Fallbeispiel
Herr M. (29, verheiratet, eine Tochter (3)) arbeitete in
leitender Position in einer Software-Firma
Litt seit 2 Jahren unter Bluthochdruck, sonst keine
nennenswerten Erkrankungen
Häufig Kopfschmerzen, dann Schwindel, Übelkeit und
Erbrechen und Gangunsicherheit
Notfall in Akutklinik → Schlaganfall (linkshemisphärisch)
Jetziges Beschwerdebild:
▪ Gefühl ständiger Benommenheit, verminderte Konzentration und Verlangsamung, erhöhte Lärmempfindlichkeit, Gesichtsfeldausfall, Sprachstörung, geringe Belastbarkeit, kann voraussichtlich nicht in seinen Beruf zurück
—>Stellen Sie sich vor, Sie sind Herr M.
—>Welche Gedanken und Gefühle würden der Schlaganfall und dessen Folgen bei Ihnen auslösen?
—>Was würden Sie sich von Ihren Therapeut/-innen wünschen?
Gedanken und Gefühle:
Erschrocken, Ohnmacht, negative Gedanken, Hoffnung auf
Hilfe durch Familie und Klinik, Orientierungslosigkeit
Schuldgefühle, Was wäre wenn, Gedankenspiralen
Selbstwerteinbruch
Angst (weiterer Schlaganfall?), finanzielle Sorgen
Selbstständigkeit weg, Angewiesen sein, Belastung für
Andere
Vertrauensverlust in den eigenen Körper
Feinfühliger hinsichtlich Symptome
Angst um Beziehung
Wünsche an Therapeut/-innen
Verständnis, Hilfestellungen im Alltag, Erfahrungen anderer
Patient*innen
Gemeinsame Ziele
Verständliche Erklärungen/Psychoedukation
Individuelle Therapie/Verfahren
Wie erreiche ich die Ziele? Struktur und „Fahrplan“
Ehrlichkeit
Leben nach einer Hirnverletzung Video
Take home messages aus dem Video?
Alltagssituationen wie zum Beispiel zuhören, konzentrieren, Bestellungen oder so zu merken etc. schwierig für Leute mit Neurologischen Erkrankungen. „Man sieht dir gar nicht an, dass du eine Neurologische Erkrankung hast“ = Kein Kompliment, oft verletzend.
Was sind Gesichtsfeldausfälle?
-Gesichtsfeldausfall : das man zum Beispiel Augen hat aber auf einem Teller Schnitzel und Salat hat, aber zum Beispiel den Salat auf der rechten Seite nicht sieht
Themen der Vorlesung
Experimentelle und klinische Neuropsychologie; Arbeitsbereiche
Neuropsychologische Diagnostik, Vorstellung von Testverfahren
Methoden der kognitive Neurowissenschaft
Störung kognitiver Funktionen
▪ Aufmerksamkeit
▪ Neglect
▪ Gedächtnis
▪ Exekutivfunktionen
Symptome, anatomische Grundlagen, Modelle, Diagnostik, Rehabilitation
Demenzen und Demenzdiagnostik
Arbeitsbereiche der Experimentellen und Klinischen Neuropsychologie
Was ist experimentelle Neuropsychologie?
Welche Tätigkeitsfelder fallen Ihnen ein?
Die Experimentelle Neuropsychologie:
—> Untersucht:
neuronale Grundlagen von Verhalten und Erleben mit wissenschaftlichen Methoden (zb. Experimenten)
Aufmerksamkeitsfunktionen, die Lernfähigkeit und Gedächtnisfunktionen, Sprech-, Sprach- und Kommunikationsfähigkeit, Planen und Handeln sowie Wahrnehmungsfunktionen
Emotion und Motivation
Entwicklung von Methoden
Ist methodisch ausgerichtet, es werden Methoden entwickelt, Wie ist etwas messbar
Interdisziplinär ausgerichtet (Psychologie, Neurologie, Neuroanatomie, Neurophysiologie)
Was ist Klinische Neuropsychologie?
Wissenschaftliches Anwendungsgebiet der allgemeinen und
experimentellen Neuropsychologie
Beschäftigt sich mit Veränderungen des Verhaltens
und Erlebens nach Erkrankungen und Verletzungen des
Zentralnervensystems
Diagnostik und Therapie von Patient*innen mit
Hirnfunktionsstörungen, z.B. Wahrnehmung, Aufmerksamkeit, Lernen und Gedächtnis, Sprache, Planen und Handeln
Interdisziplinär ausgerichtet (Psychologie, Neurologie,
Neuroanatomie, Neurophysiologie, …)
Ätiologie (Ursache, Auslöser)
Welche Auslöser/Ätiologien von Hirnfunktionsstörungen kennen Sie?
▪ traumatische Schädigungen des Gehirns wie Schädelprellung,
Schädelbruch, Hirntraumen, Gehirnerschütterung
▪ Schlaganfälle
▪ entzündliche Krankheiten (z.B. Meningitis)
▪ epileptische Erkrankungen
▪ frühkindliche Schädigungen und Entwicklungsstörungen des ZNS
▪ vaskuläre und degenerative Demenzformen
▪ Parkinsonsche Erkrankung
▪ raumfordernde Prozesse (Tumore)
▪ Viruserkrankungen (z.B. COVID-19)
Welche Funktionsbereiche schauen wir uns an
WELCHE FUNKTIONSBEREICHE UNTERSUCHT DIE NEUROPSYCHOLOGIE
und was ist das Ziel der Untersuchung?
