Was sind Konfrontationsverfahren
Reizkonfrontationsverfahren: in der Literatur auch als Expositionsverfahren oder Exposition mit Reaktionsverhinderung bezeichnet, gehören heute zu den psychotherapeutischen Standardverfahren
Kein homogenes und feststehendes Verfahren, sondern eher um eine vielgestaltige Verfahrensgruppe, die verschiedene Techniken umfasst und je nach Störungsbild als Therapiebausteine in ein Gesamtkonzept integriert wird
Störungen: Vor allem bei der Behandlung von Angst- und Zwangsstörungen, posttraumatischer Belastungsstörungen, Essstörungen/Körperschemastörungen und Abhängigkeitserkrankungen
Definition Reizkonfrontation und Exposition
Welche Arten von Konfrontationsverfahren gibt es? (2x2 Tabelle)
Art der Verfahren:
In-sensu: In der Imagination/ Vorstellung
In-vivo: In realem „echten“ Setting
Starke und zeitliche Abfolge der Reizdarbietung :
Graduiert: mit zunehmend intensiveren Reizen
Massiert: zeitlich extensive, auf starke Reize orientierte Übungen
In welchen Settings (Anwesenheit welcher Personen) kann man Konfrontationsverfahren durchführen?
▪ in Anwesenheit des Therapeuten
▪ In Abwesenheit des Therapeuten (im Selbstmanagement zwischen den Sitzungen)
▪ In Einzeltherapie als auch Gruppensetting durchführbar
Systematische Desensiblisierung (Therapie von Angststörungen, Joseph Wolpe)
-> Ablauf
Verhaltensanalyse der problematischen Angstsituationen
Besprechung des therapeutischen Vorgehens und der zugrundeliegenden Prinzipien
Erstellen der Angsthierarchie: Identifikation einer Hierarchie von neutralen bis hin zu maximal angstauslösenden Situationen (Angstitems)
Vermittlung eines Entspannungsverfahrens
Desensibilisierungsphase: Systematisch gesteigerte Reizkonfrontation (in sensu oder in vivo) gekoppelt mit der Entspannungsreaktion
Theorie hinter Systematischer Desensibilisierung
Wolpe‘s Modell der Gegenkonditionierung & reziproke Inhibition: Angst (und physiologisch sympathische Aktivierung) reduziert sich bei Angst-inkompatiblen Reaktionen, z.B. Entspannung (parasympathische Aktivierung)
ABER: Studien zeigen, dass gerade die Patienten am besten von der systematischen Desensibilisierung profitieren, deren Herzrate während der Exposition die stärksten Anstiege zeigten => Heute wird eher angestrebt die Angst und physiologische Prozesse zu maximieren!
Wirkmechanismen unklar: Die systematische Desensibilisierung lässt sich am ehesten als komplexer Lernvorgang bezeichnen, bei dem sowohl kognitive Faktoren (Bewertung, Erwartung, Reattribution) als auch physiologische Komponenten (Habituation) wirken
Trotz der nicht befriedigenden Klärung der Wirkmechanismen bleibt die systematische Desensibilisierung ein Standardverfahren in der Verhaltenstherapie, z. B. bei Behandlung von Prüfungsängsten
Exposition in sensu (massiert) bei Opfern von sexuellem oder körperlichen Missbrauch
▪ Durchführung: Erstellen einer Angsthierarchie & Reizkonfrontation (kein graduiertes Vorgehen!)
▪ Spezialfall: Imagery Rescripting and Reprocessing Therapy (IRRT): für Opfer von sexuellem oder körperlichem Missbrauch entwickelt (Trauma Typ II)
I. Traumatische Erfahrungen, die sich in intrusiven Erinnerungen, Flashbacks oder Albtraumen manifestieren, werden dabei in drei Phasen behandelt: Bei der Konfrontation in sensu wird das gesamte traumatische Erlebnis aktiviert und erneut durchlebt
II. In der zweiten Phase werden Bewältigungsbilder dem Täter gegenüber entwickelt: Konfrontation und Entmachtung des Täters durch das AKTUELLE ICH des Patienten und das Kind (das „traumatisierte Ich“) wird aus der traumatischen Szene befreit
III. In der dritten Phase der Erwachsenen-Kind-Bewältigungsbilder wird das traumatisierte Kind in der Imagination liebevoll von der/dem heutigen Erwachsenen (aktuellem Ich) umsorgt, beruhigt & getröstet
Graduierte und massierte Konfrontation
Konfrontation in vivo
Es wird weder mit Entspannungstechniken gearbeitet, noch erfolgt die Konfrontation in dosierter Form (besonders bei der massierten Reizkonfrontation)
Beruhigung, Entspannung oder andere Bewältigungsversuche des Patienten wahrend explizit und strikt unterbunden
Das erlernte Vermeidungsverhalten wird – wenn möglich – gänzlich verhindert
Durchführung
▪ 1. Kognitive Vorbereitung
▪ 2. Erstellung der Angsthierarchie bzw. Identifikation angstauslösender Stimuli/Situationen
▪ 3. Reizkonfrontationsphase
▪ 4. Selbstkontrollphase
Zwei Faktoren Theorie Mowrer
(Angst-)störungen werden
durch klassische Konditionierung erworben
durch operante Konditionierung aufrecht erhalten
Entstehung (Klassische Konditionierung):
in ursprünglich neutraler Stimulus wird durch das gleichzeitige Anbieten eines unkonditionierter Stimulus (UCS) zu einem konditionierten Stimulus (CS). Auf den unkonditionierten Stimulus reagiert ein Individuum mit einer angeborenen, unkonditionierten Reaktion (UCR).
