungen. Diese Schwierigkeiten betreffen oft organisatorische, methodische und personelle Aspekte:
Zeit- und Ressourcenmangel:
Forschung im Praxisalltag: Praktiker haben oft nicht genug Zeit, um neben ihrer täglichen Arbeit auch noch Forschung zu betreiben. Das Alltagsgeschäft und administrative Aufgaben lassen wenig Raum für wissenschaftliche Tätigkeiten.
Ressourcenknappheit: In vielen Organisationen fehlen die finanziellen und materiellen Ressourcen, um umfassende Forschungsprojekte durchzuführen. Dies betrifft sowohl die Finanzierung von Studien als auch den Zugang zu wissenschaftlicher Literatur und Datenbanken.
Qualifikationsunterschiede:
Wissenschaftliche Kompetenz: Praktiker verfügen möglicherweise nicht über die notwendigen wissenschaftlichen Kenntnisse und Methoden, um Forschung auf einem hohen Niveau durchzuführen. Umgekehrt fehlen Wissenschaftlern oft die praktischen Erfahrungen und Einsichten, um ihre Forschungsergebnisse direkt auf die Praxis zu übertragen.
Weiterbildung: Die kontinuierliche Weiterbildung in beiden Bereichen (Wissenschaft und Praxis) wird nicht immer gefördert oder ermöglicht.
Unterschiedliche Prioritäten:
Fokus der Tätigkeiten: Wissenschaftler sind häufig auf die Generierung neuer Erkenntnisse und die Publikation in Fachzeitschriften fokussiert, während Praktiker sich auf die Lösung unmittelbarer Probleme und die Verbesserung von Prozessen konzentrieren. Dies kann zu einem Misalignment der Ziele führen.
Bewertungskriterien: Erfolg wird in beiden Bereichen unterschiedlich bewertet. Wissenschaftlicher Erfolg basiert oft auf Publikationen und Zitierungen, während praktischer Erfolg durch unmittelbare Verbesserungen und Ergebnisse gemessen wird.
Kulturelle Unterschiede:
Organisationskultur: Die Kultur in wissenschaftlichen Einrichtungen unterscheidet sich häufig stark von der in praktischen Arbeitsumgebungen. Dies betrifft Arbeitsweise, Kommunikationsstile und Entscheidungsprozesse.
Anerkennung und Wertschätzung: Die gegenseitige Anerkennung der jeweiligen Expertise ist nicht immer gegeben. Praktiker fühlen sich möglicherweise nicht ausreichend gewürdigt, während Wissenschaftler das praktische Wissen der Praktiker unterschätzen könnten.
Kommunikations- und Transferprobleme:
Verständnis der Forschungsergebnisse: Forschungsergebnisse sind oft komplex und schwer verständlich für Praktiker, die nicht im wissenschaftlichen Kontext arbeiten. Dies erschwert den Wissenstransfer.
Anwendung in der Praxis: Die Implementierung von Forschungsergebnissen in die Praxis ist oft nicht straightforward und erfordert zusätzliche Anpassungen und Überlegungen, die in der Forschung nicht berücksichtigt wurden.
Ethik und Datenschutz:
Datenschutzrichtlinien: Strenge Datenschutzrichtlinien und ethische Standards können die Durchführung von Forschung in der Praxis erschweren, insbesondere wenn es um sensible Daten geht.
Ethik in der Praxis: Die Umsetzung ethischer Prinzipien der Forschung in der Praxis kann komplex und herausfordernd sein, besonders wenn schnelle Entscheidungen getroffen werden müssen.
Diese Herausforderungen verdeutlichen die Notwendigkeit einer stärkeren Zusammenarbeit und eines kontinuierlichen Dialogs zwischen Wissenschaft und Praxis, um das Scientist-Practitioner-Modell effektiv umzusetzen
Was ist mit klinischer Vorhersage gemeint?
Therapeutin entscheidet intuitiv auf Basis der zur Verfügung stehenden Informationen
zum Beispiel:
Bringt sich meine Patientin in der nächsten Woche um?
