Definition der Selbstregulation
Selbstregulation = Fähigkeit, eigene Gedanken, Emotionen und Handlungen zielgerichtet zu steuern
Fähigkeit ist Grundvoraussetzung für Zielsetzung und -erreichung
Selbstreguliertes Lernen = selbstregulierte Kompetenzen im schulischen/ universitärem Alltag
Entwicklung v. Fähigkeiten zum eigenverantwortlichen, selbstregulierten Lernen ist neben Vermittlung von Fachwissen eine der Hauptaufgaben der Bildung und Erziehung junger Menschen
wichtig, dass SuS lernen, wie neues Wissen eigenständig erlernbar ist
Begriffsbestimmung “selbstreguliertes Lernen”
inklusive der Komponenten
self-regulated learning“
Synonyme: selbstgesteuertes Lernen, selbstorganisiertes Lernen, autonomes Lernen
= alle vom Lernenden initiierte Vorgehen, das eigene Lernverhalten unter Einsatz von verschiedenen Strategien zu steuern und zu regulieren
drei Komponenten des selbstregulierenden Lernens werden unterschieden:
Kognitive Komponente: bezieht sich auf Art und Weise, wie Informationen verarbeitet werden -> Wissen über Konzepte und Strategien sowie Fähigkeit, diese Strategien effektiv anzuwenden
Motivationale Komponente: umfasst Aktivitäten, die das Lernen starten und aufrechterhalten -> positive Erklärungen (Attributionen) für Erfolge und Misserfolge und Vertrauen in die eigene Fähigkeit, erfolgreich zu lernen (Selbstwirksamkeit).
Metakognitive Komponente: beinhaltet Planung des Lernprozesses, Selbstbeobachtung während des Lernens, Reflexion über den Lernfortschritt und die Anpassung des Lernverhaltens, um das Lernziel zu erreichen
Modelle der Selbstregulation:
Wozu gebraucht und welche Einteilung
werden benötigt, um theoretischen Hintergrund für Diagnostik und für Förderung selbstregulatorischer Kompetenzen zu bilden
Einteilung in:
Prozessmodelle: Fokus auf dynamischen und phasen-bzw. prozessorientierten Charakter der Selbstregulation (schrittweise, regelkreisähnlich)
Schichtenmodelle: betont verschiedene Regulationsebenen und darin enthaltene Komponenten
Exkurs - Lernstrategien
Wozu wissen?, Arten der Lernstrategien
Ziel des Exkurses: Verständnis über Lernstrategien unterstützt Greifbarkeit der Modelle
Einsatz v. Lernstrategien = Kern des selbstregulierten Lernens
3 Arten von Lernstrategien:
Kognitive Strategien: beschreiben Umgang mit konkretem Lerninhalt, unterteilbar in Oberflächen- (Wiederholungsstrategien; dienen Faktenlernen) und Tiefenstrategien (Organisationsstrategien und kritisches Prüfen; führt zu gut verankertem Wissen durch Strukturierung und Anknüpfen an bestehendes Wissen)
Metakognitive Strategien: sind Kontrollstrategien, zielen darauf ab, die Richtigkeit u. den Einsatz der kogn. Str. zu überprüfen u. Lernprozess zu überwachen, bspw. Selbstreflexion u. -bewertung
Ressourcenorientierte Lernstrategien: Ressourcen, auf die Lernende vor u. während Lernprozess zugreifen kann, bspw. Anstrengung, Aufmerksamkeit, Konzentration, geeignete Lernumgebung, soz. Unterstützung & Vorhandensein von Literatur
Prozessorientierte Modelle der Selbstregulation
Das allgemeine Prozessmodell
folgt einem Grundmuster, welches Mitte des 20. Jahrhunderts im allgemeinen kybernetischen Modell von Wiener (1948) beschrieben wurde
im einfachen Regelkreismodell wird Ist-Zustand mit Soll-Zustand verglichen
Feedback-Schleife meldet Ergebnis an System zurück
