Gliederung
1. Einführung in Beobachtungsverfahren
2. Einführung in die Verhaltensanalyse:
• SORKC
• Plananalyse
3. Fallvignette „Vor anderen sprechen“: kennenlernen weiterer störungsspezifischer Diagnostikinstrumente
Lernziele
• Sie sind mit verschiedenen Beobachtungsmethoden und möglichen Vor- und Nachteilen vertraut:
○ In-vivo-Beobachtung
○ Strukturierte Beobachtung
○ Selbstbeobachtung
○ Verhaltenstests
• Sie können die Verhaltensanalyse nach dem SORKC-Modell anwenden und sind mit der Plananalyse vertraut
In-vivo-Beobachtung (in der natürlichen Umgebung)
• Schule, Kindergarten…
• Beobachtung der Eltern-Kind-Interaktion im häuslichen Umfeld
Vorteile:
• Erfassung der tatsächlichen Abläufe und des Verhaltens zum Zeitpunkt des Geschehens
• Unabhängig von verbalen Fähigkeiten und Auskunftsbereitschaft der Beteiligten
Nachteile:
• Kosten- und zeitaufwändig.
Keine Beobachtung subjektiven Erlebens (z. B. Gründe)
Strukturierte Beobachtung (Labor, künstliche Umgebung), oft mit konkreter Aufgabenstellung
• Paare: konflikthaftes Thema besprechen
• Patient mit sozialer Angst: Vortrag halten, Gespräch beginnen
• Eltern-Kind-Interaktion: Spielsituation
• Ermöglicht systematische Datenerhebung und Vergleichbarkeit.
• Klare Kategorien und vordefinierte Verhaltensmerkmale
• Mögliche Verzerrungen durch die Strukturierung.
• Begrenzte Flexibilität bei unerwarteten Ereignissen
Selbstbeobachtung
• Zentrales Therapieelement vieler Therapien
• Eigene Reaktionen (problematisches Verhalten, Gedanken, Gefühle, Körperreaktionen) systematisch beobachten und protokollieren
• Wann wurde getrunken/geraucht? Begleitende Gedanken/Gefühle?
• Schmerztagebuch: Zusammenhang zwischen Belastungen/Situationen/ Gedanken/Aktivitäten etc. und Schmerz
• KVT: dysfunktionale Gedanken und Situationen, in denen diese auftreten
• Hohes Maß an psychologischer Reflexion.
• Erfassung des eigenen Verhaltens und subjektiven Erlebens.
• Subjektivität und Validitätsprobleme.
Schwierigkeiten bei der Objektivität der Beobachtung
Verhaltenstests
• Kombination: strukturierte Beobachtung (durch Therapeut*in strukturiert) + Selbstbeobachtung (Bsp: Hyperventilation bei Panikstörung)
• Messung von Therapieerfolg
• Standardisierte Durchführung und Vergleichbarkeit.
• Objektive Messung von Verhaltensmerkmalen
• Begrenzte Alltagsrelevanz.
• Potenzielle Beeinflussung durch Testsituation
-> tagebücher als form der selbstbeoabachtung
(Inhalt, Vor und Nachteile, Ziele, Forschung zu Tagebücher)
Erfasste Informationen durch Tagebücher:
• Auslöser des Problemverhaltens, Merkmale der Situation
• Gedanken,
• körperliche Symptome,
• Gefühle während des Problemverhaltens
• Reaktionen der Patient*innen auf das Problemverhalten
Ziele:
• Erfassung therapierelevanter Informationen (Verhaltensdiagnostik)
• Erfassung des Verlaufs und des Erfolgs (Verlaufs- und Erfolgsmessung)
Forschung zu Tagebücher:
• Vergleich zwischen retrospektiver Erfassung (z. B. anhand strukturierter Interviews) und sofortiger Erfassung (anhand von Tagebüchern) zeigte Diskrepanzen
• Bei der retrospektiven Befragung von Patient*innen mit Paniksyndrom wurden erheblich mehr Angstanfälle und mehr Symptome während eines Angstanfalls berichtet als bei sofortiger Erfassung im Tagebuch (Margraf et al. 1987)
• Verzerrungstendenzen: Patient*innen bewerten rückblickend ihr Problemverhalten als schwerer und häufiger im Vergleich zu sofort erfragten Aspekten des Problemverhaltens
Mögliche Nachteile:
• Unzureichende Reliabilität (z.B. Verzerrung durch Vorinformation oder Halo-Effekte)
• Geringe/unbekannte Validität (Repräsentativität der Situation bzw. des zu beobachtenden Verhaltens?)