Wie gut kann ich als Therapeutin Depressionen behandeln?
Welche Behandlungform ist für diese spezielle Person die Beste?
Was ist mit mechanischer Vorhersage gemeint?
Mechanische Vorhersage ist ein:
Überbegriff für Vorhersagen o. Entscheidungen (im klinischen Kontext), die auf Grundlage von…
statistischen Methoden
versicherungsmathematischen
Wahrscheinlichkeitsrechnungen
Algorithmen
…getroffen werden
Zum Beispiel:
Bringt sich mein Patient nächste Woche um?
↳ Wahrscheinlichkeitstabellen / Regeression
Wie gut kann ich als Therapeutin Depression behandeln?
↳ Outcome- & Prozessdaten
Welche Behandlungsform ist für diese spezielle Person die beste?
↳ Machine Learning & Data-informed Prediction
Wie sieht die Studienlage zum Vergleich von klinischen & mechanischen Vorhersagen aus?
52% der Studien zeigen Überlegenheit der mechanischen Vorhersagen
10% der Studien zeigen Überlegenheit der klinischen Vorhersagen
Was sind die Vor- und Nachteile der Vorhersagemethoden (klinische vs. mechanische)
Vorteile ➜ klinisch
Klinische Institution ist zentral & notwenidg für Psychotherapie
Individueller
Nachteile ➜ klinisch
Objektivität geht manchmal verloren
Vorteile ➜ mechanisch
Vorhersagen sind öfter akkurat
objektiv
Einbezug von großen Datensätzen
Nachteile ➜ mechanisch
Vorhersagen nicht auf alle Entscheidungen anwendbar
ist nicht Maß aller Dinge
nicht drauf versteifen
Beschreibe und argumentiere, wie mechanische & klinische Vorhersage in der Praxis sinnvoll kombiniert werden können
Empfehlung Scientist-Practitioners:
Da wo es geht: Möglichst auf objektive Daten & Forschungsergebnisse beziehen
gleichzeitig kritisch nachprüfen, ob für individuelle Patient*innen passend
Hypothesengeleitetes Vorgehen auf Praxis übertragen
Deliberate Reflection & Practice
Von außen Feedback bekommen, hilft bei wiederholten Fehlern
Monitoring & Feedback
Mechanische Angebote als Hilfe
z.B. Feedbacksysteme
Welche Bias gehören zu der grundlegenden Annahme:
“Meine Erfahrung ist eine angemessene Referenz”
(My experience is a reasonable reference)
Spotlight Effekt (Spotlight-Effect)
Die Überschätzung des Ausmaßes, in dem (ein Aspekt) der eigenen Person von anderen wahrgenommen wird
Illusion der Transparenz (Illusion of transparency)
Die Überschätzung des Ausmaßes, in dem die eigenen inneren Zustände von anderen wahrgenommen werden
Illusorische Transparenz der Absicht (Illusory transparency of intention)
Überschätzung des Ausmaßes, in dem eine (für sich selbst klare) Absicht hinter einer zweideutigen Äußerung für andere klar ist
Falscher Konsens (false consensus)
Überschätzung des Ausmaßes, in dem die eigenen Meinungen, Überzeugungen usw. geteilt werden
Soziale Projektion (Social projection)
Neigung, andere als ähnlich zu beurteilen, wie sich selbst
➜ Verzerrungen scheinen daraus zu resultieren, dass Menschen
bei der Informationsverarbeitung ihre eigenen Erfahrungen als angemessenen Ausgangspunkt betrachten, wenn es um Urteile über andere geht
es versäumen sich ausreichend anzupassen
ihre eigenen Erfahrungen nicht missachten
sich auf ihre eigenen Erfahrungen verlassen
“Ich schätze die Welt richtig ein”
(I make correct assessments of the world)
Bias blinder Fleck (Bias blind spot)
Die Überzeugung, dass vor allem andere einer voreingenommenen Informationsverarbeitung erliegen
➜ Menschen glauben an die Richtigkeit ihrer eigenen Einschätzungen, während sie gleichzeitig nicht dieselbe Überzeugung von der Richtigkeit der Einschätzungen anderer haben
Deswegen die Überzeugung, dass andere häufiger als sie selbst einer Voreingenommenheit erliegen
Feindselige Medienvoreingenommenheit (Hostile media bias)