Übereinstimmung beider Werte = keine regulierende Aktion; Diskrepanz beider Werte = regulierende Handlungen ergriffen, bis Ist- u. Soll-Zustand übereinstimmen
Beispiel für den Mechanismus: Heizungsthermostat (Wärmezufuhr, insofern gewünschte Temperatur nicht erreicht ist)
Regulationszyklus auf menschliches Verhalten (Selbstregulation) übertragbar
Praxismodelle der Selbstregulation im Kontext des Lernens
Prozessmodell der Selbstreg. von Schmitz et al. (2007)
-> Modell skizzieren
-> Infos zum Modell
Modell basiert auf Überlegungen von Zimmermann (2000)
Erweiterung der Theorie um die Erkenntnis, dass nicht jede Aufgabe explizite Selbstregulation erfordert (z.B. einfache Aufgaben)
adaptives Handeln findet statt, wenn
in der Planungsphase Ziele gesetzt werden,
in der Handlungsphase Strategien angewendet werden, um diese Ziele zu erreichen, und
in der Auswertungsphase die Ergebnisse überprüft und bei Bedarf angepasst werden
bestimmte Faktoren (Filter), die vor Beginn einer Handlung (in der präaktionalen Phase) eine Rolle spielen und die Art und Weise beeinflussen, steuern, wie Menschen eine Aufgabe angehen
Filter reflektieren implizite und explizite Entscheidungen der Lernenden.
relevante Faktoren für die Entscheidungen: Aufgabenmerkmale (Schwierigkeit, Interesse, Aufwand), Situationsmerkmale (mögliche Störungen, Zeitdruck), Personelle Faktoren (verfügbare Zeit, Motivation, aktuelle Befindlichkeit, Anstrengungsbereitschaft)
Modell stimmt mit den Ergebnissen von Sitzmann und Ely (2011) überein
Erfolgsfaktoren des selbstgesteuerten Lernens: Zielsetzung, Selbstwirksamkeit, Ausdauer, Anstrengung
-> 1. Phase des selbstregulierten Lernens
drei Phasen (angelehnt an Heckhausen (1989) und Gollwitzer (1990)) werden differenziert: präaktional (Planungsphase), aktional (Handlungsphase), postaktional (Auswertungsphase)
1. Präaktionale Phase (Vorbereitungsphase)
Planung des Lernprozesses
Analyse der Aufgabe, Situationsbedingungen und eigenen Überzeugungen
Definition von Zielen (SMART-Ziele: spezifisch, messbar, anspruchsvoll, realistisch, terminiert)
Auswahl von Strategien zur Zielerreichung
Bildung von selbstmotivierenden Überzeugungen (z.B. Selbstwirksamkeitserwartung)
Soll-Wert = Maßstab für spätere Bewertung
-> 2. Phase des selbstregulierten Lernens
2. Aktionale Phase (Umsetzungsphase)
Umsetzung der geplanten Strategien
Selbstüberwachung und Kontrolle des Lernprozesses (z.B. Konzentrations- und Anstrengungskontrolle)
Wichtigkeit der Lernumgebung (z.B. aufgeräumter Arbeitsplatz, ausgeschaltetes Handy)
Selbstbeobachtung zur Anpassung der Strategie, falls erforderlich
Erfolg hängt von effektiv genutzter Lernzeit und dem situationsgerechten Einsatz von Strategien ab
-> 3. Phase des selbstregulierten Lernens
· 3. Postaktionale Phase (Reflexionsphase)
Bewertung der erzielten Ergebnisse und Abgleich mit den Zielen (Ist-Soll-Vergleich)
Reflexion über den gesamten Lernprozess, z.B. Umgang mit Hindernissen, erfolgreiche Strategien
Ableitung von Schlussfolgerungen für zukünftige Lernprozesse
Reflexionen in dieser Phase beeinflussen den Planungsprozess in der nächsten präaktionalen Phase
-> Beispiel Mia
Mia muss ein Gedicht lernen und durchläuft alle drei Phasen:
