Zweckmäßigkeit: “Ob” der Klageerhebung
Rechtmäßiger Bescheid
Wie ist bei einem rechtmäßigen Bescheid weiter vorzugehen?
Grundsatz: Abraten von gerichtlichem Vorgehen.
Klage bereits erhoben: Rücknahme trotz Kostentragung (§ 155 Abs. 2 VwGO), weil Gerichtskosten von 3,0 auf 1,0 Gebührensätze ermäßigt werden (Nr. 5111 Nr. 1 der Anlage 1 zum GKG)
Praktischer Teil: Kostenfolge im Mandantenschreiben erläutern
Sollte zusätzlich vorläufiger Rechtsschutz beantragt werden?
Rechtsschutzbegehren Mandant maßgebend
Woran ist bei Form- oder verfahrensfehlerhafter/ermessensfehlerhafter VA zu denken? Kann eine Klage trotzdem zweckmäßig sein?
Heilung § 45 VwVfG im gerichtlichen Verfahren
Klage trotzdem zweckmäßig, um Bestandskraft zu verhindern und Zeitgewinn für Mandant. Zudem keine Kostenfolge bei wirksamer Heilung, weil Rechtsstreit wohl übereinstimmend für erledigt erklärt werden kann und bei der Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO das Verschulden der Behörde zu berücksichtigen ist (§ 155 Abs. 4 VwGO). Allerdings im Mandantenschreiben darauf hinweisen, dass dies eine gerichtliche Ermessensentscheidung sei, die nach § 158 Abs. 2 VwGO unanfechtbar ist (ein gewisses Risiko besteht also schon)
Wann ist ein zusätzlicher Annexantrag (§ 113 Abs. 1 S. 2 VwGO) zweckmäßig? Was ist kostenrechtlich zu beachten? Welche Art von Antrag ist der Annexantrag?
Zweckmäßig, wenn Verwaltungsakt bereits vollzogen, da Zeitgewinn. Rechtskraft des Anfechtungsurteils muss nicht abgewartet werden, denn vorläufig vollstreckbar sind nur die Kosten (§ 167 Abs. 2 VwGO).
Kostenrechtlich ist Annexantrag sinnvoll, da in der Regel nur § 45 Abs. 1 S. 3 GKG Anwendung findet (nur höherer Wert maßgebend für Streitwert).
Art des Antrags
Leistungsantrag, sofern Rückgängigmachung durch schlichtes Verwaltungshandeln.
Verpflichtungsannexantrag, sofern die Rückgängigmachung der Vollzugsfolgen VA voraussetzt (Beispiel: Drittanfechtung einer Baugenehmigung mit Verpflichtungsantrag auf Erlass einer Beseitigungsverfügung).
Da es sich um eine objektive Klagehäufung handelt (str.), kurz § 44 VwGO bejahen.
Materiell setzt der Antrag voraus, dass die Voraussetzungen des Vollzugs-FBA erfüllt sind und die Sache spruchreif ist. Spruchreife fehlt, wenn behördlicher Ermessensspielraum besteht. Zur Formulierung des Annexantrags im praktischen Teil siehe Skript „Verwaltungsgerichtliches Urteil“.
Wann ist eine Verbindung von Anfechtungs- mit einer Leistungsklage (§ 113 Abs. 4 VwGO) möglich, wann ist sie zweckmäßig? Wie grenzt sich die Situation von § 113 Abs. 1 S. 2 VwGO ab?
Folgeansprüche, die sich aus der Aufhebung des VA ergeben, z. B. Anfechtung einer Entlassung aus dem Beamtenverhältnis verbunden mit einem Antrag auf Nachzahlung der infolge der Entlassung nicht geleisteten Besoldung).
Zweckmäßig, weil anderenfalls zunächst Rechtskraft des Anfechtungsurteils abgewartet werden müsste.
Abgrenzung zu § 113 Abs. 1 S. 2 VwGO: Speziellere Regelung nur für die Rückgängigmachung des Vollzugs der Regelung. § 113 Abs. 4 VwGO setzt zusätzlich, grundsätzlich von der Regelung des Ausgangs-VA unabhängiges Leistungsbegehren voraus.
Erhebung einer Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO)
Wann ist eine Untätigkeitsklage zulässig? Was ist zu beachten, wenn vor Ablauf der Sperrfrist eine Untätigkeitsklage erhoben wird und eine positive Entscheidung der Behörde ergeht?
