Rhetorische Figuren
Rhetorische Figuren dienen der Aufwertung, Abwertung oder Beschwichtigung innerhalb eines mündlichen oder schriftlichen Textes. Man kann damit seine eigene Rolle oder die einer Gruppe im Gespräch aufwerten bzw. abwerten. Man kann zur Identifikation mit einer Meinung anderer aufrufen oder eigennützige Ziele als uneigennützig ausgeben, man kann die eigenen Fehler anderen zuschieben usw. Im Unterschied zum Tropus wird das Bildfeld nicht gewechselt.
Tropen
Tropen (Singular: Trope oder Tropus) bezeichnen in Stilistik und Rhetorik die sprachlichen Ausdrucksmittel der bildlichen Rede. Dies sind Wörter und Wendungen, die nicht im eigentlichen, sondern in einem übertragenen Sinne verwendet werden, d.h. hier wird das Bildfeld gewechselt!
Allegorie
Tropus, bei dem ein abstrakter Begriff aufgrund einer konventionalisierten Zuordnung durch ein Konkretum substituiert, in sprachliche oder visuelle Bildzeichen oder Bildfolgen verschlüsselt wird, z. B. Justitia als Frauengestalt mit Waage, Augenbinde und Schwert.
Anakoluth
Rhetorische Figur der grammatisch nicht folgerichtigen Satzfortführung (‚Satzbruch‘). (Beispiel: „Es geschieht oft, dass, je freundlicher man ist, nur Undank wird einem zuteil“.)
Anapher
Rhetorische Figur der Übereinstimmung eines oder mehrerer Wörter an den Anfängen mindestens zweier Teilsätze, Sätze oder Absätze (Beispiel: „Wer nie sein Brot mit Tränen aß, | Wer nie die kummervollen Nächte | Auf seinem Bette weinend saß...“), im Gegensatz zur Epipher.
Antithese
Rhetorische Figur der Gegenüberstellung gegensätzlicher Begriffe und Gedanken in einem Satz oder einer Satzfolge ohne logischen Widerspruch. (Beispiel: „Was dieser heute baut, reißt jener morgen ein“.)
Antonomasie
Tropus, 1. der Umschreibung eines Eigennamens durch besondere, meist stereotyp zugeordnete Kennzeichen (Beispiel: „der Korse“ für Napoleon, „der Leimener“ für Boris Becker), 2. der Ersetzung einer Gattungsbezeichnung durch einen typisierenden Eigennamen (Beispiel: „Judas“ für Verräter).
Aposiopese
Rhetorische Figur des bewussten Abbrechens der Rede vor der entscheidenden Aussage, die der Hörer oder Leser aber ergänzen kann. (Beispiel: „Was! Ich? Ich hätt ihn –? Unter meinen Hunden –?“)
Asyndeton
Rhetorische Figur der Reihung gleichgeordneter Wörter, Satzteile oder Sätze ohne verbindende Konjunktion (Beispiel: „Der Wahn ist kurz, die Reu ist lang“).
Chiasmus
Rhetorische Figur der überkreuzten syntaktischen Stellung von Wörtern, Satzteilen oder Sätzen, häufig für Antithesen gebraucht (Beispiel: „Eng ist die Welt und das Gehirn ist weit“). Gegenbegriff dazu ist der Parallelismus.
Chiffre
Tropus, bei dem, insbesondere im Bereich der modernen Lyrik, ein Ausdruck und ein konterdeterminierender Kontext autorspezifisch so miteinander verbunden sind, dass ohne Hintergrundinformationen zwischen dem uneigentlichen Ausdruck und einem eigentlich gemeinten Bereich allein in einem Einzeltext keine hinreichend klaren Äquivalenzbeziehungen hergestellt werden können (Beispiel: „Diese Musik, ein Sternträger schwieliger Schwärze,
wird uns noch lange verfolgen“). Gelegentlich auch als absolute Metapher bezeichnet.
Ellipse
Rhetorische Figur der Auslassung mindestens eines (zum Verständnis nicht unbedingt nötigen, aber in vollständiger schriftsprachlicher Syntax erforderlichen) Satzglieds (Beispiel: „Woher so in Atem?“).
