Funktionen des Schuldrechts
1. Zurverfügungstellung rechtlicher Mittel, mit denen der Einzelne seine Interessen in eigener Verantwortung verwirklichen kann
-> Wichtigstes Gestaltungsmittel: Vertrag
(Rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse)
2. Schutz der Rechtsgüter und Rechte des Einzelnen vor Eingriffen und Gewährleistung eines gerechten Ausgleichs für entstandene Schäden und ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen
(Gesetzliche Schuldverhältnisse)
Arten von Schuldverhältnissen
Die Pflichten aus dem Schuldverhältnis, § 241 BGB
Leistungspflichten, § 241 I BGB
Schutzpflichten, § 241 II BGB
= Auf Veränderung der Güterlage gerichtet
1. Hauptleistungspflichten
= Charakterisieren Eigenart und Typus des jeweiligen Schuldverhältnisses (essentialia negotii)
-> Stehen bei gegenseitigen Verträgen in einem Austauschverhältnis
Beispiele: § 433 I, II BGB
2. Nebenleistungspflichten
= Sind auf Hauptleistungspflichten bezogen und sollen deren Erfüllung unterstützen und fördern
-> Sind ausdrücklich im Gesetz geregelt oder ergeben sich aus dem jeweiligen Schuldverhältnis (Dafür: §§ 133, 157, 242 BGB)
Beispiele: § 402 BGB, Pflicht des Käufers zur Abnahme der Kaufsache, § 433 II BGB
= Auf Bewahrung der gegenwärtigen Güterlage vor Beeinträchtigungen gerichtet
Schadensersatz statt der Leistung nach:
§§ 280 I, III, 281 BGB
§§ 280 I, III, 283 BGB
§ 311a II BGB
Rücktritt nach:
§ 323 BGB
§ 326 BGB
Schadensersatz statt der
Leistung nach:
§§ 280 I, III, 282 BGB
§ 324 BGB
Fälle von Drittbeteiligung im Schuldverhältnis
Grundsatz: Relativität des Schuldverhältnisses
Das Schuldverhältnis ist ein relatives Rechtsverhältnis, d.h. die aus dem Schuldrecht folgenden Rechte stehen grundsätzlich nur dem Gläubiger zu, die aus dem Schuldrecht folgenden Pflichten treffen nur den Schuldner
Durchbrechung der Relativität des Schuldverhältnisses:
-> Fälle, in denen Dritte Rechte zustehen und Pflichten treffen
Vertrag zugunsten Dritter, §§ 328 ff. BGB
= Die Parteien vereinbaren, dass ein Dritter unmittelbar das Recht auf Leistung erwirbt (welcher dieser aber nach § 333 BGB zurückweisen kann)
Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
= Ein Dritter wird in den Schutzbereich des Schuldverhältnisses miteinbezogen mit der Folge, dass er bei einer Schutzpflichtverletzung einen eigenen Schadensersatzanspruch gegen den Schuldner geltend machen kann
Sachwalterhaftung, § 311 III 2 BGB
= Dritter muss als Schädiger Schadensersatz nach vertraglichen Grundsätzen leisten, weil er besonderes Vertrauen für sich in Anspruch genommen und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst hat
Weiterer Fall von Drittbeteiligung im Schuldverhältnis:
Drittschadensliquidation
= Der Gläubiger kann den Schaden eines Dritten geltend machen
Gestörte Verhandlungsparität
= Unausgewogenes Kräfteverhältnis der Vertragsparteien mit der Folge, dass die schwächere Partei (ungewöhnlich stark) belastet wird
-> Zivilrecht muss hier kontrollierend eingreifen und ggf. einen Ausgleich schaffen
Fallgruppen:
Eine der Parteien ist auf den Vertragsschluss angewiesen, weil sie den Vertragsgegenstand für die Befriedigung ihrer essentiellen Bedürfnisse benötigt