Welche Möglichkeiten hat der Kläger, wenn nach erhobener Untätigkeitsklage eine negative Entscheidung der Behörde ergeht?
Nur zulässig, wenn Sperrfrist im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abgelaufen ist. Klage kann zwar schon vorher erhoben werden und „in die Zulässigkeit hineinwachsen“, allerdings Kostenrisiko: Sofern innerhalb Sperrfrist gem. § 75 S. 3 VwGO eine für den Kläger positive Entscheidung ergeht, erledigt sich das Klageverfahren. Die Kostenentscheidung nach § 161 Abs. 2 VwGO dürfte dabei zulasten Kläger gehen.
Negative Entscheidung der Behörde nach erhobener Untätigkeitsklage
Möglichkeit 1: Kläger kann Rechtsstreit für erledigt erklären (Kostenfolge: § 161 Abs. 2 VwGO)
Möglichkeit 2: Kläger kann einen zurückweisenden Widerspruchsbescheid in das (Verpflichtungs-)Klageverfahren einführen. Auch außerhalb Klagefrist möglich, da die Regelung im Ausgangsbescheid schon rechtshängig ist.
Möglichkeit 3: Einen negativen Ausgangsbescheid muss Kläger zunächst nach §§ 68 ff. VwGO mit dem Widerspruch anfechten, das gerichtliche Verfahren nach § 75 VwGO wird dann ausgesetzt (§ 94 S. 1 VwGO oder § 75 S. 3 VwGO analog [BVerwG]). Ausführlicher noch dazu Kaiser, S. 226.
Auf welche Gerichtskosten und anwaltliche Gebühren ist der Mandant hinzuweisen?
Gerichtskosten 3,0 Gebühr (Nr. 5110 der Anlage 1 zum GKG). Höhe richtet sich nach Streitwert nach § 52 GKG und Streitwertkatalog, Auffangstreitwert 5.000 € (§ 52 Abs. 2 GKG). Dies ergäbe nach Anlage 2 GKG Gerichtskosten von 3,0 * 151 € = 483 €
Anwaltsgebühr:
1,3 Verfahrensgebühr (Nr. 3100 VV RVG), Anrechnung bei vorherigem Verwaltungsverfahren von 0,75 (Amt. Vorbemerkung 3 IV).
1,2 Terminsgebühr (Nr. 3104 VV RVG)
Auslagen 20 € (Nr. 7002 VV RVG) und Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV RVG)
Erklärung der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigen im Vorverfahren (§ 162 Abs. 2 S. 2 VwGO)
Entscheidung ergeht nur auf Antrag (str.), daher Antrag stellen.
Im praktischer Teil unter „II“ kurz darstellen, aus welchem Grund es dem Kläger nach individuellen Fähigkeiten nicht zuzumuten war, das Vorverfahren selbst zu führen.
Vergleichsabschluss als Alternative zum gerichtlichen Verfahren
Was ist beim Mandantenbegehren, im Gutachten, in der Zweckmäßigkeit und im praktischen Teil zu erörtern?
Mandantenbegehren: Knapper Hinweis auf außergerichtlichen Vergleichsabschluss (§ 54 ff. VwVfG) bzw. verfahrensbeendigende Wirkung durch Prozessvergleich (§ 106 VwGO)
Gutachten:
Erfolgsaussichten der Klage, die möglicherweise offen und unsicher sein werden.
Prüfung der materiellen Voraussetzungen der §§ 54 ff. VwVfG
Prüfung prozessual nach § 106 VwGO, etwa den nach § 105 VwGO i. V. m, § 162 Abs. 1 S. 1 ZPO erforderlich „v.u.g.-Vermerk“. Beachte, dass ein bereits notwendiger Beigeladener (§ 65 Abs. 2 VwGO) zustimmen muss. Da man sich voraus sicherlich außerhalb der mündlichen Verhandlung befindet, sollte kurz betont werden, dass dem VG ein Vergleichsvorschlag zuzuleiten ist, den dieses gem. § 106 S. 2 VwGO per Beschluss den Beteiligten unterbreitet
Zweckmäßigkeit: Vergleich sinnvoll, wenn/weil
Erfolgsaussichten eines gerichtlichen Rechtsbehelfs offen
Zeit- und kostenaufwändige Beweisführung wird vermieden
Vollstreckungstitel ist (§ 168 Abs. 1 Nr. 3 VwGO).