Durch die Verknüpfung des UCS mit dem CS, kann dieser eine „ähnliche“ Reaktion hervorrufen (exakt: konditionierte Reaktion, CR)
Die Konfrontation mit dem konditionierten Stimulus kann zukünftig als konditionierte Reaktion (CR) zum Beispiel Angst auslösen
Aufrechterhaltung (Operante Konditionierung):
Da die konditionierte Reaktion (Angst) unangenehm ist, wird versucht, die auslösenden Stimuli (CS) zu vermeiden
Hierdurch lernt der Betroffene, dass er die Angst (CR) durch die Vermeidung des Stimulus schwächen (CR-) kann, wodurch es jedoch zu einer negativen Verstärkung mit Ausweitung und Aufrechterhaltung des Vermeidungsverhaltens kommt
Zwei-Faktoren Theorie bei Agoraphobie
Zwei-Faktoren Theorie bei Sozialer Phobie
Zwei-Faktoren Theorie bei Spezifischer Phobie
Beispiel Konfrontation: Zwang
Konfrontation & Reaktionsverhinderung
Konfrontation mit vermiedenen Situationen oder gefürchteten Reizen
Identifikation und Modifikation der Interpretationen
Neben der Konfrontation ebenso entscheidend: Unterbindung von Zwangshandlungen/ neutralisierendem Verhalten (Achtung: Die Reaktionsverhinderung ist hier entscheidend!!)
Beispiel Reinigungszwang:
Exposition mit „Schmutz“ ohne anschließend Säuberung
Beispiel in vivo: PTBS
Traumafokussierte Therapiephase
Exposition mit Reizen, die an das Trauma erinnern, aber bisher vermieden wurden (z.B. Ort des Geschehens, ähnliche Situationen, Aktivitäten, Gefühle)
Nur Situationen auswählen, in denen keine reale Gefahr besteht
Vorbereitungen dafür sind Triggeranalyse (symptomauslösende Reize identifizieren) und Diskriminationstraining (zwischen objektiv bedrohlichen und vermeintlich bedrohlichen Reizen zu unterscheiden) => Unterscheidung „Damals vs. Heute“ steigern
Wenn möglich, gemeinsam in Begleitung des Therapeuten Ort des Geschehens aufsuchen. Während Exposition fortwährend Diskrimination zwischen damals und heute fördern
Ziel: Habituation und Extinktion von Furchtreaktionen, aber auch Modifikation der Interpretation des Traumas und seiner Konsequenzen (soll helfen, das traumatisches Erlebnis als Teil der Vergangenheit zu akzeptieren)
Vorgehen bei Angststörungen (Vorbereitung und Durchführung)
1. Kognitive Vorbereitung
▪ Psychoedukation Angst
▪ Transparente Erarbeitung & Vermittlung der Modelle
▪ Motivationsklärung
2. Wahl der Expositionsmethode
3. Erstellen der individuellen Angsthierarchie
4. Durchführung der Exposition
▪ Bilder
▪ Spinnenhaut
▪ Echte Spinne auf Distanz
▪ Therapeutin als Modell
▪ Exposition im therapeutischen Setting
▪ Selbstexposition
Bei welcher Art von Ängsten sollte Exposition gemacht werden, bei welcher nicht?
Nur bei irrationalen, übertriebenen Ängsten!
nicht bei funktionalen Ängsten, wie Angst vor einem Tiger
Kognitive Vorbereitung: was kann man da alles so erklären
Rational: Angst ist ein unangenehmes, aber nicht gefährliches Gefühl, das eine Warnfunktion übernimmt.
Bestandteile: Körper, Gedanken, Verhalten
Rational: Dysfunktionale Ängste und die damit verbundenen Kognitionen können am besten reduziert werden durch die Konfrontation mit diesen.
▪ Funktion der Angst und ihre Bestandteile
▪ Habituation und Neulernen durch Überprüfung der Kognitionen
Exposition Beispiel Arachnophobie (Spinnenphobie)
Konfrontationsprotokoll: Motivation, erwartete Angst, tatsächlich erlebte Angst
Spinnenhaut -> echte Spinne auf Distanz -> Therapeutin als Modell -> Exposition mit VR-Brille -> Selbstexposition
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