Unterscheidung echte und unechte Unterlassungsdelikte
Echte Unterlassungsdelikte: Verstoß gegen eine Gebotsnorm ➔ bloßes Unterlassen einer vom Gesetz geforderten Tätigkeit
= dogmatisch das Gegenstück zu den Tätigkeitsdelikten
Es muss keine besondere Pflichtenstellung ggü. dem zu schützenden Rechtsgut bestehen ➔ § 13 StGB findet keine Anwendung
Bsp.: § 123 I Alt. 2 StGB „Sich-Nicht-Entfernen“; § 138 StGB Nichtanzeige geplanter Straftaten; § 323c StGB Unterlassene Hilfeleistung
Wichtigstes echtes Unterlassungsdelikt: § 323c StGB ➔ kommt immer dann zur Anwendung, wenn eine andere Strafbarkeit wegen fehlender Garantenstellung ausscheidet
Unechte Unterlassungsdelikte: Straftaten, bei denen der Unterlassene als „Garant“ zur Erfolgsabwendung verpflichtet ist
Unterlassen entspricht wertungsmäßig der Verwirklichung des gesetzlichen Tatbestands durch aktives Tun
= Spiegelbild des Begehungsdelikts als Erfolgsdelikt
Jedes Erfolgsdelikt kann grds. auch durch Unterlassen verwirklicht werden, wenn die Vss. des § 13 StGB vorliegen
Bsp: Mord durch Unterlassen gem. §§ 211, 13 I StGB: Mutter lässt ihr Baby verhungern
Bsp.: Fahrlässige Tötung durch Unterlassen gem. §§ 222, 13 I StGB: Bademeister lässt sich ablenken und übersieht ertrinkenden Jungen
Unechtes Unterlassungsdelikt Prüfungsschema
A. Strafbarkeit wegen…durch Unterlassen nach §§…, 13 StGB
I. Tatbestand
Obj. TB
Eintritt des tatbestandlichen Erfolgs
Unterlassen der Abwendung dieses Erfolges
Physisch-reale Möglichkeit und objektive Gebotenheit der Erfolgsabwendung
Hypothetische Kausalität
Garantenstellung
Zurechnungszusammenhang
Täterschaftliches Unterlassen
Entsprechungsklausel, § 13 I Hs. 2 StGB
Subjektiver TB
Vorsatz
Sonstige subj. TB-Merkmale
II. Rechtswidrigkeit
III. Schuld
P.: Zwischen Tun und Unterlassen unterscheiden
Nach der Lehre vom Energieeinsatz liegt ein Tun vor, sofern Energie in eine bestimmte Richtung aufgewandt wird.
Unterlassen, wenn keine Energie in eine bestimmte Richtung aufgewandt wird
h.M.: Zur Abgrenzung zwischen Tun und Unterlassen nicht ausreichend
h.M.: Nach der Schwerpunktformel ist darauf abzustellen, wo bei normativer Betrachtung unter Berücksichtigung des sozialen Sinngehalts der Schwerpunkt des strafrechtlich relevanten Verhaltens liegt.
(+): Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls
Kritik: Sehr vages Kriterium ➔ Widerspruch zum Bestimmtheitsgebot nach § 103 II GG
In der Klausur dieser Ansicht folgen
Bsp.: Radfahrer R fährt ohne Licht und fährt deshalb nachts den Fußgänger F an
Aktives Tun (Fahren ohne Licht) oder Unterlassen (Nichteinschalten des Lichts)?
Schwerpunkt des vorwerfbaren Verhalten liegt auf dem aktiven Tun des Fahrens ohne Licht
Nichteinschalten lediglich eine wesensnotwendige Modalität des Fahrlässigkeitsdelikts
R ist gem. § 229 StGB strafbar
Bsp.: Fabrikant T händigt seinen Arbeiterinnen Ziegenhaare aus, ohne diese zuvor zu desinfizieren. Eine Arbeiterin infiziert sich mit Milzbrand und stirbt daran.
Aktives Tun (Übergabe der Haare) oder Unterlassen (fehlende Desinfektion)?
h.M.: Aktives Tun
Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit liegt in der sorgfaltswidrigen Übergabe der Haare
Fehlende Desinfektion betrifft lediglich die sorgfaltswidrige Art und Weise des Handlungsvollzugs
P.: Vereitelung fremder Rettungsmaßnahmen
Vereitelung erfolgsversprechender Rettungsmöglichkeiten durch aktives Eingreifen in fremde Rettungshandlungen im Wege des Zwanges oder durch Täuschung = Begehungsdelikt
Unerheblich ist, ob auf eine rettungswillige Person oder ein sachliches Rettungsmittel eingewirkt wird
Bsp.: O ist in Brunnen gefallen. H möchte den O durch sein mitgebrachtes Seil retten. T schlägt H nieder und macht Seil unbrauchbar.
= aktives Tun des T
Bsp.: O ist in Brunnen gefallen. H bittet T um sein Seil, um O zu helfen. T geht weiter, ohne sein Seil dem H zu geben.
