Definition sozialer Konflikt
1. Erleben einer Unvereinbarkeit der Überzeugungen
oder Interessen mindestens zweier Parteien
(Personen oder Gruppen)
2. und die Aktivitäten dieser Parteien, die erlebte
Unvereinbarkeit – wie und womit auch immer – zu
überwinden (Van de Vliert, 1997)
• => muss nicht feindselig sein!
• subjektives Erleben (nicht obj. Verhalten!)
• ≠ destruktives Verhalten (kann ohne Absicht + ohne
negative Folgen sein; Raver & Baling, 2008)
• De Dreu (2011): Deprivation zentral
(Verlust/Vorenthalten wertvoller Ressourcen)
Verschiedene Ansätze
• Deskriptive Ansätze: Beschreibung der Erscheinungsformen (Gegenstand oder Verhalten)
• Erklärende Ansätze: Entstehung, Verlauf und Folgen erklären
• Präskriptive Ansätze: Handlungsempfehlungen zur Konfliktvermeidung und – bewältigung.
Konflikttypen nach Konfliktgegenstand
Zusätzlich: Verteilungskonflikte (Rüttinger & Sauer, 2000)
Formen von Gerechtigkeit
• Beispiel – Verteilung von Boni in Unternehmen
– distributiv: Regel für die Verteilung von Ressourcen
(Equality, Equity, (Need)); Problem: egozentrischer Bias
– prozedural: konsistente Regelanwendung,
Einspruchsmöglichkeit
– interaktional: Behandlung durch Chef (Transparenz,
Respekt)
• erlebte Ungerechtigkeit => kontraproduktives
Verhalten
• erlebte Gerechtigkeit => konstruktiveres Verhalten in
Konflikten
Konfliktverhalten– Van de Vliert (1997)
• Vermeiden/Untätigkeit
• Sich anpassen/Nachgeben
• Kompromisse schließen
• Problem lösen/Integrieren
• Kämpfen/Sich durchsetzen
• => zahlreiche Instrumente, z.B. Dutch Test for
Conflict Handling
Konfliktverhalten, erweiterte Taxonomie
Erklärende Ansätze
• Ursache
• Verlauf
• Auswirkungen
Konfliktursachen
• Unklare Verantwortlichkeiten
• Diversität
Diversität in Organisationen
• Diversität ist doch positiv?
• leider nicht immer
Zwei verschiedene Effekte möglich:
• Diversität ist gut: kreativer, mehr Wissen =>
bessere Entscheidungen
• Diversität ist schlecht: weniger Zusammenhalt,
mehr Konflikt => schlechtere Leistung
Homan et al. (2007): Zwei
entgegengesetzte Perspektiven
Informations-/Entscheidungsfindungsperspektive
• informational diversity: "Differences in
knowledge basis and perspectives that
members bring to the group" (auch funktionale
Diversität oder Wissensdiversität genannt)
• Mitglieder von diversen Team verarbeiten
Information besser
• => Fehler werden schneller bemerkt, bessere
Problemlösung, effektiver
Soziale Kategorisierungsperspektive
• Diversität führt zu Subgruppen
• Intergruppenbias, Eigengruppenbevorzugung,
Vorurteile
• => schlechteres Klima, mehr Konflikt, geringere
Zufriedenheit, schlechtere Leistung
• Problem in Unternehmen: beide Arten von
Diversität treten oft gemeinsam auf
• => Gruppenbruchlinien (fault lines) sind
schlecht:
• “hypothetical dividing lines that may split a group
into subgroups based on one or more attributes”
Kreuzkategorisierung vs. Bruchlinien
Experiment
• Bruchlinie: ja vs. nein
• heterogene Informationsverteilung (jede Gruppe
hat andere Informationen): ja vs. nein
• Kein 2x2-Design, da bei Bruchlinie +
Heterogenität zwei Versionen möglich:
Verteilung übereinstimmend vs. gekreuzt mit
Bruchlinie
• => 5 Bedingungen
• abhängige Variablen: Tiefe der
Informationsverarbeitung, Beziehungskonflikt,
Aufgabenkonflikt, Teamklima, Zufriedenheit
Operationalisierung Bruchlinie
Operationalisierung
Informationsheterogenität
Heterogenität der Informationsverteilung:
• alle Informationen geteilt vs. Teil A oder Teil B
(gleich informativ)
• Desert Survival Exercise
Experimentelle Bedingungen
• Keine Bruchlinie (selbes Geschlecht, kein Test) +alle haben dieselbe Info (KBrInfoHom)
• Keine Bruchlinie (selbes Geschlecht, kein Test) + zwei Sets Informationen (KBrInfoHet)
• Bruchlinie (Männer vs. Frauen, Test…) + alle haben dieselbe Info (BrInfoHom)
• Bruchlinie (Männer vs. Frauen, Test…) + zwei Sets Informationen, wie Bruchlinie (BrübereinstInfoHet)
• Bruchlinie (Männer vs. Frauen, Test…) + zwei Sets Informationen, gekreuzt (BrgekreuztInfoHet)
Hypothesen
• Grundannahme: heterogene Informationsverteilung ist gut,
aber nur, wenn nicht übereinstimmend mit Bruchlinie!
