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Verwaltungsrecht AT Schemata

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by Ann-kathrin L.

Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs

Sonderfall: § 17a II 3 GVG (bindende Verweisung durch ein anderes Gericht)

Regelfall: Prüfung in nachstehender Reihenfolge

I. Aufdrängende Zuweisung zum VG (durch Spezialgesetz)

II. § 40 I 1 VwGO (Generalklausel)

  1. öffentlich-rechtliche Streitigkeit

    1. Ist Grundlage der Klage ein amivaltentes Rechtsinstitut -> ör Streitigkeit, dann ör Rechtsinstitut

    2. Schnelltest: “Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit liegt jedenfalls dann vor, wenn die streitentscheidende Norm eine solche des öffentlichen Rechts ist.”

      1. Schritt: Ermittlung der streitentscheidenden Norm

      2. Schritt: Handelt es sich dabei um eine Norm des öffentlichen Rechts?

    3. Ansonsten: “Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit liegt auch dann vor, wenn das abzuwehrende oder begehrte Handeln öffentlich-rechtlich ist.”

  2. nichtverfassungsrechtlicher Art (= keine doppelte Verfassungsunmittelbarkeit)

  3. Keine abdrängende Zuweisung (weg vom VG an andere Fachgerichte)

Infos:

  1. Bindende Verweisung durch ein anderes Gericht, § 17a II 3 GVG

    Nur bei Anlass ansprechen! Hält ein Gericht den Rechtsweg zu ihm für nicht eröffnet, so verweist es den Rechtsstreit nach Anhörung der Parteien von Amts wegen (also auch ohne Partei-Antrag) an das (seiner Ansicht nach) zuständige Fachgericht, § 173 S. 1 VwGO i.V.m. § 17a II 1 GVG. Für das “Empfangsgericht” ist diese Verweisung hinsichtlich des Rechtswegs bindend, § 17a II 3 GVG. Das “Empfangsgericht” (bzw. der Klausurbearbeiter) muss und darf daher nicht mehr prüfen, ob der Verwaltungsrechtsweg tatsächlich eröffnet ist.

  2. Aufdrängende Zuweisung zum VG (durch Spezialgesetz)

    Klausurrelevant insbes. § 54 I BeamtStG (Landesbeamte) und § 126 I BBG (Bundesbeamte) bei Streitigkeiten aus dem Beamtenverhältnis.

  3. öffentlich-rechtliche Streitigkeit: Streitentscheidende Norm des einfach Rechts - keine Grundrechte

    In diesem Zusammenhang kann nur auf einfach-gesetzliche Vorschriften, nicht aber auf Grundrechte abgestellt werden. Grundrechte sind zwar öffentlich-rechtliche Vorschriften. Hieraus folgt aber nicht zwingend, dass eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vorliegt, da Hoheitsträger auch dann unmittelbar an die Grundrechte gebunden sind, wenn sie privatrechtlich handeln und deswegen eine privatrechtliche Streitigkeit vorliegt.

  4. öffentlich-rechtliche Streitigkeit, da Streitigkeit aus einem öffentlich-rechtlichen “Rechtsgebiet”

    Typische Rechtsgebiete des öffentlichen Rechts sind u.a. das Polizei- und Sicherheitsrecht, das Abgabenrecht, das Recht der inneren Organisation von Hoheitsträgern, das Beamtenrecht und das Straßenrecht.

  5. öffentlich-rechtliche Streitigkeit: Wahre Rechtsnatur des Anspruchs

    In der Regel erfolgt i.R.d. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs keine nähere Prüfung der Voraussetzungen der EGL/AGL.

  6. Nichtverfassungsrechtlicher Art (=keine doppelte Verfassungsunmittelbarkeit)

    a) Grundsatz: Eine im Verwaltungsrechtsweg unzulässige verfassungsrechtliche Streitigkeit liegt bei doppelter Verfassungsunmittelbarkeit vor. Diese ist geben, wenn

    • sowohl der Kläger als auch Beklagter Verfassungsorgane, am Verfassungsleben beteiligte Organe oder Einrichtungen mit Staatsqualität (Bund/ Land) sind (formeller Gesichtspunkt) und

    • die Beteiligten unter Auslegung/ Anwendung von Staatsverfassungsrecht um die Abgrenzung verfassungsrechlicher Kompetenzen streiten (materieller Gesichtspunkt).

    b) eine Ausnahme besteht, wenn der Rechtsstreit materiell so stark vom Verfassungsrecht geprägt ist, dass allein deswegen - und ohne Rücksicht auf den Status der Beteiligten - eine verfassungsrechtliche Streitigkeit anzunehmen ist. Bsp.: Klage eines Bürgers gegen das Parlament auf Vornahme eines Gesetzes.

  7. Keine abdrängende Zuweisung (weg vom VG an andere Fachgerichte)

    Klausurrelevant sind insb. 5 abdrängende Zuweisungen an die ordentlichen Gerichte.

    1. Art. 14 III 4 GG: Ansprüche wegen (der Höhe der) Entschädigung bei Enteignung.

    2. Art. 34 S. 3 GG: Ansprüche wegen Amtshaftung und Regress

    3. § 40 II 1 Hs. 1 VwGO

      a) Vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung, z.B. enteignungsgleicher und enteignender Eingriff; nicht: Streitigkeiten um Ansprüche wegen ausgleichspflichtiger Inhaltsbestimmung (vgl. § 40 II 1 Hs. 2).

      b) Vermögensrechtliche Ansprüche des Bürgers aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung. Erfasst wird auch der Herausgabeanspruch.

      c) Schadensersatzansprüche des Bürgers wegen Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, sofern der Anspruch nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruht.

      Beachte aber § 40 II 2 VwGO: Beamtenrechtliche Rechtswegzuweisungen und Rechtswegzuweisungen für Entschädigung wegen rechtswidriger VAe bleiben unberührt.

    4. § 68 I 1 OWiG: Gegen einen Bußgeldbescheid kann der Betroffene innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung Einspruch bei der Erlassbehörde einlegen (§ 67 I 1 OWiG). Über den Einspruch entscheidet bei Nichtabhilfe das Amtsgericht.

    5. § 23 I EGGVG: Streitigkeiten über die Rechtmäßigkeit von Anordnungen, Verfügungen oder sonstigen Maßnahmen der (Justiz-)Behörden auf dem Gebiet der Strafrechtspflege. Diese Zuweisung kommt bei repressiven (StPO-)Maßnahmen der Polizei in Betracht.

  8. Formulierungsvorschlag

    “Mangels aufdrängender Spezialzuweisung richtet sich die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs nach § 40 I 1 VwGO. Die dafür zunächst erforderliche öffentlich-rechtliche Streitigkeit liegt jedenfalls dann vor, wenn die streitentscheidende Norm eine solche des öffentlichen Rechts ist. Streitentscheidend ist hier die einfach-gesetzliche Vorschrift in § …, die ausschließlich einen Hoheitsträger in seiner spezifischen Funktion berechtigt und daher öffentlich-rechtlicher Natur ist (Sonderrechtstheorie). Es handelt sich auch um eine nichtverfassungsrechtliche Streitigkeit, da nicht beide Beteiligten Verfassungsorgane sind. Da die Streitigkeit auch keinem anderen Gericht zugewiesen ist, ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet.”

    Sollte der bestrittene Verwaltungsrechtsweg (ausnahmsweise) unzulässig sein, so ist der Rechtsstreit von Amts zu verweisen, wenn nicht eine Ausnahme greift. z.B.: Eine Verweisung nach § 17a II 1 GVG kommt nur bei Klageverfahren, nicht aber bei selbstständigen Antragsverfahren nach §§ 80 V, 80a, 123 VwGO zur Anwendung.

Zulässigkeit der Klage vor dem Verwaltungsgericht

Vor Prüfung der Zulässigkeit ggf. Hinweis auf Vorliegen

  • einer Klagehäufung

  • einer Klageänderung

Zulässigkeit der Klage vor dem Verwaltungsgericht

  • Ordnungsgemäße Form der Klageerhebung (§§ 81, 82 VwGO)

  • Deutsche (§§ 18,19 GVG) und staatliche Gerichtsbarkeit gegeben (P:Streitigkeiten gg. Kirchen)

  • Kein “justizfreier” Akt (Art. 44 IV, 10 II 2 GG; Regierungsaktie, Gnadenakte (str.))

I. Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs

  • ausnahmweise aufgrund bindender gerichtlicher Verweisung, § 17a GVG?

  • Spezialzuweisung zum Verwaltungsgericht (aufdrängende Zuweisung)?

  • § 40 I 1 VwGO (Generalklausel)

    ör Streitigkeit - nicht verfassungsrechtl. Art - keine abdrängende Zuweisung

II. Klageart (“3-Schritt-Prüfung”)

  1. Feststellen: Vorrangig Klageantrag (§ 82 I 2 VwGO); sonst Klagebegehren (ggf. auslegen, § 88 VwGO)

  2. Klagevorschlag machen

  3. Prüfung der Statthaftigkeit

  • sachliche/ örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts (§§ 45-52 VwGO)

III. Besondere (klagartabhängige) Sachentscheidungsvoraussetzungen

  1. Klagebefugnis, § 42 II VwGO (A-Kl.+V-Kl.: direkt; FF-Kl.: analog; alle übrigen Klagen grds. analog (h.M.))

  2. Vorverfahren, § 68 VwGO (A-Kl.+V-Kl.: direkt; FF-Kl.: analog)

  3. Klagefrist, § 74 VwGO (A-Kl.+V-Kl.: direkt; FF-Kl.: analog)

  4. Klagegner, § 78 VwGO (A-Kl.+V-Kl.: direkt; FF-Kl.: analog)

  5. (Fortsetzung-) Feststellungsinteresse nur FF-Kl. und F-Kl.

IV. Beteiligtenfähigkeit (§ 61 VwGO), Prozessfähigkeit (§ 62 VwGO)

zusätzlich ansprechbar, falls erforderlich:

  • Postulationsfähigkeit, Prozessvollmacht (§ 67 VwGO)

  • (Auch nur bei Anlass): Allg. Rechtsschutzbedürfnis

    (-) wenn der Kläger sein Ziel ohne Inanspruchnahme der Gerichte ebenso gut erreichen kann.

  • Verfahrenshindernisse

  • Klageausschluss (z.B. § 44a VwGO) oder Klageverzicht

Nach der Zulässigkeit ggf. als Punkt B. Verfahrensfragen

  • Prüfung: Klagehäufung zulässig, § 44/ § 64 VwGO

  • Prüfung: Beiladung erforderlich, § 65 VwGO?

    Typisches Beispiel für § 65 II VwGO: Beiladung des Bauherrn bei Anfechtung der Baugenehmigung durch Nachbarn

Vorverfahren, §§ 68 ff. VwGO

War die Durchführung eines Vorverfahrens erforderlich?

I. Grundsatz

  1. bei allen Klagen aus dem Beamtenverhältnis

  2. vor einer Anfechtungsklage, § 68 I 1 VwGO

  3. vor einer Verpflichtungsklage, §§ 68 II, I 1 VwGO

Bei der Fortsetzungsfeststellungsklage unter Umständen nicht erforderlich.

II. Ausnahmen (= Widerspruch weder erforderlich noch statthaft)

  1. § 68 I 2 vor Nr. 1 VwGO (Ausschluss kraft Gesetzes) i.V.m.

    • z.B. Verwaltungsakte, die im förmlichen Verfahren erlassen wurden, §§ 70, 74 VwVFG, § 4 VwVfG Bln. iV.m. FörmVfVO (=Verfahren über das förmliche Verwaltungsverfahren)

  2. § 68 I 2 Nr. 1 VwGO (VA einer obersten Bundes-/ Landesbehörde)

    • Ministerien, Senatsverwaltungen; aber z.B. auch Bundespräsident, Bundestagspräsident.

    • Gegenausnahmen in Beamtensachen: BBG § 126 II 2; BeamtStG § 54 II 2

  3. § 68 I 2 Nr. 2 VwGO (kein mehrfaches Widerspruchsverfahren). Widerspruchsbescheid/ Abhilfebescheid enthält für Kläger

    • eine erstmalige Beschwer, z.B. Aufhebun einer Begünstigung auf einen Drittwiderspruchhin;

    • eine zusätzliche Beschwer, z.B. durch eine “reformatio in peius”

  4. § 75 VwGO (über Antrag wurde nicht entschieden)

    Die in § 75 VwGO geregelte “Untätigkeitsklage” ist keine eigene Klageart. Der Kläger erhebt vielmehr eine Anfechtungs- oder eine Verpflichtungsklage. § 75 VwGO regelt zwei Fälle: (1) Die Behörde entscheidet ohne zureichenden Grund nicht innerhalb von 3 Monaten über den Widerspruch; in diesem Fall befreit § 75 VwGO von der Pflicht, den Widerspruchsbescheid abwarten zu müssen. (2) Die Behörde reagiert schon auf den Antrag nicht (3 Monate); in diesem Fall befreit § 75 VwGO von der Pflicht, den Ablehnungsbescheid abwarten und das (an sich erforderliche) Wiederspruchsverfahren überhaupt durchführen zu müssen.

Hat der Widerspruchsführer ordnungsgemäß Widerspruch eingelegt?

Merke: Behördenfehler bei der Entscheidung über den Widerspruch (z.B. unzuständige Behörde entscheidet) sind dem Widerspruchsführer nicht zuzurechnen und berühren daher die Zulässigkeit seiner Klage nicht.

Widerspruch eingelegt: Prüfung, ob Widerspruch frist- und formgerecht, § 70 VwGO, erhoben wurde

  • Die Monatfrist des § 70 I 1 VwGO wird durch die Bekanntgabe des Verwaltungsakts ausgelöst. Bekanntgabe in diesem Sinne setzt stets eine von der Behörde veranlasste amtliche Bekanntgabe voraus. eine zufällige Kenntniserlangung, setzt den Fristlauf des § 70 I 1 VwGO nicht in Gang.

  • wenn die Frist nicht in Gang gesetzt wurde: Verwirkung des Rechts, Widerspruch zu erheben?

    Das Klagerecht könnte analog § 242 BGB verwirkt sein. Voraussetzung hierfür sei jedoch neben dem Zeitmoment (Untätigkeit des Berechtigten während eines längeren Zeitraums) auch ein Umstandsmoment (Verpflichteter durfte infolge eines best. Verhaltens des Berechtigten darauf vertrauen, dass dieser das Recht nach so langer Zeit nicht mehr gelten macht (Vertrauensgrundlage) und der Verplfichtete hat auch darauf vertraut, dass das Recht nicht mehr ausgeübt wird (Vertrauenstatbestand)), der die verspätete Geltendmachung als Verstoß gegen Treu und Glauben erscheinen lässt, da der Verpflichtete infolgedessen Vorkehrungen und Maßnahmen getroffen hat, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstünde.

  • Nachbarrecht; Verlust des Widerspruchsrechts allein durch Zeitablauf: Ist dem Nachbarn eine Baugenehmigung, durch die er sich beschwert fühlt, nicht amtlich bekannt gegeben worden, so läuft für ihn weder in unmittelbarer noch in analoger Anwendung der §§ 70 und 58 II VwGO eine Widerspruchsfrist. Hat er jedoch gleichwohl sichere Kenntnis von der Baugenehmigung erlangt oder hätte er sie erlangen müssen, so kann ihm nach Treu und Glauben die Berufung drauf versagt sein, dass sie ihm nicht amtlich mitgeteilt wurde. Dann läuft für ihn die Widerspruchsfrist nach § 70 i.V.m. § 58 II VwGO so, als sei ihm die Baugenehmigung in dem Zeitpunkt amtlich bekannt gegeben, in dem er von ihr sichere Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können.