Präaktional: Zielsetzung (eine Strophe pro Tag), Planung der Lernstrategien (mehrmals lesen, dann auswendig wiederholen), Motivation (Belohnung nach Erledigung), hohes Selbstwirksamkeitserwartung
Aktional: Umsetzung der Strategien, Überprüfung der Lernumgebung, Anpassung der Lernstrategie bei Bedarf (Fremdwörter klären)
Postaktional: Bewertung des Erfolgs, Stolz auf die eigene Leistung, positiver Einfluss auf zukünftige Lernaufgaben
Schichtenmodelle der Selbstregulation
Unterschied zu Prozessmodellen
Schichtenmodelle konzentrieren sich auf verschiedenen Ebenen der Selbstregulation und deren Komponenten, während Prozessmodelle zeitlichen Verlauf von Lern- und Regulationsprozessen in Phasen abbilden
Drei-Schichten-Modell von Boekaerts (1999)
-> beschreiben, Schichten benennen
beschreibt selbstreguliertes Lernen als komplexe Interaktion zwischen kognitiven, metakognitiven und motivationalen Prozessen
diese Prozesse beziehen sich auf drei unterschiedliche Regulationsgegenstände, dargestellt durch konzentrische Schichten:
innere Schicht (kognitive Ebene):
Ziel: Regulierung der Informationsverarbeitung, also wie Lernende mit Lerninhalten umgehen
Lernende wählen hier kognitive Primärstrategien, um eine Aufgabe zu bearbeiten (z.B. Lösungsansätze bei einer Matheaufgabe)
Mittlere Schicht (metakognitive Ebene):
Fokus: Überwachung der ausgewählten kognitiven Strategien
Anwendung metakognitiver Strategien zur Prüfung, ob Aufgabe wie geplant ausgeführt wird (z.B. Evaluierung der Effizienz einer Lernstrategie)
Äußere Schicht (motivational/volitional):
höchste Ebene der Regulation, die Aspekte wie Zielsetzung und Ressourcenkontrolle (Zeitmanagement, Lernumgebung) umfasst
Lernziele werden gesetzt und Bedingungen wie Motivation und Anstrengungsbereitschaft überprüft, um Lernen zu optimieren
-> skizzieren
Hierarchiemodell von Landmann und Schmitz (2007)
-> beschreiben
kombiniert Elemente von Schichten- und Prozessmodellen und integriert die zentrale Rolle des Self-Monitoring
Modell zeigt hierarchische Struktur mit mehreren Regulationsebenen, die aufeinander aufbauen:
Ausführungsregulation (erste Ebene):
Überwachung der Ausführung einer gewählten Strategie in Bezug auf eine spezifische Aufgabe
Beispiel: Lernende überwacht, ob Strategie „Auswendiglernen“ korrekt durchgeführt wird; falls nicht, erfolgt Anpassung
Strategieregulation (zweite Ebene):
falls korrekte Strategieausführung nicht zum gewünschten Erfolg führt, erfolgt Anpassung oder Wechsel der Strategie
Beispiel: Wechsel von reinem Lesen zu Lernkarten
Zielregulation (dritte Ebene):
wenn auch Anpassung der Strategie nicht zum Ziel führt, wird Zielsetzung angepasst (z.B. Senkung des Anspruchsniveaus, Verlängerung der Lernzeit)
auch bei Erfolg kann Anpassung der Ziele stattfinden, z.B. Erhöhung des Schwierigkeitsgrads für zukünftige Aufgaben
dieses Modell kombiniert klassische Schichtenelemente mit prozessualen Komponenten wie Zielsetzung, Handlungsausführung, Kontrolle und ggf. neuer Zielsetzung
Zusammenspiel dieser Komponenten bildet einen kontinuierlichen Zyklus der Selbstregulation
Diagnostik von Selbstregulation
Fragebögen
Erfasste Komponenten an Fragebögen
meist Fokus auf kognitive und metakognitive Strategien
einige Fragebögen erfassen zusätzlich Strategien zur Ressourcen- und Motivationsregulation
Bekannte Fragebögen
Englischsprachig:
