Einstiegsfrage: Welche Isntitutionen kommen in den Schriften von Smith, Marx, weber & Polanyi vor?
Smith: Infrastruktur, Geldsystem
Marx: Blutgesetzgebung
Polanyi: Sozialgesetzgebung
Weber: Berufe
Warum ist die VPÖ an Institutionen interessiert?
Institutionen = Formelle und informelle Regeln, die wirtschaftliches, soziales und politisches Handeln strukturieren, begrenzen und ermöglichen.
Ohne nicht-marktliche Institutionen gibt es keine Märkte und funktioniert die Wirtschaft nicht (siehe „Klassiker“ wie Smith, Marx, Polanyi, Weber u.a.)
—> Institutionelle Ansätze & Theorien helfen uns, Unterschiede zwischen Marktwirtschaften zu verstehen und zu erklären!
Institutionelle Ansätze
„Marginalist political economy“ (Grenznutzenschule) & Neo-Klassik betrachten die Ökonomie abstrahierend von Institutionen (ceteris paribus Annahme) = “alles ist gleich”
VPÖ verwendet v.a. Historischen und Soziologischen (Konstruktivistischen) Institutionalismus, teilweise auch Rational-Choice Institutionalismus (siehe VoC), um vergleichend die Bedeutung von Institutionen in Marktwirtschaften und Ökonomien zu untersuchen
- Entstehung, Einfluss auf Entscheidungen und Handeln der Akteure, Wandel, Pfadabhängigkeit
- Unterschiedliche Mikrofundierung der Ansätze
—> soziologischer: Normen, Werte, Leitbilder
—> historischer: Interessen spielen Rolle
Marx, Smitz, Polanyi, Weber & WISOZ
Marx: Kapitalistische Produktions- und Eigentumsverhältnisse determinieren Gesellschaft und Politik, Akteure sind nicht a-historisch
—> HI (Werte/Normen) —> Antwort auf Fragen: Wie und warum entstehen Institutionen (Was sind Institutionen)?
Smith: Rationaler Eigennutz bestimmt das gesellschaftliche und politische Handeln der Akteure, Akteure handeln a- historisch (homo oeconomicus)
—> RCI (BI) —> Antwort auf Fragen: Wie wirken Institutionen auf
Akteure, Entscheidungen und Interaktionen?
Polanyi, Weber & WISOZ: Die Einbettung wirtschaftlichen Handelns und von Märkten (Vertrauen, Netzwerke, Institutionen) (homo sociologicus)
—> SI (Interessen) —> Antwort auf Fragen: Wie und warum wandeln sich Institutionen, und damit auch Politische Ökonomien?
HI: Historischer Institutionalismus; BI: Behavioraler Institutionalismus; RCI: Rational-Choice Institutionalismus; SI: Soziologischer (Konstruktivistischer) Institutionalismus
Rational Choice Institutionalismus
Wie entstehen Institutionen
Institutionen entstehen, um Transaktionskosten (Kosten, die entstehen, wenn Verträge abgeschlossen werden) zu minimieren; aus Effizienzgründen(keine ökonomischen) Institutionen sind stabil: Gleichgewichtslösungen (Wandel gibt es nicht viel)
Wie wirken Institutionen
Rationale Akteure haben feste (exogene) Präferenzen und maximieren ihren Nutzen Institutionen setzen Anreize für strategische Interaktionen und Wahlentscheidungen
Logik der Zweckgebundenheit (March/Olsen 1988)
Der atomistische Homo Oeconomicus
Politics wird reduziert auf Analyse von Dilemmata des kollektiven Handelns; Ideen, Macht und (multiple) Interessen werden ausgeblendet. Ungleiche Verteilung von Machtressourcen wird ignoriert.
—> es gibt keine Politics, wird reduziert
Historischer Institutionalismus
Reaktion auf RCI & Klassiker der Makro-Soziologie (z.B. Polanyi, Weber, Durkheim) Präferenzen und Interessen sind sozial konstruiert (Multiple Handlungsorientierung)
Institutionen entstehen vor dem Hintergrund konkreter historischer Prozessen, in die sie eingebettet sind
Primär ein Resultat von Machtauseinandersetzungen
Primär Verteilungsinstrumente & Ergebnis politischer Mobilisierung
Aber auch multiple Interessen: Utilitarismus (Eigennutz), Funktionalismus (denken an Funktion des Gesamtsystems), Legitimation (IDeen, Normen spielen Rolle) (siehe später unter Mechanismen der Pfadabhängigkeit)
Institutionen: struktureller Einfluss (Strukturen bestimmen Regeln), aber auch kreative Interpretation
Institutionen können unbeabsichtigte Nebeneffekte haben
Soziologischer Institutionalismus
„kulturalistische Wende in der Soziologie“
Institutionen nicht nur formale Regeln, auch Symbolsysteme, kognitive Elemente, moralische Überzeugungen, kulturelle Schemata
Die konzeptionelle Trennung zwischen Institution und Kultur wird aufgehoben
Aus normativen oder kulturellen Gründen: Legitimation von Handeln (Normenwandel in Gesellschaft Bsp: Cannabis Legalisierung)
„Institutionen beeinflussen Verhalten nicht einfach nur dadurch, dass sie spezifizieren, was man tun soll, sondern auch dadurch, dass sie konkretisieren, was man sich vorstellen kann, was man in einem bestimmten Kontext zu tun hat.“ (Hall/Taylor 1996: 15).