    Der frühestmögliche Zeitpunkt ist hier der Beginn der Bauarbeiten. Der Zeitpunkt, zu dem der Nachbar von der Baugenehmigung zuverlässige Kenntnis nehmen konnte, tritt ein, wenn sich ihm das Vorliegen der Baugenehmigung aufdrängen musste -bspw. aufgrund eines sichtbaren Beginns der Bauausführung - und es ihm mgl. und zumutbar war, sich hierüber - etwa durch Anfrage bei dem Bauherrn oer der Baugenehmigungsbehörde - Gewissheit zu verschaffen. Daraus folgt: Ab dem Zeitpunkt, an dem der Nachbar davon ausgehen muss, dass der Bauherr eine Baugenehmigung erhalten hat, hat er sich regelmäßig innerhalb eines Jahres über die Genehmigungslage zu informieren. Tut er dies, so ist die Widerspruchsfrist gewahrt und wird erst dadurch versäumt, dass er nach Erhalt der Information, die ihm die sichere Kenntnis von der Baugenehmigung verschafft, nicht fristgerecht Widerspruch einlegt. Ein Widerspruch “ins blaue hinein” “auf Verdacht” wird nicht verlangt. (Antrag auf Akteneinsicht innerhalb der Frist ist ausreichend)

  • bei Fristversäumnis: Heilung der Fristversäumnis durch sachliche Bescheidung?

    1. Widerspruch des Adressaten: grds. zulässig wg. Sachherrschaft der Widerspruchsbehörde (h.M.)

    2. Widerspruch eines Dritten gg. einen adressatenbegünstigenden VA: unzulässig, da dem begünstigenden Adressaten sonst eine unanfechtbare Rechtsposition entzogen wird. Die hierfür erforderliche EGL (z.B. §§ 48, 49 VwVfG) enthalten die §§ 68 ff. VwGO nicht.

Kein Widerspruch eingelegt: Prüfung, ob Widerspruch ausnahmsweise kraft Richterrechts entbehrlich

Wurde der erforderliche Widerspruch nicht eingelegt, so ist die Klage an sich unzulässig. Ausnahme: Entbehrlichkeit. Dabei handelt es sich um richterrechtl. entwickelte Fallgruppen, in denen das Beharren auf der Durchführung des Widerspruchsverfahrens einen nicht gerechtfertigten Formalismus darstellen würde.

  1. Beklagte Ausgangbehörde ist mit Widerspruchsbehörde identisch und lässt sich auf die Klage vorbehaltlos zur Sache ein

  2. Weitere Fälle:

    • Ablehnende Haltung der Widerspruchsbehörde steht fest

    • weiterer VA, gg. den noch kein Widerpsurch eingelegt wurde, soll im Wege der Klageänderung in den Prozess einbezogen werden

Ist das Widerspruchsverfahren abgeschlossen (=Ist ein Widerspruchsbescheid ergangen)?

Aber § 75 VwGO (über den Widerspruch wurde nicht entschieden): Warten auf Widerspruchsbescheid nicht erforderlich.

Welche Behörde?

Gemäß § 73 I 2 Nr. 2 VwGO erlässt die Ausgangsbehörde den Widerspruchsbescheid unter anderem dann ,wenn die nächst höhere Behörde eine oberste Landesbehörde ist.

Aufgrund des zweistufigen Verwaltungsaufbaus sind in Berlin Ausgangs- und Widerspruchsbehörde regelmäßig identisch, vgl. dazu auch § 67 S. 2 ASOG: über Widersrpüche gegen Bescheide der Bezirksverwaltung in Ordnungsangelegenheiten entscheiden die Bezirksämter, ebenso die allgemeine Regelung in § 27 AZG (mit Ausnahmen). Eine abweichende Regelung enthält § 35 AG BauGB für gewisse VA aufgrund des BauGB.

Berechnung der Widerspruchsfrist und Klagefrist

I. Einhaltung der “Regelfrist”

  1. Angabe von § - Dauer - Auslöser

    • W-Frist: grds. innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des VA an den BEschwerten, § 70 I 1 VwGO. Ausnahmsweise innerhalb eines Monats nach Zustellung des VA (wenn förmliche Zustellung des VA vorgeschrieben oder von der Behörde gewählt. (Nur bei Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen)

    • K-Frist: gem. (§ 74 II i.V.m.) § 74 1 VwGO. Grds. innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids, § 74 I 1 VwGO. Ausnahmsweise innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des VA, wenn ein Widerspruchsverfahren (gegen den Ausgangsverwaltungsakt) nicht erforderlich ist, § 74 I 2 VwGO.

    • Beachte: Die Fristen betragen einen Monat (nicht nur 4 Wochen) und laufen für jeden Betroffenen gesondert.

  2. Fristablauf in Gang gesetzt?

    • wirksame Bekanntgabe/ Zustellung? Wenn nein Fehler geheilt? Wenn nein, dann kein Frist in Gang gesetzt, aber Verwirkung mgl.

  3. Tag der Bekanntgabe/ Zustellung (auf gesetzliche Fiktion achten)

    • § 41 II VwVfG: VA durch einfache Post oder elektronisch übermittelt: 3. Tag nach Aufgabe zur Post/Absendung, es sei denn der VA ist nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen.

      Beachte: Ist der VA dem Empfänger nachweislich früher zugegangen, verbleibt es gleichwohl bei der 3-Tage-Fiktion, weil dieser Fall nicht als Ausname von der Fiktion genannt ist.

      Beachte: Bei der 3-Tage-Fiktion bleibt es auch, wenn der 3. Tag ein Samstag, Sonn- oder Feiertag ist. Eine Verschiebung erfolgt nur, wenn das Fristende auf einen dieser Tage fällt.

    • Beachte: Bei mehrfacher Bekanntgabe/ Zustellung ist grds. der Tag der ersten wirksamen Bekanntgabe/ Zustellung entscheidend; eine nochmalige Bekanntgabe/ Zustellung kann den Lauf der einmal in Gang gesetzten Frist nicht mehr ändern.

      Aber: Fehlte bei der ersten Bekanntgabe/ Zustellung die Rechtsbehelfsbelehrung (oder war sie fehlerhaft) und wird der VA erneut mit einer nun fehlerfreien Rechtsbehelfsbelehrung bekanntgegeben/ zugestellt, tritt an die Stelle der laufenden Jahresfrist (§ 58 II VwGO) die reguläre Monatsfrist.

  4. Fristende

    • Die Fristberechnung erfolgt im Ergebnis nach den § 187 ff. BGB. Verweisungskette Klagefrist unstr. § 57 II VwGO, § 222 ZPO. Verweisungskette nur für die W-Frist str.: Entweder wie K-Frist (“VwGO-Ansatz”) oder über §§ 79, 31 VwVfG (“VwVfG-Ansatz”); i.d.R. irrelevant, weil beide zum gleichen Ergebnis kommen.

    • Fristbeginn § 187 1 BGB -> Relevant ist jedoch nur das Fristende nach § 188 II BGB, daher nicht ausrechnen

    • i.d.R. Fristverlängerung bei Samstagen, Sonn- und Feiertagen, § 31 III-VI VwVfG/ § 222 II ZPO/ § 193 BGB

  5. Frist- und formgerechter Eingang innerhalb der Frist?

    • Beachte: Bei Einlegung des Rechtsbehelfs per Telefax reicht es aus, dass das Fax bis zum Fristablauf vollständig empfangen wurde (ein späterer Ausdruck ist unschädlich)

    • Beachte: Wird ein Rechtsbehelfsschreiben durch die Post in ein bei der Post bestehendes Postfach der Behörde/ des Gerichts eingelegt, kommt es auf diesen Zeitpunkt und nicht auf den Zeitpunkt der üblichen Leerung des Postfachs an.

II. Möglichkeiten bei “Versäumung” der Regelfrist

  1. (§ 70 II) i.V.m. § 58 VwGO (Rechtsbehelfsbelehrung fehlt/ fehlerhaft): Kein regulärer “Fristlauf”, stattdessen: Ausschlussfrist von 1 Jahr

    Unrichtig ist eine Rechtsbehelfsbelehrung auch, wenn sie Zusätze (Hinweise) enthält, die falsch oder unvollständig sind, sofern die Zusätze abstrakt geeignet sind, die Rechtsbehelfseinlegung zu erschweren.

  2. Adressat- (nicht: Dritt-) Widerspruch (nicht: Klage): Heilung durch sachliche Bescheidung?

  3. Bei schuldloser Fristversäumung: Wiedereinsetzung (§ 70 II i.V.m.) § 60 VwGO

    • auf einen Wiedereinsetzungantrag kommt es nur an, wenn feststeht, dass die Frist unter jedem denkbaren Aspekt versäumt wurde; ansonsten ist er gegenstandslos.

    • Der Widerspruchskläger muss sich ein Verschulden seines Rechtsanwalts (aber nicht das von dessen Mitarbeitern) zurechnen lassen, § 173 S. 1 VwGO i.V.m. § 85 II ZPO. Ein “Büroversehen” von Mitarbeitern des RA schließt ein Verschulden des RA aber nur aus, wenn den RA insoweit auch weder ein Organisations- noch ein Überwachungsverschulden trifft.

Anfechtungsklage § 42 I Var. 1, § 113 I VwGO

A. Zulässigkeit der Klage vor dem Verwaltungsgericht

I. Verwaltungsrechtsweg

II. Statthaftigkeit der Klage

  • Antrag gestellt? Sonst Begehren feststellen (ggf. § 88 VwGO)

  • Normalfall: Aufhebung (Kassation) eines VA durch das VG

    1. Vorliegen eines VA

      erfasst werden VAe i.S.v. § 35 VwVfG, formelle VAe; es muss weiter im Zeitpunkt der Klageerhebung ein VA vorliegen, die bloße Behauptung des Klägers reicht nicht aus.

      ein nichtiger VA kann außer mit der “Nichtigkeitsfeststellungsklage” gem. § 43 I Var. 2 VwGO auch mit der Anfechtungsklage angegriffen werden, um den vom VA ausgehenden Rechtsschein zu beseitigen und dem Kläger nicht das Risiko der Beurteilung zu überbürden, ob der VA “nur” rechtswidrig oder nicht ist.

    2. (Nur bei Anlass prüfen) Keine Erledigung des VA

  • Sonderfälle: Isolierte Anfechtung

    • von Nebenbestimmungen (§ 36 VwVfG)

    • nur des Widerspruchsbescheids (§ 79 VwGO)

    • nur des Ablehnungsbescheids

III. Besondere Sachentscheidungsvoraussetzungen

  1. Klagebefugnis § 42 II VwGO (Problematisch bei Drittanfechtungsklagen oder Klagen gegen einen dinglichen VA)

  2. Vorverfahren § 68 VwGO

  3. Klagefrist § 74 VwGO

  4. Klagegegner § 78 VwGO

IV. Beteiligten- und Prozessfähigkeit §§ 61, 62 VwGO

B. Begründetheit

Obersatz: Die Anfechtungsklage ist begründt, soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, § 113 I 1 VwGO (nur bei Anlass:) und der Aufhebungsanspruch nicht ausgeschlossen ist.

I. Verwaltungsakt rechtswidrig

  • ggf. Problem: Verhältnis Ausgangs-VA - Widerspruchsbescheid

  • wurde ein Vorverfahren durchgeführt, so ist Gegenstand der Anfechtungsklage der VA mit Inhalt, den er durch den Widerspruchsbescheid erhalten hat, § 79 I Nr. 1 VwGO. Abzustellen ist also auf die Erwägungen der Widerspruchsbehörde, wobei im Einzelfall zu prüfen ist, ob deren Erwägung die der Ausgangsbehörde (komplett oder nur teilweise) ersetzen oder nur ergänzen sollen. § 79 I Nr. 1 VwGO führt im Ergebnis dazu, dass die Widerspruchsbehörde sowohl einen rechtswidrigen VA rechtsmäßig als auch einen rechtmäßigen VA rechtswidrig machen kann.

II. Rechtsverletzung

  • Problematisch bei Drittanfechtungsklagen oder Klagen gegen einen dinglichen VA

III. (nur bei Anlass:) Aufhebungsanspruch nicht ausgeschlossen

  • so z.B. im Fall des § 46 VwVfG oder bei der Frage der materiellen Teilbarkeit von Nebenbestimmungen

Ggf.: Annex-Antrag nach § 113 I 2, 3 VwGO

  • Sinn und Zweck

    • Ansprüche, die die Aufhebung eines VA voraussetzen, entstehen erst mit Rechtskraft des Aufhebungsurteils, da Urteile auf Anfechtungsklagen gem. § 167 II VwGO nicht für vorläufig vollstreckbar erklärt werden können. § 113 I 2 VwGO ermöglicht aus Gründen der Prozessökonomie eine Entscheidung ber dese Ansprüche schon im Rahmen des Anfechtungsprozesses. Es handelt sich um eine Klagehäufung nach Art einer Stufenklage.

  • Aufbau

    • Ist neben der Anfechtungsklage ein Annex-Antrag nach § 113 I 2 VwGO zu prüfen, empfiehlt es sich, die Klausur zweiteilig aufzubauen: 1.Teil: Erfolgsaussichten der Anfechtungsklage (A. Zulässigkeit/ B. Begründetheit) - 2. Teil: Erfolgsaussichten des Annex-Antrags (A. Zulässigkeit/ B. Begründetheit)

  • Abgrenzung zu § 113 IV VwGO

    • § 113 IV VwGO betrifft den Sonderfall, dass die Aufhebung eines VA Voraussetzung für eine Leistungsgewährung ist, die nicht in einer Beseitigung der Folgen des VA besteht. Bsp.: Anfechtung einer (sofort vollziebaren) Entlassung als Beamter verbunden mit einer Leistungsklage auf Nachzahlung des Gehalts. Die Nichtzahlung des Gehalts ist nach h.M. keine Vollziehung, sondern nur mittelbare Folge des Entlassungs-VA - § 113 IV VwGO spielt bei der Anfechtungsklage praktisch kaum eine Rolle.

A. Zulässigkeit des Annex-Antrags

Als Annex-Antrag grds. automatisch zulässig, wenn eine zulässige Anfechtungsklage rechtshängig ist. Antrag erforderlich. Ausnahmsweise problematisch:

  • geht es wirklich um eine Rückgängigmachung der Vollziehung

  • besteht ein Rechtsschutzbedürfnis für den Annex-Antrag

  • ist die Sache spruchreif, § 113 I 3 VwGO

Zu beachten:

  • Der Begriff der Vollziehung eines VA ist weiter als der der Vollstreckung. Erfasst wird auch die freiwillige Befolgung oder Ausnutzung eines VA.

  • Das Rechtsschutzbedürfnis für den Annex-Antrag kann fehlen, wenn die Behörde die Pflicht zur Folgenbeseitigung für den Fall der Aufhebung des VA nicht infrage stellt.

  • Das Erfordernis der Spruchreife, § 113 I 3 VwGO, soll sicherstellen, dass der Antrag auf Folgenbeseitigung die Entscheidung über den Aufhebungsantrag nicht verzögert. Spruchreife ist gegeben, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung über den Aufhebungsantrag bezüglich der Folgenbeseitigung keine weitere Sachverhaltsaufklärung mehr erforderlich ist und die Entscheidung über “Ob” und “Wie” der Folgenbeseitigung nicht im Ermessen der Behörde steht.

  • Weitere Zulässigkeitsvoraussetzungen bestehen nicht. Auch wenn die Folgenbeseitigung durch Erlass eines VA erfolgen muss, ist die vorherige Durchführung eines Vorverfahrens nicht erforderlich. Für den Klagegegner des Annex.Antrags gilt § 78 VwGO analog, auch wenn es sich um einen schlichten Leistungsantrag handelt.

B. Begründetheit des Annex-Antrags

Anspruchsgrundlage aus dem materiellen Recht erforderlich, z.B. (Vollzugs-)FBA oder öffentlich-rechtlicher Erstattungsanspruch, da § 113 I 2 VwGO nur eine Prozessvorschrift ist. Neben dem (Vollzugs-) FBA kommt auch der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch in Betracht, da sich die Anwendungsbereiche des FBA und des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs überschneiden.

Rechtmäßigkeit eines VA

  1. VÜ: VA-Befugnis? (nur bei Anlass prüfen!)

  1. Ermächtigungsgrundlage (EGL)

    a) erforderlich (i.d.R. nur prüfen, wenn keine EGL vorhanden ist)

    b) welche

    Allgemein gilt: EGL grds. nur nennen - hier noch keine Prüfung der Voraussetzungen. Aber: im Ergebnis nicht in Betracht kommende EGLen können hier unter dem Stichwort “Anwendbarkeit” ausgeschieden werden.

    aa) Prozessrecht: Bindung des Gerichts an die von der Behörde angegebene EGL?

