-Industrialisierung (Veränderung der ökonom. Produktion), Urbanisierung, Rationalisierung (Verwissenschaftlichung in sämtlichen Bereichen, u.a. Medizin, Produktion, etc.), Säkularisierung, Demokratisierung, Massenkonsum und Wachstum, Steigerung der sozialen Mobilität, Individualisierung und Pluralisierung der Lebensstile (Leute haben mehr Wahl – sind trotzdem Trends unterworfen) innerhalb einer Gesellschaft
-Ein historisch spezifische Entwicklung, aber universelle Bedeutung:
-”Unter der Modernisierung verstehe ich einen Typus des sozialen Wandels, der seinen Ursprung in der englischen industriellen Revolution von 1760-1830 und in der politischen Französischen Revolution 1789-1794 hat (...) Modernisierung (...) besteht im wirtschaftlichen und politischen Fortschritt einiger Pioniergesellschaften und den darauffolgenden Wandlungsprozessen der Nachzügler“. (Bendix 1996)
==> Wenn es Trends irgendwo gibt, dann werden sie für alle relevant, da die Länder sonst rückständig werden – Modernisierungstheorie
-Sammelbegriff für unterschiedliche Theorien und Ansätze, die gewisse Grundannahmen teilen
-Eine der Großtheorien (grand theories) der Soziologie: Gesamtgesellschaftliche Strukturen und Wandlungsprozesse
-Vier Grundannahmen (siehe Berger 1996):
o 1. Primär eine Eigenleistung der Gesellschaften / endogener Prozess (u.a. Wissenschaft, Technik, Bildung – bedingt sich gegenseitig)
§ D.h. Prozess geschieht von innen heraus und muss von innen angestoßen werden
(§ Gegenthese: exogener Anstoß-Versuch des Prozesses von Außen – somit wird von anderen Gesellschaften versucht Modernisierung zu erzwingen (siehe bspw. USA in Afghanistan – dort scheitert es jedoch / positives Beispiel wäre der Marshall-Plan nach dem zweiten Weltkrieg – Gelingen oder Nicht-Gelingen kommt immer wieder auf die Art und Weise der Eingriffe an, wer eingreift und wie das eingegriffene Land zu den Außenstehenden steht und welche Voraussetzungen es von früher bereits mitbringt) )
o 2. Strukturelle Innovationen stützen sich gegenseitig
§ Siehe die oben erwähnten Komplexe - wenn ich im Land eine Demokratie habe, wird sich die Wirtschaft vermutlich auch nach und nach demokratisieren
o 3. Die Vorreiter behindern nicht die Nachzügler
§ Helfen evtl. sogar durch Entwicklungshilfe o.Ä.
§ Siehe Aufholprozesse in Indien, China, etc. – evtl. sogar ein Vorteil später aufzuholen, da dann die neueste Technik verfügbar ist (so hat bspw. China erst seit 20 Jahren Bahnnetze – dafür dadurch aber eine viel moderne Technik als bspw. Deutschland)
o 4. Konvergenz in einem gemeinsamen Ziel
§ Alle Gesellschaften entwickeln sich auf eine moderne Gesellschaft westlichen Typus hin (inkl. Demokratie)
==> Wie Rückschritte, wie bspw. Kriege, mehr Autokratie, etc. zu erklären sind – nur, dass sie natürlich sein, die grundsätzliche Richtung aber vorwärts sei
==> Industrialisierung als Ausgangspunkt, d.h. der Blick auf Antike und Mittelalter entfällt
-Sechs Eigenschaften des Modernisierungsprozesses:
-1. Revolutionär: Traditionelle und moderne Gesellschaften unterscheiden sich radikal voneinander (àneues Entwicklungsniveau)
-2. Multidimensional: kann nicht auf einen Faktor (z.B. Bürokratisierung) zurückgeführt werden
-3. Systemisch: Veränderungen der einen Dimension beeinflussen Veränderungen in den anderen Dimensionen.
-4. Global: Schafft eine Gesellschaft den Durchbruch, beeinflusst das die anderen.
-5. Irreversibel: Entwickelte Gesellschaften (Industrialisierung, Bildung, ...) kehren nicht wieder auf den alten Entwicklungsstand zurück (auch wenn es ggf. Rückschritte gibt)
-6. Fortschrittlich: Langfristig ist Modernisierung unvermeidbar und wünschenswert (Achtung: normativ!)
==> geht davon aus, dass es keine negativen Auswirkungen der Modernisierungstheorie gibt - SCHWIERIG, macht den Hauptkritikpunkt aus - demgegenüber steht die Dependenztheorie, die ausführt, dass der Fortschritt der westlichen Welt auf dem Leid der Peripherie, der dritten Welt begründet
o Ideologieverdacht / Ethnozentrismus
§ Die Theorie wird von westlichen Staaten oft als Maßstab genutzt, um Länder bspw. als „Entwicklungsländer" oder „Schwellenländer" einzustufen. (von der „I. Welt" für die „Ill. Welt" gemacht)
o Dichotomie Tradition-Moderne (nichts dazwischen, zu kategorial gedacht)
§ Etwas als „modern" einzustufen kann sehr wertend sein.