-> Vielzahl an Vorschriften im Miet- und Arbeitsrecht, die Mieter bzw. Arbeitnehmer als strukuturell schwächere Partei schützen
Einsatz von AGB durch eine Partei, deren Trageweite der andere Vertragspartner oft nicht zutreffend einschätzen kann
-> §§ 307 ff. BGB enthalten Vorschriften, die eine inhaltliche Kontrolle missbräuchlicher AGB ermöglichen
Verträge zwischen Verbrauchern (§ 13 BGB) und Unternehmern (§ 14 BGB)
-> Vorschriften beruhen auf europäischen Richtlinien mit dem Ziel des einheitlichen Standardverbraucherschutzes in der EU
Geschäftliche unerfahrene, einkommens- und vermögenslose Person verbürgt sich gegenüber einer Bank für die Verbindlichkeiten eines Familienangehörigen
-> Inhaltliche Kontrolle des Bürgschaftsvertrags mittels §§ 138, 242 BGB
Leistung nach Treu und Glauben, § 242 BGB
= Regelt die Art und Weise der Leistungserbringung bei Schuldverhältnissen (auch rechtsgeschäftähnlichen nach § 311 II, III BGB) durch umfassende Interessensabwägung anhand von
Grundsatz von Treu und Glauben
= Rechtsgrundsatz, der Gewährleistung eines gerechten Interessensausgleichs durch Rücksichtnahme auf Interessen anderer, Schutz des berechtigten Vertrauens und Wahrung der allgemeinen Redlichkeit im Geschäftsverkehr gewährleistet
Verkehrssitte
= Die in der Gesellschaft tatsächlich beachteten Verhaltensregeln
-> Sonderfall HGB: Handelsbräuche (§ 346 HGB)
=> Zwischen den Geboten von Treu und Glauben und Verkehrssitte besteht Wechselwirkung
Aus § 242 BGB abgeleitetes allgemeines Rechtsprinzip:
Jeder hat bei der Ausübung seiner Rechte und der Erfüllung seiner Pflichten nach Treu und Glauben zu handeln, was insbesondere bedeutet, auf die berechtigten Interessen des anderen Teils Rücksicht zu nehmen
-> Gilt auch für die anderen Teile des BGB sowie in anderen Bereichen der Rechtsordnung (z.B. im Öffentlichen Recht)
-> Genaue Prüfung erforderlich, ob und inwieweit der Grundgedanke des § 242 BGB auf das entsprechende Lebensverhältnis zutrifft
Schrankenfunktion des § 242 BGB
= Rechtsausbübung wird im Rahmen von Schuldverhältnissen durch den Maßstab von Treu und Glauben begrenzt
=> Es liegt danach eine unzulässige Rechtsausübung vor, wenn der Gläubiger bei der Geltendmachung eines Rechts nicht die gebotene Rücksicht auf die Interessen des Schuldners wahrt
Fallgruppen, in denen die Rechtsausübung des Gläubigers einen Verstoß gegen den Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB darstellt:
Fehlendes schutzwürdiges Eigeninteresse
= Rechtsausübung bringt dem Gläubiger keinen nennenswerten Nutzen, belastet den Schuldner aber erheblich
Beispiel: Gläubiger ist nach Treu und Glauben verwehrt, eine Leistung zu fordern, die er dem Schuldner aus einem anderen Grund sofort zurückerstatten muss
Unverhältnismäßigkeit
=
> Der für den Gläubiger mit der Rechtsausübung verbundene Nutzen steht in keiner Relation zu den beim Schuldner eintretenden Nachteilen
> Dem Gläubiger stehen mildere Mittel zur Verfügung, um seine berechtigten Interessen zu wahren
Beispiel: Gläubiger kann nicht auf den vereinbarten Leistungsort oder die vereinbarte Leistungszeit bestehen, wenn diese den Schuldner unzumutbar belasten, eine Verlegung dem Gläubiger aber ohne Schwierigkeiten möglich ist
Unzumutbarkeit aus persönlichen Gründen
