Was sind die ethischen Anspekte medizinischer Diagnostik und Therapie am Lebensanfang?
Forschung mit humanen Stammzellen / Embryonen
Erkrankungen und Gefährdungen des beginnenden Lebens und die diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten
Ermöglichung von beginnendem Leben (Reproduktionsmedizin)
Unterbindung oder Beendigung von beginnendem Leben
Was beinhaltet die Forschung mit humanen Stammzellen / Embryonen?
Potenzial der Stammzellforschung für verschiedene Krankheitsbilder
Parkinson
Erkrankunge am Auge
Krebs
Chorea Huntington
Erkrankungen des Herzens
Erkrankungen der Niere
Erkrankungen der Leber
Erkrankungen der Lunge
Was beinhalten Erkrankungen und Gefährdungen des beginnenden Lebens und ihre diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten?
Gendiagnostik bei potenziellen Eltern (vor der Zeugung)
Präimplantationsdiagnostik des extrakorporalen Embryos
(Pränatal-)Diagnostik möglicher Erkrankungen u. Gefährdungen der werdenden Mutter
Pränataldiagnostik möglicher Beeinträchtigungen oder Erkrankungen des Embryos
Geneditierung (CRISPR/CAS – Genschere)
Was beinhaltet die Ermöglichung von beginnendem Leben (Reproduktionsmedizin)?
Präfertilisations-/Präkonzeptionsdiagnostik (von Eizelle oder Spermien)
Samen-/Eizellspende
Leihmutterschaft
Extrakorporale künstliche Befruchtung
(In-Vitro-Fertilisation, Intrazytoplasmatische Spermieninjektion, Blastozystentransfer)
Was beinhaltet die Unterbindung oder Beendigung von beginnendem Leben?
Verhütung (Kondom, Spirale, Pille, die Pille danach, …)
Schwangerschaftsabbruch nach Beratungsregel (gesetzl. straffrei)
innerhalb von 12 Wochen nach Befruchtung, ohne Indikation, Beratungspflicht)
Schwangerschaftsabbruch aufgrund medizinischer Indikation (gesetzl. erlaubt, ohne zeitliche Begrenzung) / Pränataldiagnostik
Schwangerschaftsabbruch aufgrund kriminologischer Indikation
Präimplantationsdiagnostik (Verwerfen ungewollter/nicht nützlicher Embryos)
Haben totiponte ES-Zellen, Embryonen, Feten, außerhalb des Mutterleibs lebensfähige Feten, Neugeborene überhaupt unbedingte Lebensrechte (uneingeschränkte Menschenwürde)?
Eine mögliche Begründung für ein unbedingtes Lebensrecht:
Nur Personen haben ein unbedingtes Lebensrecht.
ES-Zellen, Embryonen, Neugeborene … sind noch keine „Personen“, können aber unter geeigneten Umweltbedingungen (Gebärmutter …) zu Personen werden.
Lebewesen, die unter geeigneten Umweltbedingungen zur Personen werden können, haben ein unbedingtes Lebensrecht.
ES-Zellen, Embryonen, Neugeborene … haben ein unbedingtes Lebensrecht.
Was sind die Bedingungen für das Zusprechen des Personenstatus?
Kognitive Fähigkeiten:
Intentionalität, Fähigkeit zu urteilen
Zeitliche Transzendenz der Gegenwart (Zukunftsbewusstsein, Erinnerungsbew.)
Selbstbewusstsein, Ichbewusstsein
Selbstdistanz, Präferenzen zweiter Stufe
Rationalität, Vernünftigkeit
Moralische Fähigkeiten:
Autonomie, Selbstbestimmung
Moralität, Moralfähigkeit
Fähigkeit zur Übernahme von Verpflichtungen
Fähigkeit zur kritischen Selbstbewertung
Was ist die Begründung dafür, dass Menschen mit starker Hirnschädigung kein unbedingtes Lebensrecht mehr haben?
Eine mögliche Begründung dafür, dass Menschen mit einer starken Hirnschädigung (dauerhafte Bewusstlosigkeit, „Hirntod“) kein unbedingtes Lebensrecht mehr haben:
Menschen mit einer starken Hirnschädigung sind nicht mehr „Personen“ .
Nur „Personen“ haben ein unbedingtes Lebensrecht.
Menschen mit einer starken Hirnschädigung haben kein unbedingtes Lebensrecht.
=> Sie dürfen zum bloßen Mittel für Zwecke (Lebenserhaltung) anderer gemacht werden.
Begründung von Hans-Martin Sass:
Das menschliche Leben hat bis siebzig Tage nach der Empfängnis kein Recht auf (Lebens-)Schutz.