    Hat die Behörde eine EGL angegeben, so ist (1) diese Norm bei der Prüfung der Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs als streitentscheidende Norm zugrundezulegen und (2) bei der Prüfung der RM des VA mit dieser Norm zu beginnen.

    Erweist sich die von der Behörde angegebene EGL als nicht tragfähig, stellt sich die Frage, ob das VG eine andere EGL heranziehen kann.

    Das ist unproblematisch, wenn die “neue EGL” eine gebundene Entscheidung vorsieht. Grund: Das VG prüft von Amt wegen (§ 86 I VwGO), ob der VA mit der gesetzlichen Rechtslage übereinstimmt. Es ist weder an die von der Behörde angegebene Rechtslange noch an deren Begründung gebunden (iura novit curia).

    Das ist problematisch, wenn die “neue EGL” eine Ermessensentscheidung der Behörde vorsieht. Grund: bei Ermessensentscheidungen ist die Prüfungskompetenz des Gerichts durch § 114 VwGO beschränkt; das VG darf nicht sein Ermessen an die Stelle des Ermessens der Behörde setzen. Die Anwendung der “neuen EGL” ist aber in folgenden Fällen möglich (vgl. auch § 47 VwVfG):

    (1) die Behörde hat zur “alten EGL” Ermessenserwägungen angestellt, die auf die “neue EGL” übertragbar sind

    (2) es liegt ein Fall der Ermessensreduzierung auf 0 vor.

    bb) Allgemeine Anforderungen an eine EGL:

    (1) Außenrechtsnorm

    Als EGL kommt nur eine Außenrechtsnorm in Betracht. Keine EGL sind grds. Verwaltungsvorschriften.

    (2) keine bloße Aufgabenzuweisung oder Zuständigkeitsvorschrift

    Im Eingriffsrecht ist zwischen Aufgabenzuweisung und Zuständigkeitsvorschriften einerseits sowie Befugnisnormen andererseits zu unterscheiden.

    Als EGL kommen nur Befugnisnormen in Betracht. Im Eingriffsrecht gilt der Grundsatz: Schließe nie von der Aufgabe/ Zuständigkeit auf die

    Befugnisse.

    (3) keine bloße Ge- oder Verbotsnorm (Problem: unselbstständige Verfügung)

    Eine EGL besteht grds. aus zwei Teilen: dem Tatbestand und der Rechtsfolge. Eine Ge- oder Verbotstatbestände reichen als EGL für

    Eingriffsmaßnahmen nicht aus. Als EGL kommt in diesen Fällen nur eine Norm in Betracht, aufgrund derer bei Verstößen gegen die Rechtsordnung

    eingeschritten werden kann. Prototyp ist die Generalklausel des ASOG. Man spricht dann von sog. unselbstängigen Verfügungen.

    cc) Richtige Auswahl:

    (1) Spezialgesetz vor allgemeinem Gesetz - Spezialermächtigung vor Generalklausel

    (2) sieht die EGL die von der Behörde verfüge RF nicht vor: VA zulässig als “Minusmaßnahme”?

    Liegen die Voraussetzungen einer EGL vor, so kann (und muss) sie unter Umständen eine gesetzlich nicht geregelte, aber weniger einschneidende

    Maßnahme ergreifen, wenn damit der Zweck des Einschreitens erreicht werden kann. Das folgt aus dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und ist

    eine Argumentation “a maiore ad minus”. Voraussetzung ist allerdings, dass es sich tatsächlich um eine Minusmaßnahme und nicht um ein aliud

    handelt.

    c) ausreichend? (Parlamentsvorbehalt, Vorbehalt des Gesetzes) (nur bei Anlass prüfen!)

    Prüfungsstandort: Dogmatisch ist vor der Anwendung der Norm deren Wirksamkeit zu untersuchen. Die Prüfung darf nur erfolgen, wenn dazu Anlass besteht, da Normen die Vermutung der Wirksamkeit in sich tragen. Anlass besteht etwa, wenn es sich umeine neue oder erfundene EGL handelt oder im Sachverhalt Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Norm geltend gemacht werden.

    Fällt die Norm unter Art. 100 GG (EGL ist ein förmliches und grds. nachkonstitutionelles Parlamentsgesetz) und ist die Norm verfassungswidrig, empfiehlt es sich, die Prüfung der Wirksamkeit der Norm ganz ans Ende zu ziehen und zunächst das Ergebnis bei unterstellter Verfassungmsäßigkeit der Norm darzustellen. Grund: Eine Vorlage gem. Art. 100 GG kommt nur in Betracht, wenn die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Norm überhaupt entscheidungserheblich ist. Das ist nicht der Fall, wenn der VA schon aus anderen Gründen rechtswidrig ist.

    Rechtsnatur der EGL beachten: Handelt es sich bei der EGL um ein Parlamentsgesetz des Bundes oder des Landes, um die VO einer Bundesbehörde oder eines Landesbehrde oder um eine Satzung, Wenn die EGL eine VO oder Satzung ist, hier ggf. Einbau der 3-stufigen Prüfung.

    d) wirksam? (nur bei Anlass prüfen!)

  2. Formelle Rechtmäßigkeit des VA

    • welches Gesetz (Spezialgesetz (z.B. ASOG)) oder VwVfG -wenn VwVfG: VwVfG des Bundes oder des Landes?

    • grundsätzlicher Prüfungsgang: Feststellen des Fehlers - Erörterung der Fehlerfolge

    a) Zuständigkeit

    Im Verwaltungsrecht sind die Zuständigkeiten für bestimmte Aufgaben i.d.R. ausdrücklich geregelt. Zur Bestimmung der funktional zuständigen Behörde verwenden die Gesetze vielfach abstrakte Funktionsbezeichnungen. Dabei handelt es sich nicht um real existierende Behörden. Es muss noch ermittelt werden, welche Behörde diese Aufgabe konkret wahrnimmt. Das kann geregelt sein (1) im Gesetz selbst, (2) in einem LandesG (vgl. § 2 IV 1 ASOG i.V.m. ZustKatOrd; AZG).

    b) Verfahren

    • Anhörung, § 28 VwVfG

      • § 28 I VwVfG: Anhörung erforderlich

        Voraussetzung: Erlass eines (1) VA, der (2) im Rechte eines Beteiligten (§ 13) eingreift (= belastender VA). Str. ist, ob eine Anhörung auch bei Ablehnung eines Antrags erforderlich ist? h.Rspr. (-), da Ablehnung kein Eingriff, sondern Versagung einer Begünstigung; h.Lit. (+), weil Versagung genauso schwerwiegend sein kann, wie Eingriff; vermittelnde Ansicht: (+), wenn Ablehnung auf neue Tatsachen gestützt werden soll.

        Rechtsfolge: Anhörung = Gelegenheit geben, sich zu den entscheidungserheblichen Tatsachen zu äußern. Nimmt der Bürger diese Gelegenheit wahr, so muss die Behörde sein Vorbringen würdigen.

      • § 28 II VwVfG: Anhörung ausnahmsweise entbehrlich

        Ausnahmetatbestand gegeben, insbesondere Nr. 1: Gefahr im Verzug (+), wenn (unvorhersehbarer Handlungsbedarf bestand und) Anhörung den Erfolg der Maßnahme vereiteln oder wesentlich erschweren würde; Nr. 5: Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung: Androhung, Festsetzung, Anwendung; nicht: Kostenbescheid (h.M.).

        Rechtsfolge: Ermessensentscheidung -> Verhältnismäßigkeit (ggf. kurze Anhörungsfrist). Streitig ist, ob das Absehen von Anhörungen zu begründen ist. § 39 VwVfG unmittelbar (-), da Entscheidung kein VA; z.T. (+), weil nur so Rechtmäßigkeit gerichtlich überprüfbar; z.T. (-), weil Begründungspflicht nur für das materielle REcht gelte; BVerwG: jedenfalls in der mdl. Verhanldung.

      • § 28 III VwVfG: “Anhörungsverbot”?

    • Mitwirkung anderer Behörden

    • Mitwirkungsverbot, § 20 f. VwVfG

    c) Form

    • Schriftform? (nach VwVfG grds. formfrei, § 37 II VwVfG)

    • (Angabe der Beweg-) Gründe, § 39 VwVfG?

      Pflicht der Behörde zur (vollständigen) Angabe ihrer Beweggründe. Verstoß, wenn Angabe unvollständig oder Gründe vorgeschoben, d.h. die wahren Beweggründe verschwiegen wurden. Das Fehlen der Begründung kann geheilt werden, § 45 I Nr. 2 VwVfG.

      Unerheblich ist, ob die von der Behörde angegebenen Gründe, den Erlass des VA tatsächlich rechtfertigen. Das ist eine Frage der materiellen RM des VA. Führt die Behörde im Prozess weitere Gründe an, so betrifft dies - wenn die Gründe schon bei Erlass des VA vorlagen - das Problem des “Nachschiebens von Gründen” oder - wenn die Grpnde erst später entstanden sind - das Probelm der “Änderung der Sach-/Rechtslage” (-> materielle Rechtmäßigkeit des VA).

    • irrelevant: fehlende oder falsche Rechtsbehelfsbelehrung

      Eine fehlende oder fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung ist für die RM des VA irrelevant. Rechtsfolge ist allein eine Verlängerung der Anfechtungsfristen, § 58 VwGO.

  3. materielle Rechtmäßigkeit des VA

    a) Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage

    Besonderheiten im Prozess:

    • Beurteilungsspielraum?

    • Nachschieben von Gründen

      Liegt vor, wenn die Behörde (zur “Rettung” des VA) im laufenden Verfahren Umstände, die schon bei Erlass des VA vorlagen (sonst: Änderung der Sach- und Rechtslage) in das Verfahren einführt.

      Ist grds. zulässig bei gebundenen Entscheidungen. Grund: VG hat wegen des Amtsermittlungsgrundsatzes eine volle Prüfungskompetenz. Nachschieben ist wie ein “Hinweis” auf die vom VG sowieso zu prüfende Rechtslage. Grenze: die neuen Gründe führen zu einer Wesensänderung des VA.

      Bei Ermessensentscheidungen zulässig, soweit es sich dabei nur um eine “Ergänzung” handelt, § 114 S. 2 VwGO.

    • Änderung der Sach- und Rechtslage

      Grundsatz: Entscheidungserheblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung (i.d.R. Widerspruchsbescheid); d.h. eine Änderung von Umständen nach Erlass des W-Bescheids berührt die RM des VA grds. nicht mehr. Grund: Kläger begehrt Aufhebung des VA ex tunc; also ist entscheidend, ob Verwaltung rechtmäßig gehandelt hat.

      Ausnahmen: Entscheidungserheblich ist Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhanldung bei

      Verfügungen, die noch nicht vollzogen sind. Grund: Vermeidung unsinniger Entscheidungen

      Dauerverwaltungsakten. Grund: diese müssen für die gesamte Zeit ihrer Geltung, also auch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, rechtmäßig sein.

      Gegenausnahme bei Dauer-VA: Entscheidend ist die Sach- und Rechtlage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, wenn das materielle Recht für die Änderung der Entscheidung etwa Fristen oder ein besonderes Verfahren vorsieht (z.B. § 35 VI GewO). Grund: bei einer Berücksichtigung geänderter Umstände bereits im Prozess, würden diese gesetzliche Regelungen umgangen.

    b) richtiger Adressat (POR=Störer) (nur bei Anlass prüfen!)

    c) allgemeine Rechtmäßigkeitsanforderungen (nur bei Anlass prüfen!)

    • Bestimmtheit, § 37 VwVfG

    • keine Unmöglichkeit (problematisch u.a.: Befolgung des VA führt zu Eingriff in Rechte Dritter)

      Problem: VA verlangt vom Adressaten ein Verhalten, bei dessen Erfüllung er in die (i.d.R. zivilen) Rechte eines Dritten eingreifen würde.

      Lösung:

      Keine Nichtigkeit, da § 44 II Nr. 4 VwVfG nur tatsächliche, nicht aber rechtliche Unmöglichkeit regelt;

      wenn gegen den Dritten eine gleichlautende Verfügung bzw. eine Duldungs-Verfügung ergehen kann: (1) keine Rechtswidrigkeit, da Eingriff in die Rechte des Dritten erst erfolgt, wenn VA zwangsweise durchgesetzt wird; (2) sondern nur Vollstreckungshindernis (h.M.). Folge: Mit Beginn der Vollstreckung muss dem Dritten entweder ein gleichlautender VA oder aber eine Duldungsverfügung zugegangen sein.

      wenn Dritter zur Duldung der Einwirkung nicht verpflichtet werden kann: rechtswidrig

    d) Rechtsfolge

    aa) Entscheidungsart feststellen: gebundene Entscheidung/ Soll-Vorschrift/ Ermessen

    bb) Entscheidung fehlerhaft?

    (1) gebunden: Grds. Anordnung der vorgesehenen RF; Problem: Ausnahmsweise VHM-Prüfung?

    Wenn eine gebundene Entscheidung vorliegt, muss die Behörde grds. die im Gesetz vorgesehene Rechtsfolge anordnen (Gesetzesvorrang, Art. 20

    III GG). Andererseits gebietet es der in den Grundrechten und dem rechtsstaatsprinzip verankerte Grundsatz der VHM, dass eine behördliche

    Maßnahme auch im Einzelfall verhältnismäßig ist. Das kann im Ausnahmefall dazu führen, eine weniger einschneidende “Minunsmaßnahme” zu

    ergreifen oder sogar von der Anwendung der REchtsfolge abzusehen, wenn dadurch der gesetzliche Zweck nicht beeinträchtigt wird.

    (2) Ermessen: Prüfung, ob Ermessensfehler vorliegen

Fehlerfolgen (§§ 44- 47 VwVfG)

  • Nichtigkeit, § 44 VwVfG

  • Heilung, § 45 VwVfG

  • Unbeachtlichkeit, § 46 VwVfG

  • Umdeutung, § 47 VwVfG

Widerspruchsverfahren

A. Zulässigkeit

I. Verwaltungsrechtsweg (für spätere Klage) eröffnet

II. Statthaftigkeit des Widerspruchs

  1. grundsätzlich, § 68 I 1 VwGO

  2. kein gesetzlicher Ausschlusstatbestand, § 68 I 2 VwGO

    Merke: Aber kein “Untätigkeitswiderspruch”, wenn Behörde über Vornahmeantrag nicht entscheidet; in diesem Fall kann der Betroffene nur unmittelbar eine Verpflichtungsklage (§ 42 I VwGO) als Untätigkeitsklage (§ 75 VwGO) erheben.

III. Widerspruchsbefugnis, § 42 II VwGO analog

Alle Verwaltungsakte: mögliche Verletzung eigener Rechte/ möglicher Anspruch; bei Ermessensverwaltungsakten - sofern die Ermessensnorm drittschützend ist - zusätzlich: mögliche Beeinträchtigung eigener Interessen. Grund: Widerspruchsführer kann gem. § 68 I 1 VwGO auch Unzweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes oder der Ablehnung rügen; erforderlich ist aber, dass die Norm, nach der die Behörde ihr Ermessen auszuüben hat, drittschützend ist.

IV. Frist/ Form, § 70 VwGO

Zur Frist -> § 70 II 1 VwGO. Die Ablehnung der Widerspruchsbehörde, die Verfristungeines Widerspruchs durch eine ihr mögliche (!) sachliche Bescheidung zu heilen, ist Ermessensentscheidung. -> Begrpndung (§ 39 VwVfG): Widerspruchsführer hat Anspruch auf ermessensfehlerfreie Bescheidung (str.). Nur bei Anlass prüfen: War das Recht, Widerspruch einzulegen, verwirkt?

Zur Form: schriftlich oder zur Niederschrift. Schriftlichkeit jedenfalls im Fall des § 126 BGB gewahrt (Originaldokument mit eigenhändiger Unterschrift); Fehlen unschädlich, wenn Urheberschaft und Verkehrswille aufgrund sonstiger Umstände feststellbar. Begründung des Widerspruchs nicht erforderlich.

V. Allgemeine Sachentscheidungsvoraussetzungen (nur bei Anlass prüfen!)

z.B. Beteiligten-/ Handlungsfähigkeit (§§ 79, 11, 12 VwVfG) (nur) des Widerspruchsführers; Rücknahme/ Verzicht; Widerspruchsinteresse.