Kostenrechtlich: Gerichtskosten (Nr. 5110 der Anlage 1 zum GKG) + Anwaltsvergütung in Form einer Einigungsgebühr (Nr. 1000 VV RVG)
Praktischen Teil: Vergleich entwerfen. Dabei darauf achten, dass dieser einen vollstreckungsfähigen Inhalt hat. Ratsam ist die Aufnahme einer Kostenregelung. Ggf. an Widerrufsvorbehalt denken.
Zweckmäßigkeit: “Wer” sollte Klage erheben?
Wonach ist bei einer Streitgenossenschaft zu achten? In welchem (einzigen) Fall ist eine gemeinsame Klage aller Streitgenossen zwingend?
Grundsatz: Vorschriften der Streitgenossenschaft gem. §§ 59–63 ZPO gelten. Die wichtigsten Fallgruppen finden sich bei Kopp/Schenke, VwGO, § 64 Rn. 4 ff.
I. Einfache Streitgenossenschaft (§§ 59, 60 ZPO): Einzelne Streitgenossen bleiben hinsichtlich Prozessrechtsverhältnisse selbständig
II. Notwendige Streitgenossen (§ 62 ZPO)
Uneigentliche notwendige Streitgenossenschaft (aus prozessualen Gründen) muss nicht zwingend einheitlich geklagt werden (häufig im Examen). Unproblematisch, weil demnach unabhängig von diesen Klage erhoben werden kann.
Eigentliche notwendige Streitgenossenschaft (aus materiellen Gründen): Streitgenossen können nur gemeinsam klagen und verklagt werden. Wichtiger Fall: Klage eines Miterben einer ungeteilten ErbG gegen eine dem Nachbarn erteilte Baugenehmigung. Mandant sollte darauf hingewiesen werden, dass gemeinsam Klage erhoben werden muss. Hinsichtlich Klagefrist genügt die rechtzeitige Erhebung einer Klage durch einen Streitgenossen.
Zweckmäßigkeit: Gegen “Wen” sollte Klage erhoben werden?
Gegen wen ist die Klage in Hessen zu richten? Was ist zu veranlassten, wenn Kläger bereits vor Klageerhebung den falschen Beklagten verklaft hat?
In Hessen Rechtsträgerprinzip (§ 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Sofern Kläger bereits vor anwaltlicher Beratung gegen Behörde Klage erhoben hat, bietet es sich an, auf die Erforderlichkeit einer Rubrumsberichtigung durch das VG hinzuweisen (nicht an Voraussetzungen von § 91 VwGO gebunden, also keine Klageänderung).
Warum kann es sinnvoll sein, eine Beiladung (§ 65 VwGO) zu beantragen? Wie ist weiter zu unterscheiden?
Was ist im praktischen Teil zu beachten?
Zweckmäßigkeit einer Beiladung: Rechtskraft gem. § 121 Nr. 1, § 53 Nr. 3 VwGO auf weitere noch nicht beteiligte Personen erweitern. Eine Streitverkündung (§§ 72 ff. ZPO) sieht die VwGO nicht vor!
Einfache Beiladung (§ 65 Abs. 1 VwGO), wenn rechtliche Interessen eines Dritten berührt werden (Beispiel: Beiladung des Nachbarn bei Anfechtungsklage eines Bauherrn gegen eine auf Initiative des Nachbarn erlassen Bauordnungsverfügung)
Notwenige Beiladung (§ 65 Abs. 2 VwGO), wenn gerichtliche Entscheidung unmittelbar Rechte des Dritten gestaltet, bestätigt, verändert oder aufhebt (Beispiel: Beiladung des Begünstigen im Drittanfechtungsprozess des klagenden Nachbarn; Beiladung einer Gemeinde in einem gegen die Baugenehmigungsbehörde gerichteten Verpflichtungsklageverfahren auf Erteilung einer BauG [Verpflichtungstenor ersetzt dann das fehlende Einverständnis der Gemeinde nach § 36 BauGB]).
Praktischer Teil: Antrag nach Klageantrag aufnehmen und kurz begründen
Zweckmäßigkeit: “Wie” sollte Klage erhoben werden?
Klagehäufung
Warum ist eine Klagehäufung zweckmäßig und welche Vorschrift ist immer zu nennen?
