Vorläufer, auf die der VoC-Ansatz aufbaut
Hilferding (Das Finanzkapital, 1909): Einfluss der Banken auf Unternehmen, Gesellschaft und Politik
Shonfield (Modern Capitalism, 1976): Einfluss des Staates auf die Wirtschaft
Korporatismus: Einfluss und Beteiligung der Gewerkschaften & Arbeitgeberverbände in wirtschaftspolitischen Entscheidungen (in DE: „Modell Deutschland“)
Vorläufer:
Rudolf Hilfering 1909: Das Finanzkapital
Begriff „Organisierter Kapitalismus“: Banken eine zentrale Rolle im Prozess der Kapitalkonzentration (<-> Konkurrenzkapitalismus)
Erfassung der Verflechtung (Kapital & personell) von Großunternehmen & Kartellen (z.B. Stahl, Bergbau) mit Banken im Kaiserreich
Banken haben Einfluss auf Großunternehmen: Banken geben Kredite, kooperieren miteinander, sitzen in der Unternehmensleitung und durch
Monopolbildung wird wirtschaftliche Macht zu politischer Macht
(Finanzkapitalismus)
Die Banken werden zu „Gegner[n] eines gegenseitigen Niederkonkurrierens, das ihre Kunden unter Umständen in Gefahr bringt, ihre Kredite gefährdet und ihre Geschäftsmöglichkeiten unterbindet“ (Hilferding 1931/1982: 242).
—> Banken können Rolle spilen beu der Wirtschaftsbestimmung!
Vorläufer
Andrew Shonfield: Modern Capitalism “ Geplanter Kapitalismus”
Steigender Einfluss des Staates (Regierungen und Verwaltungen) auf die Wirtschaft nach dem 2. WK in allen westlichen Industriestaaten
Stetiger Ausbau des Wohlfahrtsstaates
Wettbewerbspolitik
Reallohnzuwächse und Bildungspolitik
Politische Planungen in der Wirtschaftspolitik (Keynesianismus; Staatsunternehmen)
Aktive Industriepolitik
Unterschiede in der Staatsintervention in die Wirtschaft (DE, FR, USA, UK)
„There is a vastly increased influence of the public authorities on the management of the economic system. This operates through different mechanisms in different countries: in one the control of the banking system is decisive, in another it is the existence of a wide sector of publicly controlled enterprise. In all of them the government’s expenditure has been enormously enlarged and determines directly a large segment of each nation’s economic activities“ (Shonfield 1965: 66).
Deutschland: Verbände vs. Frankreich: Verwaltung & Staatsunternehmen vs. UK: informelle Absprachen (Elitenherrschaft) vs. USA: Staat verhindert Kartelle (liberale)
Korporatismus-Forschung
Macht der Gewerkschaften und Kooperation zwischen Staat, Gewerkschaften und Arbeitgeber
Wegen Unterschieden im Korporatismus reagierten Länder mit unterschiedlichen Politiken auf die beiden Ölkrisen (1973/1974;1979): Wirtschafts-, Beschäftigungs- und
Lohnpolitik; makroökonomische Koordination
Policy-Reaktionen auf die beiden Ölkrisen (1973/1974;1979):
Monetarismus (UK): schwache Gewerkschaften, die von der Konservativen Regierung weiter geschwächt werden; Bekämpfung der Inflation hat Vorrang vor Bekämpfung der Arbeitslosigkeit
Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik (DE & Österreich), weil Gewerkschaften stark und Arbeitgeber in Tarifpolitik mit Gewerkschaften kooperieren; makroökonomische Koordination mit Blick auf Gesamtwirtschaft
Modell Deutschland
Governance
In der Realwirtschaft gibt es nicht nur Märkte, auch der Staat, die Verbände, die Firmen selbst und Netzwerke tragen zum „funktionieren“ des Kapitalismus bei, indem sie zur Koordinierung von Wirtschaftsaktivitäten (z.B. Löhne, Ausbildung, Unternehmensfinanzierung) beitragen
= Koordinierung der politischen Ökonomie
Governance-Typen (Streeung auf verschiedenen Ebenen)
Markt, Firmenhierarchie, Verbände, Netzwerke, Staat
Governance-Typen -> Kapitalismus-Typen (VoC-Ansatz)
LME (Liberal Market Economy) vs. CME (Coordinated Market Economy)
Abbildung:
Der Varieties of Capitalism Ansatz (VoC)
7 Kriterien (1-3)
1. Unternehmenszentriert
2. Institutionen koordinieren wirtschaftliches Handeln:
LME: Koordination durch den Markt: Governance-Typen Markt & Firmenhierarchie dominieren (USA, UK, CAN, NZ, IR)
CME: Koordination durch strategische Interaktion (mit Gewerkschaften, Kapitalgebern, anderen Unternehmen und dem Staat): Governance-Typen Staat, Verbände & Netzwerke dominieren (GER, JAP, CH, NL, BEL, SW, NOR, DK, FIN, Ö)
3. Koordination in fünf Sphären (Subsystemen):
„Um Erfolg zu haben, müssen sich Unternehmen mit anderen Akteuren in den multiplen Sphären der Ökonomie arrangieren: um die Kapitalausstattung zu erhöhen …, um die Löhne und Arbeitsbedingungen zu regeln …, um … die erforderlichen Qualifikationen zu besitzen …, um den Zugriff auf Investitionen und Technologien zu gewährleisten …, um Konsumenten zu gewinnen, …, um die Zusammenarbeit mit ihrer Belegschaft zu sichern (Hall/Gingerich 2004: 7)
- Corporate Governance & Finanzsystem (Kapitalgeber, Beschäftigte) (Shareholder vs. Stakeholder-Modell)
- Industrielle Beziehungen (Lohnfindung, Arbeitsbedingungen)
- Berufsbildung (Qualifikation),
- Beziehung zwischen Unternehmen und Beschäftigten
- Beziehungen zwischen Unternehmen (Zulieferer, Wettbewerber)
7 Kriterien (4-7)
4. Institutionelle Komplementarität: „…, zwei Institutionen verhalten sich zueinander komplementär, wenn das Vorhandensein (oder Effizienz) einer Institution die
Erträge (oder Effizienz) der anderen Institution erhöht” (Hall/Soskice 2001: 17).“
5. LMEs und CMEs: langfristig können beide eine gute ökonomische Performanz nachweisen Wirtschaftswachstum, Pro-Kopf-Einkommen, Arbeitslosenquote
6. Komparative Leistungsvorteile und Nachteile der LMEs/CMEs
LME: radikale Innovation, Flexibilität und Maximierung allokativer Effizienz (Preismechanismus), aber: Einkommensungleichheit, residuale Sozialpolitik
CME: inkrementelle Innovation, soziale Stabilität und gerechte Einkommensverteilung; aber: weniger. Flexibilität und Intransparenz.
