Inwieweit können Planungen mit dem Grundgesetz in Konflikt geraten. Nennen Sie drei verfassungsrechtliche Verbürgungen, im Hinblick auf die eine Planung Probleme bereiten kann und skizzieren Sie einen praktischen Anwendungsfall.
Planungen können Freiheit/Eigentum beeinträchtigen und insofern gegen Grundrechte verstoßen.
Das Prinzip der Gewaltenteilung ist tangiert, wenn es zu verfassungsrechtlich nicht mehr gerechtfertigten Kompetenzeinbußen des Parlaments ggü. der planenden Exekutive kommt bzw. durch objektbezogene Legalplanung der Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung verletzt wird.
Die GG-Kompetenzordnung/kommunale Selbstverwaltungsgarantie sind berührt, wenn ein Planungsträger seine GG-Zuständigkeiten überschreitet und dadurch zugleich die verfassungsrechtlich verbürgte Kompetenz anderer Planungsträger verletzt.
Praktisch relevant werden die GG-Grenzen der Planung bspw. wenn ein betroffener Grundeigentümer sich gegen den PFB für die Errichtung/Betrieb einer 380-kV-Freileitung wehrt. Da diesem PFB eine enteignungsrechtliche Vorwirkung zukommt, kann der Grundstückseigentümer im Hinblick auf die Eigentumsgarantie des GG eine umfassende gerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle verlangen.
Die Gemeinde G möchte gerne eine Bike-and-Ride-Anlage in ihrem Flächennutzungsplan ausweisen. Sie findet jedoch kein entsprechendes Planzeichen in der Planzeichenverordnung. Was raten Sie ihr?
Bauleitpläne und mithin auch FNP brauchen nicht zwingend den Darstellungsformen der Planzeichen-VO zu folgen.
Der Gemeinde ist es unbenommen, ihre Darstellungsmittel selbst zu wählen, deshalb kann sie auch ein eigenes Planzeichen für Bike-and-Ride-Anlagen entwickeln.
Voraussetzung ist nur, dass das Planzeichen hinreichend bestimmt ist. Daher muss es in die Legende der Planurkunde aufgenommen werden
Kann in einem Mischgebiet gemäß 6 BauNVO eine Fleischwarenfabrik mit 400 Mitarbeitern angesiedelt werden?
Bei einer Fleischwarenfabrik mit 400 MA handelt es sich zwar um einen “sonstigen Gewerbebetrieb”, wie er nach § 6 Abs. 2 BauNVO in Mischgebieten grds. zulässig sein kann.
Allerdings ist schon allein wegen der hohen Mitarbeiterzahl von einem erheblichen Verkehrsaufkommen auszugehen.
Insofern handelt es sich nicht um einen Gewerbebetrieb, der das Wohnen nicht wesentlich stört. Damit entspricht der in Rede stehende Gewerbebetrieb nicht dem Gebietscharakter eines Mischgebiets im Sinne von § 6 Abs. 1 BauNVO. Die Fleischwarenfabrik mit 400 MA kann daher nicht in einem Mischgebiet angesiedelt werden
Um eine Wohnbebauung zu verhindern, will die Gemeinde durch Bebauungsplan eine öffentliche Grünfläche im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB festsetzen. Darf sie dies?
Ob die Gemeinde im geschilderten Fall eine öffentliche Grünfläche gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB festsetzen darf, hängt davon ab, ob es sich um eine
reine Verhinderungs-/Negativplanung handelt: wenn die Planung lediglich den Ausschluss der Wohnnutzung zum Ziel hat
oder wenn das geltend gemachte städtebauliche Motiv (bspw. Anlage eines öffentlichen Parks) lediglich vorgeschoben ist
Hingegen ist die in Rede stehende Festsetzung nicht schon deshalb als Verhinderungs-/Negativplanung rechtswidrig und nichtig, wenn ihr Hauptzweck in der Verhinderung der Wohnnutzung besteht – immer vorausgesetzt, dass
die Festsetzung als Grünfläche zumindest auch von einem tragfähigen städtebaulichen Beweggrund gedeckt ist, bspw. Freihaltung einer Freiluftschneise aus ökologischen Gründen
Weshalb bedarf es überhaupt eines Instrumentariums zur Sicherung der Bauleitplanung? Nennen Sie zwei Plansicherungsinstrumente.
