Einstellung – was ist das?
Dreikomponentenmodell
Einstellungsentstehung
Einstellungsänderung
- Anpassung der Einstellung an Verhalten (kognitive Dissonanz)
- Persuasion: unter welchen Umständen gelingt es Kommunikator, Einstellungen zu beeinflussen?
-> Relevant für Politiker, Werbung, …
Yale-Ansatz
- one size fits all: grüne Eigenschaften sind immer hilfreich für eine Einstellungsänderung
Bedingungsanalyse: das ELM
- Elaboration-Likelihood-Model (Petty & Cacioppo, 1986)
- Verschiedene Aspekte (Attraktivität, Expertise, Güte der Argumente) wirken abhängig von Kapazität und Motivation, sich ernsthaft mit der Botschaft auseinanderzusetzen
ELM Modell (Petty & Cacioppo, 1986)
Petty et al., (1981): Test des ELM
Bewertung des ELM
· Hilfreiches Modell, das den Einfluss vieler Faktoren integriert:
- Sender: Attraktivität, Expertise
- Nachricht: Starke vs. Schwache Argumente
- Empfänger:
-> Motivation (durch persönliche Relevanz)
-> Motivation (durch chronisches need for cognition)
-> Kapazität (Ablenkung)
· Hauptkritik: Ob ein Hinweisreiz ein inhaltliches Argument oder ein peripherer Cue (hat nichts mit dem Thema zutun) ist, steht nicht unbedingt fest
Emotionen als Cue
- Emotionen haben die Funktion eines peripheren Hinweisreizes
Emotionale Einflüsse auf Einstellungsänderung
- Emotionen steigern Aufmerksamkeit
-> Emotionen als Eingangstor für eine Botschaft
- Klassisches Beispiel: Furchtauslösende Werbung
- Emotionen binden Aufmerksamkeit
- Diese muss dann genutzt werden, um Lösungswege aufzuzeigen – Aufmerksamkeit alleine hilft weniger
… not so fast – revisiting Leventhal et al., 1967
- Das experimentelle Design besteht aus mehr als drei Zellen:
- UV1: Film über schädliche Wirkung des Rauchens, Verbindung mit Krebs, visueller Darstellung von Teeranhaftungen an Lunge (“ohne Emotion”) vs. der gleiche Film plus 6-minütige ziemlich „gory“
- UV 2: Instruktionen wie man mit dem Rauchen aufhören kann: pro- und kontra-Liste, Überlegen wie man Versuchungen meiden kann und Routinen zurechtlegt zu widerstehen
- UV3: Instruktion während des Films zu rauchen vs. nicht
- HF = high fear
Reaktanz
- Reaktion auf die bewusste Beeinflussung eines selbst
- Was passiert, wenn wir merken, dass wir beeinflusst werden sollen?
- Ziel: Wiederherstellung persönlicher Freiheit
- Deshalb: milde Beeinflussungsversuche oft wirksamer als rigide Verbote (s.a. internale vs. externale Attribution)
- latente Reaktanz: weniger dem Wunsch anpassen
Empirie zu Reaktanz
- First Impression: Konföderierter soll bewertet werden und spendiert entweder einen Drink oder nicht – Drink wirkt sich negativ darauf aus, dem Konföderierten einen Gefallen zu tun (Brehm & Cole, 1996)
- Forbidden Fruit Phänomen: das subtile Lenken der Aufmerksamkeit weg von attraktiven Alternativen führt zu verringerter Beziehungszufriedenheit und besserer Erinnerung an die attraktiven Alternativen (De Wall et al., 2011)
- Warnschilder bzgl. Gewalthaltiger Medieninhalte führen zu größerer Präferenz für diese (Bushman & Stack, 1996); auch: parental advisory CDs wruden erfolgreicher
- Feldexperiment: Miami verbietet phosphathaltiges Waschmittel, großer Telefonsurvey: Hausfrauen (sic!) in Miami bewerten die Waschkraft von phosphathaltigem Waschmittel deutlich positiver als solche in Tampa (Mazis et al., 1973)
- Klinische Psychologie: Paradoxe Intervention
-> Symptome werden verstärkt, z.B. sollen sich depressive Personen extra traurig fühlen; Ziel: reaktanz triggern
Einstellungsimpfung (McGuire, 1964)
- Kleine Dosen an gegnerischen Argumenten lassen das eigene ideologische Immunsystem Antikörper produzieren, die bei tatsächlicher Exposition gegenüber Beeinflussungsversuchen schon bereit stehen
- Vorbestellungen: BMW von Pierce Brosnan gefahren
Subliminale Einstellungsänderung?
- Reaktanz könnte man umgehen, wenn Wahrnehmende nicht bewusst wahrnehmen, dass sie beeinflusst werden
- 4 Millisekunden: keine überzufällige Erkennungswahrscheinlichkeit
Fazit Subliminale Werbung
- Keine (!!!) Evidenz für den Effekt subliminalerWerbung
-> funktioniert nicht bei komplexen Entscheidungen
- CDs mit subliminalen Botschaften (Verbesserung des Gedächtnisses versus Verbesserung des Selbstwerts) keinen Effekt
- Aber: Labelling der CDs (Cover) als gut für Gedächtnis vs. Selbstwert führt zu subjektivem Eindruck, besser geworden zu sein, unabhängig von „Inhalt“ der CD (Greenwald et al., 1991)
- Trotzdem wählen Individuen lieber konventionelle als subliminale Beeinflussungsversuche, obwohl diese objektiv wirksamer sind (Wilson, Houston, & Meyers, 1998)
Außerhalb des Labors – Wirkt Werbung?