Partisanen, die Medienberichte als voreingenommen gegenüber der anderen Seite wahrnehmen
➜ Menschen führen Diskrepanzen zwischen unterschiedlichen Ansichten auf eine Voreingenommenheit bei anderen und nicht bei sich selbst zurück
➜ Beides kann durch eine grundlegende Überzeugung erklärt werden
Menschen vertrauen ihrer eigenen Einschätzung, haben aber nicht das gleiche Vertrauen in die Einschätzung anderer
dadurch:
übermäßige Zuversicht in eigenes Urteil
“Ich bin gut”
(I am good)
Besser-als-durchschnittlich Effekt (Better-than-average effect)
Überschätzung der eigenen Leistung im Vergleich zur Leistung anderer
Eigennützige Verzerrung (Self-serving bias)
Die eigenen Misserfolge werden extern und die eigenen Erfolge intern zugeschrieben
“Meine Gruppe ist eine vernünftige Referenz”
(My group is a reasonable reference)
Ethnozentrische Voreingenommenheit (Ethnocentric bias)
Vorrang für die eigene Gruppe (keine Bevorzugung)
Gruppeninterne Projektion (In-group projection)
Wahrnehmung der eigenen Gruppe (im Vergleich zu anderen Gruppen) als typischer für eine gemeinsame übergeordnete Identität
“Meine Gruppe/n (Mitglieder) ist (sind) gut.”
(My group (members) is (are) good)
Gruppeninterne Voreingenommenheit / Parteiliche Voreingenommenheit (In-group bias / partisan bias)
Die eigene Gruppe in einem günstigeren Licht als andere Gruppen zu sehen
↳ (z. B. moralisch überlegen, weniger verantwortlich für Schaden)
Ultimativer Attributionsfehler (ultimate attribution error)
Externe (vs. interne) Attribution für negatives (vs. positives) Verhalten von Mitgliedern der eigenen Gruppe
↳ umgekehrtes Muster für Mitglieder anderer Gruppen
Linguistischer Intergruppen Bias (Linguistic intergroup bias)
Verwendung abstrakterer (vs. konkreter) Wörter bei der Beschreibung von positivem (vs. negativem) Verhalten von Mitgliedern der eigenen Gruppe
↳ umgekehrtes Muster bei Mitgliedern anderer Gruppen
Innergruppensensitivitätseffekt (Intergroup sensitivity effect)
Kritik wird weniger defensiv bewertet, wenn sie von einem Mitglied der eigenen Gruppe (im Gegensatz zu einem Mitglied der anderen Gruppe) geäußert wird
“Die Eigenschaften der Menschen (nicht der Kontext) bestimmen die Ergebnisse”
(People’s attributes (not context) shape outcomes)
➜ Dies beschreibt die Tendenz, die Ergebnisse von Handlungen eher den persönlichen Eigenschaften der handelnden Person zuzuschreiben als dem Kontext oder den Umständen. Dies bedeutet, dass man dazu neigt, zu glauben, dass das, was jemand tut oder erreicht, hauptsächlich durch seine oder ihre Persönlichkeit, Fähigkeiten oder Einstellungen bestimmt wird, und nicht durch äußere Faktoren
Grundlegender Attributionsfehler / Korrespondenzverzerrung (Fundamental attribution error / correspondence bias)
Präferenz für dispositionelle (vs. situative) Attribution in Bezug auf Andere
Dies bezieht sich auf die Neigung, das Verhalten anderer Menschen vorwiegend ihren inneren Eigenschaften (dispositionell) zuzuschreiben, anstatt äußeren Umständen (situativ). Das bedeutet, dass wir eher glauben, dass jemand unfreundlich ist, weil er eine unfreundliche Person ist (dispositionell), und nicht, weil er einen schlechten Tag hatte oder unter Stress steht (situativ)
Der grundlegende Attributionsfehler oder die Korrespondenzverzerrung beschreibt die Tendenz, das Verhalten anderer Menschen überwiegend auf deren Persönlichkeit oder Charakter zurückzuführen, während man die situativen oder externen Faktoren unterschätzt. Wenn jemand beispielsweise bei einer Aufgabe scheitert, neigen wir dazu zu glauben, dass dies an seiner Unfähigkeit liegt, und nicht an schwierigen Umständen oder Pech.