Hier: Unterlassen
T unterbindet nicht aktiv Rettungsbemühungen des H, sondern unterlässt es nur, ihm Mittel für die Rettung zu geben
Sofern T keine Garantenstellung hat, kommt hier § 323c I StGB in Betracht
Bsp.: Autofahrer A überfährt O in angetrunkenem Zustand. Beifahrer B steigt nach dem Unfall aus dem Auto und begutachtet den O. Wahrheitswidrig sagt er dem A, dass O bereits tot sei und dass es das Beste sei, zu verschwinden. Dies geschieht, wodurch O, der noch gerettet hätte werden können, verstirbt. Strafbarkeit des B?
B hat als Beifahrer keine Garantenstellung (insb. nicht aus Ingerenz)
In Betracht kommt Totschlag in mittelbarer Täterschaft gem. §§ 212 I, 25 I Alt. 2 StGB
B hat durch eine List auf den rettungswilligen A, der aus seinem Vorverhalten zur Rettung verpflichtet war, eingewirkt
Bei Unterlassungstatbeständen kann also auch die Abgrenzung zur mittelbaren Täterschaft relevant sein!
P.: Abbruch eigener Rettungsbemühungen
h.M.: Unterscheidung nach dem Zeitpunkt des Abbruchs der Rettungsbemühungen
Unterlassen liegt solange vor, wie die Rettungshandlung den Betroffenen noch nicht erreicht und noch keine realisierbare Rettungsmöglichkeit eröffnet hat
Aktives Tun liegt vor, wenn der Abbruch zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem sich bereits eine gesicherte Rettungsmöglichkeit ergeben hat
Bsp.: T steht am Ufer und sieht zu, wie sein Vater V ertrinkt
Unterlassen
Bsp.: T sieht, dass sein Vater V im Wasser ums Überleben kämpft und wirft ihm ein Seil zu. Dieses landet jedoch 10m neben V im Wasser. V kann das Seil deshalb unmöglich erreichen. Plötzlich erkennt T dies als gute Möglichkeit, um vorzeitig an das Erbe des V zu kommen und zieht das Seil zurück.
h.M.: Unterlassen
Es lag noch keine realisierbare Rettungsmöglichkeit vor
Schwerpunkt des vorwerfbaren Verhaltens liegt auf der Nichtvornahme der gebotenen Rettungshandlung ➔ hier: wiederholtes Werfen des Seils
m.M.: Stellt auf dem Zurückziehen des Seils ab
➔ Aktives Tun
Bsp.: T sieht, dass V im Wasser ums Überleben kämpft und wirft ihm ein Seil zu, dass V auch packt. Um an das Erbe zu gelangen, zieht T das Seil aber ruckartig zurück, sodass es V entgleitet.
T entzieht dem V eine realisierbare Rettungsmöglichkeit
Schwerpunkt des Verhaltens liegt somit in einem aktiven Tun
P.: Abschaltung eines mechanischen Rettungsmittels
z.B. Beatmungsgerät, Herz-Lungen-Maschine
Fall: Abbruch einer apparativen Intensivbehandlung
m.M.: Stellt auf dem Energieeinsatz ab ➔ Abschalten als aktives Tun
h.M.: Stellt darauf ab, dass eine solche Maschine nur eine mechanisierte Form der Rettungshandlungen sind
Kriterien der Rettungsfälle sind anzuwenden
BGH: Grenze zwischen erlaubter Sterbehilfe und Tötung kann nicht durch eine Unterscheidung von aktivem und passivem Handeln bestimmt werden
Patientenwillen kommt eine besondere Bedeutung zu
Bsp.: Abbruch der apparativen Intensivbehandlung durch den Arzt, welcher das mechanische Rettungsmittel in Gang gesetzt hat (oder von ärztlicher Hilfsperson auf Anweisung des Arztes)
Eigene Rettungsbemühungen werden eingestellt
Abschalten des Rettungsmittel stellt für den behandelnden Art somit normativ ein Unterlassen dar
Bsp.: Abschalten der Maschine durch Nichtarzt (z.B. Angehörige)
Es wird in fremde Rettungsbemühungen eingegriffen
Somit: Aktives Tun
Physisch-reale Möglichkeit und objektive Gebotenheit der Erfolgsabwendug
Täter muss eine objektiv gebotene, erforderliche und ihm subjektiv mögliche Rettungshandlung unterlassen haben.
Gebotenheit: Ist objektiv zu bestimmten und hängt von den Umständen des Einzelfalls ab
Erforderlichkeit
(-), wenn das Opfer aufgrund einer frei gebildeten eigenverantwortlichen Entscheidung auf Hilfe verzichtet
(-), wenn bereits von anderer Seite ausreichend Hilfe geleistet wird
Beurteilung der Erforderlichkeit ex ante aus Sicht eines objektiven Dritten in der Situation des Täters
Pysisch-reale Möglichkeit
physisch-realen Möglichkeit der Verhinderung des Erfolgseintritts muss gegeben sein
BGH: Zweifel am Erfolg möglicher Rettungsmaßnahmen sollen die Handlungspflicht und die Bejahung der Handlungsfähigkeiten noch nicht entfallen lassen.
Frage, ob der Täter von der Gefahrensituation und den verfügbaren Hilfsmitteln Kenntnis hatte, ist erst i.R.d. Tatbestandsvorsatzes zu prüfen
Mögliche Konstellationen der physisch-realen Unmöglichkeit
Völlige Handlungsunfähigkeit
z.B. Ohnmacht, Fesslung, Lähmung, etc.
