Vollstreckungsabwehrklage
[Normales Rubrum]
Tenor:
Die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts Frankfurts am Main vom 26.02.2015, Az. 2 O 113/14, wird für unzulässig erklärt.
Die Beklagte wird verurteilt, die vollstreckbare Ausfertigung des vorgenannten Urteils an den Kläger herauszugeben.
I. Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen die Vollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom […], Az. […], im Wesentlichen mit dem Einwand der Zahlung an einen Dritten sowie mit dem Einwand der Aufrechnung.
[…]
II. Entscheidungsgründe
[Ergebnis]
Die Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 ZPO ist zulässig. Die Klage ist statthaft, das angerufene Gericht ist zuständig und es liegt ein Rechtsschutzbedürfnis vor.
Die Vollstreckungsgegenklage ist der statthafte Rechtsbehelf für den Kläger. Die Klage nach § 767 Abs. 1 ZPO ist statthaft, da der Kläger materiellrechtliche Einwendungen gegen den titulierten Anspruch geltend macht, nämlich das Erlöschen der titulierten Forderung durch Erfüllung durch Leistung an einen Dritten (§ 362 Abs. 2, § 185 Abs. 1 BGB) sowie durch Aufrechnung mit einer Gegenforderung (§ 389 BGB).
Das Landgericht Frankfurt am Main ist gem. § 767 Abs. 1, 802 ZPO als Prozessgericht des ersten Rechtszugs auch sachlich und örtlich ausschließlich zuständig.
Zuletzt besteht auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis, da dem Kläger die Zwangsvollstreckung durch den Beklagten droht. Denn das Rechtsschutzbedürfnis besteht ab Vorliegen des Titels bis zur Beendigung der Möglichkeit, aus dem Titel zu vollstrecken (Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung). […]
Die Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO ist begründet. Die Parteien sind sachbefugt und dem Kläger steht ein Erfüllungs- und ein Aufrechnungseinwand, demnach materiellrechtliche Einwendungen gegen den titulierten Anspruch zu, die nicht nach § 767 Abs. 2 ZPO präkludiert sind.
Der Kläger ist als Titelschuldnern des Urteils des Landgerichts Frankfurts am Main vom 26.02.2015, Az. 2 O 113/14 aktivlegitimiert. Auch die Beklagte ist tatsächlich berechtigte Inhaberin der titulierten Forderung passiv legitimiert.
Dem Kläger steht eine materiellrechtliche Einwendung zu. Die titulierte Forderung ist durch die Zahlung an […] in Höhe von 200.000 € nach § 362 Abs. 2, § 185 BGB i. V. m. § 407 Abs. 1 BGB erloschen. In Höhe des überzahlen Betrages von 25.743,81 € ist keine Erfüllung eingetreten.
Die materiellrechtlichen Einwendungen des Klägers sind auch nicht nach § 767 Abs. 2 ZPO präkludiert. Danach sind Einwendungen nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Vollstreckungsabwehrklage – Antrag auf Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung
Die Klage ist auch hinsichtlich des Antrags auf Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung zulässig und begründet.
Der Leistungsantrag auf Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung ist auch neben der Vollstreckungsabwehrklage statthaft, um die Gefahr divergierender Entscheidungen und eine Umgehung der strengen Voraussetzungen der § 767 Abs. 1 und 2 ZPO nicht zu unterlaufen.
Das angerufene Landgericht in Frankfurt am Main ist für diesen Antrag aus prozessökonomischen Gründen und wegen des Sachzusammenhangs kraft Annexkompetenz zuständig.
Für den Herausgabeantrag besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis. Die Herausgabeklage geht über die Wirkung des § 767 ZPO hinaus, weil sie den Gläubiger jeglicher Möglichkeit beraubt, die Zwangsvollstreckung zu betreiben, während das der Vollstreckungsabwehrklage stattgebende Urteil nur über § 775 Nr. 1 ZPO zur Einstellung der Zwangsvollstreckung führt.
Die darin liegende Klagehäufung ist nach § 260 ZPO zulässig.
Der Antrag auf Herausgabe der vollstreckbaren Ausfertigung ist auch begründet. Dem Kläger steht analog § 371 BGB ein Anspruch auf Herausgabe zu, weil der titulierte Anspruch nach § 407 Abs. 1 BGB bzw. § 406, § 389 BGB erloschen ist, die dazu führenden Einwendungen nicht präkludiert sind und daher aus dem Titel nicht vollstreckt werden darf
Einziehungsklage
[Tenor:] Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 69.000 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.04.2017 zu zahlen.
[Kostentenor:] Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
[Vorläufige Vollstreckbarkeit:] Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger verlangt im Wege der Einziehungsklage nach Maßgabe des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses des Amtsgerichts […] vom […] (Az. […]) vom Beklagten als Drittschuldner die Zahlung von […] EUR.
