-Bereiche: Armenfürsorge, Arbeitsschutz, Sozialversicherungen (Renten-, Arbeitslosen-, Kranken-, Unfallversicherung), im weiten Sinne auch: Familienpolitik Bildungspolitik etc.,
-Unterschiede, inwieweit Staat, Verbände, Familie oder Markt (z.B. private Rentenversicherung) für soziale Sicherung verantwortlich ist
-Machtressourcen = Fähigkeit der Akteure andere zu bestrafen oder zu belohnen
-Klassenkonflikt = Machtressourcenkonflikt = Konflikt um ungleiche Verteilung v. Machtressourcen: Kapital vs. Humankapital (Kapitaltransfer & -akkumulation möglich, bei Humankapital nicht)
-Träger des Kapitals (Klasse der Kapitalisten) wollen Marktlösung
-Träger des Humankapitals (Arbeiterklasse) müssen sich kollektiv organisieren (Gewerkschaften & linke Parteien)
-Durch die politische und gewerkschaftliche Organisierung kann die Arbeiterklasse ihren Nachteil an Machtressourcen gegenüber den Kapitalisten abschwächen und Umverteilung durchsetzen
-Stärke linker Parteien und von Gewerkschaften -> Sozialpolitik
-Wohlfahrtsstaatsregime (Esping-Andersen)
o “Mehr als nur ein Menü von Leistungen”: Der Wohlfahrtsstaat ist eine “einzigartige historische Konstruktion.”
o Arbeitsteilung zwischen Staat, Markt & Familie in der sozialen Sicherung
-Esping-Andersen unterscheidet drei polit-ökonomische Ansätze
o System-strukturalistische Ansatz (funktionalistisch): Logik der Industrialisierung (Wilensky), Neo-Marxismus (O‘Connor) = Logik des Kapitalismus (Kritik E-A: keine Akteure)
o Demokratiethese: Staatsbürgerrechte, Parteinwettbewerb (Kritik E-A: Einflüsse vor der Schaffung demokratischer Strukturen)
o Machtressourcentheorie: Klassenmobilisierungsthese; (Kritik E.-A: Korpi unterschätzt Einfluss anderer Gruppen: Konservative Parteien, Bauern, Mittelklasse, Macht nicht-linker; Koalitionsbildung; schwedenzentriert
-Der Ansatz von Esping-Andersen: Politische Koalitionen
o Kritik an Korpi: „Die tatsächliche historische Ausprägung kollektiven Handelns der Arbeiterklasse wird ganz unterschiedlich sein, ebenso wie deren Ziele und politischen Ressourcen“
o Soziale Klassen als politische Akteure, wie Korpi, aber es gibt auch Bauern und die Mittelklasse und nicht nur die Arbeiter, die Parteien gründen und evtl. mit der Arbeiterbewegung koalieren.
o Nur Machtressourcen der Gewerkschaften greift zu kurz, da
§ Unterschiedliche Gewerkschafts-Typen, unterschiedliche sozialpolitische Strategien: Berufsgewerkschaften (Beispiel: Dänemark) / Industriegewerkschaften (Beispiel: Deutschland) / Religiöse Gewerkschaften (Beispiel: Niederlande)
§ Mittelklasse & Bauern auch eine politische Interessengruppe
§ Arbeiterbewegung ist nicht „automatisch“ sozialistisch (Religion und andere Ideen)
§ Sozialdemokratie muss Koalitionen bilden (Mittelklasse, Bauern): „Rot-grüne“ Allianzen
-3 Welten: Liberal, Konservativ/Korporatistisch, Sozialdemokratisch
-Zwei Dimensionen für Typologie: De-Kommodifizierung & Stratifizierung
o “De-Kommodifizierung kann sich entweder auf erbrachte Dienste oder den Status einer Person beziehen, aber in jedem Fall steht sie für das Maß, in dem Verteilungsfragen vom Marktmechanismus entkoppelt sind.” (36)
§ misst die Unabhängigkeit der sozialen Sicherheit des Einzelnen vom Markt
o Stratifzierung: “Der Wohlfahrtsstaat ist nicht allein ein Instrument zur Beeinflussung und gegebenenfalls Korrektur der gesellschaftlichen Ungleichheitsstruktur. Er stellt vielmehr ein eigenständiges System der Stratifizierung dar, indem er in aktiver und direkter Weise soziale Beziehungsmuster ordnet.” (39)
§ misst, inwieweit die soziale Sicherung nach gesellschaftlichen Gruppen segmentiert ist
§ „Korporatismus“: Anzahl der beruflich organisierten Altersvorsorgesysteme: (Angestellte, Arbeiter …)
§ Etatismus: Pensionsausgaben für Regierungsangestellte (Beamte)
§ Bedürftigkeitsgeprüfte Armenhilfe: Ausgaben in % der öffentlichen Sozialausgaben
§ Private Pensionsausgaben: in % Gesamtausgaben
§ Private Gesundheitsausgaben: in % Gesamtausgaben
§ Durchschnittlicher „Universalismus“: Versicherungsgrad der Bevölkerung
§ Durchschnittliche Leistungsgleichheit: Differenz zwischen maximaler Leistung und der durchschnittlichen Leistung
-Liberales Regime: Kaum Dekomm., hohe Stratif.