Mangelnde räumliche Nähe zur Gefahrensituation
Fehlen von zur Rettung nötigen Hilfsmitteln bzw. Fehlen der zum Gebrauch der Hilfsmittel nötigen Kenntnisse
z.B. keine Leiter, um aufs Dach des brennenden Hauses zu kommen bzw. Kran kann wegen fehlender Kenntnisse nicht bedient werden
Individuelle Unfähigkeit
z.B. Nichtschwimmer kann Ertrinkenden nicht aus dem Wasser holen
Bei Unmöglichkeit?
Bei Unmöglichkeit: ggfs. kann das vorhergehende Verhalten des Täters eine omissio libera in causa begründet haben
Eine omissio libera in causa liegt vor, wenn der Unterlassende durch früheres Verhalten vorsätzlich dafür gesorgt hat, dass ihm die Erbringung der gebotenen Rettungshandlung im Tatzeitpunkt unmöglich ist.
= Vorverschulden
Tatbestandsmäßigkeit trotz aktueller Unmöglichkeit (+)
Das Unterlassen des Täters müsste für den Erfolg kausal geworden sein.
Bei einem Unterlassungsdelikt ist i.S.d. Quasi-Kausalität danach zu fragen, ob die gebotene Handlung des Täters nicht hinzugedacht werden kann, ohne dass der Erfolg mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit entfiele.
Wenn Zweifel bestehen: Quasi-Kausalität entfällt
Wenn die hypothetische Kausalität fehlt: Vollendung scheidet aus ➔ Versuch prüfen!
Hypothektische Kausalität
Str.: Woran knüpft die Quasi-Kausalität an?
e.A.: Quasi-Kausalität bezieht sich nicht auf den Erfolg in seiner konkreten Gestalt, sondern auf den im Gesetz abstrakt umschriebenen tatbestandsmäßigen Erfolg als solchen
Damit verbundene Ausweitung der Haftung wird auf Ebene der Zurechnung korrigiert
= Ansicht des BGH
a.A.: Quasi-Kausalität bezieht sich auf den Erfolg in seiner konkreten Gestalt
Arg.: Nicht ersichtlich, warum insoweit von den bei den Begehungsdelikten aufgestellten Kriterien abgewichen werden sollte
Bsp.: Vater V und Kind K sind im Dachgeschoss eines brennenden Hauses eingesperrt. Einzige Rettungschance für besteht darin, dass V ihn in die Arme eines hilfsbereiten Passanten wirft (Höhe 5m). V traut sich das nicht. Er selbst kann sich durch einen Sprung in letzter Sekunde retten. K verbrennt.
BGH: Fragt nicht danach, ob K dem Flammentod entgangen wäre, sondern danach, ob K am Leben geblieben wäre
Somit: Kein Abstellen auf dem konkreten Erfolg
Arg.: Sonst auch dann Quasikausalität des Verhaltens des V, wenn der Wurf aus dem Fenster sicher den Tod des K zur Folge gehabt hätte (z.B. aus dem 20. Stock)
a.A.: Abstellen auf dem konkreten Erfolg ➔ Verhalten des V jedenfalls ursächlich
Arg.: BGH vermischt die Ebenen von Kausalität und Zurechnung
Arg.: Sinn des § 13 I StGB ist es nicht, die eine Todesart (Flammentod) durch eine andere Todesart (Tod durch Sturz) zu ersetzen ➔ Aber: Ändert nichts an der Quasikausalität, sondern wird erst auf Ebene der Zurechnung berücksichtigt
Der Täter müsste eine Garantenstellung i.S.d. § 13 StGB haben und somit zur Abwehr von Gefahren verpflichtet sein.
Entweder Pflichtenstellung ggü. dem von einer Strafnorm geschützten Rechtsgut oder der von ihr geschützten Person
§ 13 I StGB: „rechtlich dafür einzustehen“ ➔ somit Rechtspflicht erforderlich
Rein sittliche Verpflichtung nicht ausreichend
Garantenpflicht nur bei den unechten Unterlassungsdelikten erforderlich
Nicht bei den echten!
Echte Unterlassungsdelikte begründen auch keine Garantenpflichten ➔ enthalten nur allgemeine Rechtspflichten, die gerade jedermann treffen
h.M.: Umstände, welche die Garantenstellung begründen, sind ungeschriebene Tatbestandsmerkmale der unechten Unterlassungsdelikte
Funktionenlehre: Unterscheidung zwischen Beschützergaranten und Überwachungsgaranten
Schutzgarant
Der Schutzgarant hat sich vor den Beschützenden zu stellen und alle Gefahren von ihm abzuwehren.
