Jahreszahl
1916-1982
Entstehung und Ziel
Es ist ein Theater konzept, das historische Quellen jeder Art nutzt, um ein Höchstmaß ein Glaubwürdigkeit zu erreichen. Dokumentarisches Theater ist politisch und versuchte, historische Ereignisse auf der Bühne darzustellen und das Publikum dadurch zu zwingen, sich mit dem Geschehen auseinander zu setzen.
Peter Weiss ist einer der Autoren, die sich nach dem Krieg im neuen Deutschland mit den Schrecken des Nationalsozialismus beschäftigen und den Versuch einer Aufarbeitung wagen.
Obwohl dieses Theater auf Fakten basiert und so kein Zuschauer als nur ausgedacht, verneinen kann, sollte dennoch nicht vergessen werden. Das dokumentarische Theater ist parteiisch und unterstützt folglich die Absichten des Dichters auf der Bühne.
Das dokumentarische Theater ist auch deshalb gerade in den sechziger Jahren so wichtig, weil sich die Öffentlichkeit nur ungern mit den Schrecken des Nationalsozialismus auseinandersetzt. Erst Stücke wie die Ermittlung treten dem vielfach banalen Unterhaltung Theater dieser Zeit entgegen und machen mit ihrer Gesellschaftskritik auf die Vergangenheit aufmerksam.
Die Berichte und Geschehnisse, die weiß auf die Bühne bringt, sind individualisiert, d.h. nicht mehr an die Schicksale einzelner Personen gebunden. Vielmehr soll die Gesamtheit aller Fakten denjenigen, die nicht dabei gewesen sind, ein Bild von der tausendfachen kaltblütig Misshandlung und Tötung von Menschen vermitteln.
Dokumentartheater – Definition: Das Dokumentartheater ist eine Dramenform des
modernen Theaters, die auf der Inszenierung tatsächlicher historischer und/oder aktueller Ereignisse basiert. Es versteht sich als eine Zusammenfassung des "Anti-Theaters", des "Theaters des Protests" und des "politischen Theaters".
– Ziele des Dokumentartheaters: Das Ziel ist es, die Abgrenzung zwischen Kunst und Realität aufzuheben und dem Theater eine stärkere gesellschaftliche und politische Stellung zu geben —> Aufklärung und Reflexion gesellschaftlicher Themen
– Der Fokus liegt auf realen Ereignissen und tatsächliche Personen
– Verwendung von originalen Dokumenten und Zeugnissen
– Häufig politisch oder sozialkritisch orientiert
– Streben nach Authentizität und Faktentreue
Schauspieler
Schauspieler:
– Laiendarsteller: Das Dokumentartheater verwendet Laiendarstellerinnen und
Laiendarsteller anstelle von professionellen Schauspielerinnen und Schauspielern. Diese berichten von Situationen oder Erfahrungen, die ihnen selbst widerfahren sind —> Verkörperung realer Personen, oft basierend auf Interviews und Dokumenten
– Authentizität: Die Darstellerinnen und Darsteller sollen sich selbst und ihre eigenen Geschichten darstellen, was zur Authentizität und Glaubwürdigkeit des Theaters beiträgt
– Schauspieler als Vermittler der Wahrheit, weniger als Charakterdarsteller
– Einsatz von Techniken wie Verfremdung, um die Zuschauer zur Reflexion anzuregen
– Vielseitigkeit und Flexibilität in der Darstellung verschiedener Personen und Perspektiven
– Möglichkeit der direkten Ansprache des Publikums
Bühnenform/Schauspieler – Zuschauer
Bühnenform/Schauspieler-Zuschauer:
– Interaktivität: In Projekten wie denen von Rimini Protokoll stehen die Darstellerinnen und Darsteller im Zentrum und werden als "Expertinnen und Experten aus der Wirklichkeit" bezeichnet. Diese spielen sich selbst und keine fiktiven Figuren, was jede Aufführung einzigartig macht.