Emphase
1. Tropus der Ersetzung eines Begriffs oder Gedankeninhalt durch ein Wort, das diesen Begriff oder Gedankeninhalt unausdrücklich auch enthält (Beispiel: „Er ist ein Mensch“ anstelle von „Er hat sich geirrt“); 2. Allgemein Bezeichnung für nachdrücklich-hervorhebende Rede.
Epipher
Rhetorische Figur der Übereinstimmung eines oder mehrerer Wörter an den Schlüssen mindestens zweier Teilsätze, Sätze oder Absätze, im Gegensatz zur Anapher (Beispiel: „Auch Penthesilea lebt doppelt, begreift sich doppelt“).
Euphemismus
Tropus, mit dessen Hilfe durch Einzelwörter oder sprachliche Wendungen ein Sachverhalt in Dichtung und Alltagssprache beschönigend verhüllt bzw. umschrieben wird (Beispiele: „Freund Hein“ für ‚Tod‘; „Entsorgungspark“ für ‚Müllhalde‘).
Gemination
Auch: Epanalepse. Rhetorische Figur der Verdoppelung von Worten und Wortgruppen (zumeist am Satzanfang) (Beispiel: „Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort | Erlkönigs Töchter am düstern Ort?“ Goethe, Der Erlkönig).
Hendiadyoin
(gr. ‚eins durch zwei‘) - Rhetorische Figur der Wiedergabe eines Begriffs durch zwei gleichwertige, mit „und“ verbundene Wörter (Beispiele: „immer und ewig“, „kreuz und quer“, „Saus und Braus“).
Hyperbaton
Rhetorische Figur der Trennung von syntaktisch eng zusammenhängenden Wörtern durch einen Einschub (Beispiel: „o laß nimmer von nun an mich dieses Tödliche sehen“).
Hyperbel
Tropus der extremen und offensichtlich unglaubwürdigen Übertreibung (Beispiele: „Ein Schneidergeselle, so dünn, dass die Sterne durchschimmern konnten.“, „todmüde“).
Hypotaxe
Rhetorische Figur der syntaktischen Unterordnung von mehreren Satzgliedern unter einen übergeordneten Hauptsatz im Unterschied zur Parataxe.
Inversion
Rhetorische Figur der abweichenden Wortstellung (Beispiel: „Sah ein Knab’ ein Röslein stehn ...“).
Ironie
Tropus, bei dem ein Ausdruck durch ein in seiner Bedeutung entgegengesetzten Ausdruck ersetzt wird. Dabei muss der eigentlich gemeinte Ausdruck durch Ironiesignale erkennbar sein (Beispiel: „Das ist ja eine schöne Geschichte!“).
Katachrese
Tropus, 1. für übertragen verwendete Ausdrücke, die so umständliche Umschreibungen vermeiden helfen (Beispiel: „Flussbett“, „Tischbein“), 2. für die Verbindung mehrerer, jedoch mindestens zweier metaphorischer Ausdrücke aus unvereinbaren Bildbereichen (Beispiel: „Der Zahn der Zeit, der schon so manche Träne getrocknet hat“).
Klimax
Rhetorische Figur der Anordnung einer Wort- oder Satzreihe nach stufenweiser Steigerung des Aussageinhalts oder der Aussagekraft (Beispiel: „wie habe ich ihn nicht gebeten, gefleht, beschworen“.) Die gegenläufige Figur nennt man Anti-Klimax.
Litotes
Tropus der untertreibenden Ausdrucksweise (Beispiel: „nicht gerade unbekannt“ für „berühmt“).
Metapher
Tropus der Ersetzung eines Ausdrucks durch einen aus einem anderen Vorstellungsbereich, der dennoch erkennbar semantische Ähnlichkeiten aufweist, im Unterschied zur Metonymie, deren Ersetzung in einer realen Beziehung steht, und der Synekdoché, deren Ersetzung innerhalb desselben Bildfeldes bleibt. In der rhetorischen Tradition auch als verkürzter Vergleich bezeichnet (Beispiel: „Luftschiff“ für die von Zeppelin konstruierten Flugobjekte, „Glühbirne“, Leitfaden“). Man kann verblasste Metaphern, die als Tropus konventionalisiert sind („faule Ausrede“) und kühne Metaphern („schwarze Milch der Frühe“) unterscheiden.