Ergebnisverzerrung (Outcome bias)
Bewertung der Qualität einer Entscheidung in Abhängigkeit vom Ergebnis (Valenz)
Bezieht sich auf die Tendenz, die Qualität einer Entscheidung basierend auf dem Ergebnis (Valenz) zu bewerten, anstatt den Entscheidungsprozess zu berücksichtigen. Wenn das Ergebnis positiv ist, wird die Entscheidung als gut bewertet, wenn das Ergebnis negativ ist, wird die Entscheidung als schlecht bewertet. Dies ignoriert oft die Unsicherheiten und Risiken, die zum Zeitpunkt der Entscheidung vorhanden waren
Die Ergebnisverzerrung beschreibt die Tendenz, die Qualität einer Entscheidung anhand des Ergebnisses zu bewerten, anstatt anhand des Entscheidungsprozesses selbst. Das bedeutet, dass eine Entscheidung als gut angesehen wird, wenn das Ergebnis positiv ist, und als schlecht, wenn das Ergebnis negativ ist, unabhängig davon, ob die Entscheidung auf soliden Gründen oder Informationen basierte. Zum Beispiel könnte eine riskante Wette als klug angesehen werden, wenn sie erfolgreich war, und als dumm, wenn sie fehlschlug, unabhängig von den ursprünglichen Chancen
Definiere den zentralen Begriff “Belief”
Belief ➙ Überzeugungen
sind Hypothesen über einen Aspekt der Welt
geht mit dem Begriff Genauigkeit einher
Wissen (knowledge) ist ein Spezialfall von Überzeugungen
↳ eine gerechtfertigte wahre Überzeugung
Können tatsächlich wahr sein, müssen es aber nicht
können aus einem beliebigen Maß an bewusster Verarbeitung o. Reflexion resultieren
können mit einem beliebigen Maß an Gewissheit bestehen
können leicht überprüfbar sein, nachdem sie spezifiziert wurden
können teilweise überprüfbar sein
können überhaupt nicht überprüfbar sein
Welchen Vorteil können Beliefs/Überzeugungen haben?
Vorteile von Beliefs ➙ Überzeugungen:
Glaube an eine höhere Macht (z.B. Gott) kann Erklärungen für relevante Phänomene in der Welt liefern (z.B. allgegenwärtiges Leiden auf der Welt)
kann die Wahrnehmung von..
