EINLEITUNG
Vergleichende Politische Ökonomie ist die vergleichende Analyse der politischen und sozialen Grundlagen und Konsequenzen der Ökonomie
– Liberale, Marxistische & Soziologische Theorie der Wirtschaft
– Institutionen: Analyse der formellen & informelle Regeln (Institutionen), die ökonomische und politische Entscheidungen beeinflussen
Smith & Marx u.a.: Arbeit schafft den Wert -> VPÖ muss sich die
Politische Ökonomie des Arbeitsmarktes genau anschauen!
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Die Macht der Kollektiven Akteure, die das Verhältnis von Politik & Wirtschaft und die Regeln (Institutionen) auf dem Arbeitsmarkt bestimmen:
– Gewerkschaften (Theorien Kollektiven Handelns, Machtressourcen-Ansatz & Korporatismus)
– Wirtschafts- und Arbeitgeberverbände (instrumentelle vs. strukturelle Macht)
Geschichte der Gewerkschaften
Gewerkschaft (Gewerkverein, Gewerksgenossenschaft, union of a trade)
= organisieren Gewerke = Maurer, Schreiner = organisieren Berufe (Forderungen/soziale Forderungen)
• Historisch haben sich Gewerkschaften organisatorisch unterschiedlich organisiert: Betrieb (business unions), Beruf (craft unions), Branche (industrial unions), Ideologie
• Gewerkschaften agieren in den Arbeitsbeziehungen: Gewerkschaftskassen, Tarifvertrag, Streik
• Gewerkschaft agieren in der Politik: Beeinflussung von Parteien, Regierung und Parlamenten, Demonstrationen, politischer Streik, Kampagnen, Selbstverwaltung, Kommissionen
• Im Ländervergleich gibt es erhebliche Unterschiede, wie sich Gewerkschaften organisiert haben & wie sie in den Arbeitsbeziehungen & in der Politik agieren.
—> sind auch politische Akteure
Wichtigster Indikator zur Messung der Stärke von Gewerkschaften:
Organisationsgrad: Gewerkschaftsmitglieder/Zahl der Beschäftigten (potentielle Gewerkschaftsmitglieder, minus Arbeitslose & Rentner:innen)
Geschuchte der Gewerkschaften (haben historisch um Rechte kämpfen müssen)
Verlauf der Industrialisierung, Demokratisierung & Nationenbildung (industrielle Revolution & nationale Revolution) hat Einfluss auf:
Gewerkschaftstypen & Ideologisierungn= wie stark ideologisiert? (Bsp. Frankreich durch Ideologie; Gewerkschaft entstanden)
Legale, politische und ökonomische Bedingungen gewerkschaftlichen Handelns in den Arbeitsbeziehungen und in der Politik sowie für das Verhältnis Parteien-Gewerkschaften
1. Frühe Industrialisierung & frühe Demokratisierung (England, USA)
Weniger Repression gegen Gewerkschaften: frühes und weniger umstrittenes Organisations- und Koalitionsrecht
Craft unions (Berufsgewerkschaften), USA: auch business unions (Gewekschaftsklasse)
General unions (Allgemeine Gewerkschaften)
Gewerkschaften setzen die Interessen der AN eher in den Arbeitsbeziehungen als in der Politik um (Einfluss Industriealisierung & Demokratisierung)
2. Späte Industrialisierung & späte Demokratisierung (Deutschland, Schweden)
Repression: Gewerkschaften mussten Anerkennung erkämpfen; Politisierung d. Arbeiterbewegung
Industrial unions (Industriegewerkschaften)
General unions
Gewerkschaften
Gewerkschaften sind auch politisch sehr aktiv
Abbildung
Frage: Warum höhere Organisationsgrade der GEwerkschaften in FL, SWE als in DE, USA & FR?