Visuelle Wahrnehmung (u.a. Gesichtsfeldausfälle, Agnosien)
Akustische / taktile / olfaktorische Wahrnehmung
Neglect
Räumliche Störungen
Aufmerksamkeitsstörungen
Gedächtnisstörungen
Exekutive Störungen
Störungen der Sprache (Neurolinguistik)
Rechenstörungen
Motorische Störungen
Affektive und emotionale Störungen
Verhaltensstörungen
Krankheitseinsicht und Krankheitsverarbeitung
Ziel der Untersuchung:
detaillierten Überblick über die vorhandenen Probleme,
aber auch die Stärken, gewinnen
Ansatzpunkte für Therapieplanung und –durchführung
erhalten
Überprüfung des Therapieerfolgs
Neuropsychologische Therapie
Was weißt du dazu
dient der Behandlung von organisch bedingten psychischen Störungen durch spezielle Therapiemethoden und -programme
Ist wissenschaftlich begründet
Ziel: vorhandene Probleme beseitigen oder so weit wie möglich verringern (Funktionen wieder herstellen)
verhilft Patient/-innen und Angehörigen eine bessere Einsicht in die aktuellen Probleme zu gewinnen, Strategien zu entwickeln und Hilfsmittel einzusetzen (Kompensation)
findet in Kliniken (stationär, teilstationär) oder ambulant
statt
ambulante Versorgung nützlich, denn häufig werden
Störungen erst nach einem langen Klinikaufenthalt
deutlich, z.B. bei
▪ aggressiven Impulsen
▪ in komplexen Situationen des Alltags (z.B. Entscheidungen treffen, Finanzen regeln)
viele Betroffene sind mit sich und ihrem Zustand
unzufrieden -> Depressionen, Angst und Anspannung bei
Patient*innen und Angehörigen
Was machen Neuropsychologen? Zusammenfassung
stellen Erkrankung und Persönlichkeit in den Mittelpunkt
verschaffen sich ein umfassendes Bild der bisherigen
Krankengeschichte, der aktuellen und früheren
Lebenssituation
erfassen mit einer ausführlichen Diagnostik die Probleme
und Fähigkeiten
analysieren die Anforderungen und Aktivitäten im
Alltagsleben
beraten über die therapeutischen Möglichkeiten
entwickeln gemeinsam mit Patient*innen eine
Zielvorstellung vom künftigen Leben
planen gemeinsam mit Patient*innen Therapieschritte
zurück in die Selbständigkeit
fördern beeinträchtigte Fähigkeiten durch gezielte
Funktionstherapien
erproben und üben den Umgang mit konkreten
Alltagsanforderungen
leiten zur „Hilfe zur Selbsthilfe“ an
unterstützen bei der Bewältigung von depressiven und
aggressiven Gefühlszuständen, von Ängsten und
Selbstunsicherheit und von Konflikten mit Bezugspersonen
stehen Angehörigen als Beratung zur Verfügung
bereiten Alltags- und Berufserprobungen vor und begleiten
diese
verfassen Gutachten
gewährleisten eine kontinuierliche alltagsorientierte
Erfolgskontrolle und Stabilisierung der Therapieerfolge
WER BEZAHLT AMBULANT TÄTIGE
KLINISCHE NEUROPSYCHOLOGEN?
Gesetzliche Krankenversicherung (GKV):
Seit Februar 2012 Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung
Abrechnung kann bei einem kassenzugelassenen Neuropsychologen direkt über die Gesundheitskarte erfolgen
neuropsychologische Versorgung derzeit noch nicht flächendeckend gewährleistet, daher auch Kostenerstattung möglich
Private Krankenversicherung (PKV):
Abrechnung analog zu anderen Psychotherapieziffern, z. B.
Verhaltenstherapie oder Psychodynamischen Psychotherapie
Vorab Rücksprache mit der privaten Krankenversicherung erforderlich
Beihilfe:
nach der Bundesbeihilfeverordnung und nach einigen
Landesbeihilfeverordnungen beihilfefähig
Gesetzliche Unfallversicherung (Berufsgenossenschaften):
Berufsgenossenschaften vergüten auf der Grundlage einer
Vereinbarung mit der GNP
Kostenübernahme, wenn die neuropsychologischen
Störungen als Folge eines Arbeitsunfalls anerkannt sind
Gesellschaft für Neuropsychologie (GNP) E.V.
was weißt du dazu? und was ist das Ziel?
https://www.gnp.de/
gemeinnützige wissenschaftliche Fachgesellschaft
vertritt fachliche und berufspolitische Interessen von
Neuropsycholog*innen (z.B. in Forschung, Klinik &
ambulant, Pharmazie, Forensik)
Arbeitskreise, Kleingruppen der GNP und zunehmend
Regionalgruppen eine Möglichkeit zur Weiterbildung, zur
kollegialen Supervision und zur Koordination von
Forschungsinteressen
Ziel:
Wissenschaft und Arbeit im klinischen Bereich fördern
unterstützt Forschung durch:
▪ regelmäßige Tagungen, Förderpreis, Finanzierung, Herausgabe
der Zeitschrift für Neuropsychologie, Austausch und Kooperation
mit anderen nationalen und internationalen Fachgesellschaften
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