= Gläubiger verlangt vom Schuldner eine Leistung, die diesem aus persönlichen Gründen nicht zumutbar ist
-> Sonderregelung für persönliche Leistungspflichten des Schuldners: § 275 III BGB
Beispiel: Arbeitgeber daf Arbeitnehmer keine Arbeit zuweisen, die diesen in einen vermeidbaren Gewissenskonflikt bringt
Unredlicher Rechtserwerb
= Recht wird auf unredliche Weise erworben
Beispiel: Evidenter Missbrauch der Vertretungsmacht
Zugangsvereitelung
= Erwerb eines Rechts wird auf unredliche Weise vereitelt
Beispiel: Empfänger verhindert den rechtzeitigen Zugang einer Willenserklärung treuwidrig
Widersprüchliches Verhalten
> Berechtigter setzt sich durch die Geltendmachung seines Rechts in Widerspruch zu seinem früheren Verhalten, insbesondere wenn er durch dieses einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat, auf den sich der andere Teil verlassen durfte
> Berechtigter nimmt einen Rechtsstandpunkt ein, der mit dem eigenen früheren Verhalten in unlösbarem Widerspruch steht
Verwirkung
= Berechtigter hat sein Recht für längere Zeit nicht ausgeübt und es liegen besondere Umstände vor, welche die Geltendmachung des Rechts nach so langer Zeit als treuwidrig erscheinen lassen, insbesondere wenn der andere Teil darauf vertraut hat und vertrauen durfte, dass das Recht nicht mehr geltend gemacht wird
Gesetzliche Konkretisierungen des § 242 BGB
= Rechtsinstitute, die von der Rechtssprechung auf der Grundlage des § 242 BGB entwickelt und später normiert worden sind
Inhaltskontrolle von AGB nach §§ 307 ff. BGB
Regeln über die Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB
Kündigungsrecht bei Dauerschuldverhältnissen nach § 314 BGB
=> Ermöglichen inhaltliche Kontrolle und Korrektur von Verträgen (Kontroll- und Korrekturfunktion des § 242 BGB)
Übersicht § 242 BGB - §§ 133, 157 BGB
§ 242 BGB
§§ 133, 157 BGB
Regelt die Art und Weise der Leistungserbringung im Rahmen von Schuldverhältnissen
Regeln die Auslegung von Willenserklärungen im Rahmen von Verträgen mit dem Ziel, den Parteiwillen zu ermitteln
Treu und Glauben und die Verkehrssitte sind der unmittelbare Maßstab
Treu und Glauben und die Verkehrssitte haben dabei nur mittelbare Bedeutung
-> Nämlich über die Annahme, dass der Wille einer Partei auf die eine Lösung gerichtet ist, die Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte entspricht
Gefälligkeitsverhältnis
= Abmachung, die sich auf rein gesellschaftlicher Ebene bewegt und durch die kein Schuldverhältnis entsteht
Abgrenzung Gefälligkeitsverhältnis - Schuldverhältnis:
Haben die Parteien mit Rechtsbindungswillen gehandelt?
Wenn (-) -> WE (-)
Durch Auslegung festzustellen:
Was ist der tatsächliche bzw. was ist der mutmaßliche Wille der Parteien?
=> Wie stellt sich das Verhalten der Parteien bei Würdigung aller Umstände einem objektiven Beurteiler dar?
-> Berücksichtigung der Interessenlage der Parteien
-> Indizien, die für Rechtsbindungswillen sprechen können:
Art, Grund und Zweck des Geschäfts
Eigenes wirtschaftliches oder rechtliches Interesse
Erheblicher Wert einer anvertrauten Sache
Eingehen von Risikien, die mit der Übernahme einer rechtsgeschäftlichen Bindung verbunden sind
Merke:
Die Unentgeltlichkeit eines Geschäfts bedeutet nicht automatisch, dass kein Rechtsbindungswille vorliegt!