Bevor ein Bauleitplan verabschiedet wird, geht häufig einige Zeit ins Land.
Es besteht daher die Gefahr, dass die angestrebten städtebaulichen Ziele vereitelt werden, weil auf Basis des noch geltenden Bauplanungsrechts Vorhaben realisiert werden, die den planerischen Absichten der Gemeinde zuwiderlaufen.
Um dies zu verhindern sieht das BauGB v.a. 2 Plansicherungsinstrumente vor:
Veränderungssperre: Gemeinde kann während des Verfahrens der Aufstellung eines B-Plans qua Satzung untersagen, dass Bauvorhaben im Plangebiet durchgeführt werden (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 BauGB).
Gemeinde veranlasst Baurechtsbehörde, die Entscheidung über die Zulassung eines Bauvorhabens im Einzelfall für einen Zeitraum bis zu 12 Monaten auszusetzen, wenn das fragliche Vorhaben die eingeleitete Bebauungsplanung wesentlich zu beeinträchtigen droht (§ 15 BauGB)
Weshalb handelt es sich bei einer großflächigen Werbung an einer Hauswand um eine bauliche Anlage, nicht aber bei einem kleinen, ebenfalls Werbezwecken dienenden Emailleschild am Hauseingang.
Unter einer baulichen Anlage gem. § 29 BauGB versteht man “eine auf Dauer mit dem Erdboden verbundene künstliche Anlage, die aus Baustoffen und Bauteilen hergestellt ist und planungsrechtliche Relevanz aufweist”
Sowohl bei der großflächigen Werbung als auch bei dem Emailleschild am Hauseingang handelt es sich um auf Dauer mit dem Erdboden verbundene künstliche Anlagen, die aus Baustoffen und Bauteilen hergestellt sind.
Dass die Erdbodenverbindung keine unmittelbare, sondern mittelbar ist, steht der Einordnung nicht entgegen.
Dass nur die großflächige Werbung an der Hauswand, nicht aber das kleine, ebenfalls Werbezwecken dienende Emailleschild am Hauseingang als bauliche Anlage zu qualifizieren ist, hängt demnach mit der 2. Begriffsvoraussetzung von “baulicher Anlage” gem. § 29 BauGB zusammen, nämlich der “planungsrechtlichen Relevanz”:
Während das kleine Emailleschild städtebaulich unerheblich ist, wirft die großflächige Werbung an einer Hauswand durchaus städtebauliche Fragen auf
B kann sein Bauvorhaben nicht verwirklichen, weil es dem aktuell gültigen Bebauungsplan widerspricht. Allerdings soll ein neuer Bebauungsplan erlassen werden, der sein Bauvorhaben ermöglicht. Wann kann B frühestens einen Bauantrag stellen?
Damit ein Vorhaben gem. § 29 BauGB gemäß § 33 Abs. 1 BauGB im Vorgriff auf einen künftigen B-Plan zugelassen werden kann, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
Beschluss über die Aufstellung eines B-Plans
formelle Planreife: wenn Öffentlichkeits-/Behördenbeteiligung ordnungsgemäß abgeschlossen wurde
materielle Planreife: dass der Inhalt des künftigen B-Plans hinreichend sicher prognostiziert werden kann, dieser Inhalt keinen durchgreifenden rechtlichen Zweifeln begegnet und das zuzulassende Vorhaben von den künftigen Festsetzungen gedeckt ist.
Antragsteller erkennt künftige Festsetzung des B-Plans für sich und seine Rechtsnachfolger schriftlich an
Erschließung des zu genehmigenden Vorhabens gesichert (wie bei Vorhaben nach §§ 30, 34 oder 35 BauGB)
Weshalb schreibt der Gesetzgeber für den Erlass seiner Entwicklungs-satzung gemäß § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB eine Beteiligung der (betroffenen) Öffentlichkeit vor, während er im Fall der Klarstellungssatzung gemäß § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 BauGB keinerlei Öffentlichkeitsbeteiligung vorsieht?