• weniger Elaborationstiefe bei homogener
Informationsverteilung als bei heterogener
• mehr Zufriedenheit, besseres Klima, weniger
Beziehungskonflikt wenn keine Bruchlinie oder
Kreuzkategorisierung als bei Bruchlinie mit
übereinstimmender Infoverteilung
• Aufgabenkonflikt:
a: mehr Konflikt bei heterogener Informationsverteilung vs.
b: mehr Konflikt bei Bruchlinien (außer bei
Kreuzkategorisierung)
Ergebnisse: Kreuzkategorisierung hilft
Diskussion
Effekte von heterogener Informationsverteilung (=Diversität) abhängig von der Zusammensetzung der Gruppe
• Gruppenbruchlinien => mehr Konflikt!
• keine Bruchlinien, oder Informationsverteilung gekreuzt mit der Bruchlinie => positive Effekte von Diversität, weniger Konflikt
• Effekt in echten Unternehmen wahrscheinlich
stärker (Teams mit diverser Information haben dann tatsächlich mehr Informationen als homogene Gruppen; im Experiment konstant gehalten)
• aber: in Unternehmen oft auch Übereinstimmung
Praktische Implikationen
• Teams mit Informationsdiversität
(unterschiedliche Ausbildung/Studium)
zusammenstellen
• konvergierende Bruchlinien vermeiden (z.B. alle
Frauen sind im Marketing und aus D, alle IT-
Leute sind Männer aus Indien…)
• deutlich machen, dass Diversität gut ist
Konfliktverlauf
Strukturorientierte Ansätze
Mintzberg
• Zentralisierung und Standardisierung =>
Unterdrückung sozialer Konflikte
• dynamische Unternehmen => offen + konstruktiv
• Persönlichkeit: Rolle von Narzissmus
Konflikteskalationsmodell (Glasl, 1999)
• Eskalation
– Aufgabenkonflikt => Beziehungskonflikt
– Vergeltung
– soziale Ausweitung/stellvertretende Vergeltung (v.a. bei
hoher Identifikation, homogenen Gruppen)
• Attributionsprozesse zentral
5 Basismechanismen
• wechselseitige Kausalitätsumkehrung bei
gleichzeitiger Simplifizierung der
Kausalitätsbeziehungen
Soziale Interdependenztheorie
• Deutsch (1973)
• verbindet Struktur- und Prozessansätze
• Konfliktverhalten abhängig von
wahrgenommener Interdependenz der Ziele (=
Struktur)
– positive Interdependenz: gut für A = gut für B
• in vielen Aufgabenkonflikten; konstruktive Kontroverse
– negative Interdependenz: gut für A = schlecht für B
• z.B. Nullsummenspiel
• Wahrgenommene Interdependenz => reziprokes
Verhalten (= Prozess)
Das Dual-Concern-Modell
(Pruitt & Carnevale, 1993)
positiv
• berücksichtigt auch Interesse für die Gegenseite
negativ
• tatsächliches Konfliktverhalten oft Mischung
verschiedener Strategien
• Rolle von wahrgenommener Durchführbarkeit
der Strategie
Kognitive Prozesse
• conflict framing
– emotional vs. intellektuell
– kooperativ vs. kompetitiv
– beziehungsorientiert vs. sachorientiert
• Biases: urteilsverzerrende Voreinstellungen
– Anker-Effekte
– Fixed-Pie-Überzeugung
– reaktive Abwertung
