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Lektion 3.1 Begriff & Gegenstand der Prozesskostenrechnung
Prozesskostenrechnung = VKR, die die Verteilung der Gemeinkosten am
Leistungserstellungprozess ausrichtet
Gründe für die Entstehung der Prozesskostenrechnung
- Reaktion auf Veränderungen der letzten Jahrzehnte in betrieblicher Leistungserstellung & Wertschöpfung + dem damit verbundenen Wandel der Kostenstrukturen in vielen UN
- Produktionsfaktor "Arbeit" wurde durch im Produktionsvermögen gebundenes Kapital ersetzt
Zunehmende Kapitalintensität -> Veränderung der Kostenstruktur
- Einzelkosten ( zb Fertigungslöhne) verlieren ihre Bedeutung zugunsten von Gemeinkosten (zb Abschreibungen auf vermögensgegenstände)
Personalkosten fallen weniger als Fertigungsöhne (Einzelkosten) an
- zunehmend im Bereich der Einrichtung, Planung, Steuerung, Überwachung der komplexer werdenden Produktion (Gemeinkosten)
technologische Entwicklungen = ermöglichen deutlich flexiblere Fertigung der Produkte, von kunden gefordert
- Unterschiedliche Produkte/Varianten können qualitativ hochwertig & vergleichsweise kostengünstig hergestellt werden
- Allerdings höhere Anforderungen an Steuerung des Materialflusses, Auftragsabwicklung, Marketing- und Vertriebsaktivitäten, Qualitätsmanagement
- -> für diese Anforderungen wächst Gemeinkostenanteil
Durch Anstieg der Gemeinkosten verändert sich Kostenstruktur
herkömmlichen KLR —> Auswirkungen auf Aussagekraft
- Insbesondere für Ausrichtung der VKR an unterstellter Korrelation zwischen Gemeinkosten & deren kostenstellenspezifischen Schlüsseln auf Einzelkosten (besonders in stark abnehmenden Fertiungseinzelkosten)
- Gleiches gilt für Zuschlagskalkulation in Kostenträgerrechnung (welche Verwaltungs- und Vertriebskosten auf Herstellkosten bezieht) —> Zusammenhang lässt sich nicht sachlich/logisch beweisen
- Folgen = falsche Preissignale, daraus resultierende Managementfehler bzgl strategischer Ausrichtung auf Produkt- und Unebene
Deckungsbeitragsrechnung ebenfalls keine Antwort auf steigende Gemeinkosten
- Werden in einstufiger Deckungsbeitragsrechnung nicht zugerechnet
- Werden in mehrstufiger " sehr undifferenziert zugerechnet
Idee der Prozesskostenrechnung
- In USA "activity based costing " oder "Cost Driver accounting", in zweiter Hälfte 80er entwickelt
- Ergänzt Systeme der Kostenrechnung
- Kosten werden den Kostenträgern zugerechnet (Einordnung: Vollkostenrechnung)
- Setzt Kostenarten- und kostenstellenrechnung Voraus
- Unterschied: differenzierte Betrachtung der Gemeinkostenschlüsselung, soll hier verursachungsgerecht erfolgen
Grundgedanke = Abkehr von ausschließlichen Volumentierung
- Alle Bezugsgrößen sind Volumengrößen in traditioneller KLR (materialmengen, Löhne, Gehälter, Roh- Hilfsbetriebstoffe, Arbeitsstunden, maschinenstunden) -> gemessen in Geldbeträgen, Gewicht, Energieverbrauch
Betriebliches Geschehen wird als Verkettung einzelner Tätigkeiten & Prozessen betrachtet
- Bezugsgrößen = die Anzahl der bearbeiteten Vorgänge!