Die Begründung hierfür liegt darin, dass die Klarstellungssatzung nach überwiegender Auffassung die Grenze zwischen Außen-/Innenbereich lediglich entspr. der Grundsituation deklaratorisch wiedergibt,
wohingegen die Entwicklungssatzung den Innenbereich konstitutiv in den angrenzenden Außenbereich hinein fortentwickelt.
Da es nur bei der Entwicklungssatzung zu einer Änderung der bauplanungsrechtlichen Situation kommt, bedarf es auch nur in dieser Konstellation einer Beteiligung der Öffentlichkeit, wie sie auch sonst bei der Bauleitplanung (FNP, B-Plan) vorgesehen ist
Welches sind die Konsequenzen für die Beurteilung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit eines Vorhabens, wenn die Umgebungsbebauung des im unbeplanten Innenbereich liegenden Baugrundstücks ihrer Eigenart nach faktisch einem Mischgebiet im Sinne von § 6 BauNVO entspricht?
In diesem Fall beurteilt sich die Zulässigkeit gem.§ 34 Abs. 2 BauGB bzgl. der Art der baulichen Nutzung nicht nach dem aus der näheren Umgebung abzuleitenden „Rahmen“, sondern ausschließlich nach der BauNVO, hier: § 6.
Bzgl. des Nutzungsmaßes, Bauweise und Grundstücksüberbauung gilt weiterhin das Gebot des “Sich-Einfügens” gem. § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB
Welchem Zweck dient die Regelung des § 34 Abs. 3, wonach Bauvorhaben im unbeplanten Innenbereich „keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden“ erwarten lassen dürfen?
Zweck der Vorschrift ist es, “Fernwirkungen” von Einkaufszentren/großflächigen Einzelhandelsbetrieben auf die Versorgungsinfrastruktur der Gemeinde oder ihre Nachbargemeinden in die bauplanungsrechtliche Beurteilung von Vorhaben im unbeplanten Innenbereich einzubeziehen.
Denn durch das “Einfügungsgebot” des § 34 Abs. 1 werden diese nicht erfasst, da nur auf die nähere Umgebung abgestellt wird.
§ 34 Abs. 3 BauGB regelt, dass v.a. Einkaufszentren/Einzelhandelsbetriebe nicht realisiert werden dürfen, wenn die ausgehenden (Fern-)Wirkungen im Hinblick auf zentrale (Nah-)Versorgungsbereiche in der (Nachbar-)Gemeinde die Schädlichkeitsschwelle übersteigen
Was versteht man unter einem präventiven Verbot mit Erlaubnisvorbehalt und einem repressiven Verbot mit Befreiungsvorbehalt? Welcher Verbotskategorie ist der Genehmigungsvorbehalt des § 49 LBO BW zuzurechnen?
präventiven Verbot mit Erlaubnisvorbehalt: Gesetzgeber verbietet Verhaltensweisen; aber nicht, weil er diese für schädlich erachtet und sie daher unterbleiben sollen, sondern weil präventiv, seitens einer Behörde geprüft werden soll, ob die betreffende Verhaltensweise rechtmäßig ist.
Sofern die Vorab-Prüfung positiv ausfällt, ist die Erlaubnis zwingend zu erteilen. Man spricht auch von Kontrollerlaubnis
repressives Verbot mit Befreiungsvorbehalt: Gesetzgeber verbietet ein Verhalten, weil er es für sozial schädlich/unerwünscht erachtet; in Ausnahmekonstellationen soll eine Befreiung erteilt werden können. Man spricht dann von Ausnahmebewilligung
Ein Bauherr hat einen durch Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG Rechtsanspruch auf Erteilung der Baugenehmigung, wenn dem Vorhaben öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen. Damit handelt es sich bei § 49 LBO BW um ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt
Weshalb darf bei Vorhaben nach §§ 34 und 35 BauGB, nicht aber bei solchen gemäß § 30 Abs. 1 BauGB, die Baugenehmigung nur im Einvernehmen mit der Gemeinde erteilt werden?
