Welche Rechte/AGL dienen dem Schutz des Besitzes?
§ 859 BGB
§ 861 I BGB
§ 862 I 1 und I 2 BGB
§ 867 S. 1 BGB
§ 867 S. 2 BGB
§ 1007 I oder II BGB
Was sind possessorischer und petitorischer Besitzschutz und worin unterscheiden sich diese?
Possessorischer Besitzschutz: Folgt unmittelbar aus dem faktischen Besitzverhältnis und räumt dem Besitzer bei Besitzentziehung oder -störung das Recht ein, die vorherigen Besitzverhältnisse wieder herzustellen.
§ 861 I BGB und § 862 I BGB
-> Es wird eine vorläufige Entscheidung darüber getroffen, wer Besitz an einer Sache haben darf.
Petitorischer Besitzschutz: Folgt aus dem Recht zum Besitz und räumt demjenigen Besitzer einen Herausgabeanspruch ein, wer das (bessere) Recht zum Besitz hat.
§ 1007 I und II BGB
-> Endgültige Regelung über die Besitzzuordnung.
Steht der Besitz auf unter deliktischem Schutz?
Ja - der Besitz stellt ein sonstiges Recht i.S.d. § 823 I BGB dar.
Danach kann der Besitzer SchE verlangen, sofern der andere das Besitzrecht des Besitzer widerrechtlich verletzt und ihm hieraus ein Schaden entstanden ist.
-> hier habe ich etwas nicht verstanden, lt. Fries ist es wie folgt:
§ 858 BGB stellt ein Schutzgesetz i.S.d. § 823 II BGB dar. Hieraus folgt, dass der Besitzer einer Sache von demjenigen einen Schaden ersetzt verlangen kann, der dessen Besitz in verbotener Eigenmacht stört oder entzieht.
Definition: verbotene Eigenmacht
Verbotene Eigenmacht liegt nach § 858 I BGB vor, wenn jemand dem Besitzer ohne dessen Willen den Besitz entzieht oder ihm im Besitz stört, sofern nicht das Gesetz die Entziehung oder Störung gestattet.
Zweck der verbotenen Eigenmacht?
Verhinderung von Selbstjustiz -> Wer meint, einen Anspruch auf Besitz zu haben oder einen vermeintlich unrechtmäßigen Besitz eines anderen unterbinden zu müssen, muss seine Ansprüche gerichtlich durchsetzen.
Ziel der Ansprüche ist die rasche Wiederherstellung des zuvor bestehenden Besitzverhältnisses oder die Beseitigung der Besitzstörung, weshalb gerichtliche Entscheidungen über §§ 861, 862 BGB regelmäßig im Wege der einstweiligen Verfügung aus § 935 ZPO ergehen.
§ 858 BGB stellt also klar, dass der/die Besitzentzug/-störung ohne gesetzliche Grundlage widerrechtlich ist und bildet die Grundlage für §§ 861, 862 BGB.
Welche Anforderungen sind an das Vorliegen der verbotenen Eigenmacht zu stellen?
In verbotener Eigemacht handelt, wer dem Besitzer ohne dessen Willen den Besitz entzieht oder ihn im Besitz stört, sofern nicht das Gesetz die Entziehung oder die Störung gestattet (Legaldef., § 858 BGB)
Besitzentziehung oder -Störung
Ohne den Willen des bisherigen Besitzers
Keine gesetzliche Gestattung
-> Ein Verschulden bzw. ein Bewusstsein der Rechtswidrigkeit ist nicht erforderlich.
Welche Rechtsfolgen entwachsen der verbotenen Eigenmacht?
§ 858 II BGB -> wer Besitz im Wege der verbotenen Eigenmahcht erlangt hat, hat fehlerhaften Besitz. Nach § 861 II und § 862 II BGB begründet fehlerhafter Besitz keine possessorischen Ansprüche -> begrenzter Besitzschutz.
§ 858 I BGB ist Schutzgesetz i.S.d. § 823 II BGB.
Possessorische Rechte des §§ 859 ff. BGB.
Wann liegt eine Besitzstörung vor?
Jegliche Beeinträchtigung der Herrschaftsbeziehung zwischen Besitzer und Sache stellt eine Störung dar -> weite Interpretation.