- Voraussetzung = das Vorliegen repetitiver Prozesse (gleichförmige, wiederkehrende Tätigkeiten)
- Sollten geringen Entscheidungsspielraum + hohe Standardisierung haben (materialwirtschaft, Logistik, Fertigung, Vorbereitung, Auftragsabwicklung...) die Aussagekraft erhöht sich bzw. der Nutzen bei —> hohen Gemeinkostenanteilen, bislang geringer Kostentransparenz und unterschiedlicher Res- sourceninanspruchnahme durch verschiedene Produkte
Ziele der Prozesskostenrechnung
- Kostenrechnung soll durch verursachungsgerechtere Verrechnung genauer werden
- Bessere Kontrolle des Ressourceneinsatzes in Kostenstellen ermöglichen
- Soll bessere markt- und kundenorientierte Kostenbeurteilung erlauben
- Durch erhöhte Kostentransparenz gezielte Rationalisierungsmaßnahmen fördern
Vorgehen der Prozesskostenrechnung
1. Ermittlung der Prozesse und Prozessgrößen
2. Prozesskostenrechnung in der Kostenstellenrechnung
3. Prozessorientierte Kalkulation im Rahmen der Kostenträgerstückrechnung
Schritt der Prozesskostenrechnung
3.2 Ermittlung der Prozesse und Prozessg
- erster Schritt = Ermittlung der Prozesse und Prozessgrößen, erfolgt in Teilschritten
• Ermittlung der Prozesse
• Zusammenfassung zu Hauptprozessen
• Ermittlung der Kostentreiber (Prozessgrößen)
• Bestimmung der Prozessmengen
Ermittlung der Prozesse
- Ausgangspunkt = Ableitung von Hypothesen über mögliche Hauptprozesse/Kostentreiber, fördert gezielteres Vorgehen
- Im Rahmen der Tätigkeitsanalyse (Auswertung vorhandener Unterlagen, strukturierte Datenerhebung über Formulare, Interviews) wird erhoben:
Welche Tätigkeiten in Kostenstellen ablaufen und welche Ressourcen benötigt werden
Tätigkeit = Die kleinste erfassbare und abgrenzbare Einheit von kostenstellenbezogenen Arbeitsvorgängen wird Tätigkeit genannt zB = "Ware annehmen" "Eingabe Liefermenge" "Wareneingangsbestätigung" "Weiterleitung der Ware"
Aus sachlich zusammenhängenden Tätigkeiten wird dann ein Teilprozess gebildet. z.B = Wareneingang
Ein Teilprozess ist einer Kostenstelle eindeutig zugeordnet
von Leistungmenge direkt beeinflusst
- Leistungmengeninduzierte (lmi-)Prozesse
von Leistungmen nicht beeinflusst
- Leistungsmengenneutrale (lmn-)Prozesse
- Unterstützende Handlungen für lmi-Prozesse
- Treten auf mit
wachsender organisatorischer Distanz zum Fertigungsbereich (Pförtner)
hierarchischer Höhe (Abteilung leiten, Mitarbeiter steuern/beurteilen)
Hauptprozesse
- kostenstellenübergreifende Zusammenfassung von Teilprozessen
TP 11, TP 12 -> 1
hauptprozess
TP 14, TP 15 -> 2
hauptprozesse
TP 18 ->
Leistungsmengenneutral,
lmn, nicht zuordenbar
BSP =
1 Hauptprozess "Material beschaffen" könnte aus Teilprozessen "Material einkaufen" (Kostenstelle Einkauf), "Waren annehmen" (KS Wareneingang), "Eingangsprüfung für Material durchführen" (KS Qualitätssicherung) "Material lagern" (KS Lager) bestehen
Ermittlung der Kostentreiber
- Für jeden Hauptprozess Bezugsgrößen ermitteln, die seine Kosten verursachen (=Kostentreiber)
- Zentrale Größe der Prozesskostenrechnung
- Wichtigste Aufgabe = Identifizierung, Qualifizierung, Quantifizierung der Kostentreiber
- Kostentreiber werden prozessorientiert identifiziert
- Keine wertmäßige Erfassung der Einzelkosten, sondern Anzahl der Prozesse interessant!
- Diese ist für entstehende Gemeinkosten ursächlich
Voraussetzungen für Kostentreiber/Prozessgrößen
• Einfache Ableitbarkeit aus vorhandenen Daten
• Proportionalität zur Beanspruchung der Ressourcen/Kosten
• Proportionalität zur Ausbringungsmenge an Produkten
• Transparenz und Verständlichkeit
-> Kostentreiber oftmals vielfältig
-> Heranziehung eines geeigneten KT je Hauptprozess ist ausreichend für strategische Fragen
-> Auch denkbar mit mehreren zu arbeiten, für genauere Kostenzuordnung
-> aber steigender Erfassungs- und Rechenaufwand
Bestimmung der Prozessmengen
- Prozessmenge ist einem Kostentreiber zuzurechnende, messbare Leistung
- Wird mit maximaler Kapazität beschrieben
- Während Prozessdurchlaufs jederzeit eine Maßeinheit für Auslastung des Prozesses vorhanden
Ermittlung der Prozessmenge
- Über entsprechende Messsysteme oder Zähler
- Bsp = Anzahl der Bestellposition als KT für Prozess "Material beschaffen" festlegt, muss
diese für Festlegung der Prozessmenge erfasst werden/erfasst worden sein
2 Schritt der Prozesskostenrechnung
3.3 Prozesskostenrechnung in der Kostenstellenrechnung
Zweiter Schritt der Prozesskostenrechnung
- Umfasst drei Teilschritte
• Erhebung der Prozesskosten
• Ermittlung der Prozesskostensätze
• Verrechnung Leistungsmengenneutraler Kosten
Erhebung der Prozesskosten
2Schritt der Prozesskostenrechnung
- alle Kosten, die verursachungsgerecht mit Prozess verknüpft sind
- Personalkosten, Energiekosten, Raumkosten, kalkulatorische Abschreibungen und Zinsen
von genutzten Anlagen
- aus Betriebsabrechnungsbogen (BAB)
Ermittlung der Prozesskostensätze
(+ Interpretieren )
Ermittlung der Prozesskostensätze (BSP S.53)
-> wenn auf Teilprozessebene Kostentreiber herangezogen werden
-> durchs. Kosten für 1x Durchführung eines Teilprozesses
Prozesskostenätze haben 2 Funktionen
- 1 = Bewertungsmaßstab im Rahmen der Kalkulation (kostenträgerrechnung)
- Für verursachungsgerecht Zuordnung der Gemeinkosten auf Kostenträger der Prozessbeanspruchung durch Kostenträger genutzt
- 2 = Es können Kennzahlen zur besseren Kostenkontrolle in den indirekten Bereichen aufgebaut/eingesetzt werden
- Erlauben Produktivitätsanalyse der betriebsinternen Aktivitäten, es gilt:
-> hiermit können Notwendigkeit/Wirtschaftlichkeit von Aktivitäten für die Leistungserbringung hinterfragt UND Ansatzpunkte zur Prozessverbesserung identifiziert werden
Verrechnung leistunsmengenneutraler Kosten (=Restgemeinkosten)
- Für lmi-Prozesse werden Prozesskostensätze über Prozessmenge gebildet, nicht für lmn!