Antwort:
Gewerkschaften im Skandinavischen Raum
= Mehr Mitglieder weil unter anderem oft die Arbeitslosenversicherung integreirrt ist —> mehr Mitglieder schließen sich Gewerkschaft an
Arbeitsbeziehungen & Tarifverträge
Arbeitsbeziehungen: „Gesamtheit der Beziehungen zwischen Arbeitern (Angestellten) und Arbeitgebern in einem konkreten Betrieb, einer Industrie, einem Industriezweig oder einem Land“ (Müller-Jentsch 1997: 10).
Diese Beziehungen können durch individuelle Arbeitsverträge, durch Tarifverträge (Firmentarifverträge, z.B. Volkswagen, Deutsche Bahn; Branchentarifverträge (z.B. Tarifvertrag Öffentlicher Dienst)) oder nationale Tarifverträge (z.B. Frankreich) und durch Gesetze (z.B. Mindestlohn; Kündigungsschutzgesetz) reguliert werden.
Reguliert werden Löhne, Arbeitszeit, soziale Absicherung, Schlichtung, Mitbestimmung usw.
Wichtigster Indikator zur Messung der Bedeutung von Tarifverträgen in einem Land:
Tariflicher Deckungsgrad (Coverage Rate) – Prozent der Beschäftigten für die ein Tarifvertrag gilt.
Abbildung:
Zwischenfrage
Der Organisationsgrad der Gewerkschaften und die Tarifdeckung sinken:
Was für Gründe dieser Entwicklung
Staat hat gewisse Dinge selbst reguliert = Bsp. Mindestlohn = soziale Rechte
Gewerkschaften —> TV (runter)
Dienstleistungsgesellschaft steigen,
Berufe von Gewerkschaften immer weniger (Öjonomie) —> Strukturwandel in Berufen
Wertewandel in Politik
Globalissierung (Verlagung von Produktionen in’s Ausland)
Finanzialissieurng, Digitalisierung
Privatisierung, Rückzug des Staats aus Wirtschaft (Deregulierung)
Bsp: Deutsche Bahn
Erhögung der Frauenerwerbstätigkeit = immer noch weniger Frauen in Gewerkschaften
Einleitung Theorien
Ein wichtiges Forschungsgebiet der VPÖ ist es, Unterschiede und Veränderungen in der Macht von Gewerkschaften in Wirtschaft & Politik zu beschreiben, zu verstehen und zu erklären.
Dafür brauchen wir Theorien, die u.a. Antworten auf die folgenden Fragen geben:
Haben Arbeitnehmer:innen und Unternehmen dieselben Chancen sich kollektiv zu organisieren?
Unter welchen Bedingungen entstehen Kollektives Handeln und Kollektive Organisationen?
-> Theorien Kollektiven Handelns (Olson, Offe/Wiesenthal) (2.3)
Warum können Gewerkschaften unterschiedlichen starken Einfluss in der Wirtschaft und Politik ausüben?
-> Machtressourcen-Theorie (Korpi) (2.4)
-> Korporatismus-Ansatz (2.5)
Theorien Kollektiven Handelns
Mancur Olson: The Logic of Collective Action
Organisationen handeln kollektiv und stellen Kollektive Güter bereit; Mitglieder handeln aus individuellen Eigeninteresse
Nicht-Exklusivität im Gebrauch & Nicht-Rivalität im Konsum Kollektiver Güter führt zu Trittbrettfahrern – Auch Nicht-Mitglieder profitieren vom Kollektiven Gut & unbeschränkte Anzahl der Nutzer (z.B. Gewerkschaft & Tarifvertrag)
Wenn sich alle rational verhalten, wird also keiner dem Verband
beitreten (Dilemma zwischen individueller & kollektiver Rationalität)
Kollektives Handeln entsteht:
Kleine Gruppen (höhere gegenseitige Abhängigkeit der Mitglieder) haben geringere Probleme die Mitgliederinteressen zu organisieren
Vor allem große Gruppen müssen selektive Anreize als private
Güter einsetzen (z.B. Gewerkschaftskassen; Serviceleistungen
(siehe EVG))
Offe/Wiesenthal: The Logic of Collective Action
Es gibt Interessenunterschiede & strukturelle Organisationsunterschiede zwischen Arbeit (Gewerkschaften) und Kapital (Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände)