Vorhersehbarkeit
Kontrolle
Selbstwirksamkeit
Gerechtigkeit
..erhöhen
↳ hat sich als vorteilhaft für den Einzelnen erwiesen, selbst wenn sie illusorisch sind
Definiere den zentralen Begriff “kognitive Geschlossenheit”
Kognitive Geschlossenheit:
meint einen fertigen Gedanken
Mehrdeutigkeit und Ungewissheit werden nicht toleriert
Überzeugungen werden erst nach bewusstem Nachdenken akzeptiert
➜ Überzeugungen entstehen in dem Moment, in dem wir etwas über die Welt verstehen
Definiere den zentralen Begriff “Überzeugungs-Konsistente Informationsverarbeitung” (beliefe consist information processing)
Überzeugungs-Konsistente Informationsverarbeitung
(Belief-consistent information processing)
Menschen suchen Umgebung nach Merkmalen ab, die unter der Hypothese (“Believe”) wahrscheinlicher sind als unter der Alternative
↳ “positive testing”
Menschen bevorzugen Informationen, die mit der Annahme übereinstimmen
↳ “selective exposure” or “congeniality bias”
Neigung, neue Informationen fälschlicherweise als Bestätigung eigener früherer Überzeugungen wahrzunehmen
↳ “biased assimilation”
Informationen diskutieren, die nicht mit früheren Überzeugungen übereinstimmen
↳ “motivated skepticism”
Menschen neigen dazu, trotz gegenteiliger Beweise an ihren Überzeugungen festzuhalten
↳ “belief perseverance”
➜ Überzeugungs-Konsistente Informationsverarbeitung tritt bei:
allen aufgezählten Phänomenen auf
in allen Phasen der Informationsverarbeitung
einschließlich der selbsterfüllenden Prophezeiung
➜ Überzeugungs-Konsistente Informationsverarbeitung ist:
allgegenwärtig
stellt eine menschliche Bedingung (conditio humana) dar
benötigt keine Motivation
tritt auf, wenn Menschen kein Interesse an einem bestimmten Ergebnis haben
tritt auch auf, wenn Menschen unvoreingenommen sein möchten
Überzeugungs-Konsistente Informationsverarbeitung bezieht sich auf die Tendenz von Menschen, Informationen auf eine Weise zu verarbeiten, die ihre bestehenden Überzeugungen und Erwartungen bestätigt. Hier sind die spezifischen Mechanismen und Phänomene, die zu diesem Prozess gehören:
Mechanismen der Überzeugungs-Konsistente Informationsverarbeitung
Positive Testing:
Menschen durchsuchen ihre Umgebung nach Merkmalen oder Informationen, die ihre Hypothese (Glauben) wahrscheinlicher erscheinen lassen als alternative Hypothesen.
Beispiel: Wenn jemand glaubt, dass eine bestimmte Person freundlich ist, sucht er nach Anzeichen, die diese Freundlichkeit bestätigen, anstatt nach Hinweisen auf das Gegenteil.
Selective Exposure (Selektive Exposition) oder Congeniality Bias (Sympathieverzerrung):
Menschen bevorzugen Informationen, die mit ihren bestehenden Annahmen und Überzeugungen übereinstimmen.
Beispiel: Jemand, der eine bestimmte politische Meinung hat, liest hauptsächlich Nachrichtenquellen, die diese Meinung unterstützen.
Biased Assimilation (Verzerrte Assimilation):
Die Neigung, neue Informationen so zu interpretieren, dass sie bestehende Überzeugungen bestätigen, auch wenn die Informationen neutral oder widersprüchlich sind.
Beispiel: Zwei Personen mit gegensätzlichen Meinungen zu einem Thema lesen denselben Artikel und kommen zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen, die ihre eigenen Überzeugungen stützen.
Motivated Skepticism (Motivierter Skeptizismus):
Menschen neigen dazu, Informationen, die nicht mit ihren Überzeugungen übereinstimmen, kritisch zu hinterfragen oder abzulehnen.
Beispiel: Jemand, der an den Klimawandel nicht glaubt, hinterfragt wissenschaftliche Beweise dafür sehr kritisch.
Belief Perseverance (Glaubensbeharrlichkeit):
Die Tendenz, an Überzeugungen festzuhalten, selbst wenn gegenteilige Beweise vorliegen.
Beispiel: Jemand, der fest davon überzeugt ist, dass eine bestimmte Diät gesund ist, wird diese Überzeugung beibehalten, auch wenn Studien das Gegenteil beweisen.
Allgegenwart der Überzeugungs-Konsistente Informationsverarbeitung
Phasen der Informationsverarbeitung: Diese Tendenz tritt in allen Phasen der Informationsverarbeitung auf, von der Informationssuche über die Informationsbewertung bis hin zur Speicherung und Erinnerung.