Motivated Strategies for Learning Questionnaire (MSLQ, Pintrich et al., 1991)
Learning and Study Strategies Inventory (LASSI, Weinstein et al., 1988)
Deutschsprachig:
Lernstrategien im Studium (LIST, Wild & Schiefele, 1994): Unterscheidung zwischen kognitiven, metakognitiven und ressourcenbezogenen Strategien
Kieler Lernstrategien-Inventar (KSI, Baumert, 1993)
Vorteile
hohe Ökonomie (geringer Aufwand bei Erhebung großer Stichproben)
schnelle und einfache Methode, um selbstreguliertes Lernen zu erfassen
Kritik
globale Selbstberichte sind nicht situationsspezifisch und anfällig für Verzerrungen durch Abruf- und Generalisierungsprobleme und Einfluss sozialer Erwünschtheit
automatisierte Lernstrategien oft unbewusst und schwer verbal zu erfassen
Nutzung und Empfehlung
trotz Einschränkungen liefern Fragebögen wertvolle Informationen, z.B. über Zielsetzungen, Lernüberwachung und Verhaltensanpassungen
Empfehlung: Kombination von Fragebögen mit anderen Erhebungsmethoden für valide Erfassung selbstregulierten Lernens
Lerntagebücher
Allgemeine Infos inkl. Vorteile
Fokus auf aktuellen Strategieeinsatz und momentanen Zustand statt auf generellem Lernverhalten
Erhebung erfolgt über längeren Zeitraum (z.B. täglich) durch wiederholte Fragen
Vorteile: kontinuierliche und zeitnahe Erfassung von Strategien und Emotionen während Lernprozess
besonders geeignet, um Veränderungen im Lernverhalten und genauen Zeitpunkt dieser Veränderungen zu beobachten
Standardisierte Tagebücher: Fragen und Antwortmöglichkeiten sind immer gleich, um objektive Auswertungen zu ermöglichen
Beispielstudie: Tagebuchstudie (Otto 2007)
-> Tagebuchstudie (Otto 2007) in einer 4. Klasse mit Training zu selbstreguliertem Lernen
Schüler füllten vor und nach den Hausaufgaben ein Tagebuch aus
Inhalte basieren auf dem Prozessmodell von Schmitz et al. (2007)
Präaktionale Phase: Fragen zur Zielsetzung, z.B. Was willst du heute erledigen?
Aktionale/Postaktionale Phase: Fragen zum Monitoring, z.B. Habe ich meine Hausaufgaben geschafft?
Fragen zu Ressourcen: interne Ressourcen (Konzentration), externe Ressourcen (Unterstützung durch Eltern)
Ziel der Tagebuchstudien: Feststellen, ob, wann und wie sich der Einsatz von Lernstrategien durch eine Intervention verbessert
Herausforderungen
Zuverlässigkeit der Daten hängt stark von der Motivation der Teilnehmer ab
Gestaltung des Tagebuchs sollte motivierend und ansprechend für die Zielgruppe sein
Interviews
Allgemeine Infos inkl. Vorteile und Herausforderungen
Möglichkeit, geplante (prospektiv) und bereits eingesetzte (retrospektiv) Lernstrategien zu erfragen
Fragen können offen oder geschlossen sein
Lernszenarien vorgeben und die Vorgehensweise erfragen
Vorteile offener Fragen:
erlaubt es Lernenden, ihr Strategierepertoire umfassend zu beschreiben
mehr Flexibilität bei der Beschreibung von Situationen und Strategien
besondere Eignung für jüngere Lernende, da detaillierte Antworten unabhängig von der Lese- und Schreibfähigkeit
verzerrte Antworten durch soziale Erwünschtheit jedoch möglich
Situationen im Interview: Deutsch- und Mathematikaufgaben, Klassenarbeiten, geringe Motivation, Umgang mit schlechten Noten, Hobbys, Freundschaften
Fokussiert auf Ablauf bei Schwierigkeiten und eingesetzte Strategien