Metonymie
Tropus der Ersetzung eines Ausdrucks durch einen anderen, der ineinem realen geistigen oder sachlichen Zusammenhang zu ihm steht (Beispiel:„ein Glas trinken“, „Goethe lesen“).
Oxymoron
Rhetorische Figur der Verbindung zweier sich logisch ausschließender Begriffe (Beispiel: „traurigfroh“)
Parallelismus
Rhetorische Figur der gleichen Anordnung von syntaktisch korrespondierendem Wortmaterial auf der Ebene der Satzfolge, des Satzes, des Teilsatzes oder des Satzteils (Beispiel: „Als ich noch ein Kind war, redete ich wie ein Kind, dachte ich wie ein Kind, urteilte ich wie ein Kind“). Gegenbegriff dazu ist der Chiasmus.
Parataxe
Rhetorische Figur der syntaktischen Beiordnung von Satzgliedern im Unterschied zur Hypotaxe.
Parenthese
Rhetorische Figur des grammatisch selbständigen Einschubs in einen Satz, ohne jedoch dessen grammatische Ordnung zu verändern (Beispiel: „So bitt ich – ein Versehn wars, weiter nichts – | Für diese rasche Tat dich um Verzeihung“).
Pars pro toto
Tropus, bei dem ein Teil für das Ganze steht (Beispiel: „Holland“ für die Niederlande). Sonderform der Synekdoché.
Periphrase
Tropus der Umschreibung einer Person, Sache oder eines Begriffs durch kennzeichnende Tätigkeiten, Eigenschaften oder Wirkungen (Beispiel: „jenes höhere Wesen, das wir verehren“ für Gott, „die Väter und Mütter des Grundgesetzes“ für die Mitglieder des Parlamentarischen Rates).
Pleonasmus
Rhetorische Figur des synonymen Zusatzes zu einem Wort oder einer Redewendung, das überflüssig ist (Beispiel: „schwarzer Rappe“) oder aber als Stilmittel zur nachdrücklichen Betonung verwendet wird (Beispiel: „mit meinen eigenen Händen“).
Polyptoton
Rhetorische Figur der Wiederholung von Worten in unterschiedlicher Flexion (Beispiel: „Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf.“).
Polysyndeton
Rhetorische Figur der auffälligen Reihung von Satzteilen mit Hilfe der gleichen Konjunktion (Beispiel: „Und jede nimmt und gibt zugleich und strömt und ruht“, C.F. Meyer: Der römische Brunnen).
Symbol
Real vorhandenes Sinnbild für einen gemeinten Bereich, das in einem naturhaften oder kulturell vermittelten Verweisungsverhältnis zum Gemeinten steht. Im Unterschied zur Allegorie und zum Emblem, die nach festen Regeln konstruiert und einsinnig aufgelöst werden können, ist das Symbol polyvalent und kann individuell gesetzt werden. Es ist eine moderne Form der uneigentlichen“ Rede (Beispiel: „Es war die Nachtigall und nicht die Lerche“, statt „Es ist noch (Liebes-)Nacht, nicht schon (trennender) Morgen“).
Synekdoché
Tropus der Ersetzung eines Ausdrucks durch einen anderen, der innerhalb desselben Begriffsfeldes bleibt, z. B. „Dach“ für „Haus“.
Tautologie
Rhetorische Figur der Wiedergabe eines Begriffs durch zwei oder mehr Worte gleicher Bedeutung (Beispiel: ganz und gar“).
Trikolon
Rhetorische Figur eines dreigliedrigen, zumeist asyndetisch gefügten Satzes (Beispiel: „Ich kam, ich sah, ich siegte“).
Zeugma
Rhetorische Figur der Zuordnung eines Satzgliedes zu zwei syntaktisch oder auch semantisch inkongruenten Satzteilen. (Bsp.:„Josefine ging ins Kloster und dort zu weit“.)
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