Interessengruppen Definition
“Vereinigung von Personen, die das Ziel verfolgt, politische Prozesse und Entscheidungen so zu beeinflussen, dass diese ihren Interessen entsprechen (ohne an Wahlen teilzunehmen)”
1.Nichtregierungsorganisationen
ca 27% aller Gruppen
Vertreten öffentliche Interessen/Themen
• Menschenrechte: z.B. Amnesty International
• Umwelt: z.B. Greenpeace (14 Lobbyisten, 6 EP Zugang, 2.3 Millionen Euro, seit 2014 138 Treffen
mit Kommission)
Oftmals auch Dachorganisationen (zb european Cancer League)
2.Firmen
ca 22 % aller Gruppen
Unternehmen, die unmittelbar von EU Verordnungen betroffen sind (zb Autokonzerne, Banken)
Beratungsfirmen/Anwaltskanzleien (für Interessengruppen, die selber über kein Büro in Brüssel verfügen)
3.Unternehmensverbände
ca 21% aller Gruppen
Dachorganisationen wie Buisness Europe (30 Lobbyisten, 14 mit Ep Zugang, 4Millionen euro pr Jahr)
Spezifische Industriesektoren wie European Chemical Industry Council (93 Lobbyisten, 13 mit EP Zugang, >10 Millionen
Euro pro Jahr)
4.Regierungsorganisationen
< 5% aller gruppen
Lokale und regionale Regierungsvertreter
Verbindungsbüros deutscher Landesregierungen
EU Strukturfonds betreffen Regionen, Implementierung von Rechtlinien auf lokale Ebene
5.Non-Profit und andere Organisationen
Forschungsverbände (zB. Deutsche Forschungsgesellschaft) und Think Tanks
Kirchen, Krankenhäuser, Stiftungen, Wohlfahrtsverbände
Andere Organisationen: Berufsverbände (Standing Committee of European Doctors), Gewerkschaften (European Trade Union Confederation)
Transparentzregister der EU
= vereinfachter Zugang zum EP Gebäude, Treffen mit Kommissionsmitgliedern
-plus legislativer Fußabdruck: Änderung der EP Geschäftsordnung im Januar 2019: EP Abgeordnete müssen ihre Treffen mit Lobbyisten öffentlich auflisten, wenn sie an Gesetzgebung mitwirken
(Grafiken siehe VL 13)
Welche Interessengruppensystem existieren auf EU Ebene?
-> Pluralismus und Korporatismus= powi Erklärung für Interessengruppenaktivität
Pluralismus
• Interessengruppen konkurrieren um Einfluss (ähnlich wie in einem Markt) (Bsp: UK, USA)
• Voraussetzung: konkurriende Interessen haben vergleichbaren Zugang zum politischen Prozess (z.B. Umweltverbände und Industrieverbände)
Problem des kollektiven handelns
• Homogene Interessen (kleine Gruppen) können sich besser organisieren als heterogene Interessen (große Gruppen)
• Grund: nur dann Anreiz Mitglied einer Gruppe zu werden, wenn die Gruppe einen hohen Nutzen für Gruppenmitglieder hat
• Kollektivgut = nicht ausschließbares Gut
• Bei Erreichung eines Kollektivguts, an dem viele ein Interesse haben (z.B. Verbraucherschutz), profitieren viele davon, unabhängig davon, ob sie sich für die Umsetzung engagiert haben oder nicht (Trittbrettfahrereffekt)
• Auswirkung: kein Anreiz sich effektiv zu organisieren, insbesondere für heterogene Interessen
Auswirkungen der Logik des kollektiven Handelns & Kritik an der Sicherheit
• Ungleiche Wettbewerbsvoraussetzungen • Vorteil für konzentrierte und gut organisierte Interessengruppen
• Partikularinteressen auf Kosten der
Gesellschaft als ganzes?
Kritik an der Sichtweise:
• Einseitige Konzentration auf Organisationsgrad
• In der Praxis viele unterschiedliche Lobbyingstrategien
Korporatismus
• Wenige Gruppen haben privilegierten Zugang zum politischen Entscheidungsprozess (z.B. Österreich, Deutschland)
• Interessenvermittlung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern (Sozialpartner)
• Ziel: gesellschaftlicher Konsens wenn der Staat, Unternehmen, und Arbeiter wichtige Entscheidungen mittragen
Kritik:
• Vorteil für ausgewählte Interessengruppen
• Informelle Absprachen zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern?