Methode liefert detaillierte Einblicke, ist aber anfällig für Selbstbericht-Verzerrungen und sozial erwünschte Antworten
Beispiel für ein deutschsprachiges Interview (Spörer 2004)
-> Beispiel für ein deutschsprachiges Interview (Spörer, 2004):
individuelle Befragung in vertraulicher Atmosphäre
Ablauf in vier Bestandteile:
1. Einführung und Erklärung des Interviewprozesses
2. Vorstellung von Lernsituationen (z.B. Hausaufgaben in Deutsch) und Erfragen des üblichen Vorgehens
3. Schriftliche Dokumentation der Antworten ohne Bewertung
4. Bewertung der Strategien auf einer vierstufigen Skala (z.B. von „sehr selten“ bis „immer“)
Beobachtungsverfahren
Allgemeine Infos & Vorteile
Einsatz besonders bei jüngeren Kindern, da sie keine Lese-, Schreib- oder verbalen Fähigkeiten voraussetzen
ermöglicht Erfassung von Verhaltensweisen, die nicht verbalisiert werden können
Einsatz in der Praxis durch videobasierte Analysen: Sequenzen werden videografiert und im Nachhinein von mehreren Beobachtern unabhängig bewertet
Eignung zur Diagnose bei jüngeren Kindern
Erfassung nicht verbalisierbarer Strategien
Nachteile
geringere Objektivität aufgrund der subjektiven Kodierung durch Beobachter im Vergleich zu standardisierten Verfahren (z. B. Fragebögen)
zeitaufwändig und aufwändige Nachbereitung
erfordert geschultes Personal, um Beobachtungen korrekt auszuwerten und zu kodieren
Strategiewissenstests
Allgmeine Infos
Selbstberichte (Fragebögen) erfassen oft eine Mischung aus Strategiewissen und -anwendung
Strategiewissenstests heben explizit das konditionale Strategiewissen hervor (Wissen, welche Strategien in welchen Situationen geeignet sind)
es gibt sowohl inhaltsspezifische Tests (z.B. Würzburger Lesestrategiewissenstest, WSLT 7–12) als auch Tests für allgemeines (metakognitives) Strategiewissen
Studien zeigen, dass diese Tests eine gute prädiktive Validität besitzen
Testaufbau
Lernszenarien für die Zielgruppe mit einer Liste möglicher Strategien
Strategien unterscheiden sich in Effektivität und Nützlichkeit
Lernende bewerten Nützlichkeit der Strategien
Bewertungsprinzip: Stimmen Bewertungen mit denen von Experten überein, weist das auf hohes konditionales Strategiewissen hin
Denkprotokolle & Mikroanalysen
Alles an Wissen
Denkprotokolle: Lernende sprechen ihre Gedanken während Bearbeitung einer Aufgabe laut aus
Protokolle bieten Einblicke in spontane Strategieanwendungen und werden detailliert ausgewertet
Mikroanalysen (Cleary, 2011): Spezifische Aufgaben werden in die drei Phasen des selbstregulierten Lernens gegliedert (Planung, Handlung, Reflexion)
Fragen werden in den jeweiligen Phasen gestellt
Fragenformate: offen oder geschlossen, damit qualitative als auch quantitative Daten entstehen
Vorteile von Mikroanalysen:
geringere Verzerrungen durch Abstraktions- oder Erinnerungsprobleme
gute Reliabilität und hohe prädiktive Validität für akademische Leistung
nach Erfassung des selbstregulierten Lernens können Interventionen entwickelt werden
Förderung von Selbstregulation
Hinführung ins Themengebiet: Probleme, Zielgruppe
nicht alle Schüler werden zu kompetenten selbstregulierten Lernenden
Gründe: fehlende Praxis, keine richtige Anleitung
große Anzahl von Interventionen zur Förderung selbstregulierten Lernens entwickelt
Zielgruppen: Schülerinnen und Schüler, Studierende, Erwachsene