B. Begründetheit

  • alle Verwaltungsakte: Verwaltungsakte bzw. Ablehnung des Verwaltungsaktes rechtswidrig und Rechtsverletzung (analog § 113 I 1, 113 V 1 VwGO)

  • Ermessensverwaltungsakte - sofern die Ermessensnorm drittschützend ist - zusätzlich: Verwaltungsakte bzw. Ablehnung des Verwaltungsaktes rechtmäßig, aber unzweckmäßig und Beeinträchtigung der Interessen des Widerspruchsführers.

Anmerkungen zur Begründetheit:

I. Entscheidungkompetenz der Widerspruchsbehörde

Grds. unbeschränktes Selbstentscheidungsrecht (eigene Beurteilung- und Ermessenserwägungen; Nachschieben von Gründen uneingeschränkt zulässig). Ausnahmsweise Beschränkung durch Gesetz oder aus tatsächlichen Gründen (z.B. Prüfungsgespräch) denkbar. Das Problem der Spruchreife stellt sich wegen der umfassenden Entscheidungskompetenz der Widerspruchsbehörde grds. nicht. Zur Zulässigkeit einer reformatio in peius unten.

II. Entscheidungerheblicher Zeitpunkt

  1. Grundsatz: Zeitpunkt der Entscheidung der Widerspruchsbehörde

    Änderungen tatsächlicher oder rechtlicher Art, die im Laufe des Widerspruchsverfahrens eingetreten sind, sind daher zu berücksichtigen. Dies folgt aus der Einheit des vorgerichtlichen Verwaltungsverfahrens, wie sich auch aus § 79 I Nr. 1 VwGO ergibt, wonach erst der Widerspruchsbescheid die verwaltungsbehördliche Entscheidung endgültig festlegt.

  2. Ausnahme Baurecht: Widerspruch des Nachbarn gegen die erteilte Baugenehmigung

    Für den Fall, dass sich die Rechtslage während des Widerspruchsverfahrens zu Lasten des Bauherrn verändert hat. Abzustellen ist dann auf den Zeitpunkt der Genehmigungserteilung. Grund: Dem Begünstigten darf eine zum Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes zustehende Rechtsposition nicht nachträglich ohne ausdrückliche Rechtsgrundlage entzogen werden. Dies folgt aus der Eigentumsgarantie des Art. 14 GG und einem das Bodenrecht kennzeichnenden Grundsatz, der dem Bauherrn eingeräumte Rechtspositionen trotz Änderung grds. belässt und ihre Beseitigung nur gegen Entschädigung gestattet (vgl. z.B. § 14 III BauGB). Die §§ 68 ff. VwGO enthalten jedoch eine derartige besondere Rechtsgrundlage für den Entzug einer eigentumskräftigen Rechtsposition nicht.

    Merke: Zugunsten des Bauherrn sind dagegen beim Nachbarwiderspruch grds. auch spätere Rechtsänderungen zu berücksichtigen.

    Merke: Auf das Immissionsschutzrecht läst sich die im Baurecht entwickelte Ausnahme nicht übertragen, da hier wegen der Möglichkeit nachträglicher Anordnungen nach § 17 BlmSchG eine unantastbare Rechtsposition des Begünstigten nicht besteht.

    Aber: Für die Entscheidung über die Anfechtungsklage Drittbetroffener ist auch im Immissionsschutzrecht die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung maßgeblich.

III. Form- und Verfahrensfehler des Ausgangsverwaltungsaktes können durch die Widerspruchsbehörde geheilt werden (§ 45 VwVfG)

IV. § 46 VwVfG gilt auch im Widerspruchsverfahren mit der Folge, dass unter den dort genannten Voraussetzungen keine Aufhebung des Verwaltungsaktes durch die Widerspruchsbehörde erfolgt.

Verpflichtungsklage § 42 I Var. 2, § 113 V VwGO

A. Zulässigkeit der Klage vor dem Verwaltungsgericht

I. Verwaltungsrechtsweg

II. Statthaftigkeit der Klage

  • Antrag gestellt? Sonst Begehren festgestellt (ggf. § 88 VwGO)

    1. Begehren ist gerichtet auf den Erlass eines Verwaltungsaktes

    2. (nur bei Anlass erörtern!:) Antrag darf sich noch nicht erledigt haben

III. Besondere Sachentscheidungsvoraussetzungen

  1. Klagebefugnis, § 42 II VwGO

  2. Vorverfahren, § 68 II i.V.m. I VwGO

  3. Klagefrist, § 74 II i.V.m. I VwGO

  4. Klagegegner, § 78 VwGO

IV. Beteiligten- und Prozessfähigkeit, §§ 61, 62 VwGO

B. Begründetheit

Obersätze:

  • Vornahmeklage - Vornahmeurteil (VG soll die Behörde zum Erlass des VA verpflichten):

    § 113 V 1 VwGO: Die Verpflichtungsklage ist begründet, soweit

    • die Ablehnung oder Unterlassung des VA rechtswidrig,

    • der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt

    • und die Sache spruchreif ist.

    Das ist der Fall, wenn der Kläger einen Anspruch auf Erlass des begehrten VA hat.

  • Bescheidungsklage - Bescheidungsurteil (VG soll die Behörde dazu verpflichten, über den Antrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden):

    § 113 V 2 VwGO: Die Verpflichtungsklage ist begründet, soweit

    • die Ablehnung oder Unterlassung des VA rechtswidrig,

    • der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist.

    Das ist der Fall, wenn der Kläger einen Anspruch auf (Neu-)Bescheidung hat.

Spruchreife heißt “Entscheidungsreife” und betrifft die Frage, ob das VA aus Rechtsgründen gehindert ist, die Behörde zum Erlass des VA zu verpflichten, Das ist immer dann der Fall, wenn der Behörde noch Entscheidungsspielräume (Beurteilungsspielraum, Ermessen) zustehen, in die das VG nicht eingreifen darf. Eine Ausnahme bildet der Fall der Ermessensreduzierung auf 0.

Anspruch auf Erlass eines VA

“Ablehnungsaufbau” (selten)

z.B. Kl. gg. eine Prüfungsentscheidung oder Auswahlentscheidung im Beamtenrecht

I. Rechtswidrigkeit der Ablehnung oder Unterlassung

  1. ggf. Rechtsgrundlage

  2. Ablehnung formell rechtswidrig?

  3. Ablehnung materiell rechtswidrig?

II. Rechtsverletzung des Klägers

Rechtsfolge bei Rechtswidrigkeit und Rechtsverletzung

  1. Anspruch auf Erlass des VA?

  2. sonst: Anspruch auf Neubescheidung

“Anspruchsaufbau” (häufiger)

I. Anspruchsgrundlage

II. formelle Voraussetzungen für den Erlass des Verwaltungsaktes

  1. ordnungsgemäßer Antrag an zuständige Behörde

  2. ggf. Mitwirkung anderer Behörden

III. materielle Voraussetzungen für den Erlass des Verwaltungsaktes

Allgemein: Materielle Rechtmäßigkeit der begehrten Entscheidung. Insbesondere: Voraussetzungen der AGL/EGL, Fehlen von Versagungsgründen, keine sonstigen Hindernisse.

IV. Anspruchsinhalt (Rechtsfolge)

  1. Feststellen des Anspruchsinhalts:

    • Kraft Gesetzes gebundene Entscheidung? -> Anspruch auf Erlass des VA

    • ggf. vorziehen von IV. 3: eindeutiger Fall einer Ermessensreduzierung auf 0 -> Anspruch auf Erlass des VA

    • Ermessensentscheidung? -> Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, aber weiter mit 2.

  2. Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung erloschen?

    Beachte: Der Bürger hat nur 1x einen Anspruch auf ermessensfehlerfrei Bescheidung.

    • Ja, wenn Bescheidung ermessensfehlerfrei war -> Kein Anspruch mehr

    • Nein, wenn Bescheidung ermessensfehlerhaft war. -> (Jedenfalls) fortbestehender Anspruch auf ermessensfehlerfreie Bescheidung, weiter mit 3.

  3. Ausnahmsweise: Ermessensreduzierung auf Null?

    Eine Ermessensreduzierung auf Null liegt vor, wenn jede andere Entscheidung, als der Erlass des begehrten VA ermessensfehlerhaft ist. Ermessensreduzierend können sich z.B. auswirken: Eine Folgenbeseitigungslast der Behörde, wenn die Beeinträchtigung des Klägers Folge rechtswidrigen Behördenhandelns ist oder die Pflicht des Staates zum Schutz von Grundrechten.

    • Wenn ja: -> Anspruch auf Erlass des VA

    • Wenn nein: -> Es verbleibt beim Anspruch auf ermessensfehlerfreie Bescheidung

“Befungnisaufbau” (u.U.)

I. Darf die Behörde den begehrten VA überhaupt erlassen?

Einleitungssatz: “Ein Anspruch kann nur bestehen, wenn die Behörde den begehrten VA überhaupt erlassen darf.” Rechtmäßigkeitsprüfung: 1. Ermächtigungsgrundlage - 2. formelle Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes - 3. materielle Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes

II. Kann der Bürger den Erlass des VA verlangen?

Allgemeine Leistungsklage (ungeregelt)

A. Zulässigkeit der Klage vor dem Verwaltungsgericht

I. Verwaltungsrechtsweg

II. Klageart

  1. Antrag gestellt? Sonst Begehren feststellen (ggf. § 88 VwGO)

  2. Klagevorschlag: Allgemeine Leistungsklage

    mgl. als Klage (1) Bürger -> Hoheitsträger, (2) Hoheitsträger -> Bürger sowie (3) zwischen Hoheitsträgern.

    Formulierungsvorschlag: Gesetzlich nicht geregelt, aber in der VwGO (z.B. in §§ 43 II 1, 111 VwGO) vorausgesetzt und gewohnheitsrechtlich anerkannt.

  3. Statthaftigkeit

    i.F.d. (positiven) Leistungsklage (Problem: Abgrenzung zur Verpflichtungsklage)

    Der Kläger begehrt die Vornahme einer Handlung, die

    • nicht im Erlass eines VA (z.B. Baugenehmigung) besteht

    • und (nur bei Anlass erörtern!) auch nicht den Erlass eines (“vorgelagerten”) VA voraussetzt.

      Problem: Vorheriger Erlass eines “vorgelagerten” VA erforderlich?

      Auch wenn der Kläger im Ergebnis die Vornahme schlichten Verwaltungshandelns begehrt, so muss er anstelle einer Leistungsklage eine Verpflichtungsklage erheben, wenn zuvor über das “Ob” der Vornahme der begehrten Handlung durch VA zu entscheiden ist (“vorgelagerter” VA). Eine Verpflichtungsklage ist zu erheben, wenn

      1. das Gesetz von einer Entscheidung durch VA ausgeht

      2. wenn ein VA als Rechtsgrund erforderlich ist, wie z.B. ein Subventions-VA für das Behaltendürfen der auszureichenden Subvention. Dagegen nicht durch VA zu entscheiden hat die Behörde über die Leistung auf gesetzliche Ansprüche.

      3. die Entscheidung über das “Ob” der Vornahme der begehrten Handlung eine umfangreiche Abwägung erforderlich macht.

    Dabei geht es i.d.R. um schlichtes Verwaltungshandeln; denkbar ist aber auch eine Leistungsklage auf Erlass einer untergesetzlichen Norm (“Normerlassklage”).

    i.F.d. Unterlassungsklage (auch “negative Leistungsklage” genannt)

    • “schlichte” Unterlassungsklage gerichtet auf Unterlassung (“Einstellung”) des derzeit andauernden störenden Verwaltungshandelns.

    • “vorbeugende” Unterlassungsklage gegen (erstmalig oder wiederholt) drohendes Verwaltungshandeln.

    Unter besonderen Voraussetzungen auch möglich gegen den drohenden Erlass eines VA.

    (Nur bei Anlass erörtern!:) Muss der Kläger zusätzlich eine Anfechtungsklage erheben bzw. einen Antrag nach § 80 V 1 VwGO stellen, um die Aufhebung bzw. Suspendierung eines VA zu erreichen, der den momentanen Zustand legalisiert und daher dem geltend gemachten Anspruch derzeit entgegensteht?

    Problem: Vorherige Aufhebung/ Suspendierung eines “legalisierenden” VA erforderlich?

    Veralngt der Bürger z.B. die Herausgabe von Sachen, die Rückzahlung von Geld, die Beseitigung einer tatsächlichen Beeinträchtigung oder begehrt er die Unterlassung schlichten Verwaltungshandelns, wird aber der derzeitige Zustand noch durch einen VA legalisiert, so muss der Kläger zuvor eine Aufhebung/ Suspendierung des VA mittels Anfechtungsklage oder Antrags nach § 80 V 1 VwGO erreichen. Der Leistungsanspruch wird dann zweckmäßig nicht mittels Klage, sondern als Annexantrag (§ 113 I 2/ § 80 V 3 VwGO) geltend gemacht.

III. Besondere Sachentscheidungsvoraussetzungen:

  1. Klagebefugnis

    • unstrittig erforderlich; strittig nur Herleitung; h.M.: § 42 II VwGO analog

      Unstreitig ist auch bei der Leistungsklage eine Klagebefugnis erforderlich, denn auch die Leistungsklage ist weder als Popular- noch als Interessenklage zulässig. Streitig ist nur die Herleitung der Klagebefugnis: Vorzugswürdig ggü. dem Rückgriff auf einen ungeschriebenen Grundsatz der allgemeinen Prozessführungsbefugnis (so m.M.) ist die analoge Anwendung von § 42 II VwGO (so h.M.).

    • gegeben?

      Die Klagebefugnis ist i.d.R. unproblematisch zu bejahen, wenn der Kläger eine Leistung an sich verlangt (-> keine Popularklage) und das Bestehen eines Anspruchs nicht offensichtlich ausgeschlossen ist (-> keine bloße Interessenklage).

      Mit der Leistungsklage werden nicht nur vretragliche Zahlungsansprüche, sondern z.B. auch der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch, der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch und der Folgenbeseitigungsanspruch geltend gemacht (es sei denn, die Folgenbeseitigung erfordert den Erlass eines VA).

  2. §§ 68, 74 VwGO grds. (-) (außer Beamter klagt), § 78 VwGO (-)

    Die §§ 68, 74 und 78 VwGO gelten ausweislich der Überschrift des 8. Abschnitts der VwGO nur für die Anfechtungsklage und Verpflichtungsklage. Ausnahmsweise können § 68 VwGO und § 74 VwGO aber auch bei der Leistungsklage zur Anwendung kommen, nämlich dann, wenn ein Beamter klagt.

    Die Bestimmung des richtigen Beklagten auf “Behördenseite” erfolgt regelmäßig nach dem Rechtsträgerprinzip als allgemeinem Prozessgrundsatz. Danach ist richtiger Beklagter die juristische Person, deren Behörde gehandelt hat oder handeln soll.

  3. Beteiligten- und Prozessfähigkeit, §§ 61, 62 VwGO

  4. (nur bei Anlass prüfen!:) Rechtsschutzbedürfnis

    1. Bei positiver Leistungsklage des Bürgers: Vorher Antrag bei Behörde gestellt?

    2. Bei Klage eines Hoheitsträgers: Erlass eines VA statt Klage?

      Grds. besteht für die Leistungsklage von Hoheitsträgern kein Rechtschutzbedürfnis, soweit diese die Möglichkeit haben, ihren Anspruch selbst durch Erlass eines VA geltend zu machen. Ausnahme: Ist jedoch damit zu rechnen, dass der Bürger dann diesen VA anfechte wird, ist der Erlass des VA nicht schneller und effektiver, weil das Verfahren dann doch wieder (nur in Gestalt einer Anfechtungsklage) zum VG kommt.

B. Begründetheit

Die Klage ist begründet, soweit der Kläger einen Anspruch (auf die begehrte Handlung, Duldung oder Unterlassung) hat.