Selbsterfüllende Prophezeiung: Durch die glaubenskonsistente Informationsverarbeitung kann es zu selbsterfüllenden Prophezeiungen kommen, bei denen Erwartungen das Verhalten so beeinflussen, dass die erwarteten Ergebnisse tatsächlich eintreten.
Allgegenwärtig und unabhängig von Motivation: Diese Tendenz ist weit verbreitet und tritt oft unabhängig von spezifischen Motiven auf. Selbst wenn Menschen kein besonderes Interesse an einem bestimmten Ergebnis haben oder sich als unvoreingenommen betrachten, neigen sie dazu, Informationen auf eine Weise zu verarbeiten, die ihre bestehenden Überzeugungen bestätigt.
Implikationen:
Conditio humana: Überzeugungs-Konsistente Informationsverarbeitung ist eine grundlegende menschliche Bedingung und beeinflusst das tägliche Denken und Handeln.
Herausforderung der Objektivität: Diese Tendenzen stellen eine Herausforderung für objektives Denken und die Fähigkeit dar, neue und widersprüchliche Informationen offen zu bewerten.
Zusammengefasst beeinflusst die Überzeugungs-Konsistente Informationsverarbeitung, wie Menschen Informationen wahrnehmen, bewerten und speichern, und verstärkt bestehende Überzeugungen, selbst in der Präsenz gegenteiliger Beweise
Welche Strategien können angewendet werden, um Überzeugungs-Konsistente Informationsverarbeitung zuzulassen?
Strategien: Überzeugungs-Konsistente Informationsverarbeitung
Ignorieren
Untergewichten
Diskreditieren
Umdeuten
➜ So kommen glaubenskonsistente Schlussfolgerungen selbst unter den unwahrscheinlichsten Umständen zustande
Definiere den zentralen Begriff “Subtyping”
Subtyping
Ermöglicht an einer Überzeugung festzuhalten, indem glaubensinkonsistente Informationen in eine zusätzliche Kategorie eingeordnet werden
Was versteht man unter der Rolle unschuldiger Prozesse?
Die Rolle unschuldiger Prozesse
Verzerrungen (Bias) können auch ohne vorherige Überzeugungen der Individuuen entstehen
durch Faktoren wie:
Umgebung (Informationsökologie)
grundlegende Prinzipien der Informationsverarbeitung
Mangel an metakognitiven Fähigkeiten
heißt, Verzerrungen zu erkennen & zu kontrollieren
Ein völlig unvoreingenommener Geist (tabula rasa) sehr unwahrscheinlich
Menschen neigen dazu, Überzeugungen über die Welt zu entwickeln
Welche Rolle spielt die Motivation bei der Entstehung von Verzerrungen (Bias)?
Motivation:
Es wird oft angenommen, dass Motivation eine wichtige Rolle bei Vorurteilen spielt z.B. bei
“Blinder Fleck”
Ausdruck des Überlegenheitsmotivs
“Meine Gruppe ist gut”
Motiv eines positiven Selbstkonzepts
kann Vorurteile verstärken
ist keine notwendige Bedingung für das Entstehen von Verzerrungen (Biases)
Warum spielt Motivation keine notwendige Rolle, damit Menschen zu ihren Überzeugungen gelangen?