Das Einvernehmensgebot des § 36 Abs. 1 BauGB dient dem Schutz der kommunalen Planungshoheit.
Es greift in all den Fällen, in denen die Gemeinde noch keine verbindliche planerische Entscheidung getroffen hat (§§ 34 und 35 BauGB) bzw. keine abschließende planerische Entscheidung der Gemeinde vorliegt (§ 30 Abs. 3 BauGB, § 33 BauGB).
Hieraus erschließt sich, weshalb bei Vorhaben gem. § 30 Abs. 1 BauGB die Baugenehmigung ohne Einvernehmen ergehen kann:
Hier hat die Gemeinde durch den Erlass des B-Plans von ihrer Planungshoheit bereits abschließend Gebrauch gemacht
Was ist einem Investor zu raten, wenn er nicht genau weiß, ob sich das von ihm geplante Innenbereichsbauvorhaben der Art nach tatsächlich in die Umgebungsbebauung einfügt?
Ihm ist zu raten, eine Bauvoranfrage zu stellen, um einen “Bauvorbescheid” gem. § 57 LBO zu erwirken, in dem vorab über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens gem. § 34 BauGB verbindlich entschieden wird.
Den Bauvorbescheid nennt man “Bebauungsgenehmigung”
Handelt es sich bei einem auskragenden, doppelseitig beschriebenen Werbeschild mit den Maßen 100cm (L), 90cm (H) und 2 cm (B) um ein verfahrensfreies Innenbereichsvorhaben?
Ob das Schild im Innenbereich als verfahrensfrei einzustufen ist, richtet sich nach § 50 Abs. 1 LBO i. V. m. Nr. 9 a) des Anhangs zu dieser Bestimmung. Danach dürfte die Ansichtsfläche maximal 1 qm betragen.
Insoweit kommt es in diesem Fall darauf an, ob als Ansichtsfläche das einfache Flächenmaß (Flächenausdehnung) oder Gesamtmaß aller werbewirksamen Flächen anzusetzen ist. Denn im letztgenannten Fall betrüge die Ansichtsfläche 3,6 qm, sodass keine Verfahrensfreiheit gegeben wäre.
Für diese Auffassung lässt sich der Wortlaut anführen: bei einem auskragenden Schild lassen sich durchaus beide Seiten als Ansichtsfläche verstehen
Für die Auffassung, die auf das einfache Flächenmaß abstellt, spricht der Sinn und Zweck der Norm: hiernach sollen v.a. Werbeanlagen, die eine bestimmte Größe überschreiten, unter Genehmigungsvorbehalt gestellt werden.
Da die Größe nur durch das einfache Flächenmaß bestimmt wird, streitet die teleologische Auslegung für die 1. Auffassung. Sie ist mit dem Wortlaut vereinbar, da als Ansichtsfläche auch die Fläche verstanden werden kann, die man aus einer bestimmten Perspektive sieht.
Damit sprechen die besseren Argumente dafür nur das einfache Flächenmaß als Ansichtsfläche gem. Nr. 9 a) des Anhangs zu § 50 Abs. 1 LBO einzustufen. Damit handelt es sich um ein verfahrensfreies Vorhaben
A hat auf seinem Innenbereichsgrundstück ohne vorherige Genehmigung ein 10 m langes, 3 m breites und 2,50 m hohes Gewächshaus mit der langen Seite auf die Grenze zum Nachbargrundstück gesetzt. Zu Recht?
Gem. § 50 Abs. 1 LBO BW i. V. m. Nr. 1 d) des Anhangs zu dieser Vorschrift sind im Innenbereich Gewächshäuser bis zur Höhe von 5 m verfahrensfrei, und zwar ohne Rücksicht auf die in Anspruch genommene Grundfläche und auch im Falle einer nicht-landwirtschaftlichen Nutzung. Insofern war das Vorhaben des A nicht genehmigungspflichtig.