Aufgrund […] hat der Kläger am […] vor dem LG […] ein Urteil (Az. […]) erwirkt, mit welcher der Schuldner zur Zahlung von […] EUR an den Kläger verurteilt wurde. Der Kläger hat wegen der im Urteil titulierten Forderung des Schuldners gegen den Beklagten als Drittschuldners mit Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts […] vom […] (Az. […]), dem Beklagten zugestellt am 15.03.2017, pfänden und sich überweisen lassen. Die gepfändete Forderung beruht auf […]
Die Klage ist als sogenannte Einziehungsklage oder Drittschuldnerklage, bei der sich es um eine allgemeine Leistungsklage handelt, statthaft. Denn der Kläger macht als Gläubiger der Zwangsvollstreckung nach einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gem. §§ 829, 835, 836 ZPO den gepfändeten und ihr zur Einziehung überwiesenen Zahlungsanspruch des Schuldners gegen den Beklagten als Drittschuldner geltend.
Das Landgericht […] ist auch örtlich und sachlich zuständig. Die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts folgt aufgrund des Streitwerts von […] € aus § 1 ZPO i. V m. § 23 Abs. 1 Nr. 1, § 71 Abs. 1 GVG. Die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts […] ergibt sich aus §§ 12, 13 ZPO, da der Beklagte seinen Wohnsitz in […] hat. § 802 ZPO ist auf die allgemeine Leistungsklage nicht anwendbar. Es handelt sich nicht um eine Klage, die im 8. Buch der ZPO geregelt ist.
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der Kläger auch prozessführungsbefugt. Dazu reicht es bei einer Einziehungsklage aus, dass der Kläger behauptet, aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses eine eigene Einziehungsberechtigung zu haben, aus der die Prozessführungsbefugnis aufgrund einer eigenen materiellen Legitimation entspringt. Aufgrund der eigenen Einziehungsberechtigung liegt kein Fall einer gesetzlichen angeordneten Prozessstandschaft vor. Es handelt sich insoweit um eine qualifizierte Prozessvoraussetzung, für die aus prozessökonomischen Gründen die Behauptung des Klägers, ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss läge vor, ausreichend ist.
Der Zulässigkeit steht es auch nicht entgegen, dass der Kläger dem Schuldner nicht nach § 841 ZPO den Streit verkündet hat. Denn § 841 ZPO soll alleine den Schuldner schützen, nicht aber den Drittschuldner im Rahmen einer gegen ihn gerichteten Klage. Insofern kann aus der fehlenden Streitverkündung allenfalls eine (hier nicht weiter relevante) Schadensersatzforderung des Vollstreckungsschuldners gegen den Kläger folgen.
Die Klage ist begründet. Der Kläger ist zur Einziehung der Forderung nach den §§ 835, 836 Abs. 1 ZPO berechtigt und die eingezogene Forderung besteht.
Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 13.03.2017 ist wirksam. Ein wirksamer Pfändungs- und Überweisungsbeschluss liegt vor, wenn eine bestimmte oder bestimmbare und existente Forderung bezeichnet wird, die Zwangsvollstreckung mit einem wirksamen Titel erfolgt, das funktionell zuständige Vollstreckungsorgan gehandelt hat und der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wirksam an den Drittschuldner zugestellt wurde. Die Anfechtbarkeit allein ist nicht beachtlich.
[Nennung Forderung]
[Wirksamer Titel]
Das Amtsgericht Frankfurt am Main hat als zuständiges Vollstreckungsgericht (§ 828 Abs. 2 ZPO) den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss vom 13.03.2017 erlassen, weil der Schuldner seinen Wohnsitz in Frankfurt am Main hat. Funktionell hat der Rechtspfleger als zuständiges Organ gehandelt (§ 20 Nr. 17 RPflG).
Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wurde auch wirksam an den Beklagten als Drittschuldner zugestellt (§ 829 Abs. 2 S. 1, § 835 Abs. 3 S. 1 ZPO). Mit Zustellung an den Drittschuldner am 15.03.2017 (§§ 191 ff., §§ 166 ff. ZPO) war die Pfändung nach § 829 Abs. 3 ZPO und die Überweisung nach § 835 Abs. 3 S. 1 i. V. m. § 829 Abs. 3 ZPO wirksam.
Die eingezogene Forderung des Schuldners gegen den Beklagten besteht auch. Der Schuldner hat gegen den Beklagten einen Anspruch in Höhe von […] €, der wirksam gepfändet und an den Kläger überwiesen wurde.
[Prüfung Forderung, insbesondere Einwendungen, Aufrechung, Abtretung, etc.]
[Prozesszinsen:] Der Anspruch auf Prozesszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (§ 247 BGB) folgt aus § 291, § 288 Abs. 1 ZPO. Die Zinsen sind analog § 187 Abs. 1 BGB ab dem 29.04.2017 zu zahlen, da die Klage mit Zustellung der Abschrift der Klageschrift vom 25.04.2017 an den Beklagten rechtshängig wurde (§ 253 Abs. 1, § 261 Abs. 1 ZPO).
[Kostenentscheidung:] Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO.
Rechtsmittel: Berufung (§§ 511 ff. ZPO); Frist: Einen Monat ab Zustellung des Urteils (§ 517 ZPO): Einlegung beim Berufungsgericht (§ 519 ZPO).
[Unterschrift]
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