Was sind die DSM 5 Kriterien für eine Anorexia Nervosa?
Diagnosekriterien für Anorexia Nervosa
A. Eine in Relation zum Bedarf eingeschränkte Energieaufnahme, welche unter Berücksichtigung von Alter, Geschlecht, Entwicklungsverlauf und körperlicher Gesundheit zu einem signifikant niedrigen Körpergewicht führt. Signifikant niedriges Gewicht ist definiert als ein Gewicht, das unterhalb des Minimums des normalen Gewichts oder, bei Kindern und Jugendlichen, unterhalb des minimal zu erwartenden Gewichts liegt.
B. Ausgeprägte Angst vor einer Gewichtszunahme oder davor, dick zu werden, oder dauerhaftes Verhalten, das einer Gewichtszunahme entgegenwirkt, trotz des signifikant niedrigen Gewichts.
C. Störung in der Wahrnehmung der eigenen Figur oder des Körpergewichts, übertriebener Einfluss des Körpergewichts oder der Figur auf die Selbstbewertung oder anhaltende fehlende Einsicht in Bezug auf den Schweregrad des gegenwärtig geringen Körpergewichts.
Codierhinweis: Der ICD-10-CM-Code ist abhängig vom Subtyp (siehe unten).
(F50.01) Restriktiver Typ: Während der letzten 3 Monate hat die Person keine wiederkehrenden Essanfälle gehabt oder kein „Purging“-Verhalten (d.h. selbstinduziertes Erbrechen oder Missbrauch von Laxanzien, Diuretika oder Klistieren) gezeigt. Dieser Subtyp beschreibt Erscheinungsformen, bei denen der Gewichtsverlust in erster Linie durch Diäten, Fasten und/oder übermäßige körperliche Bewegung erreicht wird.
(F50.02) Binge-Eating/Purging-Typ: Während der letzten 3 Monate hat die Person wiederkehrende „Essanfälle“ gehabt oder „Purging“-Verhalten (d.h. selbstherbeigeführtes Erbrechen oder Missbrauch von Laxanzien, Diuretika oder Klistieren) gezeigt.
Teilremittiert: Nachdem zuvor alle Kriterien für Anorexia Nervosa erfüllt waren, wird Kriterium A (niedriges Körpergewicht) seit einem längeren Zeitraum nicht erfüllt, während entweder Kriterium B (starke Angst vor Gewichtszunahme oder davor, dick zu werden, oder dauerhaftes Verhalten, das einer Gewichtszunahme entgegenwirkt) oder Kriterium C (Störung in der Wahrnehmung der eigenen Figur und des Körpergewichts) weiterhin erfüllt ist.
Vollremittiert: Nachdem zuvor alle Kriterien für Anorexia Nervosa erfüllt waren, wird keines der Kriterien seit einem längeren Zeitraum erfüllt.
Die minimale Ausprägung des Schweregrades wird bei Erwachsenen durch den gegenwärtigen Body-Mass-Index (BMI, siehe unten) oder, bei Kindern und Jugendlichen, durch die BMI-Perzentile bestimmt. Die BMI-Spannweiten stammen aus der Klassifizierung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von Untergewicht für Erwachsene. Für Kinder und Jugendliche sollten die korrespondierenden BMI-Perzentile verwendet werden. Der Schweregrad kann höher angesetzt werden, um das Ausmaß klinischer Symptome, den Grad der funktionellen Beeinträchtigung und die Notwendigkeit von Kontrollen zu verdeutlichen.
Leicht: BMI ≥ 17 kg/m²
Mittel: BMI 16–16,99 kg/m²
Schwer: BMI 15–15,99 kg/m²
Extrem: BMI < 15 kg/m²
Was sind die DSM 5 Kriterien für eine Binge eating?
A. Wiederholte Episoden von Essanfällen: Ein Essanfall ist durch die folgenden beiden Merkmale gekennzeichnet:
Verzehr einer Nahrungsmenge in einem bestimmten Zeitraum (z. B. innerhalb eines Zeitraums von 2 Stunden), wobei diese Nahrungsmenge erheblich größer ist als die Menge, die die meisten Menschen in einem vergleichbaren Zeitraum unter vergleichbaren Bedingungen essen würden.
Das Gefühl, während der Episode die Kontrolle über das Essverhalten zu verlieren (z. B. das Gefühl, nicht mit dem Essen aufhören zu können oder keine Kontrolle über Art und Menge der Nahrung zu haben).
B. Die Essanfälle treten gemeinsam mit mindestens drei der folgenden Symptome auf:
Wesentlich schneller essen als normal.
Essen bis zu einem unangenehmen Völlegefühl.
Essen großer Nahrungsmengen, wenn man sich körperlich nicht hungrig fühlt.
Alleine essen aus Scham über die Menge, die man isst.
Ekelgefühle gegenüber sich selbst, Deprimiertheit oder große Schuldgefühle nach dem übermäßigen Essen.
C. Es besteht deutlicher Leidensdruck wegen der Essanfälle.
D. Die Essanfälle treten im Durchschnitt mindestens einmal pro Woche über einen Zeitraum von 3 Monaten auf.
E. Die Essanfälle treten nicht gemeinsam mit wiederholten unangemessenen kompensatorischen Maßnahmen wie bei der Bulimia Nervosa und nicht ausschließlich im Verlauf einer Bulimia Nervosa oder Anorexia Nervosa auf.
Was sind die DSM 5 Kriterien für eine Bulemia Nervosa?
B. Wiederholte Anwendung von unangemessenen kompensatorischen Maßnahmen: Diese Maßnahmen dienen dazu, einer Gewichtszunahme entgegenzusteuern, wie z. B. selbstinduziertes Erbrechen, Missbrauch von Laxanzien, Diuretika oder anderen Medikamenten, Fasten oder übermäßige körperliche Bewegung.