• Beispiel: Sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber der deutschen Autoindustrie könnten Interesse daran haben, dass Emmissionsregeln abgeschwächt werden
Pluralismus und Korporatismus in der EU?
Die EU folgt eher einem pluralistischen Modell
Allerdings gibt es auch korporatistische Elemente:
• Wirtschafts- und Sozialausschuss
• Ausschuss der Regionen
Pluralismus wird durch Europäische Kommission gefördert (Konsultationen)
Handlungsstrategien für europäische Interessengruppen
EU Gesetzgebungsverfahren ermöglicht mehrere Zugangspunkte zum politischen Entscheidungsprozess.
=Kommission >Parlament >Rat
Eu gesetzgebung
Lobbyinstrategien
Inside Lobbying: politische Einflussnahme durch direkten Kontakt mit Entscheidungsträgern
• Gespräche
• Konsultation der Kommission • Expertenausschuss
Outside Lobbying: Mobilisierung öffentlicher Meinung, um Entscheidungen zu beeinflussen
• Demonstrationen
• Soziale Medien
Sichtbarkeit von Lobbying Aktivitäten:
Outside lobbying> inside lobbying = Medien/Demonstrationen> öffentliche Konsultationen> Parlament> Rat
Strategien von Interessengruppen
• Zielgruppe: Outside Lobbying funktioniert besser bei gewählten Entscheidungsträgern, die sensibel auf öffentliche Meinung reagieren (Abgeordnete, Minister)
• Organisationsgrad der Gruppe: Outside Lobbying benötigt großes Netzwerk und Freiwillige, um öffentlichkeitswirksam wahrgenommen zu werden
• Sachthema entscheidend: öffentliche Mobilisierung schwieriger bei eher technischen Themen
inside Lobbying als Strategie von Wirtschaftsverbänden:
Technische Infos für EU Kommission im Vorgriff auf Vorschlag
Verhandlungen im rat sind eher intransparent
Haben Wirtschaftsverbände grundsätzlich mehr Einfluss als zivilgesellschaftliche Gruppen?
-> Definiton Einfluss
Kontrafaktisches Kausalmodell:
Wie würde eine Entscheidung aussehen, wenn eine bestimmte Interessengruppe oder alle Interessengruppen nicht am Prozess mitgewirkt hätten?
Um einen Wirkungszusammenhang festzustellen müsste man die tatsächliche Entscheidung mit der kontrafaktischen vergleichen: in der Praxis unmöglich
Was bedeutet Einfluss?
In der empirischen Forschung:
• Interviews mit Experten
• Inhaltsanalysen (wie hat sich Entwurf der Kommission nach der öffentlichen Konsultationsphase verändert?)
Einfluss von Wirtschaftsverbänden oftmals geringer als angenommen
• Untersuchung von 70 Gesetzesvorschlägen der Kommission und Positionen von 1000 Interessengruppen (Dür et al. 2015)
• Binnenmarkt als Status Quo. Agenda der Kommission hat sich mit Erreichen des Binnenmarktes verändert. Z.B. neue konsumentenfreundliche Regeln mit neuen Regulierungsmöglichkeiten für die Kommission, unterstützt durch das EP (Bsp. Mobilfunk)
• Wirtschaftsgruppen müssen Status Quo verteidigen, während zivilgesellschaftliche Gruppen gemeinsam mit Kommission und Parlament für Politikwandel argumentieren können.
Interessengruppen in der EU aus demokratietheoretischer Perspektive
• Inside Lobbying ist intransparent, Partikularinteressen können öffentliches Interesse überwiegen.
• Transparenzregister noch nicht verpflichtend, Anreizbasiert, und abgeschwächt im Rat, aber deutlich höhere Transparenz als in Deutschland.
• Qualität der Gesetzgebung abhängig von Expertise von Interessengruppen?
• Öffentliche Zustimmung zur EU und hohe Aktivität von zivilgesellschaftlichen Interessengruppen auf EU Ebene
Fazit:
1. Pluralistisches Systemder Interessenvertretung auf EU Ebene
2. Inside und Outside Lobbying Strategien
3. Wirtschaftsverbände oftmals besser organisiert und finanziert, aber müssen SQ verteidigen und KOM und EP oftmals auf Seiten von Konsumenten
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