Studien (z. B. Stöger und Ziegler, 2010) zeigen: Selbstregulationstrainings sind unabhängig von kognitiven Voraussetzungen wirksam
Gestaltung und Optimierung von Trainingsmaßnahmen zur Förderung von Selbstregulation
Allgemeine Informationen zu den Trainings
Trainings zur Förderung von Selbstregulation unterscheiden sich in Inhalt und methodischem Vorgehen
Vermittlung der Inhalte erfolgt entweder direkt (z.B. Schülertrainings) oder indirekt (z.B. Schulung von Eltern/Lehrkräften)
Unterschiede bei der Zielgruppe, besonders im Hinblick auf das Alter
ganzheitliche Förderung betrachtet alle Regulationsphasen; spezialisierte Interventionen fokussieren auf einzelne Aspekte wie Zielsetzung oder Motivation
direkte Maßnahmen setzen am Lernenden selbst an, um das Lernverhalten zu optimieren (z.B. Zielsetzung, Umgang mit Misserfolgen)
indirekte Maßnahmen zielen auf Gestaltung der Lernumgebung durch Eltern oder Lehrkräfte, um selbstreguliertes Lernen zu fördern
Studien zeigen, dass indirekte Maßnahmen durch Lehrkräfte wirksam sein können, jedoch sind Interventionen durch externe Trainer oft effektiver
Effektivität von Trainings hängt von günstigen Trainingsbedingungen ab
Optimierung der direkten Förderung selbstregulierten Lernens
Alles bzw. die Oberpunkte nennen können
Kombination mit fachspezifischen Inhalten
Verknüpfung von Selbstregulationsstrategien mit fachspezifischen Inhalten (z. B. Mathematik)
höhere Trainingseffekte bei kombinierter Vermittlung
Selbstbeobachtung (Self-Monitoring)
kontinuierliche Selbstbeobachtung kann Verhalten durch Monitoring-Effekt verändern
Lerntagebücher fördern metakognitive Gedanken und steigern Trainingseffekte
Transfersicherung
Sicherstellung der Anwendung der erlernten Strategien in verschiedenen Kontexten
Übung in unterschiedlichen Anwendungskontexten verbessert den Transfer in andere Themenfelder
Optimierung der indirekten Förderung selbstregulierten Lernens
Schaffung günstiger Lernbedingungen
Aufgaben orientiert an Interessen der Lernenden
Autonomie unterstützen durch Wahlmöglichkeiten, selbstständige Bearbeitung
Einsatz von Methoden wie Projektarbeiten, Gruppenpuzzle, Stationenlernen
Kompetenzunterstützung durch informatives, motivationsförderliches Feedback
günstige Attributionen bei Misserfolgen: Fokus auf veränderbare Ursachen
Kombination mit direkter Strategievermittlung
Lehrkräfte und Eltern vermitteln selbstregulatorische Strategien direkt
Schulung in effektiver Zeitnutzung und Motivation bei Ablenkung
Notwendigkeit, mit Selbstregulationsstrategien vertraut zu sein
Modellverhalten
Lehrkräfte und Eltern als Modell für selbstreguliertes Lernen
Beobachtung und Imitation von positiven Lernverhalten
Beispiele: Angabe von Lernzielen, Nutzung von Lernstrategien, Reflexion
Erfolgreiche empirische Studien:
Trainingsprogramme für Eltern und Lehrkräfte sind erfolgreich
direkte Trainingsangebote sind effektiver als indirekte Interventionen
Kombination von direkten und indirekten Interventionen als optimal
Exemplarische Trainingsmaßnahme:
Förderung von mathematischen Problemlösestrategien bei Schülern
Allgemeine Infos: Erklärung, Zielgruppe, Dauer
Training: direktes Schülertraining zur Verbesserung der Selbstregulation und mathematischen Problemlösestrategien
Zielgruppe: 5. Gymnasialstufe