Nenne Beispiele für eine kumulative und eine eventuelle Klagehäufung.
Zweckmäßigkeit: Kostenrechtlich wegen Degression der Gebührentabelle + Kostenprivilegierung nach § 45 Abs. 1 S. 2, 3 GKG bei gleichem Streitgegenstand (keine Addition)
§ 44 VwGO nennen
Kumulative Klagehäufung: z. B. Ernennung eines Konkurrenten verbunden mit Verpflichtungsklage auf Neubescheidung bezüglich eigenem Antrag
Eventualklagehäufung (häufig)
Feststellungsklage [§ 43 VwGO] auf Feststellung der Genehmigungsfreiheit verbunden mit einer hilfsweise erhobenen Verpflichtungsklage [§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGo] auf Erteilung der Genehmigung
Feststellungsklage auf baurechtliche Genehmigungsfreiheit mit VK auf Erteilung Baugenehmigung
Feststellung der Nutzung der Straße im genehmigungsfreien Gemeingebraucht verbunden mit VK auf Erteilung Sondernutzungserlaubnis („BierBike“)
Zulässig, weil sie nur von einer innerprozessualen Bedingung abhängt (alternative Klagehäufung→ nicht zulässig [Unbestimmtheit nach § 82 Abs. 1 S. 2 VwGO])
Wann ist ein Einverständnis zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO) zweckmäßig? Wo ist praktischen Teil ist das Einverständnis aufzunehmen?
Klausur: Mandant deutet an, dass er gerichtliche Entscheidung anstrebt, ohne bei Gericht erscheinen zu müssen.
Zweckmäßig, wenn ausschließlich über Rechtsfragen gestritten wird und Beweisaufnahme (§ 96 VwGO) entbehrlich (im Examen häufig der Fall).
Praktischer Teil: Am Ende der Klageschrift vor Unterschrift Rechtsanwalt
Wann ist ein Einverständnis zur Entscheidung durch den Einzelrichter (§ 87a Abs. 2, 3 VwGO) zweckmäßig? Wo ist praktischen Teil ist das Einverständnis aufzunehmen?
Zweckmäßig, um zeitnah gerichtliche Entscheidung herbeizuführen.
Was sollte hinsichtlich der Originalvollmacht kurz erwähnt werden? Wie schlägt sich dies im praktischen Teil nieder?
Notwendig, eine Originalvollmacht zu den Gerichtsakten zu reichen (§ 67 Abs. 6 S. 1 VwGO).
Praktischer Teil: Einleitung: „erhebe ich unter Beifügung einer Originalvollmacht Klage“
Was ist beim Wiedereinsetzungsantrag bei verfristeter Klage im Gutachten, was in der Zweckmäßigkeit zu erörtern?
Klausur: Klagefrist ist ohne Verschulden des Klägers abgelaufen.
Gutachten: Prüfung der Voraussetzungen
Zweckmäßigkeit: Antrag geboten ist und Tatsachen sind glaubhaft zu machen sind (§ 60 Abs. 2 S. 1 VwGO) und das Mittel der Glaubhaftmachung nennen. Neben SAPUZ auch eidesstattliche Versicherung anerkannt. Ferner Hinweis durch Vermeidung Kostenbelastung Mandant nach § 155 Abs. 3 VwGO durch schlüssige Darlegung der Wiederaufnahmungsgründe.
Praktischer Teil: “beantrage ich, dem Kläger wegen der Versäumung der Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren“
Wonach richten sich die Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe? Welche prozessrechtlichen Möglichkeiten bestehen? Welcher Antrag ist im praktischen Teil zu stellen?
Voraussetzungen: PKH unter denselben Voraussetzungen wie in der ZPO (§ 166 VwGO i. V. m. §§ 114 ff. ZPO). Formell erforderlich ist ein Antrag an das Prozessgericht mit Darstellung Streitverhältnis (§ 117 Abs. 1 ZPO) und Vorlage der Erklärung über persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse (§ 117 Abs. 2 ZPO). Materielle Voraussetzungen folgen aus § 114 ZPO (Bedürftigkeit, hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung, keine Mutwilligkeit).
Prozessrechtlich: Antrag auf PKH kann mit Klage verbunden werden (Hauptantrag wird anhängig) oder isolierter Antrag (Hauptantrag wird noch nicht anhängig). Im zweiten Fall wird Klagefrist durch isolierten PKW-Antrag nicht gewahrt, allerdings gilt Nichteinlegung Rechtsbehelf als unverschuldet im Sinne von § 60 VwGO, bis gerichtliche Entscheidung über PKH-Antrag vorliegt.