Abwehransprüche: I. ungeschriebener öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch

I. Anspruchsgrundlage

  1. Keine geschriebene Anspruchsgrundlage

  2. ungeschriebener öffentlich-rechtlicher Unterlassungsanspruch - Textbaustein:

    a) Herleitung streitig (in Klausur Streit nur darstellen):

    aa) z.T.: aus der Abwehrfunktion der Freiheitsgrundrechte

    bb) z.T.: aus Art. 20 III GG

    cc) z.T.: analog §§ 823, 906, 1004 BGB

    b) Streitentscheidung nicht erforderlich:

    • Das Rechtsinstitut als solches (gewohnheitsrechtlich) anerkannt (da der Schutz subjektiver Rechte im öffentlichen Recht nicht geringer sein kann als im Privatrecht).

    • Die Anspruchsvoraussetzungen sind unstreitig.

II. Anspruchsvoraussetzungen

  1. Anwendbar, wenn Störungshandlung öffentlich-rechtlich (actus-contrarius-Gedanke)

    z.B. Erlass eines VA oder schlichtes Verwaltungshandeln

  2. Beeinträchtigung eines subjektiv-öffentlichen Rechts

    (1) aus öffentlich-rechtlicher Sonderbeziehung

    (2) aus einfach-gesetzlicher Vorschrift

    (3) Eingriff in Schutzbereich eines Freiheitsrechts

  3. Rechtswidrigkeit der Beeinträchtigung/ keine Duldungspflicht

    Rechtswidrigkeit liegt vor, wenn keine Duldungspflicht besteht. Bei einem Eingriff in Freiheitsrechte ist dies der Fall, wenn der Eingriff verfassungsrechtlich nicht gerechtfertig ist.

  4. Eingriff steht bevor (= Erstbegehungs- oder Wiederholungsgefahr) bzw. dauert an

    Beachte: Die Wiederholungsgefahr wird durch die Erstgefahr indiziert.

III. RECHTSFOLGE: Unterlassen (i.d.R. durch Nichtvornahme oder Beendigung des Eingriffs)

Prozessuales:

Statthafte Klageart zur Durchsetzung eines Unterlassungsanspruchs ist i.d.R. die Unterlassungsklage (Unterfall der allgemeinen Leistungsklage) - Zum Erfordernis eines qualifizierten Rechtschutzbedürfnisses bei einer vorbeugenden Klage gegen den drohenden Erlass eines VA.

Abwehr von Äußerungen

I. Prozessuales

  • Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs Gesichtspunkt “streitentscheidende Norm” (-) hilft nicht weiter, da Anspruch auf Widerruf/ Unterlassung ehrkränkender Äußerungen sowohl privatrechtlich als auch öffentlich-rechtlich möglich. Abzustellen ist auf den Sachzusammenhang, in dem die Äußerung erfolgt:

    • bei amtlichen Erklärungen im Zusammenhang mit hoheitlicher Tätigkeit -> öffentlich-rechtliche Streitigkeit

      Ausnahme: die Äußerung ist ersichtlich so sehr Ausdruck einer persönlichen Meinung, dass sie dem Staat nicht zugerechnet werden kann. Folge: privatrechtlicher Anspruch unmittelbar gegen den Amtwalter.

    • bei amtlichen Äußerungen im Zusammenhang mit fiskalischer Tätigkeit -> privatrechtliche Streitigkeit

      Leitentscheidung (BGHZ (GrSen) 34, 66 = NJW 1961, 658 Sportasche-Fall) T hatte der Gemeinde aufgrund privatrechtlicher Vereinbarung Asche für den Bau einer Sportanlage angeliefert. Der Beamte des zuständigen Amtes erhob gegen T den Vorwurf, dieser habe sich aufgrund falscher Angaben über die Menge der angefahrenen Asche Überzahlung verschafft.

    • bei nicht amtlichen Äußerungen -> privatrechtliche Streitigkeit

  • Klageart: bei Widerruf -> Leistungsklage (AGL:FBA); bei Unterlassen -> Unterlassungsklage (AGL:UA)

II. Begründetheit

  • Anspruchsgegner beim öffentlich-rechtlichen Abwehranspruch ist nicht der Amtswalter persönlich, sondern der Hoheitsträger, dem die Äußerung des Amtwalters zuzurechnen ist.

  • Nach h.M. können auch im öffentlichen Recht mit einer Widerrufsklage nur Tatsachenbehauptungen bekämpft werden. Das kann zwar anders als im Zivilrecht nicht mit Art. 5 GG begründet werden, weil sich der Staat auch nicht auf Art. 5 GG berufen kann. Aber auch Behörden können nicht dazu gezwungen werden, ihre “amtlichen Einschätzungen” zu widerrufen.

Abwehransprüche: II, (Vollzugs-)Folgenbeseitigungsanspruch

I. Anspruchsgrundlage

  1. Herleitung des Anspruchs

    • nicht: § 113 I 2/ 80 V 3 VwGO - nur verfahrensrechtliche Vorschriften

    • ungeschriebener öffentlich-rechtlicher (Vollzugs-)Folgenbeseitigungsanspruch:

      a) Herleitung streitig (in Klausur nur Streit darstellen):

      aa) z.T.: aus Abwehfunktion der Freiheitsgrundrecht

      bb) z.T.: aus Art. 20 III GG

      cc) z.T.: analog §§ 823, 906, 1004 BGB

      b) Streitentscheidung nicht erforderlich:

      • Rechtsinstitut als solches (gewohnheitsrechtlich) anerkannt (da der Schutz subjektiver Rechte im öR nicht geringer sein kann als im pR).

      • Anspruchsvoraussetzungen sind unstreitig

  2. FBA anwendbar, wenn Folgenbeseitigung ein Einschreiten gegen Dritte erfordert?

    • m.M.: (-) wegen Gesetzesvorbehalt: Lösung über “Anspruch auf ordnungsbehördliches Einschreiten”

    • h.M.: 2 Ebenen sind zu unterscheiden: FBA ist im Verhältnis Anspruchsteller <-> Behörde AGL; im Verhältnis Behörde <-> Dritter ist natürlich eine EGL erforderlich; ob Eingriffsbefugnis besteht, ist im Rahmen der Anspruchsgrenzen des FBA zu prüfen.

II. Anspruchsvoraussetzungen

  1. Anwendbar, wenn Störungshandlung öffentlich-rechtlich (actus-contrarius-Gedanke)

    • nicht nur Erlass und Vollzu eines VA, auch schlichtes Verwaltungshandeln

  2. andauernde Beeinträchtigung eines subjektiv-öffentlichen Rechts

    • aus (1) öffentliche-rechtlicher Sonderbeziehung

    • (2) aus einfach-gesetzlicher Vorschrift

    • (3) Grundrechten

  3. derzeitige Beeinträchtigung dem Hoheitsträger zurechenbar

    Ist hoheitliches Handeln überhaupt (noch) Ursache für die jetzige Beeinträchtigung (haftungsbegründende Kausalität). Problematisch, wenn Beeinträchtigung unmittelbar auf Handeln Dritter beruht, so dass hoheitliches Handeln also nur mittelbare Ursache ist. Beispiel: (1) Verbleiben des Obdachlosen in der Wohnung nach Ablauf des Einweisungszeitpunkts. (2) Störungen, die von der Benutzung öffentlicher Sachen ausgehen (Kinderspielplatz, Einwurd in Altglascontainer außerhalb der Einwurfzeiten). Faustregel: Zurechenbar sind grundsätzlich alle Beeinträchtigungen, die sich als typische Realisierung der von der Behörde geschaffenen Gefahrenlage darstellen. Bei Benutzung öffentlicher Sachen: Alle Störungen, die sich aus deren bestimmungsmäßigen Gebrauch ergeben. Nicht zurechenbar grds. missbräuchliche Nutzung, wenn die Behörde das ihr Zumutbare zur Verhinderung des Missbrauchs getan hat (bei Altglascontainer: Verbotsschild reicht). Abwehranspruch in diesem Fall nur gegeben, wenn öffentliche Sache dort überhaupt unzulässig.

  4. Keine Duldungspflicht/ Rechtswidrigkeit (bzgl. der derzeitigen Beeinträchtigung)

    • entscheidend ist, ob der jetzige Zustand rechtswidrig ist (“Erfolgsunrecht”), nicht ob die Duldung rechtwidrig war (“Handlungsunrecht”). Aber: Handlungsunrecht (zum Beispiel Erlass eines rechtswidrigen VA) begründet i.d.R. Erfolgsunrecht.

    • Rechtswidrigkeit (+), wenn der jetzige Zustand nicht (mehr) zu dulden ist (“keine Duldungspflicht”)

      • Duldungspflicht aus VA, sofern dieser (1) nicht nichtig (2) noch wirksam (=kein Zeitablauf, keine Aufhebung) und vollziehbar ist (kein Rechtsbehelf eingelegt, § 80 I VwGO, oder Rechtsbehelf keine aufschiebende Wirkung, § 80 II VwGO.

      • Duldungspflicht wegen Verzichts, aus Vertrag oder ausgesetzt (z.B. §§ 3, 22 BlmschG/ § 906 BGB (analog); Wahrnehmung berechtigter Interessen, § 193 StGB analog)

III. Kein Ausschlussgrund

Beachte: die nachfolgenden Gründe 1-3 können zum Ausschluss des Anspruchs auf Wiederherstellung führen. Unter Umständen kommt dann Anspruch auf Billigkeitsentschädigung in Betracht.

  1. Mitverschulden des Antragstellers, § 254 BGB analog (str.)

  2. Rechtliche und tatsächliche Unmöglichkeit der Beseitigung

    Ist zur Beseitigung der Beeinträchtigung ein Einschreiten gegen Dritte erforderlich: Prüfung, ob Behörde aufgrund einer entsprechenden EGL gegen die Dritten einschreiten kann (= Eingriffsvoraussetzungen). Steht Einschreiten im Ermessen, wird das Ermessen wegender rechtswidrigen Verhaltens der Behörde i.d.R. auf Null reduziert (Gesichtpunkt der Folgenbeseitigungslast).

  3. Unzumutbarkeit der Beseitigung

  4. Verwirkung oder sonstige unzulässige Rechtsausübung (z.B. dolo agit)

IV. Rechtsfolge

  1. Grundsatz: Wiederherstellung des früheren (bzw. eines möglichst gleichwertigen) Zustandes

    a) kein Schadensersatz (Naturalrestitution) = Herstellung des Zustandes der jetzt bestehen würde

    b) Pflicht zur Beseitigung der adäquat verursachten (=beabsichtigten oder typischen) Folgen (haftungsausfüllende Kausalität)

  2. Ausnahmsweise: Billigkeitsentschädiung

    BVerwG: wenn der Herstellungsanspruch wegen überwiegenden Mitverschuldens ausgeschlossen ist (Rechtsgedanke § 74 II 3 VwVfG, § 906 II 2 BGB). Str., ob auch bei Unmöglichkeit oder Unzumutbarkeit (Rechtsgedanke § 251 BGB).

V. Verjährung; § 195 BGB (3 Jahre)

Fortsetzungsfeststellungsklage, § 113 I 4 VwGO

VOR Klageerhebung

Situation Anfechtungsklage -> § 113 I 4 VwGO analog

Situation Verpflichtungsklage -> § 113 I 4 VwGO “analog analog”

Fortsetzungsfeststellungsklage als Eingangsklage

A. Zulässigkeit

I. Verwaltungsrechtsweg

II. Statthafte Klageart

  • Antrag gestellt? Sonst feststellen des Begehren (ggf. § 88 VwGO); davon abhängig weiterer Aufbau

  • Vorschlag: Fortsetzungsfeststellungsklage (direkt/analog/”analog analog”)

  • Statthaftigkeit:

    1. Situation vor Erledigung:

      • Anfechtungsklage: Kläger begehrte die Aufhebung eines VA

      • Verpflichtungsklage: Kläger begehrte Erlass eines VA

      • Erledigung des VA/ des Antrags auf Erlass eines VA (§ 43 VwVfG)

      • VOR Klageerhebung

        • Feststellungsklage, § 43 I Var. 1 VwGO

          P1 bei Erledigung VOR Klageerhebung: F-Kl § 43 I Var. 1 VwGO statt FF-Kl?

          Nach teilweise vertretener Ansicht soll bei vorporzessualer Erledigung die analoge Anwendung der FF-Kl mangels Regelungsläche ausscheiden, denn richtige Klageart sei die allgemeine Feststellungsklage gem. § 43 I Var. 1 VwGO. Stellungnahme:

          • Das setzt voraus, dass die allg. Feststellungklage überhaupt statthaft ist.

            • Zwar ist die “Rechtswidrigkeit eines VA” kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Das Klagebegehren lässt sich aber auslegen als Antrag auf Feststellung, dass die Behörde nicht berechtigt bzw. verpflichtet war, den VA zu erlassen.

            • Gegen die Feststellungsklage spricht aber § 43 II 1 VwGO: Auch im Fall der FF-Kl sollen die ursprünglich für die Anfechtungs- bzw. Verpflcihtungsklage geltenden besodneren Sachentscheidungsvoraussetzungen nicht umgangen werden.

          • Darüber hinaus sollte die Rechtsschutzform nicht vom zufälligen Zeitpunkt der Erledigung abhängen. Es besteht kein Grund, warum trotz der Ähnlichkeit beider Fallkonstellationen je nach Zeitpunkt der Erledigung unterschiedliche Klagearten mit abweichenden Anforderungen an Zulässigkeit und Begründetheit gelten sollen.

III. Besondere Sachentscheidungsvoraussetzungen

  1. der hypothtischen Eingangsklage

    a) § 42 II VwGO analog

    b) § 68 VwGO analog?

    P2 bei Erledigung VOR Klageerhebung: Einleitung/ Fortsetzung des Vorverfahrens, § 68 VwGO?

    Hat sich der VA vor Klageerhebung erledigt, so kann sich die Frage stellen, ob gleichwohl noch ein Vorverfahren, § 68 VwGO, eingeleitet oder zu Ende geführt werden muss. Anders formuliert:

    • Meinungsstreit: Gibt es einen Fortsetzungsfeststellungswiderspruch (FF-W) und dann folgerichtig auch einen Fortsetzungsfeststellungswiderspruchbescheid (FF-WB)?

      • m.M. (+), weil das Vorverfahren auch hier zur Entlastung der Gerichte beitragen kann.

      • h.M. (-) aus 3 Gründen:

        1. Zunächst ist festzustellen, dass die §§ 68 ff. VwGO einen FF-W/ FF-WB nicht vorsehen.

        2. Auch Sinn und Zweck der §§ 68 ff. VwGO sprechen gegen einen FF-W/ FF-WB, denn einer der wesentlichen Zwecke des Vorverfahrens, die Selbstkorrektur der Verwaltung, kann mit Eintritt der Erledigung nicht mehr erreicht werden.

        3. Schließlich ist es auch nicht Aufgabe der Behörde, verbindliche Feststellungen zur Rechtmäßigkeit ihres Handelns zu treffen; dies kann nur das Gericht durch rechtskräftiges Urteil (§ 121 VwGO).

      • Ausnahme Beamtenrecht: Wenn § 126 II BBG eingreift, ist stets Widerspruch einzulegen, weil danach ausnahmslos vor allen Klagen ein Vorverfahren durchzuführen ist. Das Gleiche gilt (vorbehaltlich landesrechtlicher Ausnahmeregelungen im Anwendungsbereich des § 54 II BeamtStG.

      • Aufbautechnisch kann der Meinungsstreit in die für das Vorverfahren geltende übliche Prüfungsreihenfolge eingebaut werden:

        a) War ohne Erledigung die Durchführung eines Vorverfahrens erforderlich?

        • JA: weiter mit b)

        • NEIN: Prüfungspunkt “Vorverfahren” abgeschlossen; weiter mit Klagefrist, § 74 I 2 VwGO.

        b) Hat der Widerspruchsführer (WF) ordnungsgemäß Widerspruch eingelegt?

        • JA: weiter mit c)

        • NEIN - Es wurde kein Widerspruch eingelegt.

          1. War die Widerspruchsfrist bei Eintritt der Erledigung bereits abgelaufen, so ist der VA bestandskräftig und (auch) die FF-Kl unzulässig.