Begründung in Analogie zum Hirntodkriterium:
Ohne Gehirnfunktion → keine Person
Erst 70 Tage nach der Befruchtung bilden sich Synapsen zwischen den isolierten Nervenzellen. Sie sind „Voraussetzung für die neuronale Kommunikation und damit für die biologische Funktionsfähigkeit des Gehirns.“
=> Wenn man davon ausgeht, dass Menschen ohne Hirnfunktion keine Personen mehr sind, muss man auch die Begründung akzeptieren, warum Embroys bis zu einem gewissen Zeitraum keine Person sind
Verbindung zwischen Ende des Lebens & Anfang des Lebens
Was versteht man unter Präimplantationsdiagnostik (PID)?
Präimplantationsdiagnostik (PID):
ermöglicht im Zusammenhang mit den Reproduktionstechniken der In-Vitro-Fertilisation (IVF) oder der Intrazytoplasmatischen Spermieninjektion (ICSI), Embryonen auf mögliche genetische Defekte hin zu untersuchen und zu verwerfen (Selektion).
Moralisch relevanter Unterschied zur prä-natalen Diagnostik (PND):
im Handlungszusammenhang IVF/ICSI + PID der Reproduktionsmedizin werden von vornherein mehr Embryonen erzeugt mit der Intention, sie töten zu können.
Kriterien dafür sind
Tauglichkeit / Untauglichkeit,
Erwünschtheit / Unerwünschtheit.
Was sind Indikationen für eine PID?
Indikationen für eine PID
Auf der diagnostischen Ebene sind grundsätzlich vier Indikationsgruppen zu unterscheiden:
Verdacht auf eine monogen erbliche Krankheitsanlage (z.B. Chorea Huntington),
Verdacht auf genetische Risiken für multifaktoriell bedingte Krankheiten (z.B. Diabetes, Adipositas),
Verdacht auf Chromosomenstörungen (z.B. Trisomie 21),
Identifikation erwünschter genetischer Merkmale (in Deutschland nicht erlaubt)
Was beinhalten die rechtliche Regelungen bezüglich PID?
Rechtliche Regelungen
Gesetz zur Regelung der Präimplantationsdiagnostik vom 21.11.2011 (PräimpG) und Präimplantationsdiagnostikverordnung (PIDV) vom 21.02.2013.
PID ist grundsätzlich verboten, aber unter bestimmten Bedingungen zulässig:
wenn bei den Eltern das hohe Risiko einer schwerwiegenden Erbkrankheit vorliegt,
wenn beim Embryo eine schwerwiegende Schädigung festgestellt wird, die mit einer hohen Wahrscheinlichkeit zu einer Tot- oder Fehlgeburt führt
PID
ist an Aufklärungspflichten und
an die Zustimmung einer Ethikkommission gebunden,
darf nur von zugelassenen Zentren durchgeführt werden,
wird zentral dokumentiert
→ Transparenz, Kontrollmöglichkeit durch den Gesetzgeber
Was sind die ethisch relevanten Risiken der PID?
Ethische Aspekte, die nur subsidiär oder gar nicht mit der Frage nach dem moralischen Status menschlicher Embryonen verknüpft sind:
Risiken der IVF-Techniken für die Mutter
Zugang
Finanzierung
Heterologe Insemination
Welche Risiken sind primär mit der Frage nach dem moralischen Status menschlicher Embryonen verknüpft?
Risiken, die primär mit der Frage nach dem moralischen Status menschlicher Embryonen verknüpft sind:
(Nochmals Annahmen um der Argumentation willen:)
Der moralische Status menschlicher Embryonen ist (aus guten Gründen) faktisch umstritten → Risiko
Wer PID befürwortet, befürwortet auch IVF/ICSI zum Zwecke der Reproduktion.
Was sind Gründe für und gegen PID?
Formulierung der moralischen Risiken im Blick auf PID
„Dilemma“ der PID ohne Option zum Schwangerschaftsabbruch
Befürworter
Die Befürworter der PID gehen das moralische Risiko ein, das Leben möglicherweise menschenwürdiger Embryonen bewusst zu erzeugen, um es zu töten.
Gegner
Die Gegner der PID gehen das moralische Risiko ein, Eltern, die sich eigene gesunde Kinder wünschen, möglicherweise zu Unrecht die reproduktive Selbstbestimmung zu beschneiden, indem sie diese entweder zum Verzicht nötigen oder ihnen die Mittel vorenthalten, deren Einsatz die Wahrscheinlichkeit eines gesunden Kindes erhöht.
