Situationsanalyse als Soziologisches Kerngeschäft
• Beispiel der Großgrundbesitzer und Demokratisierung (letzte Sitzung)
• Brückenhypothesen: Verbindung zwischen der Situation und den Parametern der Handlungstheorie
Beispiel: SEU-Theorie
“Wie werden die Bewertungen (U), Erwartungen (p)
und Alternativen /Möglichkeiten von der Situation beeinflusst?“
Situationsanalyse
Wie werden die Bewertungen (U), Erwartungen (p) und Alternativen /Möglichkeiten von der Situation beeinflusst?
Betrachtet werden typische Unterschiede zwischen Angehörigen sozialer Gruppen /Kategorien
• z.B. Alterskohorten, soziale Klassen, urbane und ländliche Gegenden, ...
Daher wird möglichst einfach und objektiv begonnen
=> Soziologische Situationsanalyse als Objektivierung des „subjektiven Sinns“
Die Objektivität der Situation
• Idee: Es zählt zwar grundsätzlich nur die Subjektivität, diese ist aber nicht zufällig verteilt !
• Subjektive Erwartungen, Bewertungen und wahrgenommene Alternativen sind abhängig von den objektiven Merkmalen einer Situation.
• Beispiel aus dem Wohnungsmarkt (Beamten vs. Studenten)
Bsp: Diskriminierung durch Vermieter
Abbildung
SEU Theorie - Erwarteter Nutzen
Bsp: Wohnungsmarkt
(Ausgewählte) Brückenhypothesen:
— Relevante (und positiv bewertete)Folgen:
O1: Sicherheit derMietzahlungen
O2: Vermeidung von Konflikten
O3: „So ein verrückter Hippie, wie ich es früher war!“
— Erwartungen:
O1 und O2 ist bei Beamten wahrscheinlicher als bei Studenten.
Konzept der sozialen Produktionsfunktionen
Soziale Produktionsfunktion
• Wie ist dieser Zusammenhang (Abhängigkeit von den objektiven Merkmalen einer Situation) theoretisch zu fassen?
Eine Möglichkeit ist das Konzept der sozialen Produktionsfunktionen (Lindeberg).
• Theoriegeleitete Methode der Gewinnung von Brückenhypothesen
• Diese (SPF) beschreiben institutionelle Ordnungen und deren Einfluss auf menschliches Handeln.
• Produktionsfunktionen geben an, welche Erträge bei welcher Kombination von Faktoreinsätzen erzielt werden können.
Skalenerträge
Konstante Skalenerträge:
• Verdopplung der Faktoren führt zur Verdopplung des Ertrags
• z.B.2xInputà2xOutput
Zunehmende Skalenerträge:
• Verdopplung der Faktoren führt zu mehr als einer Verdopplung des Ertrags
• z.B.2xInputà>2xOutput
Abnehmende Skalenerträge:
• Verdopplung der Faktoren führt zu weniger als einer Verdopplung des Ertrags
• z.B.2xInputà<2xOutput
Das Konzept der sozialen Produktionsfunktionen - Annahmen
• Beschreiben institutionelle Ordnungen und deren Einfluss auf menschliches Handeln.
Annahmen:
1. Menschliches Handeln wird als Produktion aufgefasst
2. Alle Menschen teilen bestimmte Grundbedürfnisse
3. Institutionelle Ordnungen legen fest wie sich diese Grundbedürfnisse befriedigen lassen und wie sich deren Inputs „produzieren“ lassen
—> Institutionelle Ordnungen lassen sich als soziale Produktionsfunktionen beschreiben.
Das Konzept der sozialen Produktionsfunktionen
Die sozialen Produktionsfunktionen (SPF) kann man sich als Individuum nicht aussuchen.
• Sie sind gesellschaftlich vorgegeben /bestimmt.
• Man spricht hier von der objektiven Definition der Situation (durch die SPF)
• Reminder „Gesellschaft ist eine objektive Wirklichkeit“ (Berger/Luckmann)
Soziale Produktionsfunktionen legen die Spielregeln in der Gesellschaft fest.
• Dadurch lassen sich die Ideen des rationalen Handelns und die Idee der „sozialen Tatbestände“ integrieren.
Drei Arten der Produktion
Das Konzept der sozialen Produktionsfunktionen unterscheidet drei Arten der Produktion.
1. Nutzenproduktion (U universale Bedürfnisse)
2. Bedürfnisbefriedigung (PW physisches Wohlbefinden /SA soziale Anerkennung)
3. Zielerreichung (Z)
Abbildung:
• Nutzenproduktion: U = f(PW, SA) gilt annahmegemäß für alle Menschen
• Bedürfnisbefriedigung: PW = g1 (Z1, Z2, ... , Zm), SA = g2 (Z1, Z2, ... , Zn) wird gesellschaftlich festgelegt
• Zielerreichung: Zi = hi (X1, X2, ... , Xk) wird gesellschaftlich festgelegt
Nutzenproduktion (U) / Universale Bedürfnisse
• Annahme: Menschen besitzen 2 universelle Bedürfnisse, die Nutzen U erzeugen:
1. Physisches Wohlbefinden (PW)
2. Soziale Anerkennung (SA)
• Nutzenproduktion: U = f(PW, SA)
Bedürfnisbefriedigung (Primäre Zwischengüter)
• Bedürfnisse (Physisches Wohlbefinden und Soziale Anerkennung) lassen sich über sogenannte
primäre Zwischengüter Z erreichen.
• PW= g1 (Z1, Z2, ..., Zm)
• SA=g2(Z1,Z2,...,Zn)
z.B. Student*innen: gute Noten (Z1) à sozialer Anerkennung (SA)
• z.B. leckeres Essen (Z2) à Wohlbefinden (PW)
Zielerreichung (Indirekte Zwischengüter)
• Zur Produktion der primären Zwischengüter Z sind (eventuell über längere Ketten) so genannte Indirekte Zwischengüter X notwendig.
• X = Zeit, Arbeitsplatz à gute Noten (Z)
• Z = hi (X1, X2, ...,Xk)
INPUT/OUTPUT TABELLE
Tabelle / Abbildung
Die Verteilungswirkung sozialer Produktionsfunktionen
• Soziale Produktionsfunktionen legen fest, um welche Ressourcen es in einer Gesellschaft /einem Milieu primär geht und welche Ressourcen, welche Effizienz zur Nutzenproduktion haben.
• Formell: Verfassung /Recht
• Informell: Prestige
• Somit privilegiert sie bestimmte Ressourcen und Gruppen
—> Es werden Verlierer*innen und Gewinner*innen erzeugt ...
—> und dadurch auch strukturelle Spannungen!
Fazit
Das Konzept der SPF
erklärt den prägenden Einfluss institutioneller
Ordnungen auf menschliches Handeln
— und zwar sowohl Konformität als auch Abweichung
ist eine hilfreiche Methode („Heuristik“)zur
Gewinnung von Brückenhypothesen.
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