          2. Ist die Erledigung während der noch laufenden Widerspruchsfrist eingetreten, kommt es auf den Meinungsstreit an; da es nach h.M. keinen FF-W/ FF-WB gibt, ist die Einlegung eines Widerspruchs jetzt weder erforderlich noch zulässig. Weiter mit Klagefrist.

        c) Ist der Widerspruchsbescheid noch vor Eintritt der Erledigung ergangen?

        • JA: Prüfungspunkt “Vorverfahren” abgeschlossen; weiter mit Klagefrist, § 74 VwGO.

        • NEIN: Wurde der Widerspruchsbescheid noch nicht erlassen, kommt es auf den Meinungsstreit an; da es nach h.M. keinen FF-WB gibt, muss der Kläger auch nicht mehr auf den Erlass eines Widerspruchsbescheids warten; weiter mit Klagefrist, § 74 I 2 VwGO.

          Nach der m.M. müsste der Kläger hingegen mit der Klageerhebung bis zum Erlass des FF-WB warten. Ergeht dieser allerdings innerhalb von 3 Monaten nicht, kann ggf. auf § 75 VwGO zurückgegriffen werden.

          Nach h.M. ist die Behörde in diesem Fall auch gar nicht mehr dazu befugt, einen Widerspruchsbescheid in der Sache zu erlassen; sie muss das Widerspruchsverfahren entweder formlos oder durch Erlass eines verfahrensbeendenden Widerspruchsbescheids einstellen. Ergeht gleichwohl ein Widerspruchsbescheid in der Sache, so kann der Betroffene diesen mit der isolierten Anfechtungsklage gemäß § 79 II 2 VwGO angreifen.

    c) § 74 VwGO analog?

    P3 bei Erledigung VOR Klageerhebung: Muss eine Klagefrist eingehalten werden?

    Nach früherer Rechtsprechung war die FF-Kl immer fristgebunden. Im Fall der Erledigung innerhalb der Widerspruchsfrist wurde § 74 I 2 VwGO analog angewandt. Allerdings galt i.d.R. die Jahresfrist des § 58 II VwGO, weil die Rechtsbehelfsbelehrung im VA (“Widerspruch einlegen”) mit Eintritt der Erledigung falsch wurde.

    • Nach heute ganz h.M. gilt hingegen gar keine Klagefrist, wenn die Klagefrist des § 74 I VwGO im Zeitpunkt der Erledigung noch nicht abgelaufen war; bereits (z.B. durch Zustellung des Widerspruchsbescheids) in Gang gesetzte Fristen laufen nicht weiter. Dafür werden im Wesentlichen 4 Gründe angeführt:

      1. (Dogmatik): Ein erledigter VA kann nicht mehr bestandskräftig werden.

      2. (Sinn und Zweck): Die Fristbindung einer Klage dient der Rechtssicherheit. Hieran besteht nach Erledigung kein gesteigertes Bedürfnis mehr.

      3. (Folgebetrachtung): Vor missbräuchlich spät erhobenen Klagen schützt das Rechtsinstitut der Verwirkung.

      4. (Systematik): Auch die “normale” F-Kl, § 43 I Var. 1 VwGO, ist nicht fristgebunden.

    • War die Klagefrist hingegen im Zeitpunkt der Erledigung bereits angelaufen, ohne dass Klage erhoben war, so ist der VA bestandskräftig und auchdie FF-Kl unzulässig.

    d) § 78 VwGO analog

  2. Fortsetzungsfeststellungsinteresse (FFI), § 113 I 4 VwGO

    1. Wiederholungsgefahr

      2 negative Voraussetzungen:

      1. Es darf nicht unwahrscheinlich sein, dass sich die Beteiligten in absehbarer Zeit wieder in einer ähnlichen Situation gegenüber stehen und sich daher vergleichbare Rechtsfragen stellen werden.

      2. Es darf kein Grund zu der Annahme bestehen, dass die Behörde dann anders entscheiden wird.

    2. Rehabilitationsinteresse

      Es besteht, wenn der Kläger durch den VA, seine Begründung oder die Umstände seines Zustandekommens noch im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in seiner Menschenwürde, seinem Persönlichkeitsrecht oder in seinem beruflichen oder gesellschaftlichen Ansehen objektiv erheblich beeinträchtigt ist.

    3. Art. 19 IV GG

      Eine “kurzsfristige Erledigung” ist immer dann zu bejahen, wenn der Betroffene keine Möglichkeit hatte, den mit Rücksicht auf Art. 19 IV GG gebotenen Hauptsacherechtsschutz zu erlangen.

      Das Erfordernis eines “nicht unerheblichen Grundrechtseingriffs” verdeutlicht, dass diese Fallgruppe zumindest auch der Entlastung des BVerfG dienen soll; Betroffene, die Opfer eines “nicht unerheblichen Grundrechtseingriffs” geworden sind, würden unmittelbar das BVerfG anrufen, wenn ihnen die Fachgerichte keinen Rechtsschutz gewähren würden.

    4. (-)

      P4: bei Erledigung VOR Klageerhebung: FFI - Präjudizität - gilt NICHT

      Die Feststellung der Rechtswidrigkeit des VA (oder seiner Ablehnung) durch das VG kann präjudizielle Wirkung (§ 121 VwGO) für einen noch zu führenden Schadensersatz- oder Entschädigungsprozess vor den ZivilG haben.

      a) Anwendungsbereiche der Fallgruppe:

      • Diese Fallgruppe kommt aber nur im Fall einer Erledigung vor Klageerhebung zur Anwendung. Vor Eintritt der Erledigung war der Kläger gezwungen, vor dem VG zu klagen, um Primärrechtsschutz gegen die Maßnahme zu erhalten. Nach Eintritt der Erledigung soll der Kläger nur nicht ohne Not um die Früchte seines Prozesses gebracht werden, den er zuvor zulässigerweise anhängig gemacht hat und machen musste.

      • Im Fall einer Erledigung vor Klageerhebung beim VG gilt diese Fallgruppe hingegen nicht. In diesem Fall kann (und muss) der Kläger sofort Klage beim ZivilG erheben. Eine vorherige Anrufung des VG würde hier zu einer unnötigen Prozessvermehrung führen.

      b) Außerdem darf der beabsichtigte Zivilprozess nicht “offensichtlich” aussichtslos sein, weil andernfalls die “Vorarbeit” des VG für den Kläger keinen Vorteil hat.

    Das Fortsetzungsfeststellungsinteresse entscheidet darüber, ob der Kläger Rechtsschutz in einem Hauptsachverfahren erlangen kann. Den Anforderungen des Art. 19 IV GG wird regelmäßig nur bei Durchfhrung eines Hauptsacheverfahrens Genüge getan, weil die Möglichkeiten des vorläufigen Rechtsschutzes einem Hauptsacheverfahren nicht gleichwertig sind. Gründe:

    1. Anders als Hauptsacheverfahren ergeht die Entscheidung im vorläufigen Rechtsschutzverfahren aufgrund einer Interessenabwägung.

    2. Im vorläufigen Rechtsschutzverfahren ist i.d.R. nur eine summarische Prüfung möglich, weil der zugrundeliegende Sachverhalt wegen der bestehenden Eilbedürftigkeit nicht ausermittelt werden kann.

    3. In verfahrenstechnischer Hinsicht wird dem Kläger die Möglichkeit genommen, das BVerwG als höchstes Verwaltungsgericht anzurufen, weil der Rechtsweg im vorläufigen Rechtsschutz beim OVG endet, § 152 VwGO.

    4. Das sodann zulässigerweise mit einer VfB gegen die im Eilverfahren ergangene Entscheidung angerufene BVerfG müsste seine Entscheidung auf der Grundlage eines nicht ausermittelten Sachverhalts treffen.

IV. Prozess- und Beteiligtenfähigkeit §§ 61, 62 VwGO

B. Begründetheit

  • Anfechtungsklage: § 113 I 4 i.V.m. I 1 VwGO: (+), soweit VA rechtswidrig und Rechtsverletzung

  • Verpflichtungsklage: § 113 I 4 i.V.m. V 1 VwGO: (+) soweit Ablehnung/ Unterlassung des VA rechtswidrig, Rechtsverletzung und Spruchreife

  • Verpflichtungsklage: § 113 I 4 i.V.m. V 2 VwGO: (+) soweit Ablehnung/ Unterlassung des VA rechtswidrig und Rechtsverletzung

NACH Klageerhebung

Situation Anfechtungsklage -> § 113 I 4 VwGO direkt

(§ 133 I 4 betrifft den Fall der Erledigung einer Anfechtungsklage nach Klageerhebung. Das folgt aus der systematischen Stellung des § 113 I 4 VwGO:

  • § 113 I VwGO betrifft die Anfechtungsklage (die Verpflichtungsklage ist erst in § 113 V VwGO geregelt.)

  • § 113 VwGO insgesamt regelt bereits den Urteilstenor und setzt damit eine bereits erhobene Klage voraus.

Beachte: “Vorher” in § 113 I 4 VwGO meint nach Klageerhebung aber vor Erlass des Aufhebungsurteils i.S.v. § 113 I 1 VwGO.)

Situation Verpflichtungsklage § 113 I 4 VwGO analog

Klageänderung (Der Übergang von der Anfechtungs- bzw. Verpflichtungsklage zur Fortsetzungsfeststellungsklage bedarf nicht der Zustimmung der anderen Beteiligten.)

Zulässigkeit

I. Verwaltungsrechtsweg

II. Statthafte Klageart

  • Antrag gestellt? Sonst feststellen des Begehren (ggf. § 88); davon abhängig weiterer Aufbau

  • Vorschlag: Fortsetzungsfeststellungsklage (direkt/analog/”analog analog”)

  • Statthaftigkeit:

    1. Situation vor Erledigung:

      • Anfechtungsklage: Kläger begehrte die Aufhebung eines VA

      • Verpflichtungsklage: Kläger begehrte Erlass eines VA

      • Erledigung des VA/ des Antrags auf Erlass eines VA (§ 43 VwVfG)

      • NACH Klageerhebung

III. Besondere Sachentscheidungsvoraussetzungen

  1. der tatsächlichen Eingangsklage

    a) § 42 II VwGO analog

    b) § 68 VwGO analog

    c) § 74 VwGO analog

    d) § 78 VwGO analog

  2. Fortsetzungsfeststellungsinteresse (FFI), § 113 I 4 VwGO

    1. Wiederholungsgefahr

    2. Rehabilitationsinteresse

    3. Art. 19 IV GG

    4. Vorbereitung Schadensersatz/ Entschädigung

IV. Prozess- und Beteiligtenfähigkeit §§ 61, 62 VwGO

B. Begründetheit

  • Anfechtungsklage: § 113 I 4 i.V.m. I 1 VwGO: (+), soweit VA rechtswidrig und Rechtsverletzung

  • Verpflichtungsklage: § 113 I 4 i.V.m. V 1 VwGO: (+) soweit Ablehnung/ Unterlassung des VA rechtswidrig, Rechtsverletzung und Spruchreife

  • Verpflichtungsklage: § 113 I 4 i.V.m. V 2 VwGO: (+) soweit Ablehnung/ Unterlassung des VA rechtswidrig und Rechtsverletzung

Allgemeine Feststellungklage, § 43 I Var. 1 VwGO

Wenn sich die Klage weder auf einen erledigten noch auf einen nichtigen Verwaltungsakt bezieht

A. Zulässigkeit der Klage vor dem VG

I. Verwaltungsrechtsweg

II. Statthafte Klageart

  • Antrag/ Begehren (ggf. § 88 VwGO)

  • Klagevorschlag: Allgemeine Feststellungsklage, § 43 I Var. 1 VwGO, wenn sich die Feststellung weder auf einen erledigten VA (sonst: FF-Kl., § 113 I 4 VwGO (analog), noch auf einen nichtigen VA bezieht (sonst: Nichtigkeitsfeststellngsklage, § 43 I Var. 2 VwGO).

  • Statthaftigkeit der allgemeinen Feststellungklage, § 43 I Var. 1 VwGO

  1. Streit über das (Nicht-)Bestehen eines Rechtsverhältnisses zwischen den daran Beteiligten

    a) (Nicht-) Bestehen eines Rechtsverhältnisses

    Ein Rechtsverhältnis i.S.d. § 43 I Var. 1 VwGO liegt vor, wenn rechtliche Beziehungen streitig sind, die sich aufgrund eines konkreten Sachverhalts aus einer öffentlich-rechtlichen Regelung für das Verhältnis mehrerer Personen zueinander oder das Verhältnis einer Person zu einer Sache ergeben.

    • Feststellungfähig sind insbesondere das

      1. (Nicht-)Bestehen einzelner Berechtigungen oder Verpflichtungen

        Feststellungfähig ist nur das (Nicht-)Bestehen einer Gesamtheit rechtlicher Beziehungen, sonder auch das (Nicht-)Bestehen einzelner Berechtigungen (Verpflichtungen).

        Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis liegt danach z.B. vor, wenn zwischen Bürger und Hoheitsträger einzelne Rechte oder Pflichten umstritten sind, die sich aus einer (wirksamen) Rechtsnorm - Parlamentsgesetz, Rechts-VO oder Satzung - ergeben, wie z.B. Fragen der Anwendbarkeit oder Reichweite der Norm.

        Ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis liegt auch dann vor, wenn zwischen Brger und Hoheitsträger einzelne Rechte und Pflichten umstritten sind, weil eine Rechtsnorm, - Parlamentsgesetz, Rechts-VO oder Satzung - eine bestimmte Tätigkeit gänzlich verbietet (bzw. von einer Erlaubnis abhängig macht) oder gebietet, der davon betroffene Bürger aber von der Unwirksamkeit der Vorschrift ausgeht. In solchen Fällen ist die allg. Feststellungsklage das geeignete Mittel zur Herbeiführung einer inzidenten Normenkontrolle.

      2. (Nicht-)Bestehen eines Rechtsverhältnisses in seiner Gesamtheit

      3. Vorliegen einer Rechtsverletzung

        • Fallgruppe I: wegen Art. 19 IV 1 GG

        • Fallgruppe II: bei “Grundrechtsverletzungen durch (erledigten) Realakt”

          Bisweilen wird in solchen Fällen die Definition des RV von der Rspr. um folgenden Nachsatz erweitert:

          Ein RV i.S.d. § 43 I VwGO kann sich darüber hinaus auch aus schlicht hoheitlichem (ör) Verhalten eines Hoheitsträgers ergeben. Voraussetzung dafür ist, dass die rechtlichen Beziehungen zumindest ein subjektives öffentliches Recht und dessen konkrete Rechtsbetroffenheit zum Gegenstand haben.

          Folge dieser Erweiterung ist, dass ein feststellungsfähiges RV auch dann besteht, wenn die Beteiligten darüber streiten, ob der beklagte Hoheitsträger durch schlicht hoheitliches Handelns (unzulässig) in Grundrechte des Klägers eingegriffen hat. Die erforderliche konkrete Rechtsbetroffenheit leigt aber nur vor, wenn das Realhandeln tatsächlich als (faktischer) Grundrechtseingriff zu qualifizieren ist.

      4. (Nicht-)Bestehen von Statusrechten

        Statusrechte sind feststellungsfähig, sofern sie sich als bloß abgekürzte Bezeichnung für ein Bündel von Berechtigungen und/oder Verpflcihtungen darstellen.

      auch wenn

      • Innenrechtsverhältnis

      • Drittrechtsverhältnis

      • vergangenes oder zukünftiges Rechtsverhältnis

    • Streit aus konkretem Anlass

    • Streit betrifft konkrete (=nicht bloß abstrakte) Rechtsfrage (konkreter Sachverhalt)

    b) Streit zwischen den “wahren” Beteiligten des Rechtsverhältnisses

    Das BVerwG hat in letzter Zeit vermehr ausgeführt, dass das RV zwischen den “wahren” Beteiligten streitig sein muss. Wird der “falsche” Rechtsträger auf Feststellung verklagt, ist die Feststellungsklage mangels Bestehens eines RV unstatthaft, weil zwischen dem Kläger und dem “falschen” Rechtsträger das behauptete RV von vornherein nicht bestehen kann. Bedeutung erlangt diese Frage vornehmlich bei Feststellungsklagen, in denen der Kläger die Genehmigugnsfreiheit seines Verhaltens im Wesentlichen mit der Unwirksamkeit der die Genehmigungspflicht regelnden Norm begründet.