Institutionen prägen die Wahrnehmung (so auch Präferenzen) & beeinflussen Macht („rhetorische Waffen“)
„Logik der Angemessenheit“ (March/Olsen 1988)
Die EU einigte sich auf den Digital Market Act und setzt damit z.B. neue Regeln, um die Marktmacht der großen digitalen Tech-Konzerne einzudämmen.
Betrachten Sie nun diese Regulierung der Digitalen Ökonomie aus der Perspektive institutionalistischer Ansätze und diskutieren Sie eine der folgenden zwei Fragen:
Wie würde man mit dem HI erklären, dass die EU Regeln einführt, welche die Markmacht regulieren?
Wie würde man mit dem SI erklären, dass die EU Regeln einführt, welche die Markmacht regulieren?
1- Stukturen geben Regeln vor, Wirtschaftsmacht der TEch, heimische Industrie mus sgeschützt werden
Fiskalische Interessen
2- Logik der Angemessenheit = Eindämmung Marktmacht Normen: Datenschutz (Persönlichkeitsschutz)
Pfadabhängigkeit & Wandel
Dynamik sich selbst verstärkender, positiver Rückkopplungsprozesse; Institutionen werden ständig reproduziert (Gegenbegriff: Pfadwechsel)
„What has happened at an earlier point of time will affect the possible outcomes of a sequence of events occurring at a later point of time“
Abbildung:
Wirtschaftsmathematiker W. Brian Arthur; Wirtschaftshistoriker Paul A.
David: Kritik an der Effizienzannahme der Neoklassik
Institutionen stabil/pfadabhängig, weil Gleichgewichtslösungen aufgrund von „increasing returns“
Wenn Wandel, dann radikaler Wandel durch exogenen Schock (Wandel, wenn ceteris nicht mehr paribus)
Wie kann man erklären, dass sich ineffiziente Technologien durchsetzen?
- Increasing returns wegen Lerneffekten, Grössendegression, adaptiven Erwartungen, Netzwerkexternalitäten, Koordiationationsseffekten oder Interdependenz (Arthur)
- Beispiele: QWERTY – typewriter, VHS-Standard, Microsoft …
Pfadabhängigkeit & Wandel können verschiedene Ursachen haben
Pfadabhängigkeit aufgrund von vier möglichen
Reproduktionsmechanismen: (a) Machtverhältnisse stabil (Macht), (b) Effizienz (Utilitarismus), (c) Legitimität (Werte, Normen), (d) Funktionalität
Beispiel: Warum gibt es immer noch kein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen?
Inkrementeller Wandel von Institutionen: (a) Neue Funktionen von
Institutionen (conversion), (b) neue Regeln (layering), (c) Regeln werden ersetzt (displacement), (d) Veränderungen im Umfeld von Institutionen (drift)
Beispiel: Duale Berufsausbildung in Deutschland
Historischer Institutionalismus: Typologie von Mahoney & Thelen
Institutionenwandel, wenn sich Leitbilder, Deutungsmuster und
Legitimitätsgrundlagen wandeln
Beispiel: Wandel der Regulierung des Derivatehandels nach der Finanzkrise 2008/9, weil Derivate als nun moralisch verwerflich angesehen wurden:
Spekulation nicht mehr „legitim“, nur Hedging legitim (Orban 2016)
Beispiele fpr Kohleausstieg, Atomausstieg, Cannabislegalisierung
Pfadwechsel nach kanger stabiler Zeit
Beispielstudien:
Kathleen Thelen: Duale Berufausbildung in DE (HI)
Trotz großer Umbrüche (Weimarer Republik; Nationalsozialismus) Stabilität des dualen Ausbildungssystems aufgrund inkrementeller Anpassung & Macht-Koalitionen, die die Institution
unterstützen.
– Seit den Zünften: Handwerkszünfte organisieren die Lehre & Berufe (Meister-Geselle); Machtargument
1: Zünfte organisieren sich und organisieren sich als Berufe, die sie schützen
– 1897: Handwerksgesetz: Handwerk wird Aufgabe der Berufsausbildung übertragen (Privater Träger
Öffentlicher Politik); Machtargument
2: Erstarkung der Gewerkschaften durch Stärkung der Kammern
verhindern.
– ab 1920er Jahre: Industrie übernimmt das Modell des Handwerks (Layering) – Normierung, Einheitlichkeit
der Berufsbildung; Machtargument
3: Industrie unterstützt die Berufsausbildung und koaliert mit Handwerk
– 1960er Jahre: Gewerkschaften werden einbezogen in die Verwaltung der Berufsausbildung
(Machtargument 4: Erstarkung der Gewerkschaften wird von Industrie und Handwerk unterstützt; Sozialpartnerschaft (Conversion)
Es entstand über die Zeit eine Koalition zwischen Wirtschaft und Gewerkschaften, die das duale System unterstützt und damit Stabilität schafft
Mark Blyth: Wirtschaftspolitik
Studie zur Wirtschaftspolitik in USA und Schweden in den 1930er
Wirtschaftskrisen
Krisen erzeugten Unsicherheit, aber weil unterschiedliche Ideen dominierten , gab es unterschiedliche Wirtschaftspolitiken
USA (New Deal, Nachfragepolitik): Koalition Arbeiter & Wirtschaft & Staat; dominierende Idee: Konsum steigern
Schweden (Sparpolitik (Austeritätspolitik, Sozialkürzungen)): Koalition Bauern & Arbeiter; dominierende Idee: Sparen
Ideen wirken, weil sie
Akteuren in Momenten der Unsicherheit & Krise Halt geben,
kollektives Handeln und Koalitionsbildung ermöglichen,
im Kampf um Institutionen „rhetorische Waffen“ darstellen,
institutionelle Stabilität ermöglichen.
Fazit
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