o bedarfsgeprüfte Sozialfürsorge, niedrige universelle Transferleistungen und wenig weitreichende Sozialversicherungsprogramme, Stigmatisierung von Empfänger:innen von Sozialleistungen, private Altersvorsorge, Armutsvermeidung. (Australien, USA, CAN, UK, (JAP), (Schweiz))
-Konservatives (Korporatistisches) Regime: Mittlere Dekomm., hoch Stratif.
o Sozialversicherung, Äquivalenzprinzip, Familie, Korporative Akteure (Sozialpartner, berufsständische Organisationen, Wohlfahrtsverbände), Erhalt von Schichten, Bindung an Erwerbsarbeit, typischerweise von Kirche beeinflusst (fördern traditionelle Rollenbilder), private Versicherungen und betriebliche Zusatzleistungen spielen nur marginale Rolle, Umverteilungseffekte des Systems gering (Österreich, Belgien, (Niederlande), Deutschland, (Frankreich), Italien, (Irland))
-Sozialdemokratisches Regime: Hohe Dekomm., niedrige Stratif.
o Steuerfinanzierte, generöse, pauschale staatliche Sozialleistungen; Staatsbürgerstatus: Zugang zu sozialen Rechten, Universalismus und Dekommodifizierung auch auf die Mittelschicht ausgedehnt, Idee: Gleichheit auf höchstem Niveau und nicht Befriedigung von Mindestbedürfnissen, alle profitieren und sind abhängig, oftmals hohe Steuern, die stark umverteilen, familiäre Kosten wie Bildung werden vergesellschaftet (Schweden, Norwegen, Dänemark)
==>Es gibt generell kaum „Reintypen“. Die meisten Länder verbinden Maßnahmen aus allen drei Kategorien.
-Produktionsmodell determiniert Lopo- und Sopo-Präferenzen
o Das Produktionsmodell der Unternehmen (hier: Exportorientierung vs. Binnenmarktorientierung) determiniert deren lohnpolitische Präferenzen, und damit auch deren sozialpolitische Präferenzen
-Die Präferenzen des Exportsektors:
o Wegen Belastung des Exportsektors durch Weltmarkt und durch Lohndruck aus dem geschützten Binnenmarkt:
§ Präferenz für Lohnführerschaft (durch den Exportsektor) und zentralisierte Lohnkoordinierung, weil dadurch der Lohndruck durch Binnenmarkt abgefedert wird.
§ Exportsektor stellt sich auf die Seite der Arbeitnehmer! Koalitionen!
-Aus den lohnpolitischen Präferenzen ergibt sich, dass sich Exportsektor für Sozialstaat ausspricht: Sozialstaat verhindert, dass Binnenmarktunternehmen Arbeitskräfte aus exportorientierten Unternehmen abwerben können
-Estévez-Abe et al.: Skills determinieren Sopo-Präferenzen
o Unternehmen (Arbeitnehmer), die spezifische Fertigkeiten (specific skills) brauchen (haben): starker Sozialstaat, weil sie ihre Investitionen in das Humankapital der Arbeitnehmer „versichern“ wollen
o Unternehmen (Arbeitnehmer), die generelle Fertigkeiten (general skills) brauchen (durchführen): schwacher Sozialstaat, weil Arbeitskräfte schnell ersetzt werden können und die Arbeitnehmer entweder zu viel oder zu wenig verdienen
-Zusammensetzung der Fertigkeiten (Skills) der Beschäftigen bestimmt die Zusammensetzung und Art des Wohlfahrtsstaates!