C. Häufigkeit der Essanfälle und kompensatorischen Maßnahmen: Die Essanfälle und die unangemessenen kompensatorischen Maßnahmen treten im Durchschnitt mindestens einmal pro Woche über einen Zeitraum von 3 Monaten auf.
D. Übermäßiger Einfluss von Figur und Körpergewicht: Figur und Körpergewicht haben einen übermäßigen Einfluss auf die Selbstbewertung.
E. Ausschlusskriterium: Die Störung tritt nicht ausschließlich im Verlauf von Episoden einer Anorexia Nervosa auf.
Wie ist das Störungsmodell der Anorexia und Bulimia Nervosa?
Wie ist das Störungsmodell der Binge Eating Störung?
Wie ist der Behandlungsplan für Anorexia Nervosa für VT?
1. Störungsmodell entwickeln, Selbstbeobachtung fördern
Anfangsphase:
Bestandsaufnahme: genaue Beschreibung der Essstörung
Erkennen (innerer und äußerer) Auslösebedingungen für das spezifische Essverhalten
Aufschluss über Introspektionsfähigkeit und Motivation
Therapieverlauf:
Unterbrechung automatisierter Abläufe im Erleben und Verhalten
Aufbau von Kontrolle über vermeintlich unkontrollierbares Verhalten
Erkennen zugrundeliegender Konflikte
Beobachtung und Bewertung von Veränderungsschritten
Endphase:
Identifikation noch bestehender „kritischer“ Situationen
Identifikation von neu auftretenden Auslösesituationen
Reflexion des Einflusses des soziokulturellen Schlankheitsideals
2. Motivierung
- Zumeist ambivalente Therapiemotivation, v.a. bei Anorexia Nervosa
- Einerseits: Deutliches Leiden aufgrund der physischen, psychischen und sozialen Folgen der Essstörung
- Andererseits: starke Angst vor Gewichtszunahme, die Normalisierung des Essverhaltens und den Verzicht auf kompensatorische Strategien erschwert
Pro Contra
3. Normalisierung des Essverhaltens und Körpergewichts
Vereinbarungen mit Konsequenzen, Sturkturierte Esstage
4. Reduktion von Essanfällen/Kompensationsverhalten
Identifikation der Bedingungen (z.B. in Stress- und Konfliktsituationen) oder emotionalen Zustände (z.B. Traurigkeit), unter denen üblicherweise Essanfälle auftreten
Erarbeitung von funktionalen Strategien zum Umgang mit diesen Situationen, z.B.:
Problemlösetraining
Training sozialer Kompetenzen/interpersoneller Fertigkeiten
Emotionsregulationsstrategien
Stressbewältigungs- und Entspannungsfertigkeiten
Selbstwertstabilisierung
5. Kognitive Arbeit
Denkfehler beheben (Dichotomes Denken etc)
Alle kognitiven Ansätze möglich:
Biografische Erfahrungen in den Blick nehmen
Situative, bedingte und unbedingte Annahmen
Bedeutung von Erfahrungen betrachten und in Frage stellen
z.B. via sokratischem Dialog, Disputation, Schematherapeutisch, Verhaltensexperimente, Gruppentherapie, kreative Zugänge etc.
6. Körperbildtherapie
Körperkonfrontation, Spiegelübung
Wie ist das Störungsmodell in der ST?
Das Störungsmodell kann z.B. anhand des Genogramms mit einer Familie mit Anorexie dargestellt werden: gerne eigenes Beispiel wählen. Dazu findet Ihr auf den Folien von Annette Mehl ein Beispiel, in dem auch je nach Prinzip z.B. Verstrickung, Vermeidung bis hin zu Triangulation dargestellt ist. Das kann sicherlich gut zur Orientierung dienen.
Behandlung in der ST?
Beziehungsgestaltung (siehe u.a. CHS-Vorlesungen)
Telefonischer Erstkontakt (siehe CHS-Vorlesungen)
Diagnostik
Enactment: Family Lunch Session
Idee: Symptom soll im sicheren therapeutischen Raum „getriggert“ werden; Wirkmechanismus: Umgehung von Abwehrmechanismen (z.B. positive Selbstdarstellung)
Idee: Struktur- und Interaktionen veranschaulichen; Wirkmechanismus: direkte Modifikation der Interaktionsmuster durch Therapeut*in
Therapeut*in bleibt an der Peripherie (Beobachterrolle), kann aber von außen eingreifen, um eine direkte Modifikation vorzunehmen (z.B. stillen Familienmitgliedern helfen, sich zu äußern; Unterbrechung, wenn andere Familienmitglieder blockieren; Strukturierung der Redeanteile und Kritik)
Therapeut*in strukturiert Prozess, rückt sich aber nicht ins Zentrum
Störungsmodell (siehe u.a. CHS-Vorlesungen)
5. Experimente
• Psychoedukation • Enactment (s.o.)
o Wie verändern sich die Situationen? Was gelingt schon? Was bedarf noch mehr der Unterstützung?
o Wo zeigen sich gut „gemeisterte Verlockungen“ fürVerstrickung/Konfliktvermeidung/Rigidität/Überfürsorglichkeit/Triangulation?
o Wo zeigen sich „Ehrenrunden im alten Muster“? • Externalisierung (gerne als Bild/Symbol passend zum Thema „Depression“ darstellen)
o a) Ressource o b)Problem(sieheu.a.CHS-Vorlesung) o ...und was passiert, wenn diese Gestalt z.B. „näher-ferner“ rückt, oder „abgewandt-
zugewandt“ sich zeigt
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