• Reaktivität des Beobachtungsprozesses (das Beobachten selbst kann das zu Beobachtende verändern)
○ Abschwächung ggf. durch Videoaufzeichnungen oder Einwegscheiben
○ Dieser Effekt kann aber auch erwünscht sein (z.B. Esstagebücher)
-> Merkmale der Verhaltenstherapie
-> Unterschied SORKC und Plananalyse
Merkmale der Verhaltenstherapie
• Eine auf der empirischen Psychologie basierende psychotherapeutische Grundorientierung, die störungsspezifische und –unspezifische Therapieverfahren umfasst
• Die Maßnahmen verfolgen konkrete und operationalisierte Ziele auf den verschiedenen Ebenen des Erlebens und Verhaltens, leiten sich aus einer Störungsdiagnostik und einer individuellen Problemanalyse ab und setzen an prädisponierenden, auslösenden und aufrechterhaltenden Faktoren an.
-> Die Problemanalyse dient dazu die individuell relevanten Faktoren zu identifizieren
• Mikro-Ebene: Situationsanalyse nach SORKC-Modell (Kanfer & Saslow, 1995)
• Makro-Ebene: Vertikale Verhaltensanalyse und Plananalyse
Störungsübergreifende Problem- und Verhaltensanalyse: Modelle
• S-O-R-K-C-Verhaltensgleichung (Kanferund Saslow1974)
• Problemanalyse-Ansatz (Bartling et al. 1998)
• Plananalyse-Ansatz (Caspar 1989)
• Selbstmanagement-Ansatz (Kanferet al. 1990, 7 Bd. I/Kap. 37)
• Welche Bedingungen erklären die Aufrechterhaltung von Problemen?
• Bestimmung therapeutischer Ziele
• Interventionsindikation (Exposition, kognitive Umstrukturierung, Biofeedback etc.)
Mit „R“ beginnen:
• Definition des Problemverhaltens
• Genaue Exploration und Beschreibung des Problemverhaltens (R) in konkreten Situationen
○ motorische Ebene („Was haben Sie dann genau gemacht?“)
○ kognitive Ebene („Was ging Ihnen dabei durch den Kopf?“)
○ emotionalen Ebene („Wie haben Sie sich dabei gefühlt?“)
○ physiologische Ebene („Was für Veränderungen haben Sie dabei in Ihrem Körper wahrgenommen?“)
Weiter mit „S“:
• Identifikation der vorausgehenden internen und externen Stimuli, die potenziell an der Verhaltenssteuerung beteiligt sein können (S R)
○ S-extern (z. B. kritische Bemerkungen von anderen)
○ S-intern (z.B. negative Selbstkommentare)
• als (potenzielle) Auslöser von Essanfällen (R-behavioral)
„O“:
• Welche situationsübergreifenden Faktoren steuern Verhalten? (Organismusvariable)
• medizinische Befunde?
• Selbstschemata?
• Motivstrukturen?
• Handlungsziele?
• eigene Erwartungen? (einschließlich der von Pat. wahrgenommenen Einstellungen anderer Personen)
• z.B: geringer Selbstwert
„C“:
• Analyse der auf das Problemverhalten folgenden Konsequenzen (R C):
• Sind sie an der Aufrechterhaltung des Problemverhaltens beteiligt?