„Dilemma“ der PID mit Option zum Schwangerschaftsabbruch
Befürworter (-> bleibt gleich)
Die Befürworter der PID gehen das moralische RisikoB ein, das Leben möglicherweise menschenwürdiger Embryonen bewusst zu erzeugen, um es zu töten.
Die Gegner der PID gehen das moralische RisikoG ein, Eltern, die sich eigene gesunde Kinder wünschen, möglicherweise zu Unrecht die reproduktive Selbstbestimmung zu beschneiden, indem sie entweder diese zum Verzicht bzw. zu einer „Schwangerschaft auf Probe“ nötigen, oder ihnen die Mittel vorenthalten, deren Einsatz die Wahrscheinlichkeit eines gesunden Kindes erhöht.
=> Sind die Risiken, die Befürworter und Gegner der PID eingehen, gleich?
Was sind Ursachen für medizinethische Probleme am Lebensende?
Erkrankungen des älteren Lebens
Parkinson, Demenz, Krebs, Herzkreislauf …
Fortschritte der Palliativmedizin
weitgehend schmerzfreies Sterben
Fortschritte bei Wiederbelebung
z.B. Ermöglichung von „Hirntod“
Fortschritte bei Lebenserhaltung
z.B. Apparatemedizin, personalisierte Med.
Patientenautonomie
z.B. Sterbewunsch
Möglichkeiten des schmerzfreien Tötens
„aktive“ oder „indirekte“ Sterbehilfe
Was beinhaltet Euthanasie?
Welche Aspekte der Euthanasie gibt es?
Freiwillige Euthanasie (nach Peter Singer, Praktische Ethik, reclam):
Tötung oder Tötungshilfe auf Verlangen der getöteten Person (s. S. 175)
Unfreiwillige Euthanasie:
„Ich betrachte Euthanasie dann als unfreiwillig, wenn die getötete Person fähig ist, ihrem eigenen Tod zuzustimmen, aber es nicht tut, weil sie entweder nicht gefragt wird, oder weil sie zwar gefragt wird, sich aber dafür entscheidet, weiterzuleben.“
Nichtfreiwillige Euthanasie:
„Wenn ein menschliches Wesen nicht fähig ist, die Entscheidung zwischen Leben und Tod zu verstehen, dann wäre die Euthanasie weder freiwillig noch unfreiwillig, sondern nichtfreiwillig.” (s. S. 189)
Was ist die rechtliche Regelung in Deutschland bezüglich Sterbehilfe?
Patientenverfügung
„Hat ein einwilligungsfähiger Volljähriger für den Fall seiner Einwilligungsunfähigkeit schriftlich festgelegt, ob er in bestimmte, zum Zeitpunkt der Festlegung noch nicht unmittelbar bevorstehende Untersuchungen seines Gesundheitszustands, Heilbehandlungen oder ärztliche Eingriffe einwilligt oder sie untersagt (Patientenverfügung), prüft der Betreuer, ob diese Festlegungen auf die aktuelle Lebens- und Behandlungssituation zutreffen. Ist dies der Fall, hat der Betreuer dem Willen des Betreuten Ausdruck und Geltung zu verschaffen. Eine Patientenverfügung kann jederzeit formlos widerrufen werden.“
Rechtsprechung:
In älterer Terminologie wurde zwischen „aktiver“ = verbotener und „passiver“ = erlaubter Sterbehilfe unterschieden.
Mit der „Fulda“-Entscheidung des BGH vom 25. Juni 2010 folgt die Differenz zwischen verbotener und erlaubter Sterbehilfe nicht mehr der Unterscheidung zwischen Tun und Unterlassen:
Es bestehe keine normative Differenz zwischen dem Zulassen des Sterbens durch Untätigkeit und dem Zulassen des Sterbens durch „aktives“ Beenden lebenserhaltender Maßnahmen.
In beiden Falltypen kommt es allein
auf den Willen des Patienten / der Patientin (Autonomie/Selbstbestimmung)
auf das Fehlen einer medizinischen Indikation für eine (weitere) Behandlung an.
Überblick zu den Fallgruppen der Sterbebegleitung und Sterbehilfe:
Welche Formen der Sterbehilfe gibt es?
Sterbebegleitung
(sog. reine Sterbehilfe)
Behandlungsbegrenzung /Sterbenlassen
(früher sog. “passive” Sterbehilfe”
Leidenslinderung
(sog. indirekte Sterbehilfe)
Tötung auf Verlangen
(früher sog. “aktive” Sterbehilfe)
Beihilfe zur Selbsttötung
Was beinhaltet die Sterbebegleitung?