Richtige Einschätzungen durch Alltagserfahrungen
Menschen sind motiviert, die Welt richtig zu beurteilen
Es ist jedoch keine Motivation nötig, um zu glauben, dass man die Welt richtig einschätzt
Menschen machen viele korrekte Einschätzungen aufgrund ihrer Alltagserfahrungen
z.B., dass man nach einem Sprung fällt
Fehlerhafte Einschätzungen und deren Ursachen:
Nicht alle Einschätzungen sind korrekt
verschiedene Mechanismen verhindern, dass falsche Einschätzungen erkannt werden
Manche Überzeugungen sind nicht überprüfbar oder falsifizierbar
Menschen versuchen oft nicht ihre Überzugungen zu falsifizieren
Oft fehlt es an direkten Vergleichsmöglichkeiten oder Zugang zu Gedanken & Wahrnehmungen anderer
Naiver Realismus & Selbstüberschätzung
Menschen neigen dazu, ihre eigenen Einschätzungen als korrekt anzusehen (naiver Realismus)
Diese Überzeugungen entstehen nicht aus Motivation, sondern aus der Tatsache, dass sie selten korriegiert werden
Menschen haben keinen unmittelbaren Zugang zu den Erfahrungen anderer & nehmen deshalb nicht an, dass diese ebenfalls richtige Einschätzungen haben
Bias & Ingroup Favoritism
Menschen bevorzugen automatisch ihre eigene Gruppe
Motivation ist nicht notwendig, um gruppenbegünstigende Überzeugungen zu haben
Soziale Identitätstheorie vs. fehlende Motivationsnotwendigkeit
Theorie der sozialen Identität besagt:
Menschen bevorzugen ihre soziale Gruppe, um ihr Selbstkonzept zu stärken
Text argumentiert:
Motivation ist keine notwendige Voraussetzung für gruppeninterne Voreingenommenheit
Motivation kann Voreingenommenheit verstärken, ist aber nicht zwingend erforderlich
Wie sieht die Beziehung zwischen der Überzeugungs-Konsistente Informationsverarbeitung und Motivation aus?
Überzeugungs-Konsistente Informationsverarbeitung ist oft mit Motivation verbunden (wie beim confirmation Bias)
hängt jedoch nicht von Motivation ab
Menschen verarbeiten Informationen Überzeugungs-Konsistente, unabhängig davon, ob sie motiviert sind, ihre Überzeugungen zu bestätigen oder unvoreingenommen erscheinen wollen
Was besagt das Pollyanna-Prinzip?
Manche Überzeugungen fühlen sich besser an, als andere
Menschen fällt es leichter, Aussagen zu glauben, die sie gerne für wahr halten würden
als die sie für falsch halten würden
Was ist die Rolle von Deliberation
Deliberation:
ist nicht gänzlich unabhängig von Motivation
kann als Mittel gegen Voreingenommenheit angesehen werden, durch:
Wissen über spezifische Voreingenommenheit
Verfügbarkeit von Ressourcen (z.B. Zeit)
Motivation zur Deliberation
Abbau von Voreingenommenheiten + Aufbau von unvoreingenommener Perspektive durch:
Auseinandersetzung mit eigenen Überzeugungen
in Frage stellen der eigenen aktuellen Perspektive
aktive Suche nach Gegenargumenten
Kann zur Reduktion..
des Scheinwerfer-Effekts
der Illusion von Transparenz
des falschen Konsens-Effekts
der sozialen Projektion
dem blinden Fleck
der feindseligen Voreingenommenheit
..führen
Wieso fällt es Menschen schwer Deliberation einzusetzen?
…weil
Menschen es nicht schaffen, spontan wirksame Gegenmaßnahmen zu ergreifen
Eine Übergeneralisierung der eigenen Phänomenologie läuft darauf hinaus, dass man Informationen ignoriert, die man hat
Übergeneralisierung der eigenen Phänomenologie bedeutet, dass man seine eigenen subjektiven Erfahrungen, Gedanken, Gefühle und Wahrnehmungen als allgemeingültig betrachtet und darauf basierend Urteile fällt oder Entscheidungen trifft.
Konkret bedeutet dies, dass man dazu neigt, nur die Informationen zu berücksichtigen, die mit den eigenen Erfahrungen und Überzeugungen übereinstimmen, und jene auszublenden, die widersprüchlich oder fremd erscheinen. Dies kann die Fähigkeit zur Deliberation, also zur offenen und reflektierten Diskussion und Entscheidungsfindung, erheblich einschränken, da man nicht alle relevanten Informationen und Perspektiven angemessen in Betracht zieht.
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