o Teleologisch (auf ein Ziel versessen)
§ Der Zweck ist der Grund für das Dasein der Entwicklung /Zielgerichtetheit (Denken, dass alles in einem gemeinsamen Ziel konvergiert - wieder ideologisch aufgeladen)
o Vernachlässigung von Katastrophen und Krisen
§ Werden als Zwischenstadium „abgetan“ - Modernisierung sei letztlich unaufhaltsam
o Nachzügler werden behindert/ausgebeutet (Dependenz-Theorie, Weltsystemanalyse) (wird evtl. politisch-motiviert ausgeblendet, diese Länder werden nur in Teilen/benötigten Systemen modernisiert)
==> Brückentheorie: Leute habe mehr Ressourcen um an der Demokratie teilzuhaben, bzw. an ihrer Implementierung mitwirken zu können
-Erklärung 1: Wertewandel (Ronald Inglehart)
o Die These eines postmaterialistischen Wertewandels: Wirtschaftliche Entwicklung führt zu einer Verschiebung von „materialistischen“ hin zu „postmaterialistischen“ Werten. ( - bspw. das Aufkommen der Grünen in den 80er Jahren - die wirtschaftlichen Grundlagen waren gesichert,nun wurden andere Werte populär)
o Materialistische Werte (die Bedürfnispyramide muss zuerst in ihrer untersten Stufe erfüllt sein um weiterziehen zu können)
§ Ökonomische Sicherheit / Physische Sicherheit
o Postmaterialistische Werte
§ Individuelle Selbstverwirklichung / Lebensqualität
o Dieser grundlegende kulturelle Wandel ändert auch die politischen Einstellungen der Bevölkerung:
o Nachfrage nach öffentlicher Teilhabe (vs. Bedürfnis nach starken Führern, Fremdenfeindlichkeit/ Fundamentalismus bei wirtschaftlich schlechter Lage)
==> Wertwandel stärkt Nachfrage nach Demokratie
==> Daten sprechen eher nicht für diese These
-Erklärung 2: Sozialstrukturwandel aufgrund von Industrialisierung
o Großgrundbesitzer werden zu Feinden der Demokratie da
§ Ökonomischer Erfolg = (Grundbesitz, Arbeitskräfte, landwirtschaftliche Technologie, u.a.) Arbeitskräfte = (Leibeigenschaft, u.a.)
§ Vor Industrialisierung: arbeitsintensive landwirtschaftliche Produktion in der die Arbeitskräfte über das ganze Land verteilt sind
§ Nach der Industrialisierung werden die Arbeitskräfte in den Fabriken und Städten zentralisiert – den Großgrundbesitzern wird die Marktgrundlage entzogen
==> empfinden Demokratie als Bedrohung: Stärkung der abhängig Beschäftigten, Verlust des Reservoirs billiger Arbeitskräfte (Landflucht in die Städte)
o Auswirkungen der Industrialisierung:
§ Produktion wird technologieintensiver und effizienter
§ Schwächung der Großgrundbesitzer
§ Stärkung von Klassen, die nicht strukturell demokratie- feindlich sind: Arbeiterklasse, Mittelschicht (Träger der Demokratie, zentralisieren sich in urbanen Zentren, Gewerkschaften, etc.)
==> Besondere Lage der Fabrikbesitzer – so lange demokratiefreundlich, wie Arbeiter ihre Arbeitskraft an sie verkaufen müssen und Eigentumsrechte gesichert sind
==> Sozialstruktureller Wandel stärkt die Nachfrage nach Teilhabe und Demokratie
==> „Man gelangt nicht immer nur dann zur Revolution, wenn eine schlimme Lage zur schlimmsten wird. Sehr oft geschieht es, daß ein Volk, das die drückendsten Gesetze ohne Klage und gleichsam als fühle es sie nicht, ertragen hatte, diese gewaltsam beseitigt, sobald ihre Last sich vermindert. Die Regierung, die durch eine Revolution vernichtet wird, ist fast stets besser als die unmittelbar voraufgegangene, und die Erfahrung lehrt, daß der gefährlichste Augenblick für eine schlechte Regierung der ist, wo sie sich zu reformieren beginnt. (Alexis de Tocqueville, Der alte Staat und die Revolution, München 1978 (zuerst: 1856), S. 176)
==> Gegensatz zur Marx‘schen Verelendungsthese, dass die Revolution dann ausbricht, wenn es den Leuten am schlechtesten geht
==> Revolution findet also nicht immer dann statt, wenn die Lage am schlimmsten ist, sondern sobald sich die Repressionen vermindern und die Regierung sich zu reformieren beginnt. (evtl. auch weil man dann mehr Möglichkeiten sieht)
==> Das deckt sich mit der Lipset-These (Modernisierung führt zur Demokratisierung)
-Methodologischer Kollektivismus
o Die Makro-Ebene weist eigenständige Gesetzmäßigkeiten auf, die ohne Rückführung auf die Mikro-Ebene analysierbar sind.
-Methodologischer Individualismus
o Um kollektive Phänomene zu erklären, ist es notwendig, die Individuen, ihre Beziehungen zueinander, ihr Handeln und die Folgen ihres handelnden Zusammenwirkens zu betrachten.
==> In der Makrosoziologie haben wir es meist mit langen und „offenen“ Kausalketten zu tun. Sozialer Wandel ist daher nur sehr begrenzt vorhersagbar
==> Weitgehender Verzicht auf Großtheorien
==> Prognosen sind ethisch und praktisch kaum zu treffen – da immer Sachen unvorhergesehen auf einander treffen können – Bsp. Nebel bei der Schlacht von Waterloo – Realität könnte heute anders aussehen, wenn Napoleon wie vorhergesagt damals gewonnen hätte
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