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strafrecht AT Erfolgskontrolle

DL
by Denise L.

1) Welche Arten der Kausalität gibt es?

aa) Kumulative Kausalität Mehrere, unabhängig voneinander vorgenommene Handlungen führen erst in ihrem Zusammentreffen den Erfolg herbei.

Beispiel: K und B haben unabhängig voneinander den Entschluss gefasst, V zu vergiften. Beide wählen eine zu geringe Dosis, erst gemeinsam bewirken sie den konkreten tatbestandlichen Erfolg. Dächte man eine der beiden Giftdosen weg, wäre der konkrete tatbestandliche Erfolg – Tod durch die Giftdosen von K und B ausgeblieben.

Kausalität jeder der beiden Handlungen ist zu bejahen.


bb) Alternative Kausalität Mehrere, unabhängig voneinander gesetzte Bedingungen wirken zusammen, die für sich alleine zur Erfolgsherbeiführung ausgereicht hätten.

Beispiel: K und B haben unabhängig voneinander den Entschluss gefasst, V zu vergiften. Dieses Mal wählen beide die zur Tötung ausreichende Dosis. V stirbt. Dächte man eine der beiden Dosen weg, stürbe V dennoch durch die Dosis des Anderen. Dieses Ergebnis erscheint nicht plausibel. Daher modifiziert die herrschende Meinung für diese Fälle die Äquivalenztheorie unter der Maßgabe, dass die Bedingungen zwar alternativ, nicht aber kumulativ hinweggedacht werden können.


cc) Fortwirkende Kausalität Unter diese Fallgruppe fallen Sachverhalte, in denen der Zweittäter an die vom Ersttäter gesetzte

Bedingung anknüpft. Beispiel: K schießt auf V, um diesen zu töten. Er lässt den schwerverletzten V liegen und verlässt den Tatort. B, der V schwerverletzt auf der Straße liegen sieht, nutzt die günstige Gelegenheit und tötet V. Dächte man den Schuss des K weg, läge V nicht dort und B hätte nicht geschossen. Kausalität daher sowohl bezüglich der Handlung des K als auch der des B (+)


dd) Abgebrochene Kausalität Die Erstbedingung wirkt nicht bis zum Erfolgseintritt fort, denn ein späteres Zweitereignis setzt

unabhängig von der früher gesetzten Bedingung eine neue Ursachenreihe in Gang, die allein den Erfolg herbeiführt. Beispiel: K versendet an V vergiftete Pralinen. Noch bevor diese bei V eintreffen, erschießt B

den V. Dächte man die Handlung des K, also das Versenden des Giftes hinweg, so wäre der konkrete tatbestandliche Erfolg (Tod durch Erschießen) dennoch eingetreten. Die Handlung des K war folglich nicht kausal für den Tod des V.

2)  Welche Fallgruppen führen zum Entfall der objektiven Zurechnung?


aa) Eine rechtlich missbilligte Gefahr und damit eine objektive Zurechnung des Erfolgs wird abgelehnt in den Fällen des erlaubten Risikos und in den Fällen der Risikoverringerung:

Erlaubtes Risiko: Objektiv nicht zurechenbar ist ein Erfolg, der aus einem Verhalten stammt, das sich noch im

Rahmen des allgemeinen Lebensrisikos bzw. des von der Gesellschaft tolerierten Risikos hält und daher als sozialadäquat anzusehen ist.

Risikoverringerung: Die drohende Rechtsgutsverletzung wird vermindert.

Beispiel: Karlo schubst Benno weg, um ihn vor einem herabstürzenden Ast zu schützen. Benno zieht sich bei dem Sturz einige Schürfwunden am Knie zu.

bb) In folgenden Fällen wird angenommen, dass sich die Gefahr nicht im konkreten tatbestandlichen Erfolg realisiert. Eine objektive Zurechnung des Erfolges wird mithin abgelehnt.

Atypische Kausalverläufe:

Der Eintritt des tatbestandlichen Erfolges auf diese Art und Weise liegt außerhalb jeder Lebenswahrscheinlichkeit. Beispiel: N überredet seinen Onkel, von dem er sich eine ansehnliche Erbschaft erhofft, zu einer Flugreise. Das Flugzeug stürzt, wie von N erhofft, ab.

Freiverantwortliche Selbstschädigung bzw. Gefährdung des Opfers:

Objektiv nicht zurechenbar ist fern ein Erfolg, der aus einer Verhaltensweise entstammt, die erst zusammen mit einer eigenverantwortlich gewollten und verwirklichten Selbstverletzung oder Selbstgefährdung des Opfers diesen tatbestandlichen Erfolg verwirklicht. Notwendig hierfür ist allerdings, dass das Opfer freiverantwortlich handelt, also die Gefahren im selben Maße erkennt wie der Täter und dennoch die gefährdende Handlung vornimmt. Opfer hat Tatherrschaft.