A kann sich nicht auf die Sonderregelung des § 6 LBO BW berufen. Zwar erfüllt das Gewächshaus § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 LBO BW, weil die Wandhöhe 2,5 m nicht übersteigt und die Wandfläche exakt 25 qm beträgt. Jedoch überschreitet die Grenzbebauung entlang der Nachbargrenze 9 m, sodass nach § 6 Abs. 1 Satz 3 LBO BW die Sonderfallregelung des § 6 Abs. 1 LBO BW nicht greift.
Nach der allg. Abstandsflächenregelung des § 5 Abs. 7 S. 1 Nr. 1 LBO BW müsste eine Abstandsfläche von 1 m eingehalten werden; es greift aber die Mindestvorschrift des § 5 Abs. 7 Satz 2 LBO BW, so dass eine Abstandsfläche von 2,5 m gilt
Welche Bedeutung hat die Ermächtigungsnorm des § 47 Abs. 1 Satz 2 LBO? Skizzieren Sie einen praktischen Anwendungsfall.
§ 47 Abs. 1 Satz 2 LBO greift als Generalklausel, wenn keine spezielle Ermächtigungsgrundlage vorhanden ist.
Nach § 47 Abs. 1 LBO kann die Baurechtsbehörde alle Maßnahmen treffen, die zur Einhaltung der baurechtlichen und sonstigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften über die Errichtung/Erhaltung von baulichen Anlagen erforderlich sind.
So geht der VGH BW davon aus, dass die Verpflichtung zur Beseitigung eines begonnenen, aber nicht vollendeten Bauwerks, nicht auf § 65 Abs. 1 Satz 1 LBO (Vorschrift über Abbruchsanordnung), sondern nur auf die bauordnungsrechtlichen Generalklausel § 47 LBO gestützt werden kann.
Auch bei einer späteren Baurechtswidrigkeit (bspw. Nichtvollendung eines genehmigten Vorhabens) kann die Baurechtsbehörde nur nach § 47 Abs. 1 LBO einschreiten.
Eine Abbruchsanordnung gem. § 65 Abs. 1 Satz 1 LBO gilt nicht, weil die Anlage nicht von Anfang an rechtswidrig war
Genügt die formelle Baurechtwidrigkeit für eine Nutzungsuntersagung gemäß § 65 Abs. 1 Satz 2 LBO – oder muss zusätzlich materielle Baurechtswidrigkeit gegeben sein? Was spricht für die eine Auffassung, was für die andere?
Dafür, dass die formelle Baurechtswidrigkeit für eine Nutzungsuntersagung genügt, spricht, dass der „Schwarznutzer“ nicht besser gestellt sein darf als der gesetzestreue Bauherr, der eine Baugenehmigung einholt.
Würde noch die materielle Baurechtswidrigkeit gefordert, bräuchte der „Schwarznutzer“ keine Nutzungsuntersagung zu befürchten – und wäre der ehrliche Bauherr, der seine Nutzungsänderung zunächst genehmigen lassen will, der “Dumme”.
Auch der Umstand, dass eine Nutzungsuntersagung anders als eine Abrissverfügung nicht notwendigerweise zur Vernichtung eines neu geschaffenen Vermögensgegenstandes führt, spricht für eine im Vergleich zu Abrissverfügung geringeren Eingriffsintensität der Nutzungsuntersagung und – damit korrelierend – für niedrigere Eingriffsvoraussetzungen im Falle der Nutzungsuntersagung.
Für die Auffassung, wonach bei der Nutzungsuntersagung auch die materielle Baurechtswidrigkeit gegeben sein muss, lässt sich das Argument ins Feld führen, dass § 65 Abs. 1 Satz 2 LBO der “Ahndung ungenehmigten Bauens” dient. Hierfür sieht § 75 Abs. 1 Nr. 8 LBO das eine Geldbuße vor.
Im Übrigen vernachlässigt die Gegenmeinung, dass durch eine Nutzungsuntersagung das Eigentum ebenso stark entwertet werden kann wie bei einer Beseitigungsverfügung. Damit ist mit Rücksicht auf die Eigentumsfreiheit, Art. 14 GG aus Bestandsschutzgründen auch materielle Illegalität zu fordern.
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