Buffl

Finanzialisierung und Finanzmarktkapitalismus

TS
by Tim S.

Skizzieren Sie die Geschichte der Deregulierung der Finanzmärkte und der Finanzmarktintegration. Gehen Sie dabei auch auf das Shareholder-Value-Konzept, die Geldpolitik und die Digitalisierung ein.


-Deregulierung der Finanzmärkte & Finanzmarktintegration

o   Aufgabe fester Wechselkurse(Zusammenbruch Bretton-Woods System 1973)

§  Führendes Währungssystem nach dem 2. WK mit dem US-Dollar als Anker, d.h. dieser gab einen Standard vor und andere Währungen konnten in den Dollar umgetauscht werden

o   Deregulierung & Liberalisierung der Finanzmärkte (USA: “May Day” (1975), Gramm-Leach- Bliley Act (1999), UK: “Big Bang” (1986), EU: EMU (1990-), FSAP (1999), MiFID I (2004), CMU, GER: Finanzmarktfördergesetze (e.g.1990, 2002))

§  Bspw. wird unter Thatcher somit die Börse in London zu einem großen Finanzplatz ausgebaut

o   Macht der Finanzindustrie wird ausgebaut

o   „Accommodating“ Geldpolitik: Niedrige Zinsen der FED und anderer Zentralbanken: Zugang zu immensen Krediten ermöglichte die Entwickelung neuer finanzieller Vermögenswerte und Instrumente

o   Investmentbanking, neue Finanzmarktakteure (z.B. Hegdefonds, institutionelle Investoren), neue Finanzmarktinstrumente (z.B. Derivate, die zur Spekulation einladen)

o   Shareholder Value & Kapitalmarktorientierung der Unternehmen

§  Shareholder Value (Aktionärswert) ist der Marktwert des Eigenkapitals von Unternehmen

§  Die Bewertung des Unternehmens an der Börse wird anhand freier Cashflows ermittelt

§  Der Vermögenswert eines Anteilseigners/Aktionärs wird aus dem Kurswert der Aktie mit der Anzahl an Aktien multipliziert

§  Manager werden mit Aktien o.ä. am Gewinn der Firmen beteiligt

o   Digitalisierung der Wirtschaft und Privatisierung der Telekommunikation: Beschleunigung und Internationalisierung des Handels von Finanzprodukten bringt auch neue Technologien und Ideen

Wie lässt sich mit Schulden Geld verdienen? Bspw. mit Derivaten, Anleihen, o.Ä.? Welche Rolle spielen diese Schuldscheine? Spielt dabei der Unterschied zwischen Staats- oder Privathaushalt eine Rolle?


o   Durch den Kauf einer Anleihe (Schuldscheinen – aber im öffentlichen/staatlichen Sinne) – für diese bekommt man nach einer gewissen Laufzeit das Geld zurück – mit Zinsen

o   oder man verkauft diese Papiere noch während der Laufzeit – der Preis ändert sich abhängig von den Zinsen und der Kreditwürdigkeit des jeweiligen Staates

o   Man kann aber auch Papiere verkaufen die ich noch gar nicht besitze (spekulative Termingeschäfte) – nämlich zu einem Termin in bestimmter Zukunft – der Betrag wird aber heute festgesetzt – sinkt oder steigt der Wert während dieser Zeit habe ich je nach dem Verlust oder Gewinn gemacht (Derivate)

§  wenn das viele machen, wird der Preis einer Staatsanleihe gedrückt – und kann somit zu einer self-fulfilling-prophecy werden, die nur noch fällt – kann Staaten in Zahlungsprobleme bringen

o   Staatsanleihen werden meist gekauft von Versicherungen / Kapitalsammelstellen (d.h. Vermittler von Kapital zwischen Anlegern und Kreditnehmern) / Großanlegern

o  Staatsanleihen aber auch große Funktion für das Finanzsystem

§  Wenn Banken sich im Interbankenhandel untereinander Geld leihen, kommt es zu Collateral Agreements – Kredit- und Sicherheitsvereinbarungen (für Risikopositionen) – deren Pfand sind häufig Staatsanleihen

§  Wenn Handelbarkeit der Anleihen eingeschränkt – kommt auch dieses System ins Stocken

§  Wenn ein Staat nun keine Schulden mehr hätte, gäbe es auch keine Staatsanleihen mehr, was dem Finanzsystem des Staates Probleme bereiten würde

-Unterschiede zwischen Staats- und Privathaushalt – der Staat stirbt nicht, d.h. er vererbt keine Schulden weiter o.Ä. und kann deswegen viel mehr machen, muss sie nicht wirklich zurückzahlen, bzw. nimmt neue auf und zahlt alte ab

Skizzieren Sie den Verlauf der Subprime-Krise 2008.


-Überhitzter Immobilienmarkt USA – Spekulationsblase

o   Für immer höhere Preise kaufen immer mehr Leute Häuser – und zwar mit ungedeckten Krediten

-Neue Geschäftsmodelle von US-Finanzinstituten

o   Kredite ohne Deckung, etc.