Vgl. insbesondere § 903 GB -> idR ist jede Eigentumsbeeinträchtigung auch eine Besitzbeeinträchtigung.
Bsp.: Licht-, Geräusch- oder Partikelimmissonen; sogat Überschwenken eines Kranarms.
Wann handelt man ohne den Willen des (bisherigen) Besitzers?
Eine Besitzstörung bzw. - entziehung ist nur dann nicht tatbestandsmäßig, wenn die andere Person zustimmt.
D.h., “ohne Willen” ist weit zu fassen, sodass gegen den Willen mit eingeschlossen ist.
Wann kommt eine gesetzliche Gestattung des Besitzentzugs in Betracht?
Verbotene Eigenmacht wäre es nicht, wenn das Gesetz die Besitzentziehung bzw. -störung gestatten würde.
gesetzliche Gestattunge bei:
§§ 227, 228 BGB: wer in Notwehr oder im Notstand handelt, handelt nicht widerrechtlich (mein Auto brennt, an der Einfahrt des Nachbarn steht sein Feuerlöscher; nutze ich diesen, handle ich im Notstand und mein Handeln ist nicht widerrechtlich).
§ 562b: Selbsthilferecht des Vermieters bei vorliegen eines Pfandrechts.
Gestattet ein Herausgabeanspruch die Vornahme verbotener Eigenmacht?
Nein -> Die Besitzentziehung als solche muss gestattet sein, nicht nur das Verlangen nach der Herausgabe.
Darf der Besitzer sich eigenhändig gegen Besitzentzug bzw. - störung wehren?
§ 859 BGB - Selbsthilfe des Besitzer = kleines Faustrecht im dt. Recht.
Welche Unterscheidung ist innerhalb § 859 BGB zu treffen?
Unterschieden werden kann zwischen der Besitzwehr und der Besitzkehr.
Besitzwehr: § 859 I BGB -> Der unmittelbare Besitzer darf sich gegen die verbotene Eigenamcht wehren. § 859 I BGB meint die Fälle, in welchem der unmittelbare Besitzer auch weiterhin unmittelbarer Besitzer ist -> man Wehrt sich vor der Anwendung verbotener Eigenmacht.
Bsp.:
Zwei Personen besitzen gemeinsam einen Brunnen. P2 pumpt ständig - ohne Absprache - Wasser aus dem Brunnen; P1 wehrt sich mit einer Ohrfeige dagegen (OLG Dresden).
Freischleppen der Garageneinfahrt.
Besitzkehr: § 859 II, III BGB -> Dem bisherigen Besitzer wurde der Besitz im Wege der verbotenen Eigenmacht bereits entzogen und nun will der bisherige Besitzer das ehemalige Besitzverhältnis wiederherstellen (Umkehr des Besitzes - Uni reverse Karte).
§ 859 II BGB -> Gegen den Dieb darf, zur Wiedererlangung des Besitzes, körperliche Gewalt angewandt werden (A nimmt B das Fahrrad weg; A schubst B im Umkehrschluss vom Fahrrad und nimmt es sich).
§ 859 III BGB -> Wird jemanden der an einem Grundstück entzogen, darf man sich des Besitzes sofort nach der Besitzentziehung wieder bemächtigen (Vermieter tausht da Schloss, Mieter bekommt das 3h später mit und bricht in seine Wohnung ein).
Tatbestandsvoraussetzungen des § 859 BGB
Der Besitzer hat ein Recht zur Selbsthilfe, wenn:
vorheriger unmittelbarer Besitz bestand
der andere verbotene Eigenmacht i.S.v. § 859 BGB anwendet und
die Gewaltanwendung verhältnismäßig ist.
Gilt das Selbsthilferecht nur zugunsten des Besitzers?
Nein -> § 860 BGB, Der Besitzdiener (§ 855 BGB) darf sich dem Selbsthilferecht ebenfalls bedienen.
Kann das Selbsthilferecht aus § 859 BGB nur gegen die Person angewandt werden, welche den Besitz entzogen hat?