– Erlebnisraum: Ziel des Dokumentartheaters ist es, die Bühne zu einem Erlebnisraum zu machen, der dem Publikum ermöglicht, über sich und die Umwelt nachzudenken.
– Variable Bühnenformen, oft minimalistisch und funktional
– -Flexible Raumnutzung, um unterschiedliche Szenarien darzustellen
– Häufige Nähe zwischen Schauspielern und Publikum, um die Interaktion zu fördern —>
brechen der vierten Wand, um die Zuschauer direkt einzubeziehen
– Nutzung von Projektionen und Multimedia, um Dokumente und Beweise zu präsentieren
Bühneneffekte
Bühneneffekte/weitere theatrale Mittel:
– Recherche: Das Dokumentartheater basiert auf umfangreicher Recherche, bei der
Dokumente wie Interviews, Fotos, Reportagen, Filme, Flugblätter, Akten, Zeugenaussagen
und Reden als Quellen verwendet werden
– Künstlerische Freiheit: Trotz der angestrebten Authentizität nehmen die Regisseurinnen
und Regisseure künstlerische Freiheiten, um die Materialien zu kürzen und auf wesentliche
Hauptaussagen zu konzentrieren.
– Minimalistische Bühnenbilder, Fokus auf die Darstellung der Inhalte
– Direkte und einfache Beleuchtung, um Authentizität zu betonen
– Verfremdungseffekte nach Brecht, um kritische Distanz zu erzeugen
– Dokumentarische Quellen wie Zeitungsartikel, Gerichtsprotokolle, Interviews
Theater Stoff/Sprache/Text
Theaterstoff/Text/Sprache:
– Sachlichkeit: Im Dokumentartheater wird eine nüchterne und sachliche Sprache verwendet, um die Authentizität der Geschichte zu bewahren und das Publikum nicht durch Emotionen abzulenken.
– Themen: Hauptsächlich handelt es sich beim Dokumentartheater um politisches Theater, das soziale und politische Fragen der Zeit aufarbeitet.
– Typische Beispiele: Stücke wie "Die Ermittlung" von Peter Weiss, "In der Sache J. Robert Oppenheimer" von Heinar Kipphardt und "Der Stellvertreter" von Rolf Hochhuth sind zentrale Werke des Dokumentartheaters.
– Sprachliche Bearbeitung: Die Bearbeitung des dokumentarischen Materials kann Variationen eines Themas, Störungen und Dissonanzen, Karikaturen der Figuren, Zusammenfassungen in Form von Liedern und Geräuscheffekte beinhalten.
– Verwendung von Originaldokumenten, Reden, Briefen und Interviews als Textgrundlage
– Authentische Sprache, oft ohne dramaturgische Überarbeitung
– Dialoge, die auf tatsächlichen Aussagen und Begebenheiten basieren
– Häufige Thematisierung von aktuellen politischen und sozialen Themen
– Narrative Struktur kann fragmentarisch und episodenhaft sein
Exemplarisches Beispiel
Sein bekanntestes Theaterstück ist „die Ermittlung Oratorium in elf Gesänge“ welches als Paradebeispiel für dokumentarische Theater gelten kann und in vielen Ländern aufgeführt wird,
Inhalt:
Neun Personen stellen abwechselnd verschiedene anonyme Zeugen, da die alle gemeinsam ehemalige Insassen des Konzentrationslagers Ausschwitz sind. Diesen treten 18 namentlich genannte Angeklagte gegenüber, die sich in einem von Richter, Anklage und Verteidigung geführten Prozess für ihre Taten verantworten müssen.
Besonderheit: das Wohl auffälligste inhaltliche Merkmal des Stückes ist das auf realen Aussagen beruhende, fortwährende, abstreiten und Schuld von sich weisen der Angeklagten. Immer wieder weichen die ehemaligen Mitarbeiter des Konzentrationslagers aus und immer wieder stellen Sie sich sogar selbst als Opfer da.
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