    Die Genehmigungsbedürftigkeit eines Vorgangs bgründet ein RV grds. nur zwischen demjenigen, der die Genehmigung benötigt (dem Normadressaten), und der für die Erteilung zuständigen Behörde (dem Normanwender). Das gilt auch dann ,wenn es sich bei demjenigen, der die Norm erlassen hat (Normgeber), um demjenigen, der die Norm anzuwenden bzw. ihre Einhaltung zu überwachen hat (Normanwender), um unterschiedliche Rechtsträger handelt. Zwar hängt der Erfolg der Feststellungsklage von der inzident zu prüfenden Wirksamkeit der die Genehmigungspflicht regelnden Rechtsnorm ab. Dabei handelt es sich aber nur um eine Vorfrage, deren Beantwortung nicht an der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung teilnimmt.

  2. Keine Subsidiarität, § 43 II 1 VwGO

    a) Grundsatz (Inhalt, Sinn und Zweck)

    • die allgemeine F-Kl. ist gem. § 43 II 1 VwGO unstatthaft, soweit der Kläger sein Ziel mit einer Klage aus den Klagegruppen Gestaltungsklage (=Anfechtungsklage) oder Leistungsklage (=Verpflichtungs- oder allgemeine Leistungsklage) verfolgen kann oder hätte verfolgen können.

    • Die Vorschrift verfolgt zwei Ziele: Verhindert werden soll

      1. eine doppelte Inanspruchnahme der Gerichte, die droht, wenn der Beklagte ein Feststellungsurteil nicht befolgt, da Feststellungsurteile nicht vollstreckbar sind;

      2. eine Umgehung der besonderen Sachentscheidungsvoraussetzungen anderer Klagearten, insbesondere die Vorschriften über das Vorverfahren, §§ 68-73 VwGO, und die Klagefrist, § 74 VwGO.

      3. Auf eine Gestaltungs- oder Leistungsklage muss sich der Kläger generell nicht verweisen lassen, wenn sein eigentliches Anliegen dort nur als bloße Vorfrage mitentschieden würde. Im Übrigen greift der Grundsatz der Subsidiarität nur dann, wenn das als vorrangig in Betracht kommende Gestaltungs- oder Leistungsbegehren zumindest teilweise identisch mit dem des Feststellungsbegehrens ist.

    b) Ausnahmen

    1. Feststellungklage statt allgemeiner Leistungsklage gegen die Behörde (str.)

      Mit Wahl der F-Kl. werden jedenfalls keine BesSEV der allg. L-Kl. umgangen, da bei der allg. L-Kl. weder die Durchführung eines Vorverfahrens noch die Einhaltung einer Klagefrist erforderlich ist. Auch eine doppelte Inanspruchnahme der Gerichte ist nicht zu befürchten: Wegen Art. 20 III GG steht zu erwarten, dass der Hoheitsträger das Feststellungsurteil auch ohne Vollstreckungsdruck befolgen wird. Allein aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber in den §§ 170, 172 VwGO eine Vollstreckungsmöglichkeit gegen Hoheitsträger geregelt hat, lässt sich für den Einzelfall jedenfalls nicht herleiten.

    2. Feststellungsklage ist rechtsschutzintensiver (Hochwasserfall)

      Die F-Kl. ist im konkreten Fall rechtsschutzintensiver als die in Betracht kommenden Gestaltungs- oder Leistungsklagen. Das ist insbes. dann der Fall, wenn sich durch Erhebung der F-Kl. eine Vielzahl potenzieller Gestaltungs- oder Leistungsklagen vermeiden lässt.

III. Besondere Sachentscheidungsvoraussetzungen:

  1. Klagebefugnis, § 42 II VwGO analog

    Popular- und Interessenklagen sind auch bei der allg. F-Kl. unzulässig. Daher muss der Kläger auch bei der allg. F-Kl. analog § 42 II VwGO geltend machen, dass es ihm um die Verwirklichung seiner subjektiven Rechte geht. Eine analoge Anwendung dieser Vorschrift ist jedenfalls erforderlich (1) im Fall einer Dritt-F-Kl., (2) bei einer gegen den drohenden Erlass eines VA erhobenen vorbeugenden F-Kl. sowie (3) im verwaltungsgerichtlichen Organstreitverfahren.

  2. Feststellungsinteresse, § 43 I VwGO (“variabel” = abhängig von Art des Rechtsverhältnisses)

    a) wenn Rechtsverhältnis gegenwärtig: jedes “berechtigte” Interesse

    Ausreichend ist jedes nach der Sachlage anzuerkennende schutzwürdige Interesse rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art; ein “rechtliches” Interesse wie in § 256 ZPO ist nicht erforderlich.

    b) wenn Rechtsverhältnis vergangen: wie Fortsetzungsfeststellungsinteresse bei der FF-Kl., § 113 I 4 VwGO.

    c) wenn Rechtsverhältnis zukünftig: wie Rechtsschutzbedürfnis bei der vorbeugenden Unterlassungsklage

  3. Weitere besondere Sachentscheidungsvoraussetzungen grds. (-)

    a) Kein Vorverfahren (§ 68), keine Klagefrist (§ 74), außer Beamter klagt

    b) Die Bestimmung des richtigen Beklagten auf Seiten des Hoheitsträgers richtet sich nicht nach § 78 VwGO, sondern nach dem Rechtsträgerprinzip als allgemeinem Prozessgrundsatz. Zu verklagen ist die juristische Person (Rechtsträger), mit deren Behörde der Streit besteht.

IV. Beteiligten- und Prozessfähigkeit §§ 61, 62 VwGO

V. Nur bei Anlass prüfen: Rechtsschutzbedürfnis

  1. eventuell (-) bei zu langem Zuwarten, vgl. auch § 43 I VwGO: “alsbaldige” Feststellung

  2. bei Klage der Behörde eventuell (-), wenn feststellender VA möglich; vgl. das entsprechende Problem “Hoheitsträger klagt” bei der allgemeinen Leistungsklage

B. Begründetheit

Obersatz: Eine Feststellungsklage ist begründet, wenn das zutrifft, was der Kläger festgestellt haben möchte. Daher ist es sinnvoll, die Begründetheitsprüfung sofort mit dem konkreten Feststellungsbegehren einzuleiten, z.B. “Die Klage ist begründet, wenn der Kläger nicht verpflichtet ist, seinen Hund im ganzen Stadtgebiet anzuleinen.”

Geht es um die Berechtigung der Behörde, etwas zu tun, ist i.d.R. eine Prüfung nach EGL - formeller Rechtmäßigkeit und materieller Rechtmäßigkeit zweckmäßig.

Die Prüfung einer Verletzung subjektiver Rechte des Klägers ist grds. nicht erforderlich, es sei denn der Klageantrag ist gerade auf die Feststellung einer Rechtsverletzung gerichtet.

Antrag nach § 80 V 1 VwGO

A. Zulässigkeit

I. Verwaltungsrechtsweg (für Antrag (+), wenn in Hauptsache (+), arg. ex §§ 80 V 1/ 123 II 1 VwGO)

II. Statthaftigkeit des Antrags

  • Antrag gestellt?/ Sonst Begehren feststellen (ggf. § 88 VwGO analog)

  • Verfahrensvorschlag: § 80 V 1 VwGO (ggf. nach kurzer Abgrenzung zu §§ 123 I, 80a VwGO)

    Ein Antrag nach § 80 V 1 VwGO kommt in Betracht, wenn der Antragsteller die Suspendierung eines ihn belastenden VA begehrt, damit er den VA vorerst nicht befolgen muss. Ist der Antrag eindeutig auf Anordung/ Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gerichtet, kann unmittelbar auf einen Antrag nach § 80 V 1 VwGO abgestellt werden. Begehrt der Antragsteller hingegen nicht näher konkretisiert die “Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes”, empfiehlt es sich regelmäßig, mit einer kurzen Abgrenzung der verschiedenen vorlRs-Mglichkeiten nach den §§ 123 I, 80a und 80 V 1 VwGO zu beginnen.

  • Statthaftigkeitsvoraussetzungen des Antrags nach § 80 V 1 VwGO

  1. VA gem. § 80 I 1 VwGO (= mit W./A-Kl. angreifbar -> bloß formeller VA reicht; VA muss erlassen sein)

  2. W./A-Kl. erhoben (a.A.: RSB)

    Nach h.M. wegen § 80 I 1 VwGO Zulässigkeitsvoraussetzung, die (spätestens) im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (jedoch vor Ablauf der W./Klagefrist) erfüllt sein muss.

    • W./A-Kl. “nicht offensichtlich unzulässig” (Nur bei Anlass ansprechen, da als weitere Voraussetzung umstr.)

  3. W./A-Kl. haben wegen § 80 II VwGO keine aufschiebende Wirkung (-> VA sofort vollziehbar -> § 80 II VwGO) a.A.: RSB

III. Besondere Sachentscheidungsvoraussetzungen (Grds. keine Antragsfrist; nur bei Anlass ansprechen!)

  1. Antragsbefugnis, § 42 II VwGO analog (+), wenn klagebefugt in Hauptsache; sonst keine speziellen Anforderungen

  2. Antragsgegner grds. wie Klagegner, § 78 VwGO analog

IV. Prozess- und Beteiligtenfähigkeit §§ 61, 62 VwGO

V. Rechtsschutzbedürfnis (eine besondere Eilbedürftigkeit nicht erforderlich)

  1. Hauptsache nicht offensichtlich unzulässig (vor allem nicht verfristet)

  2. Zuvor Aussetzungsantrag an Behörde, § 80 VI VwGO (immer ansprechen!)

    a) Anwendungsbereich: Gem. § 80 VI 1 VwGO ist ein solcher Antrag nur im Fall des § 80 II 1 Nr. 1 VwGO (Abgaben-/Kosten-VA) erforderlich. Die Regelung ist abschließend, so dass dem Antragsteller auch in den anderen Fällen des § 80 II VwGO nicht entgegengehalten werden kann, ihm fehle mangels vorherigen Antrags an die Behörde das Rechtschutzbedürfnis für den Antrag nach § 80 V 1 VwGO.

    b) Prozessuale Bedeutung: § 80 VI 1 und VI 2 Nr. 1 VwGO sind nach h.M. Zugangs-Voraussetzungen, die bereits im Zeitpunkt des Antragseingangs beim VG gegeben sein müssen; andernfalls ist der Antrag unheilbar unzulässig; § 80 VI 2 Nr. 2 VwGO ist demgegenüber eine echte Zulässigkeitsvoraussetzung, d.h. ein zunächst unzulässiger Antrag wird zulässig, wenn während des gerichtlichen Verfahrens die Vollstreckung droht.

B. Begründetheit

Der Obersatz ist zunächst abhängig von der Art des Antrags. Bei einem Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung ist die Formulierung des Obersatzes sodann davon abhängig, ob die behördliche AOSV in formeller Hinsicht voraussichtlich fehlerfrei oder fehlerhaft erfolgte..

  1. Antrag auf Anordnung der a.W. wegen gesetzlichen Ausschlusses der a.W.:

    Der Antrag nach § 80 V 1 VwGO ist begründet, wenn eine Interessenabwägung ergibt, dass das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das öffentliche Vollziehungsinteresse überwiegt.

  2. Antrag auf Wiederherstellung der a.W. falls die AOSV offensichtlich fehlerfrei erfolgte:

    Ist die Anordnung der sofortigen Vollziehung gem. § 80 II 1 Nr. 4 VwGO wie hier formell fehlerfrei erfolgt, ist der Antrag nach § 80 V 1 VwGO begründet, wenn eine Interessenabwägung ergibt, dass das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das öffentliche Vollziehungsinteresse überwiegt.

  3. Antrag auf Wiederherstellung der a.W. falls die AOSV u.U. formell fehlerhaft erfolgte:

    Der Antrag nach § 80 V 1 VwGO ist begründet, wenn eine Interessenabwägung ergibt, dass das Aussetzungsinteresse des Antragstellers das öffentliche Vollziehungsinteresse überwiegt. Unabhängig davon hat der Antrag im Fall einer - wie hier vorliegenden - Anordung der sofortigen Vollziehung gem. § 80 II 1 Nr. 4 VwGO auch dann Erfolg, wenn die Anordnung der sofortigen Vollziehung formell fehlerhaft erfolgt ist..

I. Wenn AOSV (Anordnung der sofortigen Vollziehung): AOSV FORMELL FEHLERFREI?

  1. Zuständigkeit zur ASOV, § 80 II 1 Nr. 4 VwGO (nicht verwechseln mit der Zuständigkeit zum Erlass des VA!)

  2. Anhörung zur ASOV grds. (-) (nur bei eindeutigem Anlass im SV ansprechen!)

  3. Ordnungsgemäße Begründung des Vollziehungsinteresses, § 80 III 1 VwGO

    a) Inhaltliche Anforderungen an die Begründung des besonderen öffentlichen Interesses an der sofortigen Vollziehung (=der Eilbedürftigkeit)

    • Nachvollziehbare (schlüssige) Darlegung des Vollziehungsinteresses (der Eilbedürftigkeit)

    • bezogen auf die konkreten Umstände des Einzelfalls

    • (erkennbar) im Bewusstsein des Ausnahmecharakters der ASOV

    Fallen ausnahmsweise Erlass- und Vollziehungsinteresse zusammen, so ist § 80 III 1 VwGO genüge getan, wenn die Behörde in der Begründung der AOSV auf diesen Umstand hinweist.

    b) Umfang der gerichtlichen Überprüfung. § 80 III 1 VwGO regelt eine formelle Voraussetzung für den Erlass einer AOSV. Deswegen überprüft das VG lediglich, ob die AOSV den vorgenannten Anforderungen genügt, nicht aber auch, ob die von der Behörde zur Begründung angegebenen Tatsachen inhaltlich zutreffen, da dies keine Frage der formellen Seite mehr ist.

    Wenn Begründungsmangel: Heilung im Prozess?

    Umstritten ist, ob die Behörde überhaupt die Möglichkeit hat, den Begründungsmangel während des gerichtlichen Verfahrens durch Nachschieben von Gründen zu heilen.

    • m.M.: Keine Heilungsmöglichkeit; die Behörde muss eine neues AOSV mit neuer Begründung erlassen. Gründe: (1) Die Zwecke des § 80 III 1 VwGO (insbesondere die Warnfunktion für die Behörde und die Informationsfunktion für den Betroffenen) sind durch eine nachträgliche Begründung nicht (mehr) zu erreichen. (2) Andernfalls besteht die Gefahr, dass § 80 III 1 VwGO auf Dauer leer läuft.

    • h.M.: Für eine Heilungsmöglichkeit spricht entscheidend der Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie: Es ist unsinnig, eine im gerichtlichen Verfahren abgegebene Begründung nicht zu verwerten, wenn die Behörde unstreitig jederzeit eine neue ASOV erlassen kann.

    Zu einer Heilung kommt es jedoch nur dann, wenn die nachgeholte Begründung nach Form und Inhalt den Anforderungen des § 80 III 1 VwGO genügt.

    ; Folgen

    Der Begründungsfehler bleibt nicht folgenlos: Der Antrag nach § 80 V VwGO hat schon allein wegen des formellen Mangels Erfolg; der Antragsteller kommt wieder in den Genuss der a.W. (unstr.).

    Einer gerichtlichen Entscheidung, die allein wegen eines Begründungsmangels und somit ausschließlich aus formellen Gründen ergeht, kommt eine “nur eingeschränkte Bindungswirkung” zu. Die Behörde kann jederzeit eine neues ASOV (mit neuer Begründung) erlassen (unstr.).

    Streitig ist, welchen Tenor (Inhalt) die gerichtliche Entscheidung bei einer nur formell fehlerhaften AOSV haben soll.

    • m.M.: Mangels gesetzlicher Regelung wie immer “Wiederherstellung der a.W.”. Die in diesem Fall unstreitig nur bestehende “eingeschränkte Bindungswirkung” kann und muss den Entscheidungsgründen entnommen werden.