==> Produktionsmodell Lohnregime (Swenson, Mares) und Humankapital (Estévez) determinieren sozialpolitische Präferenzen und Policy-Positionen
==> Rational-Choice Kritik am Machtressourcen-Ansatz
-Gängige Lehrbuchdefinition: Verantwortung des Staates für die Sicherung eines Mindestmaßes an Wohlfahrt für die Bürger:innen
o Quantitative Definition: Sozialausgaben des Staates (für was oder wen?)
o Qualitative Definition: Fokus auf Sozialprogramme und theoretische Einbettung anhand von Idealtypen
o Soziale Staatsbürgerschaft als zentrale Idee, also die Gewährung von sozialen Rechten
o Wohlfahrtsstaat muss als Schnittstelle zwischen Markt, Familie und Staat verstanden werden
-Dekommodifizierung: das Maß, in dem Verteilungsfragen vom Markt entkoppelt sind. Frage: wie abhängig sind Individuen vom Markt? Gibt es eine Armenhilfe, die ausreichend und nicht stigmatisiert ist? Soziale Rechte als Dekommodifizierung, also für eine Verringerung der Abhängigkeit
o Minimalistische Definition: Menschen müssen ohne Einkommens- oder Arbeitsplatzverlust aus diesem ausscheiden dürfen, egal ob aus gesundheitlichen, familiären, altersbedingten oder Weiterbildungsgründen
o Im Modell der Sozialfürsorge muss die Bedürftigkeit nachgewiesen werden und die Leistungen sind eher gering, dadurch entsteht nur ein geringer dekommodifizierender Effekt
o Im Modell der Zwangsversicherung sind die Leistungen von den vorherigen Beiträgen abhängig, dadurch gibt es so gut wie keinen dekommodifizierenden Effekt
o Im universalistischen Modell gibt es keine Abhängigkeit von vorherigen Beiträgen und dadurch aber auch oft nur sehr geringe Leistungen, sodass keine wirkliche Dekommodifizierung stattfindet
-Stratifizierung=Schichtung: Aufgliederung der Gesellschaft in verschiedene Gruppen, Wohlfahrtsstaat ist ein eigenständiges System zur Ordnung sozialer Beziehungsmuster
o Beispiel für Stratifizierung: Beamtenstatus, die die dem Staat treue sind werden belohnt
o Das Modell der Sozialfürsorge (oder Armenhilfe) verfolgt die Absicht zu stratifizieren, denn sie bestraft und stigmatisiert Empfänger:innen von Sozialleistungen
o Das Sozialversicherungsmodell verfolgt zwei Stratifizierungsziele: unterschiedliche Programme für verschiedene Gruppen und Bindung and den Staat als Versicherer
o Das universalistische Modell fördert die Statusgleichheit und strebt Solidarität zwischen den Klassen an
-Zwei Methoden werden vorgestellt: Makro-quantitative Policy-Forschung, Qualitativ vergleichende Policy Forschung
o Je höher das Wohlstandsniveau eines Landes ist, desto höher ist die Sozialleistungsquote: Begründung über wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, wohlfahrstaatliche Maßnahmen sind als Reaktion auf bestehende Problemlagen wie Arbeitslosigkeit zu verstehen.
o Je stärker das bürgerliche Lager in einem Land ist, desto geringer ist die Sozialleistungsquote: rückt politische Akteure und ihre Präferenzen in den Mittelpunkt, sozialdemokratische und linke Parteien favorisieren einen umfassenden Wohlfahrtsstaat, während liberale und bürgerliche Parteien eher marktförmige Lösungen bevorzugen
o Je größer die Zahl der Vetopunkte in einem Land ist, desto geringer sollte die Sozialleistungsquote sein: politische Institutionen beeinflussen Handeln. Je stärker die Macht auf viele Akteure verteilt ist, desto schwieriger ist es den Status Quo zu ändern
o Je früher der Sozialstaat konsolidiert wurde, desto höher ist die Sozialleistungsquote: Policy Entscheidungen unterliegen Pfadabhängigkeiten
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