Garantenpflicht aus Gesetz
z.B. § 666 BGB: Auskunfts- und Rechenschaftspflicht des Beauftragten ggü. dem Auftraggeber
z.B. § 1353 BGB: eheliche Beistandspflicht
Garantenpflicht derart, Leibes- und Lebensgefahren von einander abzuwenden
P.: Bei § 1353 BGB Zerrüttung der Ehe
Reicht die Tatsache, dass die Ehe besteht für eine Begründung der Garantenpflicht aus oder muss tatsächlich eine enge Bindung gegeben sein
BGH: Schutzpflicht ergibt sich grds. allein aus § 1353 BGB
Räumliche oder emotionale Distanzierung hebt diese Garantenpflicht grds. nicht auf
Garantenstellung endet, wenn die Ehegatten nach den tatsächlichen Umständen keinen Anlass mehr haben, auf den gegenseitigen Schutz ihrer Rechtsgüter zu vertrauen
Kommt dabei auf die Umstände des Einzelfalls an
Insb. evtl. relevant: Trennungswille, Länge des Getrenntlebens, Gründe der Trennung
Garantenpflicht aufgrund enger natürlicher Verbundenheit
Problem: Enge natürliche Verbundenheit ergibt erst dann eine Garantenpflicht, wenn die Verbundenheit auf einem rechtlich fundierten Verhältnis beruht
Bloße moralische Pflichten reichen nicht aus
Deshalb wird es nur im Bereich der Familie angenommen ➔ sonst würde man die Garantenpflicht zu weit ausdehnen
Unterschiedliche Reichweite der Schutzpflicht je nach Enge der Verbundenheit
Je näher das Verwandschaftsverhältnis ist, desto weniger kommt es auf das Vorhandensein einer effektiven Familiengemeinschaft an
v.a. bei Ehegattenn und bei Verwandten gerader Linie
Bei Geschwistern schon sehr strittig
Garantenstellung aus anderen Lebensgemeinschaften
z.B. nichteheliche Lebensgemeinschaft?
Sehr str.
e.A.: Nichteheliche Lebensgemeinschaft begründet Garantenpflicht
h.M.: Nichteheliche Lebensgemeinschaft begründet für sich allein noch keine Garantenstellung
Garantenstellung kann allenfalls aus der konkreten Ausgestaltung der Beziehung resultieren
Insb. bei der wechselseitigen Anvertrauung von Schutzfunktionen
z.B. langjährige Vertragsbeziehungen
Nicht ausreichend: Zufallsgemeinschaften
z.B. gemeinsamer Erwerb oder Konsum von Betäubungsmitteln
Garantenstellung aus Gefahrgemeinschaften
Gemeinschaft muss auf Gefahr und gegenseitige Gefahrenabwehr angelegt sein
z.B. Seilschaften, Soldaten, Weltumsegler, Tiefseetaucher, Expeditionsteilnehmer, etc.
Garantenstellung aus tatsächlicher freiwilliger Übernahme von Schutz- und Beistandspflichten
Kann sich z.B. um eine Übernahme aufgrund Vertrages handeln
Kommt nicht auf die zivilrechtliche Wirksamkeit des Vertrages an, sondern auf die freiwillige und tatsächliche Übernahme der vertraglichen Pflichten
Entscheidend ist, ob im Vertrauen auf die zugesagte Hilfe und die Einsatzbereitschaft des Gefahrübernehmers andere Schutzmaßnahmen unterblieben sind und unterbleiben durften
Umstände des Einzelfalls sind maßgeblich
z.B. Babysitter, Bergführer, Badeaufsicht, Arzt
Aber: Keine „globale Garantenstellung“ von Medizinpersonal, sondern nur für ihre Station
z.B. Arbeitgeber für Abführung der Lohnsteuer
z.B. Gastwirt, der einen bis zur Schuldunfähigkeit betrunkenen Gast vor die Tür setzt und seinem Schicksal überlässt
z.B. Wohnungsinhaber, der einen Pflegebedürftigen aufnimmt
Aber: Aufnahme einer Person begründet für sich keine Garantenstellung
Garantenstellung auch durch Übernahme einer Sicherungspflicht von einem anderen Garantenpflichtigen möglich
Eine völlige Befreiung von der eignen Pflicht ist hierdurch aber nicht möglich
Aus einer reinen Hilfestellung wächst zunächst keine Garantenstellung
Garantenstellung als Amtsträger oder Organ einer juristischen Person
Bsp.: Finanzbeamter, der pflichtwidrig keine Steuern erhebt, kann sich einer Straftat durch Unterlassen schuldig machen
Bsp.: Polizeibeamte
Bei Polizeibeamten ist der Schutz von Individualrechtsgütern vor Straftaten wesentlicher Bestandteil ihrer Berufspflichten
Somit: Pflicht des Polizeibeamten, bei Kenntnis bevorstehender Straftaten einzuschreiten
Wenn der Polizist privat davon Kenntnis erlangt: Er muss dann einschreiten, wenn aufgrund der Schwere der Straftat das öfftl. Interesse ab der Strafverhinderung das private Interesse am Schutz der Privatsphäre des Beamten überwiegt
Verhalten, das verwaltungsrechtlich erlaubt oder geboten ist, kann nicht strafbar sein
Grund: Einheit der Rechtsordnung
Überwachungsgarant
Der Überwachungsgarant hat sich vor die Gefahr zu stellen und nur die von ihr ausgehenden Risiken abzuwehren
Grund: Ist für eine bestimmte Gefahrenquelle verantwortlich
h.M.: Ist mit den zivilrechtlichen Verkehrssicherungspflichten gleichzustellen
Auch erfasst: Freiwillige Übernahme von Verkehrssicherungspflichten Dritter
Unerheblich, ob die Gefahrverursachung auf einem pflichwidrigen oder einem sozialadäquaten, rechtlich erlaubten Verhalten beruht
Grund: Außenstehende dürfen nicht auf Gefahrenquellen in fremden Herrschaftsbereichen einwirken und müssen darauf vertrauen, dass derjenige mit Verfügungsgewalt über die Gefahrenquelle die Gefahren unter Kontrolle hält und ausreichende Sicherheitsvorkehrungen trifft
Garantenstellung aus vorangegangenem pflichtwidrigen Tun (Ingerenz)
Bedarf einer ausreichenden Nähe zwischen Gefahr und dem daraus resultierenden Folgeschaden
h.M.: Jeder, der durch ein objektiv pflichtwidriges Tun oder Unterlassen eine nahe Gefahr für Rechtsgüter Dritter geschaffen hat, ist zur Abwendung des drohenden Erfolges verpflichtet
Pflichtwidrigkeit: Es muss ein Verstoß gegen eine Norm gegeben sein, die gerade dem Schutz des betroffenen Rechtsguts dient
P.: Kann auch rechtmäßiges Vorverhalten eine Garantenstellung begründen?