Dauer und Umfang: 10 wöchentliche Sitzungen à 2 Schulstunden
Inhalte
Selbstregulationsstrategien: Zielsetzung, Planung, Motivation, Konzentration, Reflexion, Fehlerbehandlung
Mathematische Problemlösestrategien: Skizze, Selektion, Überschlag, Zerlegung
Struktur
Sitzungen beginnen mit einem Stuhlkreis zur Reflexion
integrierte Methoden: direkte Instruktion, Gruppenarbeiten, Spiele
Nutzung eines Lerntagebuchs zur Selbstbeobachtung und Integration der Strategien
Wissensabfragen und Feedback zu Hausaufgaben zur Transferförderung
Durchführung, Vorteile, Nachteile, Evaluation
Durchführung: 2 externe Trainer, maximal 15 Schüler pro Gruppe
Vorteile: intensive, ganzheitliche Förderung, Kombination von Selbstregulation und fachspezifischen Inhalten
Nachteile: hoher zeitlicher und personeller Aufwand
Evaluation: positive Ergebnisse in Bezug auf Selbstregulation und mathematische Problemlösungen; gute Rückmeldungen von Schülern trotz hoher Belastung
Förderung kognitiver Lernstrategien mit einem computerbasierten Training
Erklärung, Zielsetzung, Modell, Dauer, Materialien, Wirksamkeit
Training: computerbasiertes Programm für die 10. Jahrgangsstufe zur Optimierung der Mapping-Strategie in naturwissenschaftlichen Sachtexten
Zielsetzung: Verbesserung des Einsatzes der Mapping-Strategie und der Selbstregulation beim Lernen
Modell: EPOS-Modell (Essener prozessorientiertes Selbstregulationsmodell)
Materialien: geschriebene Texte, Grafiken, verbale Beschreibungen, Übungsaufgaben
Dauer: individuell anpassbar, etwa 90 Minuten
Wirksamkeit: belegt durch Trainings-Experimente bezüglich Lernverhalten und Lernerfolg beim Lesen von Sachtexten
Lernstrategieteil: Vermittlung der Mapping-Strategie
Selbstregulationsteil: Übungen zur Selbstbeobachtung und Einschätzung der Strategieumsetzung
Vermittlung metakognitiver Strategien mit einem webbasierten Lerntagebuch
Erklärung, Ziel
Konzept: Web-basiertes Lerntagebuch zur Unterstützung der Planung und Regulation des Lernverhaltens von Studierenden
Ziel: Förderung metakognitiver und ressourcenbezogener Regulationsstrategien unabhängig von Lehrinhalten oder Lehrplänen
Funktion
regelmäßige Planung, Beobachtung, Protokollierung und Reflexion des Lernverhaltens
Nutzung von Leitfragen zu einzelnen Lerntagen oder gesamten Lernwochen
grafische Darstellung der Entwicklung des Lernverhaltens
Einsatz, Erprobung, Ergebnisse
Einsatz: über längere Zeiträume wie ein Semester oder Prüfungsphasen
Erprobung: Universität Mannheim
Ergebnisse: sorgfältige und kontinuierliche Nutzung verbessert die Selbstregulation beim Lernen, z.B. Zeitmanagement und Wissenstests
Ausblick
Integration von Selbstregulationsmodellen: bestehende Modelle überlappen sich und sollten stärker integriert werden, um ein umfassenderes Verständnis zu entwickeln
Verhältnis von Fremd- und Selbststeuerung: es besteht Forschungsbedarf zum Verhältnis und zur Wechselwirkung von Fremd- und Selbststeuerung, da dies in vielen Theorien noch wenig Beachtung
Rolle des sozialen Umfelds: Die Unterstützung von Selbstregulation durch soziale Umfelder und Peergruppen bisher unzureichend erforscht
Messung der Selbstregulationskompetenz: Klärung der geringen Korrelationen zwischen verschiedenen Messmethoden und Untersuchung effektiver Kombinationen zur validen Erfassung von selbstreguliertem Lernen