7. Pfadabhängigkeit sowie keine Konvergenz der Modelle, sondern Divergenz
Corporate Governance
Shareholder vs. Stakeholder
Shareholder, Outsider, Anglo American, Marktfinanziertes Modell
Struktur und Verteilung der Verantwortlichkeiten und Rechte in Unternehmen: Wem gehören die
Unternehmen? Wer kontrolliert die Unternehmen?
Finanzierung durch Kapitalmarkt (Aktien): Shareholders/Outsiders (Aktionäre, Investmentfonds &
Investmentbanken & Pensionsfonds & Hedgefonds, Banken) kontrollieren
Streubesitz an Aktien und direkte Einflussnahme der Aktionäre
Markt für Unternehmenskontrolle (feindliche Übernahmen, weil Aktionäre bei fallenden Kursen ihre Anteile
verkaufen)
Kurzfristige Strategien: Profitmaximierung! Shareholder Value! Nervöses Kapital! Riskante Innovationen!
LMEs: UK, USA
Stakeholder, Insider, Kontinentales, Kreditfinanziertes Modell (Bsp. Thysenkrupp)
Finanzierung durch langfristige Kredite und Schuldscheine (Banken)
Stakeholders/Insider (Banken, Beschäftigte, Zulieferer, Kunden) kontrollieren, Anteilseigner mit großen
Aktienpaketen (Depotstimmrechte!)
Konzentrierte und stabile Eigentümerstruktur
Schwacher Markt für Unternehmenskontrolle (keine feindlichen Übernahmen aufgrund der Dominanz der
Insider, der Anteilkonzentration und des schwachen Anlegerschutzes)
Langfristige Strategien: Nicht Profitmaximierung! Rückzahlung des Kredits! Geduldiges, kontrollierendes und
risiko-averses Kapital! Inkrementelle Innovationen!
CMEs: DE, FR, Japan
Items, La Porta Index (Index misst Aktionärsschutz)
= eher Shareholder oder Stakeholder
Durchsetzung des Prinzips „one share, one vote“ (Aktionärsschutz)
Rechte der Minderheitsaktionäre gegenüber den Vorständen (Aktionärsschutz)
Übernahmerecht
Transparenz der Rechnungslegung
Marktkapitalisierung: Quotient aus dem Börsenwert aller gelisteten Unternehmen und dem jahresbezogenen Bruttoinlandsprodukt (BIP)
Investor-Relations-Arbeit nach angloamerikanischen Vorbild
Kopplung der Managergehälter an Aktienkurs
Vorgabe von Renditezielen
Auflösuhf der Deutschland AG
Abbildungen Vergelich 1996 & 2000 & 2020
1996: sehr starke Unternehmensverflechtung, 60 der 100 größten deutschen Unternehmen sind ein Netzwerk und im Zentrum stehen Deutsche Bank, Dresdner Bank und Allianz mit
Überkreuzverflechtungen!
2000: Anzahl der Kapitalverflechtungen ist massiv gesunken. Das Finanzzentrum existiert noch, aber: Es ist kleiner und hat weniger Verbindungen mit den Industrieunternehmen.
2020: Indexfonds wie Blackrock werden wichtiger
Auflösungstendenz des Koordinierten Kapitalismus aufgrund von Erosion der Netzwerke von Unternehmen im Industrie- und Finanzbereich
Fazit
Spielarten des Kapitalismus & Unternehmenskontrolle
Vorläufer: Hilferding, Shonfield, Korporatismus-Debatte
VoC identifiziert zwei Typen: Liberale und Koordinierte Marktwirtschaften (Hall/Soskice
2001)
LME und CME unterscheiden sich durch Mix an Governance-Typen
Institutionelle Komplementarität
Corporate Governance: Shareholder vs. Stakeholder
Auflösung der Deutschland AG
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