Die EU hat nach Hix und Hoyland (2011) folgende Eigenschaften eines funktionsfähigen politischen Systems:
1. Komplexes Institutionengefüge (mehr Instanzen, die miteinander arbeiten)
2. Gruppierungen (Parteien, Interessengruppen)
versuchen Einfluss zu nehmen
3. Politische Entscheidungen der EU sind bedeutsam,
EU Recht hat prinzipiell Anwendungsvorrang
gegenüber nationalem Recht
4. Politische Prozesse sind ein fester Bestandteil der
EU (Gipfeltreffen, Gesetzgebung, Wahlen, etc.)
Es zählen dazu:
Exekutive (ausführende Gewalt)
Legislative (Gesetzgebende Gewalt)
Judikative (Rechtsstprechende Gewalt)
Bürger_innen, Parteien, Interessengruppen
Was ist die EU?
Ist die EU eine internationale Organisation?
Ist die EU ein Bundesstaat?
Ist die EU ein “sui generis” System?
Nein: Im Gegensatz zu einer IO haben die Mitgliedstaaten der EU zahlreiche Kompetenzen an supranationale exekutive, legislative, und judikative Gewalten übertragen.
Nein: Kein EU Gewaltmonopol, Mitgliedsstaaten sind nach wie vor die Vertragsparteien der EU Verträge.
Insoweit, dass es kein vergleichbar integriertes System gibt, aber als Konzept aus politikwissenschaftlicher Sicht problematisch, weil somit keine Vergleiche möglich sind. (sinnlos, so zu betrachten)
Doppelte Exekutive der EU
Kommission:
nationale Regierungen haben Befugnisse der politischen Agendasetzung, Politikumsetzung & Realisierung an die Kommission übertragen
Organ: Kommisionspräsidentin, Kommissarinnen
Regierungen der Mitgliedstaaten:
Kommission teilt sich mit nationalen Regeirungen die Exekutivaufgaben
Organe: Europäischer Rat, Rat der EU
Kommission - Rolle der Kommission
Supranationale Exekutive der EU
Geteilte Rolle der europäischen Kommission:
1. Legislative:
Alleiniges Initiativrecht → Agendasetzungsmacht
AUßER Außenbeziehungen und Polizeikooperationen
2. Exekutive:
Sie stellt den Haushalt auf.
Umsetzung von EU Recht und Regelungen
vertritt EU in Außenbeziehungen
überwacht nationale Einhaltung/Umsetzung von EU Recht
Hüterin der Verträge
Vertretung der EU nach außen in manchen Politikbereichen (v. a. Handelspolitik)
Festgelegt in Artikel 17 des EUV
Kommission - Aufbau der Kommission
Kabinett: Kollegium aus 27 Mitgliedern
Präsident*in der EU-Kommission mit Richtlinienkompetenz
→ First among equals 26 Kommissar*innen
Politische Führung
Hohe*r Vertreter*in der EU für Sicherheits- und Außenpolitik
Bürokratie:
Beamt*innen in Generaldirektionen Insgesamt circa 40.000 Mitarbeiter*innen
Kommission - Arbeit der Kommission
- Prinzipien der Entscheidungsfindung:
Kollegialprinzip
In der Regel keine Abstimmung, sondern Beschlussfassung im Konsens Entscheidungen können mit Mehrheit getroffen werden (14/27).
Kollektive Verantwortung
Beschlüsse werden als einheitliche Position der Kommission nach außen vertreten. Beschlüsse werden gemeinsam vom Kollegium der Kommissar*innen gefasst, das sich
vor dem europäischen Parlament dafür verantworten muss.
Jedes der 27 Kommissionsmitglieder ist in diesem Beschlussfassungsverfahren
gleichberechtigt und in gleichem Maße verantwortlich.
- „Verpflichtung der Mitglieder eines Gremiums, die der Meinung der Mehrheit intern entsprechenden Beschlüsse nach außen gemeinschaftlich zu vertreten“ (Oxford Languages)
Kommission = Nationale Regierung?
Welche drei demokratischen Systeme werden in der vergleichenden Politikwissenschaft unterschieden?
Zentrale Frage: Ist die Regierung dem Parlament verantwortlich?
