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Politische Ökonomie des Wohlfahrtsstaates

TS
by Tim S.

Wie beurteilt Esping-Andersen den Wohlfahrtsstaat? Gehen Sie dabei auch auf seine drei polit-ökonomischen Ansätze, Kritik an Korpi und die Bedeutung von politischen Koalitionen ein.


-Wohlfahrtsstaatsregime (Esping-Andersen)

o   “Mehr als nur ein Menü von Leistungen”: Der Wohlfahrtsstaat ist eine “einzigartige historische Konstruktion.”

o   Arbeitsteilung zwischen Staat, Markt & Familie in der sozialen Sicherung

-Esping-Andersen unterscheidet drei polit-ökonomische Ansätze

o   System-strukturalistische Ansatz (funktionalistisch): Logik der Industrialisierung (Wilensky), Neo-Marxismus (O‘Connor) = Logik des Kapitalismus (Kritik E-A: keine Akteure)

o   Demokratiethese: Staatsbürgerrechte, Parteinwettbewerb (Kritik E-A: Einflüsse vor der Schaffung demokratischer Strukturen)

o   Machtressourcentheorie: Klassenmobilisierungsthese; (Kritik E.-A: Korpi unterschätzt Einfluss anderer Gruppen: Konservative Parteien, Bauern, Mittelklasse, Macht nicht-linker; Koalitionsbildung; schwedenzentriert

-Der Ansatz von Esping-Andersen: Politische Koalitionen

o   Kritik an Korpi: „Die tatsächliche historische Ausprägung kollektiven Handelns der Arbeiterklasse wird ganz unterschiedlich sein, ebenso wie deren Ziele und politischen Ressourcen

o   Soziale Klassen als politische Akteure, wie Korpi, aber es gibt auch Bauern und die Mittelklasse und nicht nur die Arbeiter, die Parteien gründen und evtl. mit der Arbeiterbewegung koalieren.

o   Nur Machtressourcen der Gewerkschaften greift zu kurz, da

§  Unterschiedliche Gewerkschafts-Typen, unterschiedliche sozialpolitische Strategien: Berufsgewerkschaften (Beispiel: Dänemark) / Industriegewerkschaften (Beispiel: Deutschland) / Religiöse Gewerkschaften (Beispiel: Niederlande)

§  Mittelklasse & Bauern auch eine politische Interessengruppe

§  Arbeiterbewegung ist nicht „automatisch“ sozialistisch (Religion und andere Ideen)

§  Sozialdemokratie muss Koalitionen bilden (Mittelklasse, Bauern): „Rot-grüne“ Allianzen

In welche drei Welten unterscheidet Esping-Andersen? Welche zwei maßgeblichen Indizes nutzt er hier? Erläutern Sie diese.


-3 Welten: Liberal, Konservativ/Korporatistisch, Sozialdemokratisch

-Zwei Dimensionen für Typologie: De-Kommodifizierung & Stratifizierung

o   “De-Kommodifizierung kann sich entweder auf erbrachte Dienste oder den Status einer Person beziehen, aber in jedem Fall steht sie für das Maß, in dem Verteilungsfragen vom Marktmechanismus entkoppelt sind.” (36)

§  misst die Unabhängigkeit der sozialen Sicherheit des Einzelnen vom Markt


o   Stratifzierung: “Der Wohlfahrtsstaat ist nicht allein ein Instrument zur Beeinflussung und gegebenenfalls Korrektur der gesellschaftlichen Ungleichheitsstruktur. Er stellt vielmehr ein eigenständiges System der Stratifizierung dar, indem er in aktiver und direkter Weise soziale Beziehungsmuster ordnet.” (39)

§  misst, inwieweit die soziale Sicherung nach gesellschaftlichen Gruppen segmentiert ist

§  „Korporatismus“: Anzahl der beruflich organisierten Altersvorsorgesysteme: (Angestellte, Arbeiter …)

§  Etatismus: Pensionsausgaben für Regierungsangestellte (Beamte)

§  Bedürftigkeitsgeprüfte Armenhilfe: Ausgaben in % der öffentlichen Sozialausgaben

§  Private Pensionsausgaben: in % Gesamtausgaben

§  Private Gesundheitsausgaben: in % Gesamtausgaben

§  Durchschnittlicher „Universalismus“: Versicherungsgrad der Bevölkerung

§  Durchschnittliche Leistungsgleichheit: Differenz zwischen maximaler Leistung und der durchschnittlichen Leistung

Beschreiben Sie die drei Welten, die jeweilige Ausprägung der Indizes und geben Sie Beispiele.