Inputfaktoren (Was wird organisiert?): Wirtschaft organisiert „tote Arbeit“ (Kapital), Gewerkschaften „lebende Arbeit“ (Abeiter): „Lebende Arbeit ist nicht teilbar und verflüssigbar wie Kapital” – Die Arbeit kann vom Träger der Arbeitskraft nicht getrennt werden, Arbeiter abhängig vom Kapital (Job), können nicht “fusionieren”, das Kapital schon -> struktureller Klassenvorteil des Kapitals, Arbeiter müssen sich organisieren & eine kollektive Identität entwickeln
Interne Prozesse (Strukturen und Prozesse in der Organisation): G. sind sehr viel stärker vom Engagement ihrer Mitglieder abhängig (Diversität der Interessen, keine monologen Interessen (wie das Kapital: Profitinteresse), deswegen auch Heterogenität innerhalb und zwischen Gewerkschaften
Es gibt daher nicht eine (Olson), sondern zwei Logiken des Kollektiven Handelns & Wirtschaft kann sich besser und einflussreicher organisieren
Machtressourcen ANsatz
Walter Korpi: The Democratic Class Struggle
Wie Marx: Klassenkonzept & Klassenkonflikt, aber …
Kapitalismus kann reformiert werden aufgrund demokratischer Wahlen & Gesetze
Ziel der Arbeiterklasse politischer Einfluss, um soziale Ungleichheiten zu mindern.
Machtressourcen = Fähigkeit der Akteure andere zu bestrafen oder zu belohnen (Korpi 1985: 33)
Kapital kontrolliert das Produktionsmittel Kapital
Arbeit verfügt über Humankapital (Bildung)
Klassenkonflikt = Machtressourcenkonflikt = Konflikt um ungleiche Verteilung v. Machtressourcen: Kapital vs. Humankapital (Kapitaltransfer & -akkumulation möglich, bei
Humankapital nicht)
Träger des Kapitals (Klasse der Kapitalisten) wollen Marktlösung & Träger des Humankapitals (Arbeiterklasse) müssen sich kollektiv organisieren (Gewerkschaften, sozialdemokratische & linke Parteien)
“the differences […] in the distribution of power resources between countries and between time periods provide a fruitful base for the understanding of variation among western
democracies.”
Machtressourcen Ansatz
Messung von Machtressourcen (Labor Power)
Staat beeinflusst die Macht der Gewerkschaften durch
(Netto-)Organisationsgrad der Gewerkschaften
Stärke der linken bzw. Arbeitnehmer nahen Parteien: Mitglieder, Wahlergebnis, Stimmenanteil, Regierungsbeteiligung
a) Formelle Regeln des gewerkschaftlichen Einflusses
“[institutions] determine the ways in which decision-making on behalf of the whole society can legitimately be made and enforced” (Korpi)
Beispiele: Organisationsrecht (Koalitionsrecht) & allgemeines Wahlrecht & Wahlsystem: Arbeiter können Gewerkschaften & Parteien gründen & im Parlament vertreten
b) Politische Maßnahmen (Public Policies)
Gesetzgebung, die ungleiche Einkommensverteilung mindert (Mindestlöhne, Sozialpolitik, Inflationspolitik, Steuerpolitik etc.)
Abbildung Und Hypothese
Hypothese Korpi: Je mehr Machtressourcen Gewerkschaften haben desto einflussreicher desto mehr Wohlfahrtsstaat
Abbilung:
Bis 1985: Je stärker die Machtressourcen der
Gewerkschaften desto mehr Wohlfahrtsstaat
Korporatismus Ansatz
Korporatismus als Analyse-Ansatz (seit den 1980er Jahren):
„Der Begriff Korporatismus (auch Neo- Korporatismus, liberaler Korporatismus, demokratischer Korporatismus) bezeichnet die institutionalisierte und gleichberechtigte Beteiligung von gesellschaftlichen Verbänden an der Formulierung und Ausführung staatlicher Politik."