Beispiel: B schenkt seinem Freund F zwei Flaschen Gin. F trinkt zu viel auf einmal und erleidet eine schwere Alkoholvergiftung. Ursächlich für die Körperverletzung des F ist B jedenfalls dann nicht, wenn F freiverantwortlich den Gin getrunken hat.

Eigenverantwortliches Dazwischentreten eines Dritten:

Diese Fälle zeichnen sich dadurch aus, dass eine dritte Person eine neue, an die ursprüngliche Handlung anknüpfende, selbstständig auf den Erfolg hinwirkende Gefahr begründet, die sich dann auch allein im konkreten Erfolg realisiert (in weiten Bereichen umstritten; anerkannt nur bei vorsätzlichem Dazwischentreten Dritter).Schutzzweck der Norm:

Objektiv nicht zurechenbar ist ein Erfolg, der aus einer Verhaltensweise entspringt, die zwar an sich pflichtwidrig ist, die jedoch ganz andere tatbestandsmäßige Erfolge verhindern will als denjenigen, der tatsächlich eingetreten ist. So kann beispielsweise ein Verkehrsunfall einem Autofahrer nicht allein wegen einer bereits 1 km früheren Überschreitung der zulässigen

Höchstgeschwindigkeit mit der Begründung zugerechnet werden, dass das Fahrzeug bei Beachtung der Höchstgeschwindigkeit erst später an den Unfallort gelangt wäre. Der Schutzzweck der Geschwindigkeitsregelung besteht nämlich nicht darin zu verhindern, dass ein Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt an einen bestimmten Ort gelangt. Vielmehr setzt eine objektive Zurechnung voraus, dass bei Einhaltung der zulässigen Geschwindigkeit zum Zeitpunkt des Eintritts der kritischen Verkehrssituation der Unfall vermeidbar gewesen wäre. Es muss sich also gerade die auf das zu schnelle Fahren zurückzuführende Gefahrenlage aktualisiert haben.

3)  Erklären Sie die Behandlung von error in persona vel in objecto und der aberratio ictus!


aa) Error in persona vel in objecto

Beim error in persona vel in objecto handelt es sich um einen in der Person des Täters liegenden Tatsachenirrtum. Der Täter verwechselt zum Zeitpunkt des unmittelbaren Ansetzens die Tatobjekte. Der Tatentschluss des Täters ist auf ein ganz bestimmtes Tatobjekt gerichtet. Die Identitätsverwechslung führt dazu, dass zwar das Objekt getroffen wird, auf das sich z. Zt. der Tat (§ 8 StGB) der Vorsatz konkretisiert hat, also dem gegenüber der Täter die Handlung vornimmt, der Täter trifft aber dennoch nicht das von ihm ursprünglich vorgestellte Objekt. Dieser Irrtum ist – da „zum gesetzlichen Tatbestand“ im Sinne des § 16 Abs. 1 S. 1 StGB nur die tatbestandliche Qualität, nicht aber die Identität des Tatobjekts gehört, bei „tatbestandlicher Gleichwertigkeit“ unbeachtlich. Das bedeutet, dass die Voraussetzungen des § 16 Abs. 1 S. 1 StGB nicht vorliegen, folglich der Vorsatz zu bejahen ist. Bei tatbestandlicher Ungleichwertigkeit (z. B. Mensch – Sache) ist der Irrtum beachtlich, § 16 Abs. 1 S. 1 StGB ist zu bejahen und der Vorsatz entfällt.

Beispiel: A will B erschießen. Zufällig kommt C daher, was A nicht erkennt. Er meint im Augenblick der Abgabe des Schusses, es handele sich um B. B stirbt.

In diesem Fall hat A den objektiven Tatbestand des § 212 StGB erfüllt. Ob er vorsätzlich handelte, könnte hier fraglich sein, da er nicht den C, sondern B töten wollte. Zu verneinen wäre der Vorsatz dann, wenn es sich bei der Identität des Opfers um ein Merkmal handelte, das im Sinne des § 16 StGB zum gesetzlichen Tatbestand gehörte. Dies ist jedoch nicht der Fall. Der Tatbestand des § 212 StGB verlangt, dass ein Mensch getötet wird, was vorliegend zu bejahen ist. Der Vorsatz des A bezog sich im Zeitpunkt der Abgabe des Schusses auf die Tötung eines Menschen, so dass Vorsatz zu bejahen ist.