Parlamentarisches System: Gegenseitige Abhängigkeit von Exekutive und Legislative
Präsidentielles System: Gegenseitige Unabhängigkeit zwischen Exekutive und Legislative
Semipräsidentielles System: Regierung hängt von der parlamentarischen Mehrheit und von der*dem unabhängig gewählten Präsident*in ab.
In der EU findet man Komponenten sowohl aus dem parlamentarischen System als auch aus dem präsidentiellen System.
- Welche Komponenten sprechen für welches System?
Abbildung:
Kommissions Präsidentwahl
Nach dem Vertrag von Lissabon erfolgt die Wahl des Präsidenten der Europäischen Kommission in einem mehrstufigen Verfahren, das die Beteiligung europäischer Parteien einschließt:
Europawahlen: Die Bürger der EU-Mitgliedstaaten wählen alle fünf Jahre das Europäische Parlament. Europäische Parteien benennen vor diesen Wahlen ihre Spitzenkandidaten (Spitzenkandidaten-System).
Nominierung: Nach den Europawahlen schlägt der Europäische Rat, bestehend aus den Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten, einen Kandidaten für das Amt des Kommissionspräsidenten vor. Dabei berücksichtigt der Europäische Rat die Ergebnisse der Europawahlen.
Parlamentarische Zustimmung: Das Europäische Parlament wählt den vorgeschlagenen Kandidaten mit der Mehrheit seiner Mitglieder. Falls der Kandidat nicht die erforderliche Mehrheit erhält, muss der Europäische Rat innerhalb eines Monats einen neuen Kandidaten vorschlagen.
Ernennung: Nach der erfolgreichen Wahl durch das Europäische Parlament wird der Kommissionspräsident vom Europäischen Rat offiziell ernannt.
Dieses Verfahren stärkt die Rolle der europäischen Parteien und das demokratische Element in der Wahl des Kommissionspräsidenten, indem es die Ergebnisse der Europawahlen berücksichtigt und das Europäische Parlament in den Prozess einbindet.
4o
Prinzipal Agenten Modell
- Warum delegieren Mitgliedsstaaten Machtbefugnisse an die Kommission?
- Die Delegation von Machtbefugnissen an einen Agenten erlaubt es dem Prinzipal effizienter gemeinsame Ziele zu erreichen.
➢ Glaubwürdige Bindung an politische Entscheidungen
➢ Expertise
Abbildung;
Europäischer Rat = Staats und Regierungschefs - Rolle
- Höchstes intergouvernementales EU-Organ
- Zuständig für Vertragsreformen, Erweiterung und Außenpolitik - Ernennung: Vorschlag für Kommissionspräsident*in,
Außenbeauftragte und EZB-Ratsmitglieder
- Mehrjähriger Finanzrahmen
- Strategische Ausrichtung: Agendasetzung
- Keine formale Gesetzgebungsrolle!
Europäischer Rat- Aufbau
Europäischer Rat bestehend aus:
• Staats- und Regierungschef*innen → Stimmberechtigt
• Präsident*in der Kommission
• Präsident*in des Europäischen Rates
• Hohe Vertreter*in für Außen- und Sicherheitspolitik
- Er trifft sich in der Regel viermal jährlich.
- Er entscheidet in der Regel im Konsens.
Präsident*in des Europäischen Rates
Momentan: Charles Michel
- Amtszeit: 2,5 Jahre → Einmal erneuerbar
- Er darf kein einzelstaatliches Amt ausüben.
- Keine administrative Rolle
- Vorbereitung und Vorsitz der Treffen des Europäischen Rates mit dem Ziel von Konsens und Kohäsion
- Er muss dem EP Bericht über die EU-Gipfel erstatten.
Neuer Intergouvernentalismus?
• Politisierung: Zunehmende Bedeutung europäischer Themen in den Mitgliedsstaaten durch europäische Krisen
• Interdependenzen der europäischen Wirtschaftsnationen, insb. der Eurozone, so klar wie nie zuvor
• Europäischer Rat als wichtigste Entscheidungsarena in Krisenzeiten (Bsp. Corona Finanzhilfen, Sanktionen)
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