e.A.: Pflichtwidriges Vorverhalten ist keine Vss. für eine Garantenstellung
Ausreichend, dass durch das Verhalten eine Gefahr geschaffen wurde
h.M.: Vorliegen eines objektiv pflichtwidrigen Verhaltens erforderlich
sozialadäquates Verhalten reicht nicht aus
Bei rechtmäßigem Vorverhalten nur die allgemeine Hilfspflicht aus § 323c StGB
In eng begrenzten Ausnahmefällen Garantenstellung trotz rechtmäßigen Vorverhaltens
z.B. Notwehr ggü. einem schuldlosen Angreifer
z.B. Fall des aggressiven Notstandes, wo sich der Handelnde auf Kosten unbeteiligter Dritter aus der gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Notstandslage befreit
Bsp.: Wenn der Angreifer in Notwehr verletzt wird
Angegriffenen trifft grds. nur die allgemeine Hilfspflicht aus § 323c StGB
Kann anders sein, wenn der Angreifer seinerseits schuldlos handelt oder ein anderer Fall der Notwehreinschränkung vorliegt
Bsp.: Verkehrsgerechtes Verhalten im Straßenverkehr
BGH: Begründet keine Garantenstellung
Nur eine Strafbarkeit nach § 323c StGB kommt in Betracht
P.: Mittäterexzess
Bsp.: A und B berauben C nach einem gemeinsamen Tatplan und schlagen ihn gemeinsam bewusstlos. A erschießt den Zeugen C mit einer mitgebrachten Waffe, von der B nichts wusste. B hätte dies verhindern können, unterließ es aber.
Tötung des C war nicht vom gemeinsamen Tatplan erfasst ➔ Strafbarkeit des B gem. §§ 212 I, 25 II StGB (-)
= Mittäterexzess
Strafbarkeit des B gem. §§ 212 I, 13 I StGB?
BGH: Bloß ursächliches Vorverhalten führt nicht zu einer Garantenstellung aus Ingerenz
Erforderlich ist, dass eine Gefahrerhöhung in dem Sinne vorliegt, dass das Vorverhalten die nahe Gefahr des konkret eingetretenen tatbestandsmäßigen Erfolgs verursacht
Hier: Beteiligung des B an einer an sich nicht lebensgefährlichen Misshandlung durch das Niederschlagen hat zu einer Gefahrerhöhung für C geführt
Strafbarkeit des B gem. §§ 212 I, 13 I StGB (+)
Garantenstellung aus tatsächlicher Herrschaft über eine bestimmte Gefahrenquelle
Herrscher einer potenziellen Gefahrenquelle hat diese zu kontrollieren und schädige Folgen zu verhindern
Gegenüber Unbefugten scheidet eine Garantenstellung aus
Bsp.: Betreiber einer Anlage (z.B, Atomkraftwerk)
Bsp.: Halter eines PKW ➔ z.B. bei der Überlassung des PKW an eine fahruntaugliche Person
Bsp.: Tierhalter für seine Tiere
Ebenfalls: Aus Pflicht zur Beaufsichtigung Dritter
(+), wenn die Allgemeinheit im Hinblick auf die bestehende Autoritäts- und Aufsichtsstellung darauf vertraut, dass der Pflichtige Gefahren, die von der zu überwachenden Person ausgehen, beherrscht
z.B. Lehrer bzgl. seiner Schüler
Gleichzeitig hat der Lehrer eine Garantenstellung als Beschützergarant bei den minderjährigen Schülern
z.B. militärische Vorgesetzte
z.B. vorgesetzter Amtsträger (§ 357 StGB)
z.B. Gefängnispersonal bzgl. Gefangener
z.B. Arzt bzgl. eines aggressiven Patieten
h.M.: Aus der ehelichen Lebensgemeinschaft folgt keine Pflicht, Straftaten des anderen Ehegatten zu verhindern
Das gilt auch für das Verhältnis von Eltern zu ihrem volljährigen Kind
P.: Verfügender über eine Räumlichkeit
Teilw.: Inhaber der Verfügungsgewalt muss in den Räumlichkeiten für Ordnung sorgen und Straftaten verhindern
Arg.: Hausfrieden hat besonderen Schutz ➔ Eingriffe von öffentlicher Hand sind besonderen Vss. unterworfen
(-): Dehnt die Garantenstellung zu weit aus
h.M.: Keine allgemeine Rechtspflicht des Wohnungsinhabers, Straftaten Dritter in seiner Wohnung zu verhindern
Nur wenn besondere Umstände hinzutreten
P.: Kann die zivilrechtliche Produkthaftung Grundlage strafrechtlicher Verantwortung sein?