Sterbebegleitung:
Zu den elementarsten ärztlichen und pflegerischen Aufgaben gehört die Begleitung des Sterbenden. Sie umfasst die Beschwerden lindernde Betreuung, das Eingehen auf emotionale Not, die Gewährung von Nähe und Freiraum, Zeit für (non)verbale Kommunikation.
Kurz: Basisversorgung ohne le-bensverkürzende Wirkung
Straflos
Zur Hilfe im Sterben ist der Arzt/ die Ärztin verpflichtet, auch wenn auf lebenserhaltende Maßnahmen verzichtet wurde.
CAVE:
Unterlässt der Arzt / die Ärztin z.B. eine effektive und vom Patienten (mutmaßlich) gewünschte Schmerztherapie, kann er/sie sich wegen Körperverletzung strafbar machen!
Was beinhaltet die Behandlungsbegrenzung / Sterbenlassen?
Behandlungsbegrenzung / Sterbenlassen:
Eine das Leben des Patienten erhaltende oder verlängernde Behandlung wird von vornherein nicht durchgeführt oder eine laufende lebenserhaltende/-verlängernde Behandlung wird nicht fortgesetzt oder aktiv beendet (z.B. das „Abstellen" eines Beat-mungsgeräts, die Nichtfortsetzung einer Dialysebehandlung, die Einstellung einer künstlichen Ernährung). Ein anderes Therapie-ziel, die Palliation, tritt jetzt in den Vordergrund.
Kurz: Verzicht auf (weitere) lebenserhaltende Behandlung, ggf. auch durch Beenden bereits bestehender Maßnahmen
Der (aktuelle / vorausverfügte / mutmaßliche) Wille des Patienten muss unabhängig von der Schwere der Erkrankung, der Indikation und den Behandlungsaussichten respektiert werden.
BGH-Urteil vom 25.6.2010: Es kommt für die Straflosigkeit dieser früher sog. Fälle „passiver" Sterbehilfe nicht (mehr) darauf an, ob die Therapiebegrenzung durch aktives Tun und / oder passives Unterlassen erfolgt.
Was beinhaltet Leidenslinderung?
Leidenslinderung:
Die Durchführung einer effektiven Symptomkontrolle im Ster-beprozess hat als unvermeidbare Nebenfolge eine Lebensverkür-zung zur Folge (z.B. eine Atem-depression).
Kurz: Schmerztherapie / Symp-tomkontrolle mit unbeabsichtigter Lebensverkürzung
Was beinhaltet Tötung auf Verlangen?
Tötung auf Verlangen:
Gezielte Tötung des Patienten auf dessen Wunsch durch einen nicht seiner Heilung, der Symp-tomkontrolle oder Behandlungs-begrenzung dienenden Eingriff (z.B. durch die bewusste Überdosierung von Medikamenten).
Kurz: Vom Patienten gewünschte Tötung durch einen außerhalb einer medizinischen Behandlung liegenden Eingriff
Was beinhaltet Beihilfe zur Selbsttötung?
Beihilfe zur Selbsttötung:
Mitwirkung bei der Selbsttötung eines Menschen, vor allem durch Beschaffung tödlich wirkender Medikamente (vgl. Fall Hacke-thal, Sterbehilfeorganisationen), aber auch durch die Nichtver-hinderung eines Suizids oder das Unterlassen der Rettung eines Suizidenten.
Kurz: Ermöglichung, Förderung oder Nichtverhinderung eines Suizids
Was sind die Komponenten der Sterbehilfe?
Wie bestimmt man den Patientenwillen?
Was für Verfügungsarten gibt es?
Patientenverfügung (Geltung ohne Reichweitenbegrenzung, formlos aber schriftlich!!) → WAS? (Behandlungswünsche)
Vorsorgevollmacht → WER? (bevollmächtigte Person)
Betreuungsverfügung → WER? (bevollmächtige Person, muss vom Gericht bestätigt werden)
Betreuungs-/Behandlungsverfügung im Vorausplanen → während der Behandlung
„Odysseusverfügung“ → Festlegung für Situationen der
Einwilligungsunfähigkeit/gegen den „natürlichen“ Willen
Verzicht auf Wiederbelebung (VaW) / DNR → Anordnung zum Verzicht auf Reanimation
FALLBEISPIEL: Abraham
Was sind die ethisch-rechtlichen Probleme bei der Sterbehilfe für Jugendliche?
Jugendliche werden in der Regel ab 16 Jahren für Einwilligungsfähig gehalten
Ausnahmen im Einzelfall möglich
auch 14 Jährige können Einwilligungsfähig sein
=> Im Zweifel ab 14 Jahren für die Autonomie des Jugendlichen stimmen
mögliche Szenarien:
Klausurfrage hierzu möglich
Last changed5 months ago