- 2 Ansätze für Verrechnung der Restgemeinkosten:
• Verrechnung erfolgt über eigene Kalkulationsätze, meist % Zuschlagssätze auf Kostenträger (möglichst geeignete, aber willkürliche Bezugsgröße wird verwendet)
• Eine zur Höhe der lmn Prozesskosten proportionale Verrechnung wird vorgenommen (lmnZuschlagssatz ermitteln, es ergibt sich = lmi-Prozesskostensatz & Gesamtprozesskostensatz)
- 1. Ansatz vorteil = unverfälschte Kosteninformation der lmi-Prozesse
- Nachteil = willkürliche Festlegung der Zuschlagssätze
- 2. Ansatz vorteil = leichte Anwendung
- Nachteil = willkürlich unterstellte Proportionalität von lmn- zu lmi-Prozesskosten
3Schritt der Prozesskostenrechnung
3.4 Kalkulation mit der Prozesskostenrechnung
Letzter Schritt -> Kalkulation im Rahmen der Kostenträgerstückrechnung
- Keine Gemeinkostenverrechnung über Gemeinkostenzuschlagssätze, sondern für Rechnung über Prozesskostensätze
- Ermitteln, welche Leistungen/Produkte welche Prozesse wie oft pro Stück/Leistung Einheit beanspruchen -> Zusammenhang wird über die identifizierten Kostentreiber hergestellt
Prozessorientierte Kalkulation
- wird bsp für alle Prozesse durchgeführt und Verrechnung der Restgemeinkosten vorgenommen, können Selbstkosten pro Stück folglich ermittelt werden (sofern RGK über eigene Zuschlagssätze verrechnet werden) !
-> Bei Wahl der proportionalen Verrechnung der Kosten für lmn-prozesse = entfällt Verrechnung der RGK ! Weil lmn- Prozesskosten bereits im Gesamtprozesskostensatz berücksichtigt werden
Effekte
3.5 Aussagekraft der Prozesskostenrechnung
Information Vorteile lassen sich mit drei Effekten beschreiben
Allokationseffekt: Gemeinkosten werden bei Prozesskostenrechnung den Kostenträgern nach tatsächlicher Inanspruchnahme betrieblicher Ressourcen zugeordnet
• werden nicht in Abhängigkeit von Entwicklung der Einzelkosten errechnet
Komplexitätseffekt: indem mehr Tätigkeiten definiert/aufgezeichnet werden kann bei Prozesskostenrechnung höhere Produktkomplexität bei Zurechnung der Gemeinkosten berücksichtigt werden
Degressionseffekt: prozesskostenkalkulation ermöglicht durch Betrachtung der tatsächlichen Kosten einzelner Vorgänge:
• dass bei steigender Menge die Prozesskosten pro Stück sinken!
• dass bei sinkender Menge die Prozesskosten pro Stück steigen!
• Während bei traditioneller Kostenrechnung die Gemeinkosten pro Stück aufgrund proportionaler Zurechnung Konstanz sind!
Beurteilung der Prozesskostenrechnung
- Vorteil = verursachungsgerechte Verrechnung derjenigen Gemeinkostenanteile, die eindeutig über Aktivitäten, Teilprozesse und Hauptprozesse zuzuordnen sind
- Alle anderen Einschränkungen der Vollkostenrechnung bleiben bestehen
- Spaltung der akademischen Welt in absolute Befürworter und starke Skeptiker -> komplettes absprechen eines Innovationcharakters der Prozesskostenrechnung
- Prozesskostenrechnung mit erheblichen Erfassungs- und Planungsaufwand verbunden
- Er stellt sich die Frage nach der allgemeinen Wirtschaftlichkeit der Anwendung
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