Hat BGH beim „Lederspray-Fall“ offengelassen und stattdessen eine Garantenstellung aus vorangegangenem pflichtwidrigen Tun bejaht
P.: Pflichtwidriges Unterlassen, wenn ein Arzt andere Patienten nicht vor einem infolge einer Krankheit aggressiven Patienten schützt?
Arzt ist Beschützergarant bzgl. der anderen Patienten
Arzt ist Bewachergarant bzgl. dem gefährlichen Patienten
Schutzzweck der Norm
Fraglich ist, welchem Schutze die Norm dient, gegen die der Täter verstoßen hat und ob die konkrete Situation darunterfällt.
Pflichtwidrigkeitszusammenhang
Geht darum, ob der Erfolg gerade auf der Pflichtwidrigkeit des Unterlassen beruht
Pflichtwidrigkeitszusammenhang ist gegeben, wenn die Vornahme der gebotenen Rettungshandlung in der konkreten Gefahrensituation mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zur Erhaltung des gefährdeten Rechtsguts geführt hätte.
Somit: Objektive Zurechenbarkeit des Erfolgs entfällt, wenn der Erfolg auch bei Beachtung der Handlungspflicht eingetreten wäre
Bsp.-Fall: V und K in brennendem Haus (siehe Fall bei der Quasi-Kausalität)
Wenn der Wurf aus dem Fenster zum Tod des K geführt hätte, wäre der Erfolg dem V nicht zurechenbar
Grund: Sinn der Handlungspflicht ist es nicht, eine Erfolgsursache durch eine andere auszutauschen
Wenn der Zurechnungszusammenhang entfällt: Strafbarkeit wegen vollendeten Delikts scheidet aus ➔ Versuchsstrafbarkeit prüfen
Täterschaftliches Unterlassen liegt vor, wenn der Garant mit Tatherrschaft und Willen zur Tatherrschaft die geforderte Handlung unterlässt.
Nach der Entsprechungsklausel gem. § 13 I Hs. 2 StGB ist eine Strafbarkeit nur gegeben, wenn das Unterlassen der Verwirklichung des gesetzliches Tatbestandes durch ein aktives Tun entspricht.
Nach der sog. Modalitätenäquivalenz ist dies der Fall, wenn im konkreten Fall das Unterlassen dem Unrechtsgehalt aktiver Tatbestandsverwirklichung so nahe kommt, dass es sich in den Unrechtstypus des Tatbestandes einfügt
Spielt in der Regel keine große Rolle
Bei den reinen Erfolgsdelikten liegt es i.d.R. immer vor ➔ muss nicht näher erörtert werden
Entsprechungsklause, § 13 I Hs. 2 StGB
Bedeutung bei den sog. Verhaltensbezogenen Delikten
= erschöpfen sich nicht in der Herbeiführung eines bestimmten Erfolgs, sondern setzen auch eine bestimmte Tathandlung voraus
Bsp.:
§ 224 I Nr. 5 StGB: lebensgefährdende Behandlung
§ 211 II Gr. 2 Var. 2 StGB: grausam
Str., ob sie durch ein Unterlassen verwirklicht werden können
Soweit das Unterlassen eine hinreichende „Erfolgsbezogenheit“ aufweist, Entsprechungsklausel eher (+)
„Erfolgsbezogenheit“ (+), wenn das unter Strafe gestellte Verhalten nicht zwingend eine aktive Handlung voraussetzt, sondern der Grund der Strafe eher die Auswirkungen für das Opfer sind.
Bei § 224 I Nr. 5 und § 211 II Gr. 2 Var. 2 StGB (+)
BGH: Tötung durch Unterlassen mit gemeingefährlichen Mitteln (§ 211 II Gr. 2 Var. 3, 13 I StGB) nicht möglich ➔ egal wie die Gefahr entstanden ist
P.: Mord mit Verdeckungsabsicht gem. § 211 II Gr. 3 Alt. 2 StGB
Kann Verdeckungsmord überhaupt durch ein Unterlassen begangen werden?
e.A.: (-)
Arg.: Kann vom Täter nicht gefordert werden, tätig zu werden, wenn er damit rechnen muss, dass eine von ihm begangene Straftat aufgedeckt wird
h.M.: Verdeckungsmord kann durch Unterlassen begangen werden
Fall: A verschuldet einen Verkehrsunfall, bei dem B schwer verletzt wird. A entfernt sich vom Unfallsort, obwohl er erkennt, dass B noch zu retten wäre, um einer Strafbarkeit nach § 229 StGB zu entgehen.
Unproblematisch: Strafbarkeit des A gem. § 212 I, 13 I StGB
Auch Strafbarkeit des A gem. §§ 211 II Gr. 3 Alt. 2, 13 I StGB?