-> Denn es gibt auch einige unentgeltliche gesetzlich geregelte Schuldverhältnisse (z.B. Schenkung, Leihe, Auftrag)
Beispiele Gefälligkeitsverhältnis - Schuldverhältnis
Schuldverhältnis
Einmalige Mitnahme im Auto
Pflege von Blumen des Nachbarn während des Urlaubs
Einladung zum Abendessen
Ausfüllen und Einreichen eines Lottoscheins
Winkzeichen im Straßenverkehr
Beaufsichtigen von Nachbarskindern
Überlassung eines Vorführwagens bzw. Probefahrt
Abstellen eines Kfz auf einem fremden Grundstück
Feste Fahrgemeinschaft
Aufsicht über zum Kindergeburtstag eingeladene Kinder
Überführung eines Kfz
Überlassung einer Wohnung
Benutzung eines Grundstücks als Zufahrt
Überlassung von Kunstgegenständen an ein Museum
Vermittlung einer Geldanlage
Arten von Gefälligkeitsverhältnissen
Gefälligkeit des alltäglichen Lebens
Gefälligkeits-verhältnis mit rechtsgeschäftlichem Charakter
Keine Leistungspflichten nach § 241 I BGB und keine Schutzpflichten nach § 241 II BGB
Keine Leistungspflichten nach § 241 I BGB aber Schutzpflichten nach § 241 II BGB, wenn Voraussetzungen des § 311 II, III BGB vorliegen
Leistungspflichten nach § 241 I BGB und Schutzpflichten nach § 241 II BGB
Haftung nur nach Vorschriften des Deliktsrechts
Haftung analog nach vertraglichen Grundsätzen und nach Vorschriften des Deliktsrechts
Haftung aus Vertrag und nach Vorschriften des Deliktsrechts
Unbestellte Leistungen, § 241 BGB
Ziele der Vorschrift:
Verbraucher soll davor geschützt werden, dass der Unternehmer ihn durch die Erbringung unbestellter Leistungen unter Druck setzt, diese zu bezahlen
Unternehmer soll von aufdringlichen Vertriebsformen abgeschreckt werden (Sanktion wettbewerbswidrigem Verhaltens)
Voraussetzungen der Vorschrift:
I. Verbraucher nach § 13 BGB und Unternehmer nach § 14 BGB
II. Unbestellte Lieferung (Waren) oder unbestellte Leistung an den Verbraucher
Beachte: § 241a BGB erfasst auch die bewusste Lieferung einer anderen als der bestellten Sache (sog. Falschlieferung); für die unbewusste Falschlieferung gilt hingegen nur § 434 V BGB
Folgen der Vorschrift:
-> Sämtliche Ansprüche des Unternehmers gegen den Verbraucher sind ausgeschlossen
Beachte: Ausnahmen des § 241a II BGB
-> Etwaige Ansprüche des Unternehmers gegen Dritte bleiben allerdings bestehen
-> Die Ingebrauchnahme bzw. der Verbrauch durch den Verbraucher stellt keine konkludente Annahme dar, bei der nach § 151 BGB der Zugang entbehrlich ist
=> Annahme erfordert eine über die Ingebrauchnahme bzw. den Verbrauch hinausgehende ausdrückliche Erklärung
Beachte:
§ 241a BGB bewirkt keinen gesetzlichen Eigentumserwerb des Verbrauchers, denn bei § 241a BGB handelt es sich um eine Realofferte, die sowohl auf Abschluss eines KV gem. § 433 BGB als auch auf eine Übereignung gem. § 929 BGB gerichtet ist, welche erst wirksam wird, wenn das Kaufangebot angenommen wird (auschiebende Bedingung, § 158 BGB)
-> Besitz und Eigentum fallen somit dauerhaft auseinander
Übersicht Vertragsfreiheit
Aus der
Privatautonomie
= Freiheit des Einzelnen, seine Rechtsgeschäfte in eigener Verantwortung selbst zu gestalten
folgt die
Vertragsfreiheit
= Freiheit des Einzelnen, seine privaten Lebensverhältnisse durch Verträge zu gestalten
Ausprägungen der Vertragsfreiheit:
Abschlussfreiheit
Gestaltungsfreiheit
Formfreiheit
= Freiheit des Einzelnen, zu entscheiden, ob und mit wem ein Vertrag geschlossen wird
= > Freiheit des Einzelnen, zu entscheiden, wie der Vertrag inhaltlich ausgestaltet wird > Freiheit des Einzelnen, den Vertrag jederzeit abzuändern
= > Freiheit des Einzelnen, Verträge ohne Einhaltung einer bestimmten Form zu schließen
> Freiheit des Einzelnen, die Notwendigkeit einer bestimmten Form vertraglich zu vereinbaren
Schranken:
> Gesetzliche Abschlussverbote
> Kontrahierungs-zwang
> AGG
> Gesetzliche Verbote
> Sittenwidrigkeit