Praktischer Teil (bei Verbindung mit Klage): “beantrage ich,
1. dem Kläger PKH für das erstinstanzliche Verfahren zu bewilligen und den Unterzeichner zur unentgeltlichen Wahrnehmung seiner Rechte beizuordnen.“
Kann mit einer rechtswegfremden Forderung aufgerechnet werden? Ist das VG befugt, die Gegenforderung zu prüfen? Was wird es veranlassen?
Fall: Mandant ist Adressat eines Kostenbescheides und erhebt AK. Kostenfestsetzung ist rechtmäßig, allerdings hat Mandant eine Gegenforderung, die nicht vor dem VG einzuklagen ist (Amtshaftungsanspruch, der gem. Art. 34 S. 3 GG vor dem ordentlichen Gericht einzuklagen ist oder ein gefahrenabwehrrechtlicher Entschädigungsanspruch wegen der Inanspruchnahme als Nichtstörer).
Anwalt kann rechtswegfremde Forderung einklagen und gleichzeitig im Anfechtungsprozess verwendet, weil die zur Aufrechnung gestellte Forderung nicht rechtshängig wird und damit der Einwand der entgegenstehenden Rechtskraft (§ 17 Abs. 1 S. 2 GVG) nicht eingreift
VG ist nicht befugt, Gegenforderung zu prüfen (kein rechtlicher Gesichtspunkt i. S. v. § 17 Abs. 2 S. 1 GVG, sondern selbständiges Gegenrecht, für das ebenso wie in den Fällen der objektiven Klagehäufung keine Entscheidungsbefugnis besteht) (etw. str.). Aber bei Amtshaftungsanspruch auf keinen Fall Prüfungskompetenz des VG wegen § 17 Abs. 2 S. 2 GVG i. V. m. Art. 34 S. 2 GG.
Vorbehaltsurteil nach § 173 VwGO i. V. m. § 302 ZPO erlassen [Vorbehaltsurteil = Urteil, dass unter dem Vorbehalt des Ergebnisses eines Nachverfahrens besteht]. Ferner Aussetzung des Verfahrens gem. § 94 VwGO, wenn Gegenforderung anderweitig rechtshängig; sofern dies noch nicht der Fall, kann die Aussetzung analog § 94 VwGO mit Fristsetzung gegenüber dem Aufrechnenden zur Klageerhebung im Amtshaftungsprozess. Kommt er der Klageerhebung innerhalb Frist nicht nach, kann das VG die Gegenforderung nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast als nicht bewiesen annehmen.
Zweckmäßigkeit: “Wo” sollte Klage erhoben werden?
Sachlich erstinstanzlich VG (§ 45 VwGO); örtlich (§ 52 VwGO). Anrufung des falschen Gerichts hätte Kostenfolge für Verweisung (§ 83 S. 1 VwGO i. V. m. § 17a Abs. 2, § 17b Abs. 2 S. 2 GVG)
Wo und warum sollte Klage erhoben werden, wenn sowohl Zivilrecht- als auch Verwaltungsrechtsweg möglich ist?
Beispiel: Abwehransprüche, z. B. gegen Hoheitsträger (Verpflichtungsbegehren auf behördliche Maßnahmen gegen Störer) oder zivilrechtliche Ansprüche gegen Störer selbst (z. B. aus § 1004, §§ 906 ff., § 823 BGB).
Verwaltungsrechtsweg zweckmäßig, weil
Amtsermittlungsgrundsatz § 86 Abs. 1 S. 1 VwGO)
verwaltungsgerichtlicher Streitwert geringer
Anspruchsgegner (Hoheitsträger) ist rechtstreu
Bindung der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (§§ 124, 124a VwGO) (nur unter erschwerten Voraussetzungen Berufung, nämlich Zulassung der Berufung). In der ZPO einfacher zu überwinden (§ 511 Abs. 1 ZPO)
Merkposten in der Klageschrift
Einleitung: “Namens und im Auftrag des […] erhebe ich unter Bezugnahme auf die als Anlage 1 beigefügte Originalvollmacht Klage [mittig]
Benennung Streitgegenstand (“wegen”) und vorläufiger Streitwert
Anträge formulieren, Kostenantrag nicht erforderlich, praxisüblich Antrag auf Feststellung der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten
Sachverhalt chronologisch aufbauen: “I.” und “II.”