BGH früher: „Verdecken“ erfordert mehr als ein „Nichtaufdecken“
Tod muss gerade das Mittel zur Verdeckung sein
Hier ist der Tod primär Folge aus dem Unfall
BGH heute: Verdeckungsmord durch Unterlassen ist möglich
P.: Heimtücke-Mord durch Unterlassen gem. §§ 211 II Gr. 2 Var. 1, 13 I StGB möglich?
h.M.: (-)
Arg.: “Heimtückisch” setzt ein aktives Handeln voraus
Arg.: Erfolgsbezogenheit bei der Unrechtsbeschreibung fehlt
Primärer Anknüpfungspunkt bei der Unrechtsbeschreibung ist die konkrete Begehungsweise des Täters und nicht der beim Opfer eingetretene Erfolg
Subj. TB
Täter muss hinsichtlich der Verwirklichung des obj. TB Vorsatz haben
Muss den Willen zum Untätigbleiben in Kenntnis aller obj. Tatbestandsmerkmale
Muss sich auf die Umstände, welche die Handlungspflicht begründen, sowie die physisch-reale Möglichkeit der Erfolgsabwendung beziehen
Irrtum über das tatsächliche Vorliegen von Umständen, die eine Garantenpflicht begründen: Tatbestandsirrtum gem. § 16 I 1 StGB
Wenn der Täter zutreffend die Umstände erkennt, die eine Garantenpflicht begründen, aber irrtümlich meint, ihn treffe keine Garantenpflicht: Gebotsirrtum i.S.d. § 17 StGB
Nach der Lehre vom Erfolgsunrecht ist auch bei den unechten Unterlassungsdelikten die Rechtswidrigkeit indiziert.
=> Besonderer Rechtfertigungsgrund
Besonderer Rechtfertigungsgrund beim Unterlassungsdelikt: Die rechtfertigende Pflichtenkollision:
Eine rechtfertigende Pflichtenkollision liegt vor, wenn den Normadressaten mehrere rechtlich begründete, letztlich aber unvereinbare Handlungspflichten in der Weise treffen, dass er die eine nur auf Kosten der anderen erfüllen kann.
Täter handelt dann nicht rechtswidrig, wenn er bei höherrangigen auf Kosten der zweitrangigen Pflicht agiert
➔ siehe Schema vorsätzliches Begehungsdelikt
Gebotsirrtum
Gebotsirrtum als Entschuldigungsgrund: Ein Gebotsirrtum liegt vor, wenn der Unterlassende alle Umstände kannte, die seine Garantenstellung begründen, er aber dennoch glaubte, die rechtlich geforderte Handlung unterlassen zu dürfen.
muss gleichbehandelt werden wie der Verbotsirrtum beim Begehungsdelikt
Besonderer Entschuldigungsgrund
h.M.: Täter ist auch entschuldigt, sofern das normgemäße Verhalten unzumutbar war
Arg.: Der Unrechts- und Schuldgehalt des Untätigbleibens wird aufgrund des vorliegenden Motivationsdrucks dadurch aufgehoben, dass ein gleichwertiges Rechtsgut vor der sicheren Vernichtung bewahrt wird
Somit: Der Umfang der Sorgfalts- und Handlungspflichten wird in sachgerechter Weise begrenzt
Vornahme einer Handlung kann insb. dann unzumutbar sein, wenn der Garant dadurch eigene, billigenswerte Interessen gefährdet
Abwägung der Umstände des Einzelfalls erforderlich
Insb. das Gewicht des bei der Unterlassung eingetretenen Schadens einbeziehen
Fall: T kann aus dem brennenden Haus entweder seine Mutter M oder seine Freundin F retten. Er rettet F, woraufhin M verbrennt.
Hinsichtlich M könnte T wegen einem Totschlag durch Unterlassen gem. §§ 212 I, 13 I StGB strafbar gemacht haben
§ 34 StGB (-): Keine Abwägung Leben gegen Leben
Rechtfertigende Pflichtenkollision (-): T hat nicht die aufgrund seiner Garantenpflichtstellung ggü. M vorrangige Pflicht erfüllt
§ 35 StGB (-): Garantenstellung ist als sonstiger Grund bei § 35 I S. 2 StGB zu berücksichtigen
T könnte wegen Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens entschuldigt sein
P.: Mittäterschaft in Form des Unterlassens
1. Fallgruppe: Gemeinschaftliche Pflicht kann nur gemeinsam erfüllt werden
z.B. Einkommenssteuererklärung zusammen veranlagter Ehegatten
2. Fallgruppe: Mehrere beschließen in der gleichen tatbestandsmäßigen Situation, nicht tätig zu werden, obwohl sie jeweils eine eigene Handlungspflicht trifft
= Mittäterschaft ist anzunehmen
Keine gemeinschaftliche Pflicht
Versuchtes unechtes Unterlassungsdelikt
A. Strafbarkeit wegen versuchter unterlassener … gem. § …, 13, 22, 23 I StGB
I. Vorprüfung
Tatentschluss
Erfolg
Physisch-reale Möglichkeit der Erfolgsabwendung
Kausalität
Zurechnungzusammenhang
Schutzzweck
Unmittelbares Ansetzen, § 22 StGB
➔ Unterlassungshandlung nennen (z.B. Verlassen der Unfallstelle)
IV. Kein Rücktritt, § 24 StGB
➔ Unterlassungshandlung nennen (z.B. Verlasen der Unfallstelle)
e.A.: Unterlassungsversuch stellt immer einen beendeten Versuch dar, da der Unterlassungstäter den Erfolgseintritt nur durch aktives Tun abwenden kann
Deshalb immer Anwendung des § 24 I 1 Alt. 2 StGB
Aber: Führt dazu, dass der Unterlassende das Risiko des Misslingens seiner Rettungsbemühungen trägt
h.M.: Rücktritt nur durch aktives Tun möglich
Aber: Unterscheidung zwischen beendetem und unbeendetem Versuch nach Gefährdungsgrad
Ein unbeendeter Versuch (§ 24 I 1 Alt. 1 StGB) liegt solange vor, wie der Garant die seiner Vorstellung nach ursprünglich gebotene Rettungshandlung noch vornehmen kann, um den Erfolgseintritt zu verhindern.