-Liberales Regime: Kaum Dekomm., hohe Stratif.

o bedarfsgeprüfte Sozialfürsorge, niedrige universelle Transferleistungen und wenig weitreichende Sozialversicherungsprogramme, Stigmatisierung von Empfänger:innen von Sozialleistungen, private Altersvorsorge, Armutsvermeidung. (Australien, USA, CAN, UK, (JAP), (Schweiz))

-Konservatives (Korporatistisches) Regime: Mittlere Dekomm., hoch Stratif.

o   Sozialversicherung, Äquivalenzprinzip, Familie, Korporative Akteure (Sozialpartner, berufsständische Organisationen, Wohlfahrtsverbände), Erhalt von Schichten, Bindung an Erwerbsarbeit, typischerweise von Kirche beeinflusst (fördern traditionelle Rollenbilder), private Versicherungen und betriebliche Zusatzleistungen spielen nur marginale Rolle, Umverteilungseffekte des Systems gering (Österreich, Belgien, (Niederlande), Deutschland, (Frankreich), Italien, (Irland))

-Sozialdemokratisches Regime: Hohe Dekomm., niedrige Stratif.

o   Steuerfinanzierte, generöse, pauschale staatliche Sozialleistungen; Staatsbürgerstatus: Zugang zu sozialen Rechten, Universalismus und Dekommodifizierung auch auf die Mittelschicht ausgedehnt, Idee: Gleichheit auf höchstem Niveau und nicht Befriedigung von Mindestbedürfnissen, alle profitieren und sind abhängig, oftmals hohe Steuern, die stark umverteilen, familiäre Kosten wie Bildung werden vergesellschaftet (Schweden, Norwegen, Dänemark)

==>Es gibt generell kaum „Reintypen“. Die meisten Länder verbinden Maßnahmen aus allen drei Kategorien.

LF: Erläutern Sie, was Esping Andersen unter einem „Wohlfahrtsstaat“ versteht und was er mit „Dekommodifizierung“ und „Stratifizierung“ meint.


-Gängige Lehrbuchdefinition: Verantwortung des Staates für die Sicherung eines Mindestmaßes an Wohlfahrt für die Bürger:innen

o   Quantitative Definition: Sozialausgaben des Staates (für was oder wen?)

o   Qualitative Definition: Fokus auf Sozialprogramme und theoretische Einbettung anhand von Idealtypen

o   Soziale Staatsbürgerschaft als zentrale Idee, also die Gewährung von sozialen Rechten

o   Wohlfahrtsstaat muss als Schnittstelle zwischen Markt, Familie und Staat verstanden werden

-Dekommodifizierung: das Maß, in dem Verteilungsfragen vom Markt entkoppelt sind. Frage: wie abhängig sind Individuen vom Markt? Gibt es eine Armenhilfe, die ausreichend und nicht stigmatisiert ist? Soziale Rechte als Dekommodifizierung, also für eine Verringerung der Abhängigkeit

o   Minimalistische Definition: Menschen müssen ohne Einkommens- oder Arbeitsplatzverlust aus diesem ausscheiden dürfen, egal ob aus gesundheitlichen, familiären, altersbedingten oder Weiterbildungsgründen

o   Im Modell der Sozialfürsorge muss die Bedürftigkeit nachgewiesen werden und die Leistungen sind eher gering, dadurch entsteht nur ein geringer dekommodifizierender Effekt

o   Im Modell der Zwangsversicherung sind die Leistungen von den vorherigen Beiträgen abhängig, dadurch gibt es so gut wie keinen dekommodifizierenden Effekt

o   Im universalistischen Modell gibt es keine Abhängigkeit von vorherigen Beiträgen und dadurch aber auch oft nur sehr geringe Leistungen, sodass keine wirkliche Dekommodifizierung stattfindet

-Stratifizierung=Schichtung: Aufgliederung der Gesellschaft in verschiedene Gruppen, Wohlfahrtsstaat ist ein eigenständiges System zur Ordnung sozialer Beziehungsmuster

o   Beispiel für Stratifizierung: Beamtenstatus, die die dem Staat treue sind werden belohnt

o   Das Modell der Sozialfürsorge (oder Armenhilfe) verfolgt die Absicht zu stratifizieren, denn sie bestraft und stigmatisiert Empfänger:innen von Sozialleistungen

o   Das Sozialversicherungsmodell verfolgt zwei Stratifizierungsziele: unterschiedliche Programme für verschiedene Gruppen und Bindung and den Staat als Versicherer

o   Das universalistische Modell fördert die Statusgleichheit und strebt Solidarität zwischen den Klassen an

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Tim S.

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