Emotionale und emotionsbezogene
Prozesse
• Positive Emotionen => konstruktivere Konfliktlösung
• Emotionsregulierung im Team
• => Rolle von emotionaler Intelligenz
– Emotionen akkurat wahrnehmen
– Emotionen konstruktiv nutzen
– Entstehung und Verlauf emotionaler Reaktionen verstehen
– Emotionen wirksam regulieren
• Metanalyse: Zusammenhang emotionale Intelligenz
und konstruktive Konfliktlösung stärker für Personen
ohne Führungsfunktion (Führungskräfte mehr
Erfahrung mit Konflikten)
• Political skill => besseres Verhandeln in Konflikten
Konfliktfolgen
• meist untersucht: Arbeits-/Gruppenleistung, Zufriedenheit in Teams
• lange: Beziehungskonflikt schlecht, Aufgabenkonflikt gut
• Metaanalyse De Dreu & Weingart (2003):
– Beziehungskonflikte (-.54) und Aufgabenkonflikte (-.32)
korrelieren negativ mit Zufriedenheit
– Zusammenhang mit Wohlbefinden; moderiert durch
Persönlichkeitsmerkmale, z.B. Ängstlichkeit, locus of control
– Beziehungskonflikte (-.22) und Aufgabenkonflikte
(-.23) korrelieren negativ mit Gruppenleistung
Befunde zur Leistung
Meta-analyse De Wit, Greer & Jehn (2012)
• Zufriedenheit stärker durch Prozesskonflikte beeinträchtigt als durch Beurteilungskonflikte
• Auch negativer Zusammenhang mit Commitment und Vertrauen
• Moderation durch Persönlichkeitsmerkmale wie Ängstlichkeit oder Locus of Control
• Leistung v.a. durch Beziehungs-und Prozesskonflikte beeinträchtigt
Fazit Konfliktfolgen
• Beziehungskonflikt immer schlecht – für
Leistung, Zufriedenheit, usw.
• Aufgabenkonflikt: negative Auswirkungen auf
Zufriedenheit
• Aufgabenkonflikt kann sich positiv auf die
Leistung auswirken – komplexe
Zusammenhänge, zahlreiche Moderatoren
Präskriptive Ansätze
• integrative vs. distributive Techniken
Integratives Verhandeln
• Beilegung von Verteilungskonflikten durch
wechselseitige Kommunikation von Angeboten
und Zugeständnissen
• mit neutraler dritter Person: Mediation
• integrativ: Menge der aufteilbaren Ressource
vergrößern => Win-win Lösungen
Techniken integrativen Verhandelns
• Perspektive wechseln
• Interessen und Prioritäten erkunden
• Verhandlungsgegenstände vervielfachen (Entbündeln, kreatives Hinzufügen)
• Pakete verhandeln und Logrolling
• Mehrere Lösungsalternativen präsentieren
Distributive Techniken
• Ziel: möglichst viel beanspruchen + bekommen
• Plan B: BATNA (best alternative to a negotiated
agreement)
• Limit; darunter keine Einigung
• In Unternehmen?
• Macht!
Zusammenfassung
• Deskriptive Ansätze
– Konfliktentstehung: Rolle von Bruchlinien
– Konfliktverlauf: Eskalationsgefahr!
– Konfliktfolgen: v.a. Beziehungskonflikt negativ
• Präskriptive Ansätze zur Konfliktvermeidung und
– beilegung
– Verhandlungstechniken
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