> Treu und Glauben, § 242 BGB
> Verträge über das künftige Vermögen
> Verträge über Nachlass eines noch lebenden Dritten
> Zwingendes Gesetzesrecht
> Gesetzlicher Formzwang
> Nichteinhaltung eines vertraglich vereinbarten Formzwangs
= Freiheit des Einzelnen zu entscheiden, ob und mit wem ein Vertrag geschlossen wird
Schranken der Abschlussfreiheit:
1. Gesetzliche Abschlussverbote
-> Verstoß gegen gesetzliche Abschlussverbote zieht regelmäßig öffentlich-rechtliche Sanktionen (Geldbußen, Strafen) mit sich
-> Ziel: Schutz von übergeordneten öffentlichen Interessen
Beispiele: SächsLadÖffG verbietet außerhalb der zulässigen Öffnungszeiten Waren zu verkaufen, SchwarzArbG verbietet Abschluss von Verträgen über die Erbringung von Werkleistungen in Schwarzarbeit
Ob der Vertrag nach § 134 BGB auch nichtig ist, hängt allein vom Schutzzweck der verletzten Verbotsnorm ab
-> (+), wenn sich das gesetzliche Verbot gegen den Vertrag als solchen richtet (und nicht nur gegen die äußeren Umstände des Zustandekommens)
2. Kontrahierungszwang
= Vorschriften, die den Einzelnen verpflichten, mit Anderen über bestimmte Gegenstände zu angemessenen Bedingungen Verträge zu schließen
-> Muss durch besondere Zwecke legitimiert werden
-> Ziel: Gewährleistung der Versorgung der Bevölkerung mit essentiellen Gütern und Dienstleistungen (= Daseinsvorsorge) in Bereichen, in denen einzelne Anbieter eine rechtliche oder faktische Monopolstellung haben und Kunde keine zumutbare Ausweismöglichkeit hat
Beispiele: §§ 18, 36 EnWG, § 22 PBefG, § 10 AEG, § 5 II PflVG, § 193 V VVG oder Stützung auf allgemeinen Kontrahierungszwang aus § 826 BGB, wenn Ablehnung des Vertragsschlusses eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung darstellt
3. Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
-> Die dort statutieren Benachteiligungsverbote können einen Anspruch auf Vertragsschluss begründen
Beispiele: § 21 AGG
= Freiheit des Einzelnen, zu entscheiden, wie der Vertrag inhaltlich ausgestaltet wird sowie Freiheit des Einzelnen, den Vertrag jederzeit abzuändern (= Abänderungsfreiheit)
Schranken der Gestaltungsfreiheit:
1. Gesetzliche Verbote, § 134 BGB und Gute Sitten, § 138 I BGB
Bestimmung des Inhalts von vertraglichen Schuldverhältnissen
Der Inhalt eines vertraglichen Schuldverhältnisses bestimmt sich entweder durch:
1. Parteivereinbarung
2. Durch Dritte
3. Durch dispositves Gesetzesrecht
Allgemeine Vorschriften über den Inhalt von Schuldverhältnissen
= Freiheit des Einzelnen, Verträge ohne Einhaltung einer bestimmten Form zu schließen oder die Notwendigkeit einer bestimmten Form vertraglich zu vereinbaren
Schranken der Formfreiheit:
1. Nichteinhaltung eines vertraglich vereinbarten Formzwanges
-> Führt gem. § 125 2 BGB nur im Zweifel zur Nichtigkeit des Vertrages
-> Es muss durch Auslegung der Formvereinbarung ermittelt werden, ob diese einen abweichenden Parteiwillen ergibt
2. Gesetzlicher Formzwang
= Wird eine gesetzlich vorgeschriebene Form nicht eingehalten, ist der Vertrag grundsätzlich nach § 125 1 nichtig
Beispiele: § 518 BGB, § 766 BGB, § 311b I BGB
Ziele:
Schutz der Parteien vor Übereilung (Warnfunktion)
Gewährleistung der Klarheit und Beweisbarkeit des Vertragsinhalts (Klarstellungs- und Beweisfunktion)
Belehrung und Beratung der Beteiligten durch Notar (Belehrungsfunktion)
Einzelne gesetzliche Formvorschriften sehen aber Heilungsmöglichkeiten vor
Beispiele: § 518 II, § 766 3 BGB, § 311b I 2 BGB
Verträge über Grundstücke, das Vermögen und den Nachlass, § 311b BGB
§ 311b I 1 BGB:
Ein Vertrag, der zur Veräußerung oder zum Erwerb eines Grundstücks verpflichtet, bedarf der notariellen Beurkundung
Gilt nur für das Verpflichtungsgeschäft
-> Alle schuldrechtlichen Verträge, die auf die Veräußerung eines Grundstücks gerichtet sind (Kauf, Tausch, Schenkung, etc.)