Nein -> § 859 IV BGB:
Die gleichen Rechte stehen dem bisherigen Besitzer nach §§ 859 IV, 858 II BGB auch gegen Erben und
den Erwerber, welcher die Fehlerhaftigkeit des Besitzes bei Erwerb kannte.
Welche Rechte kann der bisherige Besitzer, bzw. d. in seinem Besitz gestörte Besitzer geltend machen, wenn der Besitzentzug/-störung nicht “frisch” ist?
In diesem Fall ist § 859 BGB nicht mehr anwendbar. Einschlägig sind weitere possessorische Rechte, nämlich §§ 861 I, 862 I BGB.
Wann ist die Ausübung eines possessorischen Rechts für den Besitzer stets ausgeschlossen?
Wenn der Besitz fehlerhaft (§ 858 BGB) ist.
Prüfungsaufbau § 861 I BGB
Denkbar ist, dass B einen Anspruch auf Herausgabe der Sache wegen Besitzentziehung gegen D aus § 861 I BGB hat. Vorausgesetzt wird:
Besitzentzug des Anspruchstellers
Durch verbotene Eigenmacht, § 858 I BGB
Fehlerhafter Besitz des Anspruchgegners, § 858 II BGB
Kein Ausschluss des Anspruchs nach § 861 II BGB
Kein Erlöschen des Anspruchs nach § 864 BGB
§ 861 I BGB - I. Besitzentzug des Anspruchsstellers
Der bisherige Besitzer müsste die tatsächliche Sachherrschaft (§ 854 I BGB) über die Sache verloren haben. Hierfür müsste dieser unmittelbaren Besitz ausgeübt haben. -> Inzidentprüfung unmittelbarer Besitz, § 854 I BGB.
§ 861 I BGB - III. Fehlerhafter Besitz des Anspruchsgegners - woraus kann sich fehlerhafter Besitz ergeben?
Der Anspruchsgegner könnte selbst den Besitz durch verbotene Eigenmacht (§ 858 BGB) erlangt haben -> § 858 II 1 BGB
Der Anspruchsgegner könnte Erbe eines Erblassers sein, der den Besitz durch verbotene Eigenmancht erlangt hat -> § 858 II 2 BGB.
Der Anspruchsgegner hat den Besitz an der Sache von jmd. erworben, der selbst fehlerhaften Besitz hatte und der Erwerber war in Kenntnis darüber, § 858 II 2 BGB.
§ 861 I BGB - IV. Erlöschen des Anspruchs - Regelungsinhalt?
Nach § 864 erlischt ein nach den §§ 861 , 862 BGB begründeter Anspruch, wenn dieser nicht binnen eines Jahres nach der Verübung der verbotenen Eigenmacht im Wege der Klage geltend gemacht wird.
Grund: Verfolgt der ehemalige Besitzer über ein Jahr hinweg nicht die Wiederherstellung des bisherigen Besitzverhältnisses, ist sein Interesse nicht mehr schutzwürdig.
§ 861 I BGB - IV. Erlöschen des Anspruchs - Besteht der Anspruch des Anspruchstellers, sofern nach der Verübung der verbotenen Eigenmacht ein Urteil ergeht, aus welchem sich ein Recht zum Besitz für den Anspruchgegener ergibt?
§ 864 II BGB -> Ergeht nach Verübung der verbotenen Eigenmacht ein rechtskräftiges Urteil, welches dem Täter die Herstellung eines Besitzstands zuspricht, erlischt der Anspruch aus § 861 I BGB.
§ 861 I BGB - IV. Erlöschen des Anspruchs - Erlischt der Anspruch nach § 864 II BGB, wenn der Täter vor Verübung der verbotenen Eigenmacht ein Urteil erwirkt, welches ihm ein Recht zum Besitz zuspricht?
Umstritten ist, ob § 864 II BGB auch gilt, wenn das Urteil, welches dem Täter ein Recht zum Besitz bestätigt (§ 985 BGB), bereits vor Verübung der verbotenen Eigemacht rechtskräftig geworden ist.
h.M.: Nein
Arg.: Wortlaut: § 864 II -> “nach der Verübung”
Arg.: Grundsatz, dass Gläubiger sein Recht im Wege der ZV und nicht durch Selbstjustiz zu verfolgen hat.
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