Verwendung Bezeichnung “Kläger” und “Beklagter”
Beweisangebote bei konkreter Tatsache eingerückt: “Beweis: Einholung Sachverständigengutachten”
Rechtsliche Würdigung im Urteilssteil unter “II”
Äußerungen zu besonderen Entscheidungsformen (Einzelrichter, ohne mündliche Verhandlung)
Anwaltsklausur aus Beklagtensicht
Inwiefern sind Besonderheiten bei einer Anwaltsklausur aus Beklagtensicht zu berücksichtigen?
Grundsätzlich keine Besonderheiten, es wird auch hier zunächst die Zuiässigkeit und Begründetheit der Klage und anschließend die Zweckmäßigkeit geprüft. Zu beachten ist, dass fehlerhaft formulierte Anträge vom Gericht nach § 88 VwGO auszulegen sind, z. B. wenn beim vorläufigen Rechtsschutz fehlerhaft ein Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO gestellt wird, obwohl in der Hauptsache eine AK statthaft ist. Ferner zu beachten sind Heilung von Form- und Verfahrensfehlern und die Möglichkeit, Ermessenserwägungen nachzuschieben. Dazu sollte dem Mandant geraten werden. Bei Ermessenserwägungen folgt aus § 114 S. 2 VwGO, dass dies prozessual möglich ist, sofern Ergänzung materiellrechtlich zulässig ist (dies ist nicht der Fall, wenn VA in seinem Wesen geändert wird [z. B. bei erstmaliger Ermessensausübung] oder der Kläger unzulässig in seinen Verteidigungsmöglichkeiten beeinträchtigt wird)
Anwaltliche Beratung des Beigeladenen
Welche drei Klausurkonstellationen sind geläufig?
Beratung eines bereits beigeladenen oder noch beizuladenden Bauwilligen bzw. Betreibers einer immissionsschutzrechtlichen Anlage zu einer Anfechtungsklage eines Dritten (in der Regel Nachbar)
Beratung eines beigeladenen oder noch beizuladenden Dritten zu einer Klage eines Bauwilligen bzw. Betreibers einer immissionsschutzrechtlichen Anlage auf Erteilung einer Genehmigung
Beratung eines Marktteilnehmers im Rahmen der Konkurrentenklage eines Mitbewerbers.
Was ist im Mandantenbegehres darzulegen?
Hinweis auf Beiladung, um deutlich zu machen, dass Klausurkonstellation verstanden ist
Sofern Beiladung noch nicht erfolgt, ist anwaltliche Beratung darauf zu richten, ob Mandant beizuladen ist.
Überleitung: Weitere Vorgehensweise von Zulässigkeit und Begründetheit der Klage abhängig.
Was ist bei der Prüfung der Zulässigkeit der Klage zu beachten?
Es geht nicht um die Zulässigkeit der Beiladung (Beschluss ist nicht anfechtbar [§ 65 Abs. 4 S. 3 VwGO]), sondern der Klage!
Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO): Bei Drittanfechtung Schutznormtheorie. Hier häufig Rechtsverletzungen, die gerade nicht Kläger individuell treffen.
Klagefrist: Prozessuale Verwirkung des Klagerechts (§ 242 BGB): § 74 VwGO und Ausschlussfrist § 58 Abs. 2 VwGO greifen nicht, wenn Kläger der VA nicht bekannt gegeben worden ist, nur Verwirkung nach § 242 BGB
Anwaltliche Beratung des Beigeladenen: Zweckmäßigkeit
Was und warum ist in der Zweckmäßigkeit darzulegen? Was sind Fallgruppen der einfachen und der notwendigen Streitgenossenschaft?
Einfachen (§ 65 Abs. 1 VwGO) oder der notwendigen Beiladung (§ 65 Abs. 2 VwGO): Wichtig für Frage der Sachanträge, die nur bei notwendiger Beiladung möglich sind (§ 66 S. 2 VwGO).