Lerntagebücher und Self-Monitoring: Weiterentwicklung und Evaluation von Lerntagebüchern zur Unterstützung der Selbstbeobachtung; trotz erfolgreicher Nutzung noch aufwendig und wenig alltagstauglich
altersabhängige Förderung: Analyse, welche Selbstregulationskompetenzen ab welchem Alter und mit welchen Methoden effektiv gefördert werden können
Studie
Perels, Schmitz, Bruder (2003)
Hintergrund
Bedeutung der Selbstregulation für schulischen und beruflichen Erfolg
internationale Studien zeigen Defizite bei selbstreguliertem Lernen bei deutschen Schülern (TIMSS, PISA)
Stichprobe, Ablauf, Ziel
Stichprobe: 249 Schüler aus drei südhessischen Gymnasien, 10-15 Schüler pro Gruppe, 8. Klasse
Dauer: 6 Wochen
Frequenz: wöchentliche Doppelstunden am Nachmittag
Integration eines Lerntagebuchs zur Unterstützung des Transfers auf den Alltag
Ziel: Verbesserung der Selbstregulationskompetenz von Schülern der achten Klasse
Theoretisches Modell
basierend auf dem prozessualen Selbstregulationsmodell von Schmitz & Schmidt (2007)
Phasen: Präaktional, Aktional, Postaktional
Einflussfaktoren: situative Bedingungen, Zielsetzung, Motivation, Lernstrategien, Selbstbeobachtung (Self-Monitoring)
Methodik
Inhalte der Einheiten
1. Einheit: Einführung ins Modell, Reflexion über das eigene Lernverhalten.
2. Einheit: Zielsetzung (Ober- und Unterziele).
3. Einheit: Selbstmotivationsstrategien und Problemlösestrategien.
4. Einheit: Vertiefung der Zielsetzung und motivationalen Strategien (Umgang mit Ablenkung).
5. Einheit: Umgang mit negativen Gedanken.
6. Einheit: Umgang mit Fehlern und Zusammenfassung.
Instrumente
Problemlösetest: basierend auf TIMSS
Selbstregulationsfragebogen: Messung von Motivation, Wille, und Selbstwirksamkeit
Lerntagebuch: Erfassung des Lernverhaltens und Unterstützung der Selbstreflexion
Ergebnisse
Selbstregulationskompetenz
Signifikante Verbesserung der Selbstregulationskompetenz durch das Training.
Lerntagebuch führte zu einer besonders starken Verbesserung der Selbstregulation.
Schüler ohne Lerntagebuch zeigten einen leichten Rückgang in der Selbstregulationskompetenz.
Kombiniertes Training
Höchste Wirksamkeit bei Kombination von Selbstregulationsstrategien und mathematischen Problemlösestrategien.
Deutliche Verbesserung auf der Skala „Motivation/Volition“ im kombinierten Training.
Langfristige Effekte: Positive Ergebnisse waren auch vier Wochen nach dem Training stabil.
Prozessuale Evaluation
Signifikante lineare positive Trends bei wichtigen Variablen wie „interne Ressourcen“ und „Planung“.
Abnehmende Motivation im Laufe des Trainings bei Schülern ohne fachspezifische Inhalte.
Diskussion
Effekte des Trainings:
Selbstregulationskompetenz konnte durch das Training gefördert werden
Kombination von Selbstregulationsstrategien mit fachspezifischen Inhalten (mathematische Problemlösestrategien) zeigte die besten Ergebnisse
Integration des Trainings in den regulären Unterricht und Lehrerbildung empfohlen
frühzeitige Förderung der Selbstregulation in der Schule ist wichtig, möglicherweise auch Einbeziehung der Eltern
Name der Studie, Autoren, Jahr
Trainingsprogramm zur Förderung der Selbstregulationskompetenz von Schülern der achten Gymnasialklasse
Perels, Schmitz, Bruder
2003
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