Ein beendeter Versuch (§ 24 I 1 Alt. 2 StGB) liegt vor, sobald nach Vorstellung des Garanten die Nachholung der ursprünglichen Handlung erfolglos wäre, der Erfolgseintritt aber noch durch eine andere Handlung verhindert werden kann.
Echtes Unterlassungsdelikt
=> Allgemeines Schema
I. Tatbestandsmäßigkeit
1. Objektiver Tatbestand
a. Objektive Merkmale entsprechen dem jeweiligen Straftatbestand
b. Ungeschriebene Tatbestandsmerkmale
Tatsächliche Möglichkeit des gebotenen Tuns
Zumutbarkeit des gebotenen Tuns
2. Subjektiver Tatbestand
a. Vorsatz
b. Sonstige subjektive Tatbestandsmerkmale
Grds. wie bei vorsätzlichen Begehungsdelikten
Zusätzlicher Entschuldigungsgrund: Unzumutbarkeit
Beteiligung am Unterlassungsdelikt durch positives Tun:
Fall: V droht zu ertrinken. Sein Sohn S und dessen Freundin F stehen am Ufer. F rät S, V ertrinken zu lassen, um früher an das Erbe zu kommen. Daraufhin bleibt S untätig, obwohl er ein guter Schwimmer ist, und V ertrinkt.
P.: Beteiligung am Unterlassungsdelikt eines anderen durch positives Tun möglich?
e.A.: Anstiftung und Beihilfe sind nicht möglich
Arg.: Gehen von Begehungstäterschaft aus
h.M. (inkl. BGH): Teilnahme nach den allgemeinen Regeln möglich
Teilnahme selbst ist ein Begehungsdelikt ➔ Teilnehmer muss also keine Garantenstellung haben
Täter eines Unterlassungsdelikts kann aber nur ein Garant sein
= Sonderdelikt
Nichtgaranten können nur Teilnehmer sein
P.: Strafmilderung gem. § 28 I StGB für den Teilnehmer?
Dafür müsste es sich bei der Garantenstellung um ein besonderes persönliches Merkmal handeln
BGH: Garantenstellung ist kein besonderes persönliches Merkmal i.S.d. § 28 I StGB
Arg.: Gesetzgeber ging bei „besonderen persönlichen Merkmalen“ von unrechtsumschreibenden Merkmalen i.S.d. Strafrecht BT aus ➔ deshalb keine Anwendung auf die Strafrecht AT Vorschrift § 13 StGB
Bei der Strafzumessung prüfen!
h.M.: A hat sich gem. §§ 212 I, 13 I, 26 StGB strafbar gemacht
Keine Strafmilderung nach §§ 28 I, 49 I StGB
Beteiligung durch Unterlassen
Teilnahme durch Unterlassen nur dann möglich, wenn die betreffende Person eine Garantenstellung hat
P.: Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme
Rspr.: Subjektive Kriterien
Grenzt nach subjektiven Kriterien ab
= so wie sie auch sonst die Abgrenzung zwischen Täterschaft und Teilnahme macht
Somit: Insb. Interesse am Taterfolg maßgeblich
a.A: Differenzierung zwischen Beschützer- und Überwachungsgarant
Beschützergaranten sind als Täter zu bestrafen
Überwachungsgaranten sind als Gehilfen zu bestrafen
h.L.: Objektive Kriterien
Wie auch in sonstigen Fällen nimmt die h.L. die Abgrenzung anhand von objektiven Kriterien vor
= sog. Tatherrschaftslehre
Fall: Wachmann W sieht, wie D die Bank ausräumt. Da er sich überfordert fühlt und zudem schlecht bezahlt wird, lässt er D trotz Eingriffsmöglichkeiten gewähren. Strafbarkeit des W?
D ist nach § 242 StGB strafbar
W ist kraft tatsächlicher Übernahme von Schutzpflichten Beschützergarant
Täterschaft oder Teilnahme?
Es ist gerade Aufgabe des W, Bank vor solchen Vermögensschäden zu schützen ➔ macht diese Pflicht ihn zum Täter neben D?
W ist nur als Gehilfe zu bestrafen
Arg.: Hat kein eigenes täterschaftliches Interesse am Taterfolg
a.A.: Differenzierung zwischen Beschützer- und Überwachungsgaranten
W ist hier Beschützergarant ➔ ist als Täter zu bestrafen
Arg.: hat mangels Gestaltung des Geschehens keine Tatherrschaft inne
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