Einfache Beiladung: Durch Entscheidung des Rechtsstreits werden rechtliche (nicht nur wirtschaftliche oder ideelle) Interessen eines Dritten berührt. Dies ist der Fall, wenn Beigeladener zu einem Beteiligten oder zum Streitgegenstand so in Beziehung steht, dass sich je nach Ausgang des Rechtsstreits Rechtsposition verbessern oder verschlechtern kann. Ein Rechtsanspruch auf Beiladung besteht in diesem Fall nicht, nur ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung.
Beispiel: Grundstücksnachbar ist bei VK des Bauherrn auf Baugenehmigung nur einfach beizuladen (denn Genehmigung kann auch versagt werden, wenn nachbarschützende Vorschriften nicht verletzt werden, also keine einheitliche Entscheidung).
Notwendige Beiladung: Dritter ist derart an dem streitigen Rechtsverhältnis beteiligt, dass die beabsichtigte Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Das Erfordernis der Einheitlichkeit der Entscheidung setzt eine Identität der Streitgegenstände voraus .Dies ist der Fall, wenn die begehrte Entscheidung nicht wirksam getroffen werden kann, ohne dass gleichzeitig und unmittelbar in Rechte des Dritten eingegriffen wird (VA mit Doppelwirkung). Die Rechte des Dritten müssen durch Entscheidung gestaltet, bestätigt, festgestellt, verändert oder aufgehoben werden.
Fallgruppen: Anlagenbetreiber ist bei AK des Nachbarn gegen eine Genehmigung notwendig beizuladen; Bauherr bei Drittanfechtungsklage des Nachbarn gegen Genehmigung; bei VK, wenn Verpflichtung begehrt, gegen einen Dritten einen belastenden VA zu erlassen oder wenn VK auf Erlass eines mehrstufigen VA gerichtet ist (so bei Einvernehmen der Gemeinde nach § 36 BauGB).
Was ist hinsichtlich der Kosten zu beachten?
Kostenrisiko, wenn Antragsstellung (§ 154 Abs. 3 VwGO), zugleich aber nur in diesem Fall Kostenerstattungsanspruch (§ 162 Abs. 3 VwGO)
Sofern Beigeladener im Vorverfahren beteiligt war, auch hier die Feststellung der Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten beantragen.
Darf der Beigeladene einen Sachantrag stellen?
Beigeladener ist berechtigt, Sachantrag zu stellen und Rechtsmittel einzulegen, soweit materiell beschwert. Abweichende Sachanträge kann jedoch nur der notwendig Beigeladene stellen (§ 66 S. 2 VwGO).
Anwaltliche Beratung im Berufungs(zulassungs)verfahren
Welche Klausurkonstellationen sind denkbar?
Antrag auf Zulassung der Berufung (§ 124a Abs. 4 VwGO): VG hat Berufung nicht gem. § 124a Abs. 1 S. 1 VwGO zugelassen
Einlegung der Berufung: VG hat Berufung zugelassen (§§ 124a Abs. 1 S. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3/4 VwGO)
Wie ist das Gutachten bei einem Antrag auf Zulassung der Berufung nach § 124a Abs. 4 VwGO aufzubauen?
I. Rechtsbehelfsstation: Keine Zulassung der Berufung von Amts wegen, daher Antrag nach § 124a Abs. 4 VwGO
II. Zulässigkeit des Antrags
Verwaltungsrechtsweg (§ 17a Abs. 5 GVG): stets (+)
Statthaftigkeit (§§ 124a Abs. 4 S. 1, 124 Abs. 1 VwGO)
Form (§ 124a Abs. 4 S. 2–3 VwGO)
Frist (§ 124a Abs. 4 S. 1 VwGO)
a) Frist für Zulassungsantrag (§ 124a Abs. 4 S. 1 VwGO): ein Monat ab Zustellung beim VG
b) Frist für Zulassungsbegründung (§ 124a Abs. 4 S. 4–5 VwGO): zwei Monate ab Zustellung beim OVG
Beschwer: (+), wenn Entscheidung hinter den gestellten Anträgen zurückbleibt
Rechtsmittelberechtigung (§ 124 Abs. 1, § 125 Abs. 1, § 63 VwGO): “Beteiligte”
Darlegung der Zulassungsgründe (§ 124a Abs. 4 S. 4 f. VwGO)
III. Begründetheit des Berufungszulassungsantrags: (+), wenn Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 VwGO schlüssig vorgetragen
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO)
Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO)
Anwaltliche Beratung im Berufungs(zulassungs)verfahren: Statthaftigkeit
Mit welchem Rechtsmittel kann ein Urteil angedochten werden, das eigentlich ein “Beschluss” ist, aber als Urteil bezeichnet ist?