-Anstieg der Zinsen -> Hohe Ausfallraten bei Kreditrückzahlungen

o   Immer mehr Kredite können gar nicht zurückgezahlt werden und es kommt zu Zahlungsausfällen und Kapitalverlust ==> Geld mit dem gehandelt wurde, ist gar nicht da

-Subprime-Kredit-Krise (Zusammenbruch des Hypothekenmarktes USA) – Ursachen:

o   Kreditnehmer mit geringer Bonität (können sie eigentlich gar nicht zurückzahlen) bekamen von US-Banken Hypotheken zum Häuserkauf („Subprime“-Kredite): “Ninja loans” (no income, no job, no assets)

o   Niedrigzinspolitik der Federal Reserve (Fed) seit 2001, aber Hypotheken mit variablen Zinssätzen (Adjustable Rate Mortgages)

§  Variable Zinsen, d.h. Zinsen orientieren sich am Leitzins und seinem Stand

o   Verbriefung: Special Purpose Vehicles (SPVs=Zweckgesellschaften) der Banken bildeten Tranchen, verbrieften und verkauften Kredite als Wertpapiere an institutionelle Investoren. Mit den SPVs der Banken verschwinden die (toxischen) Wertpapiere & Risken aus den Bilanzen der Banken!

§  SPV sind Organisationen, die zwar mit Banken verbunden sind (und auch überlebenswichtig sind), aber nicht der Bankenaufsicht unterliegen

o   Starker Anstieg von Zinsausfällen nach Anhebung der Zinsen seit 2005 (weil Kredite mit variablen Zinsen & Kreditnehmer mit Anstieg der Zinskosten nicht mehr Kredite zahlten) – Kreditnehmer können ihre Kredite nicht mehr zurückzahlen, was zu noch mehr Vermögensausfällen bei den Banken führt

o   2007-2010 US-Kredite und Wertpapiere hatten einen Wertverlust von ca. 4 Bio US-Dollar

-Liquiditätskrise & Zusammenbrüche der Banken:

o   Lehman Brothers, IKB, Sachsen LB, HRE, WestLB, Bayerische Landesbank …

LF: Welches sind die wesentlichen Erkenntnisse der Finanzialisierungsforschung in den folgenden drei Bereichen:

a) Finanzialisierung als Akkumulationsregime

b) Finanzialisierung als Veränderung von Unternehmensstrategien

c) Finanzialisierung des “Alltags“?


a) Finanzialisierung als Akkumulationsregime

-Profite vom Finanzmarkt abhängig (kommen aus Finanzkanälen) – weg von der Produktionswirtschaft, hin zur Investitionswirtschaft – gilt auch vermehrt für frühere Produktionsunternehmen – immer größer werdender Anteil am BIP

o   Produktivität geht zurück

-Führt zu größerer Ungleichheit und Instabilität – profitieren tun die mit mehr Kapital, die dieses auch auf dem Finanzmarkt investieren können – die mit weniger Kapital werden von diesem System ausgeschlossen

-Unternehmen wachsen, kaufen Konkurrenten auf und erhögen wiederum Gewinne ==> Kreislauf

==> Makroperspektive

b) Finanzialisierung als Veränderung von Unternehmensstrategien

-Produktionsunternehmen ändern ihre Strategie und konzentrieren sich mehr auf den Finanzmarkt – weniger Realproduktion, mehr Finanzwirtschaft

-Mehr Shareholder-Aktien-Modell als Stakeholder-Modell

o   Prinzipal-Agenten-Modell – Aktionäre als Prinzipale und Manager als Agenten zur Gewinnoptimierung – werden an diesem dann auch beteiligt

o   Die finanziellen Profite werden nicht in produktive Kanäle investiert, sondern als Boni an Shareholder ausgezahlt ==> Kurzfristiger Planungshorizont

-Macht liegt eher bei Aktionären als bei Mitarbeitern

-Ausrichtung auf kurzfristige Gewinnne

==> Weniger Wert wird auf Lohn, Kündigungsschutz oder gute Arbeitsbedingungen gelegt – kommt zunehmend zu Outsourcing, Produktion im Inland wird zu teuer – zu Lasten der Stakeholder also

==> Mesoperspektive

c) Finanzialisierung des Alltags

-Immer mehr Privatpersonen auf dem Finanzmarkt aktiv

-Risiko einer Verschuldung und damit Abhängigkeit vom Finanzmarkt

-Neue Finanzialisierungsmodelle und Finanzprodukte – Bsp. die private Zusatzrentenversicherung

-Kann aber auch Chancen bieten – einfacher Zugang mit viel potentieller finanzieller Sicherheit

o   Menschen neigen immer mehr zu risikoreicheren Investitionen – Gefahr für Laien

-Zahlungsmöglichkeiten wie Kreditkarte oder PayPal

-Teilweise Rückzug des Wohlfahrtsstaates – darum mehr Einstiege in den Finanzmarkt (siehe oben)

==> Mikroperspektive

Author

Tim S.

Information

Last changed