• z. B. ruhiger werden nach Essanfall als Indiz für eine negative Verstärkung?
• Funktionales Bedingungsmodell nach den Paradigmen des klassischen und operanten Lernens, die auf den Bereich der psychischen Störungen übertragen werden
• Klassische Konditionierung (respondentes Lernen)
○ Z.B. Kopplung „neutrale Situationen“ + unangenehme Reaktion
○ Situation alleine löst unangenehme Reaktion aus („automatisch“)
• Operante Konditionierung
○ Einem Problemverhalten nachfolgende Ereignisse können Verstärkerfunktion haben
○ Verhalten tritt dann mit höherer Wahrscheinlichkeit erneut auf
Beispiel: Klassische Konditionierung (KK)
• Telefon klingelt (neutraler Stimulus)
• Freund macht mehrfach heftige Vorwürfe am Telefon -> Herzklopfen, Angst, Unsicherheit
• Telefonklingeln alleine -> Herzklopfen, Angst, Unsicherheit
Beispiel: Operante Konditionierung
• Angst über Brücke zu fahren, da auf Brücke schwere Panikattacke erlitten; Brücke alleine löst Angst aus (KK)
• Langer Umweg, um Fahrt über Brücke zu vermeiden
• Hierdurch: Ängste kaum noch vorhanden
• Nachlassen der Angst durch Fahren des Umwegs (= negative Verstärkung): C- durchgestrichen
• Aufrechterhaltung des Vermeidungsverhaltens
„K“:
K als Kontingenz: Bestimmte Konsequenzen folgen manchmal, immer, regelmäßig, intermittierend etc. auf das Problemverhalten (Verstärkerplan)
K als Kontiguität: Bestimmte Konsequenzen erfolgen unmittelbar vs. verzögert auf das Problemverhalten (zeitliche Nähe)
-> nochmal extra: C
„Kognitive Wende“
• Horizontale Verhaltensanalyse: Verhalten in Situationen (SORKC)
• Vertikale Verhaltensanalyse (Plananalyse): Exploration komplexer Handlungsziele und -pläne zur Diagnostik individuell bedeutsamer, das Handeln leitender Regeln, Kognitionen, etc. („handlungsleitende Kognitionen“)
• Zugehörige Methoden: Verhaltensbeobachtungen, Rollenspiele, Videofeedback, Verhaltens- und Denkprotokolle
Plananalyse nach Caspar
• Ziel: Erfassung der Motivstruktur, die hinter einem Verhalten steckt
• Pläne= Strategien zum Erreichen der Bedürfnisse (Grundeinheit der Plananalyse)
• Menschen nehmen Pläne als mehr oder weniger explizite Regeln, Neigungen oder Programme wahr
• motivationalen Komponente (Motiv, Zweck, Ziel) und Mittel (Pläne und Verhalten).
• verschiedene Abstraktionsebenen:
○ Verhalten
○ Unterplan
○ Plan
○ Oberplan
• → nicht bewusste Verhaltenssteuerung der Patient*innen
Stärkere Berücksichtigung von
• Kognitionen
• Einstellungen
• Erwartungen
• Zielen
• Intentionen
bei Diagnostik und Problemanalyse psychischer Störungen. Grundannahmen, Oberpläne = werden in Plananalyse/vertikaler Verhaltensanalyse erfasst
-> Neben Lernmechanismen (SORKC) setzt die Therapie auch an Grundannahmen und zentralen Bedürfnissen an
• Eine ICD-10 Diagnose
• Diagnostische Instrumente
○ LSAS
○ BAI
○ AKV
• SCL 90 Diagnostik
AKV
ICD 10 Diagnose -> F40.1
ICD 10 Diagnose -> F40.1 -> LSAS
Zusammenfassung Diagnostik
BAI
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