-> § 311b I BGB auf § 4 III WEG und § 11 II ErbbauG anwendbar
Nicht erfasst werden Verträge über nur zeitweilige Überlassung eines Grundstücks (Miete, Pacht, etc.) oder dessen Belastung mit einem beschränkt dinglichen Rechte
=> § 311b I BGB gilt für den gesamten Vertragsinhalt, dh sind einzelene Abreden nicht beurkundet, sind diese nach §§ 311b I 1, 125 BGB nichtig (und damit im Zweifel gem. § 139 BGB der gesamte Vertrag)
Das Verfügungsgeschäft richtet sich nach den §§ 873, 925 BGB
-> Voraussetzungen:
Dingliche Einigung zwischen Berechtigtem und Erwerber über den Eigentumsübergang (Auflassung) bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile vor dem Notar
Eintragung des Eigentumsübergangs in das Grundbruch
Arten vorvertraglicher Schuldverhältnisse
Geregelt in § 311 II BGB:
1. Aufnahme von Vertragsverhandlungen, § 311 II Nr. 1 BGB
= Vorvertragliches Schuldverhältnis entsteht mit dem Beginn der Vertragsverhandlungen und endet mit deren Beendigung oder einem Vertragsschluss
2. Vertragsanbahnung, § 311 II Nr. 2 BGB
= Geschädigter muss dem anderen Teil im Hinblick auf die in Aussicht genommene geschäftliche Beziehung die Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen ermöglicht haben
-> Eine feste Kaufabsicht ist nicht erforderlich, es genügt, wenn sich der Kunde lediglich informieren will
3. Ähnliche geschäftliche Kontakte, § 311 II Nr. 3 BGB
= Beteiligten sind in einen geschäftlichen (nicht sozialen oder gesellschaftlichen) Kontakt getreten, der so weit vor Vertragsschluss liegt, dass man noch nicht von einer Vertragsanbahnung iSd § 311 II Nr. 2 BGB sprechen kann
-> Kann auch auf einen nichtigen Vertrag oder geschäftliche Kontakte, die überhaupt nicht auf einen Vertragsabschluss abzielen (z.B. Bankauskunft an Nichtkunden) angewendet werden
= Ein Dritter wird in den Schutzbereich des Schuldverhältnisses miteinbezogen mit der Folge, dass er bei einer Schutzpflichtverletzung nach § 241 II BGB eigene Schadensersatzansprüche gegen den Schuldner geltend machen kann
=> Haftungsrisiko des Schuldners wird dadurch erweitert, sodass eigener Schadensersatz des Dritten nur unter folgenden Voraussetzungen entsteht:
I. Schuldverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner
II. Voraussetzungen des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Dritter
1. Leistungsnähe des Dritten
= Dritter kommt bestimmungsgemäß mit der Leistung des Schuldners in Berührung und ist deshalb den damit verbundenen Risiken (Schutzpflichtverletzungen) in gleichem Maße wie der Gläubiger ausgesetzt
2. Berechtigtes Interesse des Gläubigers an der Einbeziehung des Dritten in den Schutzbereich des Schuldverhältnisses
> Bei Körper- und Sachschäden
= Wenn der Gläubiger für das “Wohl und Wehe” des Dritten mitverantwortlich ist
3. Erkennbarkeit und Zumutbarkeit von 1. und 2. für den Schuldner
4. Schutzbedürftigkeit des Dritten
(III. Keine Einwendungen des Schuldners)
IV. Rechtsfolge: Eigener Schadensersatzanspruch des Dritten gegen den Schuldner
Sachwalterhaftung
Arten der Schuld
Art der Schuld
Leistungshandlung
Leistungs- und Erfolgsort
Holschuld
= Gläubiger muss den Leistungsgegenstand beim Schuldner abholen
Bringschuld
Schickschuld
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