Einstellung und Verhalten
- Implizite Annahme: Einstellungen sind deshalb relevant, weil sie Verhalten (Wahlentscheidungen, Kaufentscheidungen, etc.) beeinflussen
- Stimmt das überhaupt?
- Wie eng hängen Einstellungen und Verhalten zusammen?
- enge Korrespondenz zwischen Einstellung und Verhalten
Klassische Studie (LaPiere, 1934)
- in den 30ern gab es viel antichinesischen Rassismus in den USA
- Verhalten (Paar ist vor Ort) ist sehr verschieden von der Einstellung (Entscheidung im Vorhinein per Brief)
Probleme mit LaPiere (1934)
- Psychometrische Schwierigkeit der Einstellung und des Verhaltens
- Verhalten psychometrisch sehr einfach (alle machen es, Deckeneffekt)
- (positive) Einstellung psychometrisch sehr schwierig (fast niemand, Bodeneffekt)
- Zu starke Situation; ohne Varianz keine Ko-Varianz
Alternatives Ergebnis
- benevolente Interpretation
Einstellung-Verhaltens-Korrespondenz ist ein inhärent differentielles Konstrukt* *mit Ausnahme sehr starker Situationen
Gesucht: Hohe Korrelationen zwischen Einstellung und Verhalten
- Mittelung des Verhaltens
Gesucht: Hohe Korrelationen
-> Einstellung und Verhalten korrelieren nicht
Diskriminierung
- implizite Einstellungen: unbewusst (z.B. durch Priming untersuchbar)
- explizite Einstellungen: bewusst
-> weder implizite noch explizite Einstellungen korrelieren hoch (oder mittel) mit Verhalten
Drei Erklärungsansätze
1. Messtheoretische Probleme und die Frage der Korrespondenz
2. Interindividuelle Unterschiede in der Stärke des Zusammenhangs von Einstellung und Verhalten
3. Zusätzliche Faktoren beeinflussen Verhalten und determinieren so die Möglichkeit, dass Einstellungen überhaupt zum Tragen kommen können
1. Messtheoretische Probleme
· Reliabilität von einzelnen Verhaltensindikatoren -> nicht immer ganz klar
· Frage der Korrespondenz (Ajzen & Fishbein, 1977): Korrelation ist maximal wenn Einstellung und Verhalten übereinstimmen auf
- Zielobjekt (Target) – [z.B. LaPiere, 1934]
- Handlung (Action)
- Kontext (Context)
- Zeitpunkt (Time) -> temporale Korrespondenz (die Einstellung einer Person zu Italien verändert sich in Abhängigkeit zu der Zeit, die ihr bis zu ihrem nächsten Italienurlaub bleibt)
Gebrauch der Antibabypille über zwei Jahre
- das Verhalten ist hier der Gebrauch der Antibabypille
2. Interindividuelle Unterschiede
- für manche differentielle Moderatoren ist der Zusammenhang groß, für andere nicht
Moderatoren – Persönlichkeit
· Aufmerksamkeit auf das innere Selbst
- Selbstüberwachung (self-monitoring) = Tendenz sich stark situativen Gegebenheiten anzupassen. Hoch: r = .03; niedrig r = .42; (Snyder & Swann, 1976)
- Private Selbstbewusstheit (private self-consciousness) = Tendenz, über sich selbst nachzudenken, also Introspektion zu betreiben. Niedrig: r = .09; hoch: r = .66 (Scheier, Buss, & Buss, 1978)
- Experimentelle Manipulation der Selbstaufmerksamkeit mit Hilfe eines Spiegels; Kontrollgruppe: r = -.03; mit Spiegel: r = .58 (Carver, 1975)
Moderatoren – Struktur der Einstellung
· Zentralität/ Relevanz der Einstellung
- Petition zu einer Maßnahme, die Teil der Befragten persönlich betrifft
nicht betroffen: r = .53; betroffen: r = .82 (Sivacek & Crano, 1982)
- Stärke der Überzeugtheit von seiner eigenen Einstellung
schwach: r = .10; stark: r = .47 (Warland & Sample, 1973)
- Direkte Erfahrung mit Einstellungsobjekt
ohne: r = .20; mit: r = .51 (Regan & Fazio, 1977)
Integratives Modell
- MODE Modell (Fazio, 1986)
- Zugänglichkeit (accessibility) von Einstellungen als zentrale Determinante der Relevanz für Verhalten
- Zugänglichkeit von Einstellungen = Stärke der Verbindung von Objekt zu Evaluation (RT)
- Einstellung sind leichter zugänglich, wenn…
… sie auf persönlichen Erfahrungen beruhen
… relevant für mich selber sind
… stark sind
3. Intervenierende Faktoren
Konkretes Beispiel: CO2 Emissionen
Guess the correlation…
Fazit zu Einstellung und Verhalten
- Zahlreiche Moderatoren bestimmen die Stärke des Zusammenhangs von Einstellung und Verhalten
- Das heißt, Einstellungen sagen manches Verhalten vorher für manche Personen, in manchen Situationen
- Es ist möglich, diese Bedingungen von Einstellungs-Verhaltens-Übereinstimmung im Labor artifiziell herzustellen, es ist unwahrscheinlich, dass sie unter normalen Bedingungen besonders häufig vorliegen
- Caveat 2: Wirkrichtung nicht zwingend Einstellung => Verhalten (s. Kognitive Dissonanz)
Jenseits der Produktentscheidung
Ist Werbung sexistisch?
- submissive vs. bestimmende Rollen
Jean Kilbourne
- Pionierin der Filmdokumentation des Frauenbilds in Werbung
- Killing Us Softly: Advertising’s Image of Women (1979)
- …
- Killing Us Softly 4: Advertising’s Image of Women (2010)
Tut sexistische Werbung weh?
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