    • h.M.: “Aufhebung der AOSV”. Aus Gründen der Rechtsklarheit ist es vorzugswürdig, wenn sich die eingeschränkte Bindungswirkung der gerichtlichen Entscheidung unmittelbar aus dem Tenor ergibt. Dass insoweit eine ausdrückliche gesetzliche Regelung fehlt, ist unschädlich, weil die bloß kassierende “Aufhebung der ASOV” im Vergleich zur anordnenden “Wiederherstellung der a.W.” ein “minus” darstellt, das von § 80 V 1 Var. 2 VwGO mit umfasst ist. Die “Aufhebung der AOSV” ist zum Schutz des Antragstellers ausreichend, weil sich die a.W. danach (automatisch) wieder unmittelbar aus § 80 I VwGO als Folge des vom Antragsteller eingelegten Rechtsbehelfs ergibt.

    ; Interessenabwägung bleibt erforderlich

    Hat das VG festgestellt, dass die AOSV - z.B. wegen eines Begründungsmangels - aus formellen Gründen rechtswidrig ist, ist umstritten, ob das VG überhaupt noch in die Sachprüfung (“Interessenabwägung”) eintreten kann bzw. muss -> 1. Examen immer ja

II. INTERESSENABWÄGUNG: Aussetzungsinteresse ./. Vollziehungsinteresse

Herleitung, Wesen; Prüfung in der Praxis

  1. in erster Linie: Erfolgsaussichten in der Hauptsache (ohne Prüfung der Zulässigkeit von W./A-Kl.)

    a) Insbesondere: Rechtswidrigkeit des VA

    Art. 100 I GG (-); für Aussetzung grds. ohne Belang: Fehler i.S.d. §§ 45, 46 VwVfG, § 114 S. 2 VwGO analog

    b) Rechtsverletzung, § 113 I 1 VwGO; (nur bei Anlass:) Kein Ausschluss des Aufhebungsanspruchs

    • Wenn Ergebnis: HAUPTSACHE ERFOLGREICH -> Antrag nach § 80 V 1 VwGO ERFOLGREICH

  2. Wenn Ergebnis: HAUPTSACHE ERFOLGLOS

    a) Weitere Interessenabwägungen erforderlich? (Grds. nur bei ASOV)

    b) Wenn nach a) erforderlich: Vollziehungsinteresse gegeben? (Geringere Anforderungen vertretbar)

    Weitere Interessenabwägung erforderlich? Abhängig vom Grund für den Wegfall der a.W.:

    • Gesetzlicher Ausschluss, § 80 II1 Nr. 1-3, II 2 VwGO: Grds. keine weiter Interessenabwägung (gesetzliche Wertung spricht für den Vorrang des Vollziehungsinteresses). Ausnahme: Die Vollziehung des VA hätte für den Pflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge, § 80 IV 3 VwGO analog.

    • Wegfall der a.W. aufgrund AOSV, § 80 II 1 Nr. 4 VwGO: Umstritten

      1. m.M.: Keine weitere Interessenabwägung erforderlich: Aussetzunginteresse des Antragstellers = 0, denn es gibt keinen Grund, den Antragsteller von der Vollziehung eines (nach gerichtlicher Prüfung) offensichtlich rechtmäßigen VA zu verschonen. Es ist nicht Zweck des § 80 I VwGO, dem Antragsteller eine “Verschnaufpause” bei der Befolgung solcher VAe einzuräumen.

      2. h.M. zu Recht: Grds. weitere Interessenabwägung um festzustellen, ob im konkreten Fall das gesetzlich geforderte Vollziehungsinteresse (also eine “Eilbedürftigkeit”) gegeben ist. Grund: Behörde weicht mit der AOSV vom gesetzlichen Regelfall des § 80 I VwGO ab; das ist gem. § 80 III 1 VwGO nur zulässig, wenn ein besonderes Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht. Die festgestellte Rechtmäßigkeit des VA belegt aber grds, nur das Erlassinteresse.

  3. Wenn Ergebnis: HAUPTSACHE OFFEN -> umfassende Interessenabwägung (regelmäßig nicht im ersten Examen)

Rechtsschutz bei faktischer Vollziehung

Von faktischer Vollziehung (faktischem Vollzug) spricht man dann, wenn die Behörde die bestehende aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs (irrtümlich oder bewusst) missachtet.

Rechtsschutz: Allgemein richtige Verfahrensart

  • § 80 V 1 VwGO direkt (-), denn wenn die aufschiebende Wirkung schon bestehtm kann sie nicht noch einmal wiederhergestellt oder angeordnet werden.

  • § 123 I VwGO (-) wegen § 123 V VwGO

  • § 80 V 1 VwGO analog auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung (+). Rechtferitgung: ist das VG zur Anordnung/ Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung befugt, so kann es als “minus” auch das Bestehen der aufschiebenden Wirkung feststellen.

Prüfungsschema

A. Zulässigkeit des Antrags

I. Verwaltungsrechtsweg für Antrag: (+), wenn Verwaltungsrechtsweg in Hauptsache eröffnet.

II. Statthafte Antragsart (Der weitere Aufbau ist entscheidend abhängig vom Antrag/ Begehren!)

EINSTIEGSVARIANTE 1:

Antrag/ Begehren gerichtet auf Anordnung/ Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder (“offen”) “auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes”: -> Zuerst § 80 V 1 VwGO direkt:

  1. VA, der mit W./A-Kl. angreifbar ist, § 80 I 1 VwGO

  2. W./A-Kl. erhoben

  3. Rechtsbehelf hat keine aufschiebende Wirkung (hier müssen jetzt alle Fälle von § 80 II VwGO geprüft werden) -> § 80 II VwGO (-) -> § 80 V 1 VwGO direkt (-) -> Auslegung des Antrags: Übergang in Variante 2

EINSTIEGSVARIANTE 2:

Antrag/Begehren gerichtet auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung (von vornherein oder als Folge der Prüfung nach Varainte 1 so gestellt): -> Prüfung der Statthaftigkeit des Feststellungsantrags.

  1. § 80 V 1 VwGO analog die allgemein richtige Verfahrensart (+)

  2. § 80 V 1 VwGO analog im konkreten Fall statthaft?

    • VA, der mit W./A-Kl. angreifbar ist, § 80 I 1 VwGO (Nur wenn noch nicht geprüft)

    • W./A-Kl. erhoben (Nur wenn noch nicht geprüft)

    • STREIT ÜBER DAS (NICHT-) BESTEHEN DER aufschiebenden Wirkung

III. Besondere Sachentscheidungsvoraussetzungen

  1. Antragsbefugnis, § 42 II VwGO analog

  2. Feststellungsinteresse i.d.R. (+), wenn Vollstreckung des VA objektiv zu befürchten.

  3. Vorheriger Aussetzungsantrag? § 80 VI 1 VwGO zweifelhaft; jedenfalls (-) wegen § 80 VI 2 Nr. 2 VwGO

  4. Richtiger Antragsgegner, § 78 I VwGO analog

IV. Prozess- und Beteiligtenfähigkeit §§ 61, 62 VwGO

B. Begründetheit des Antrags

Keine Interessenabwägung, keine Prüfung der Rechtmäßigkeit des VA: Das Bestehen der aufschiebenden Wirkung ist eine reine Rechtsfrage, die ausschließlich nach § 80 I, II VwGO zu beurteilen und nicht von der Rechtmäßigkeit des Va abhängig ist.

  • Bei EINSTIEGSVARIANTE 1: “Der Antrag ist begründet, weil der Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat.”

  • Nur EINSTIEGSVARIANTE 2: "Der Antrag ist begründet, wenn der Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat.”

    -> jetzt müssen hier alle Fällle von § 80 II VwGO geprüft werden.

Der Antrag nach § 123 VwGO

A. Zulässigkeit des Antrags vor dem VG

I. Verwaltungsrechtsweg für den Antrag (+), wenn in Hauptsache eröffnet (§§ 80 V 1, 123 II 1 VwGO)

II. Statthafte Antragsart

  • Antrag gestellt, sonst Begehren feststellen (ggf. § 122 I i.V.m. § 88 VwGO)

  • Verfahrensvorschlag

  • Prüfung der Statthaftigkeit

  1. § 123 V VwGO: Kein Fall von §§ 80, 80a VwGO; beachte ggf. Abgrenzung zu § 80 V 3 VwGO und § 80a I Nr. 2 Alt. 2 VwGO

    1. § 80 VwGO ist nur einschlägig, wenn es um die Vollziehung eines adressat-belastenden VA geht. Begehrt der Antragsteller als zusätzliche “Leistung” die Beseitigung von Vollzugsfolgen, so geht § 80 V 3 VwGO vor.

    2. § 80a VwGO ist nur einschlägig, wenn es um die Vollziehung eines VA mit Drittwirkung geht. Begehrt der Antragsteller neben der Suspendierung einer Genehmigung als zusätzliche “Leistung” den Erlass von Sicherungsmaßnahmen, so geht § 80a I Nr. 2 Alt. 2 VwGO vor.

  2. Abgrenzung: § 123 I 1 VwGO oder § 123 I 2 VwGO

    Die Sicherungsanordnung (§ 123 I 1 VwGO) dient der Zustandssicherung durch die vorbeugende Abwehr drohender Rechtsbeeinträchtigungen.

    Mit der Regelunganordnung (§ 123 I 2 VwGO) wird die Vornahme einer behördlichen Leistung verlangt, um eine vorläufige Zustandsverbesserung zu erreichen.

    • SICHERUNGSANORDNUNG, § 123 I 1 VwGO (Spezialfall)

      • Gefahr, dass eine Zustandsveränderung zu Rechtsverlust führt; Ziel: Sicherung des bestehenden Zustandes

      • I.d.R., wenn vorbeugende Unterlassungsklage oder vorbeugende Feststellungsklage in der Hauptsache

    • REGELUNGSANORDNUNG, § 123 I 2 VwGO (allgemeiner Fall)

      • Es liegt ein streitiges Rechtsverhältnis vor (= es besteht ein Streit). Ziel: Vorläufige Regelung

      • I.d.R., wenn Verpflichtungsklage oder positive Leistungsklage in der Hauptsache

III. Besondere Sachentscheidungvoraussetzungen

  1. Antragsbefugnis, § 42 II VwGO analog (+), wenn klagebefugt in der Hauptsache

  2. Richtiger Antragsgegner (wie Klagegegner in der Hauptsache)

IV. Prozess- und Beteiligtenfähigkeit §§ 61, 62 VwGO

V. (Nur bei Anlass): Rechtchutzbedürfnis (fehlt, wenn Hauptsache unzulässig; bei Regelungsanordnung i.d.R., wenn Antragsteller keinen Antrag bei der Behörde gestellt hat; i.d.R., wenn Antragsteller zu lange gewartet hat; besondere Anforderungen bei vorbeugendem Rechtschutz)

B. Begründetheit des Antrags

Der Antrag ist begründet, wenn der Antragsteller Tatsachen glaubhaft gemacht hat, die einen Anordnungsanspruch und einen Anordnungsgrund begründen (§ 123 III VwGO i.V.m. §§ 920 II, 294 ZPO), und wenn die gewünschte gerichtliche Entscheidung nicht über das hinausgeht, was der Antragsteller im vorläufigen Rechtschutzverfahren verlangen kann.

SICHERUNGSANORDNUNG, § 123 I 1 VwGO (Zustands-Sicherung)

I. Anordnungsanspruch (= Recht/ Anspruch in der Hauptsache)

Bestehen eines sicherungsfähigen Rechts (bzw. eines Unterlassungsanspruchs) in der Hauptsache

II. Anordnungsgrund (= Eilbedürftigkeit)

Vereitelung oder Erschwerung der Rechtsverwirklichung durch drohende Veränderung des bestehenden Zustandes

Hier erfolgt eine umfassende Güter- und Interesseabwägung, bei der u.a. zu berücksichtigen sind; die Bedeutung und Dringlichkeit des geltend gemachten Anspruchs, die Zumutbarkeit, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, das Maß einer eventuellen Gefährdung sowie ggf. die Irreparabilität der drohenden Schäden.

REGELUNGSANORDNUNG, § 123 I 2 VwGO (Zustands-Verbesserung)

I. Anordnungsanspruch (= Recht/ Anspruch in der Hauptsache)

Streitiges Rechtsverhältnis (= Bestehen des geltend gemachten Anspruchs in der Hauptsache)

-> Ist offensichtlich, dass kein Anspruch, so ist der Antrag unbegründet

-> Ist die Hauptsache offen, hat ggf. eine umfassende Interessenabwägung in Form einer doppelten Nachteilsabwägung zu erfolgen

II. Anordnungsgrund (= Eilbedürftigkeit)

Regelung erscheint nötig, um wesentliche Nachteile abzuwenden, drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen

Hier erfolgt eine umfassende Güter- und Interesseabwägung, bei der u.a. zu berücksichtigen sind; die Bedeutung und Dringlichkeit des geltend gemachten Anspruchs, die Zumutbarkeit, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, das Maß einer eventuellen Gefährdung sowie ggf. die Irreparabilität der drohenden Schäden.

II. Rechtsfolge (“Anordnungsgrenzen”)

Wenn AO-Anspruch + -> Das Ermessen des Gerichts (§ 123 III VwGO i.V.m. § 938 I ZPO) bezieht sich nur noch auf den Inhalt der Anordnung. Dabei hat das VG grds. zwei Einschränkungen zu beachten.

  1. GRUNDSATZ: Keine Vorwegnahme/ Keine Überschreitung der Hauptsache

  2. AUSNAHME: Erlass der einstweiligen Anordnung ist zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes, Art. 19 IV GG, und zur Verhinderung schwerer Nachteile unerlässlich.

Rücknahme und Widerruf von VAen

I. sachlich zuständige Behörde für die Aufhebung

  1. Im Normalfall: die damalige Erlassbehörde

  2. Abweichen: die Behörde, die jetzt für den Erlass des VA zuständig wäre,

    • wenn sich die sachliche Zuständigkeit zwischen Erlass und Aufhebung des VA geändert hat, oder

    • wenn der VA damals von einer sachlich unzuständigen Behörde erlassen wurde.

II. Fristprobleme bei § 48 IV VwVfG

  1. Anwendbarkeit des § 48 IV VwVfG

    • Unproblematisch, wenn die Behörde Kenntnis von neuen Tatsachen erhält.

    • (kurz ansprechen und bejahen:) auch, wenn die Behörde bei unveränderter Tatsachenlage erst später die Rechtswidrigkeit ihrer Entscheidung erkennt.

  2. Was heißt “Kenntnis” der “Behörde”?

    Erforderlich ist positive Kenntnis aller entscheidungserheblichen Tatsachen (schuldhafte Unkenntnis reicht nicht; deswegen ist es im Fall der Erkenntnis der REchtswidrigkeit unerheblich, ob die Umstände, die die Rechtswidrigkeit begründen, von Anfang an aktenkundig waren). Die Behörde hat Kenntnis, wenn der nach der innerbehördlichen Geschäftsverteilung für die Aufhebung zuständige Amtswalter positive Kenntnis hat (Kenntnis von “irgendwem” in der Behörde reicht nicht).

  3. Ab welchem Zeitpunkt beginnt die Frist zu laufen?

    • m.M. (Lit.): Bearbeitungsfrist, die bereits ab Kenntnis des “Auslösers” (Grundes) für die Aufhebung (=Kenntnis der neuen Tatsache bzw. Erkenntnis der Rechtswidrigkeit) zu laufen beginnt.

    • h.M. (Rspr.): Entscheidungsfrist, die erst aber Entscheidungsreife zu laufen beginnt. Da die Aufhebung eine Ermessensentscheidung ist, ist nicht nur positive Kenntnis des “Auslösers”, sondern darüber hinaus auch positive Kenntnis sämtlicher entscheidungserheblicher (Ermessens-)Tatsachen erforderlich. Diente eine Anhörung (§ 28 I VwVfG) der Ermittlung weiterer entscheidungserheblicher Tatsachen, beginnt die Jahresfrist erst danach zu laufen.

III. Wer ist “Begünstigter” und damit richtiger Adressat des Aufhebungs-Va

Das richtet sich zunächst nach dem Inhalt des begünstigenden VA. Darüber hinaus folgt aus der Systematik des § 48 II VwVfG: “Begünstigter” und damit richitger Adressat ist derjenige, auf dessen Verhalten und Kenntnisse es für die Gewährung von Vertrauensschutz erkennbar ankommen soll.

Aufhebung/ Rückforderung Subventionen

Author

Ann-kathrin L.

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