“Grundsatz der Meistbegünstigung”: Anfechtung sowohl mit dem formell zutreffenden Rechtsmittel – hier Berufung – als auch mit dem, das statthaft wäre, wenn es in der richtigen Entscheidungsform ergangen wäre (Beschwerde gem. §§ 146, 147 VwGO)
Anwaltliche Beratung im Berufungs(zulassungs)verfahren: Beschwer
Kann auch ein Beigeladener beschwert sein?
Ja, und zwar auch dann, wenn er erstinstanzlich keinen Antrag gestellt hat
Anwaltliche Beratung im Berufungs(zulassungs)verfahren: Begründetheit
Sind bei § 124 Abs. 2 Nr. 1 neue Tatsachen und eine veränderte Rechtslage berücksichtigungsfähig und wenn ja, warum?
I. Neue Tatsachen/veränderte Rechtslage: Ja!
Maßgebender Zeitpunkt ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Zulassungsantrag
Möglichkeit, materielle Richtigkeit der Entscheidung in Berufungsverfahren zu prüfen
Aber etw. str., daher Mandant auf Prozessrisiko hinweisen
II. Neuer Vortrag, der erstinstanzlich hätte geltend gemacht werden können: Ja, § 128 S. 2 VwGO, allerdings Einschränkungen aus § 128a VwGO beachten
Anwaltliche Beratung im vorläufigen Rechtsschutz: Aufbau
I. Anwaltsbegehren
III. Begründetheit des Antrags
IV. Zweckmäßigkeitserwägungen
V. Praktischer Teil
Anwaltliche Beratung im vorläufigen Rechtsschutz: Zweckmäßigkeit
Sollte vor einem gerichtlichen ein behördlicher Aussetzungsantrag (§ 80 Abs. 4 VwGO) gestellt werden? Falls nein, warum nicht?
Antrag nicht erfolgsversprechend, da Behörde ihre Rechtsauffassung bereits gebildet hat (Ausnahme: nicht identischen Widerspruchsbehörde)
Ein vorheriger Antrag ist auch grundsätzlich nicht erforderlich (Ausnahme: § 80 Abs. 6 VwGO).
Schließlich ist gerichtlicher Rechtsschutz rechtschutzintensiver, da ein gerichtlicher Beschluss nur im Wege der Änderung nach § 80 Abs. 7 VwGO verändert werden darf.
Was kann zu den Kosten im vorläufigen Rechtsschutz gesagt werden?
Gerichtsgebühren: 1,5 Gebühr (Nr. 5210 der Anlage 1 zum GKG), Reduzierung bei Antragsrücknahme auf 0,75 (Nr. 5211)
Anwaltsgebühr: 1,3 Verfahrensgebühr (Nr. 3100) und 1,2 Terminsgebühr (Nr. 3104)
Gegen wen ist der Antrag zu richten? Wer ist der richtige Antragsgegner bei Aussetzung der Vollziehung durch die Widerspruchsbehörde?
Rechtsträgerprinzip
Aussetzung der sofortigen Vollziehung durch Widerspruchsbehörde: Ausgangsbehörde (hM)
Vielfach ist statthafter Hauptsacherechtsbehelf gegen Bescheid noch nicht eingelegt. Da Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO dies aber voraussetzt, ist es in der Regel zweckmäßig, einen solchen zu stellen.
Praktischer Teil: Neben Antragsschrift an Gericht mit einem weiteren Schriftsatz den statthaften Anfechtungsrechtsbehelf erheben. Begründung dabei nicht so entscheidend.
An welchen Antrag sollte zusätzlich noch gedacht werden, wenn der Verwaltungsakt bereits vollzogen ist?
Antrag auf Rückgängigmachung der Vollzugsfolgen nach § 80 Abs. 5 S. 3 VwGO (Annexantrag)
Woran kann bei extrem eilbedürftigen Fällen zur weiteren Beschleunigung gedacht werden?
Anregung einer Entscheidung durch Vorsitzenden (§ 80 Abs. 8 VwGO, § 123 Abs. 2 S. 3 VwGO
Anwaltliche Beratung im vorläufigen Rechtsschutz: Zweckmäßigkeit bei § 123 VwGO
Was ist stets zu nennen?
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