Strukturelle Definition: Korporatismus = System der Interessenvermittlung
“Corporatism can be defined as a system of interest representation in which the constituent units are organized into a limited number of singular, compulsory, noncompetitive, hierarchically ordered and functionally differentiated categories, recognized or licensed (if not created) by the state and granted a deliberate representational monopoly within their respective categories in exchange forobserving certain controls on their selection of leaders and articulation of demands and supports.”
Funktionale Definition: Korporatismus = System des Policy-Making & Policy-Implementation
“Corporatism is more than a peculiar pattern of articulation of interests. Rather, it is an institutionalized pattern of policy-formation in which large interest organizations cooperate with
each other and with public authorities not only in the articulation (or even “intermediation”) of interests, but– in its developed forms– in the “authoritative allocation of values” and in the
implementation of such policies.”
Abbidlung
Jahn: “Changing of the guard: trends in corporatist arrangements …” Index zur Messung des Korporatismusgrades Anwendung auf 42 Industriestaaten
Abbildung Ländervergleich:
Beispielstudien
Skills & Gewerkschaften
Fragestellung
Haben Gewerkschaften immer noch einen Einfluss auf die Lohnungleichheit ? (only manual workers!)
Kritik am PRA & Theorie & Hypothesen:
“Power resource theory rests on two basic assumptions: that workers have homogenous interests and that these shared interests include a desire for less economic inequality.
However, a plethora of research suggests that worker preferences towards redistribution and earnings inequality are substantially determined by the labor market risks they confront
and their market earning potential.” (Han & Castater 2016: 2) -> Kritik am PRA
“ (…) unskilled union members press for greater wage compression and redistributive social policies than more skilled union members … In short, while all workers and union members
may prefer redistribution or economic inequality reduction, some types of workers are likely to do so to a greater degree than others.” (Han & Castater 2016: 2-3)
-> skill levels sind auch wichtig für Umverteilungspräferenzen der Arbeitnehmer!
Es gibt einen Zusammenhang zwischen der “skill composition” der Gewerkschaften & der Lohnungleichheit, der aber durch die Institutionen in den Lohnverhandlungen beeinflusst wird (Zentralisationsgrad der Tarifverhandlungen)
Beispielstudien: Super-Reiche
Fragestellung: Ist die Einkommenskonzentration auf Super-Reiche geringer, wenn die Gewerkschaften stärker sind?
Theorie: Machtressourcen-Ansatz, Stärke des Finanzsektors, Globalisierung, Wirtschaftswachstum, technologischer Wandel, Veto-Punkte
Methode: Einkommensanteil (vor Steuern, vor Transfer) der Top 1 Prozent; World Income Data Base, 1960-2012, 13 OECD-Länder, Regressionsanalyse
Ergebnis: Ja, Gewerkschaften machen einen Unterschied!
Abbildungen:
Fazit
Geschichte der Gewerkschaften: Verlauf der Demokratisierung,
Industrialisierung -> Gewerkschaftstypen, Aktivitäten der Gewerkschaften in der Politik und in der Wirtschaft
Gewerkschaften versuchen in der Politik und in den Arbeitsbeziehungen Einfluss auszuüben
Die Macht der Gewerkschaften, die Tarifabdeckung und der Korporatismus-Grad nehmen ab, aber es gibt starke internationale Varianz!
Theorien des Kollektiven Handelns, Power-Ressource-Ansatz und Korporatismus-Ansatz sind Analyserahmen, die den wirtschaftlichen & politischen Einfluss der Gewerkschaften untersuchen helfen (K. auch Einfluss der
Arbeitgeber).
Beispielstudien: Skills & Unions & Wage Inequality & Super-Reiche - > Gewerkschaften haben Einfluss, wichtig aber: Institutionen der Arbeitsbeziehungen
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