Bei tatbestandlicher Ungleichwertigkeit zwischen vorgestelltem und getroffenem Tatobjekt ist der Irrtum beachtlich und folgendermaßen zu prüfen:

Beispiel: A will des nachts B im Wald erschießen. Er weiß, dass B Jäger ist und sich um eine bestimmte Uhrzeit auf dem Hochsitz aufhält. Daher lauert A dem B gegen 01.00 Uhr auf, indem er sich hinter einem Busch versteckt und darauf wartet, dass B den Hochsitz verlässt. Plötzlich bemerkt A nach einem kurzen Moment der Unaufmerksamkeit eine Gestalt vor dem Hochsitz. In dem Glauben, es handele sich um B, legt er an und trifft einen ausgewachsenen Keiler.

In diesem Fall hat A bereite den objektiven Tatbestand des § 212 StGB nicht erfüllt. Er hat nicht, wie das Gesetz es verlangt, einen Menschen getötet. Der Keiler ist eine Sache im Sinne des § 303 StGB (trotz der zivilrechtlich anderslautenden Regelung des § 90a BGB; danach sind Tiere zwar keine Sachen, auf sie finden jedoch die für Sachen geltenden Vorschriften grundsätzlich entsprechend Anwendung. Die Sacheigenschaft von Tieren i.S.d. § 303 StGB bleibt hingegen erhalten, um dem Anliegen des Gesetzgebers, durch die neue gesetzliche Regelung den strafrechtlichen Schutz von Tieren keinesfalls zu schmälern, gerecht zu werden). Allerdings fehlt es bei wildlebenden Tieren an der Fremdheit der Sache. Die objektiven Voraussetzungen der Jagdwilderei nach § 292 Abs. 1 Nr. 1 StGB sind zwar gegeben (in der Variante des Erlegens), jedoch ist § 292 StGB ein Vorsatzdelikt. A kannte die tatsächlichen Umstände jedoch nicht, weil er nicht wusste, dass er auf einen wild lebenden Keiler schießt, der dem Aneignungsrecht des Jagdpächters unterliegt. Vorsatz und damit § 292 StGB sind folglich zu verneinen. Fahrlässige Jagdwilderei ist nicht unter Strafe gestellt. Was bleibt, ist ein versuchtes Tötungsdelikt. Wiederholen Sie insoweit die Voraussetzungen des Versuchs, wie sie in Kurs 1 (Aufbau der Straftat) beschrieben sind.

Weiteres Beispiel: A will einen Keiler schießen und meint, ein starkes Stück vor der Büchse zu haben. Tatsächlich handelt es sich um B. A legt an und trifft B tödlich.

A hat den objektiven Tatbestand des § 212 StGB erfüllt. Allerdings kannte er im Augenblick der Tathandlung das Merkmal Mensch, welches zum gesetzlichen Tatbestand gehört, nicht, § 16 Abs. 1 S. 1 StGB. Eine fährlässige Tötung nach § 222 StGB ist jedoch zu bejahen. Bezüglich des Keilers liegt ein vollendetes Delikt der Jagdwilderei nicht vor; mangels Versuchsstrafbarkeit (§ 292 Abs. 1 i.V.m. § 23 Abs. 1, § 12 Abs. 2 StGB) kommt insoweit auch kein Versuch in Betracht.

bb) Aberratio ictus

➔ Bei der Aberratio ictus liegt ein Fehlgehen der Tat vor. Der Angriff verfehlt das konkret anvisierte Tatobjekt und trifft stattdessen ein anderes. Es handelt sich demnach um einen außerhalb der Person liegenden Umstand.

(1) Konkretisierungstheorie1

Nach dieser Ansicht ist, da der Vorsatz bei Vornahme der Tathandlung bereits konkretisiert ist, ein Irrtum immer beachtlich, § 16 Abs. 1 S. 1 StGB ist daher zu bejahen, so dass der Vorsatz entfällt.

(2) Formelle Gleichwertigkeitstheorie2

Diese Ansicht geht davon aus, dass bei Gleichwertigkeit der Tatobjekte der Irrtum unbeachtlich ist, so dass § 16 Abs. 1 StGB zu verneinen, folglich der Vorsatz zu bejahen ist. Argumentativ wird darauf abgestellt, dass das Gesetz seinem Wortlaut nach abstrakt formuliert, solange also dieselbe Gattung getroffen wird, muss der Irrtum unbeachtlich sein.

Die Meinung hingegen unterstellt in diesen Fällen generellen Vorsatz und differenziert nicht danach, ob der Vorsatz konkretisiert ist. Die Gleichbehandlung von error in persona und aberratio ictus, so das Argument dieser Ansicht, sei nicht sachgerecht, denn diese Irrtümer sich in unterschiedlichen Deliktsstadien befänden und auf interne bzw. externe Umstände zurückzuführen seien.

Beispiel: K visiert B an, um diesen zu töten. Er schießt – just in diesem Moment bückt sich B und K trifft den hinter B laufenden X tödlich.

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Denise L.

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