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by Marius M.

Versicherung als Dienstleistung und Folgerungen

1. Definition: Versicherung ist die Bereitstellung von Versicherungsschutz durch die Abgabe eines abstrakten Schutzversprechens gegen Zahlung einer Prämie (Barny). Sie wird als Dienstleistung verstanden, da:

  • Sie immateriell und nicht lagerfähig ist (Uno-actu-Prinzip).

  • Der Kunde aktiv in die Leistungserbringung eingebunden wird.

  • Ihre Wirkung erst im Schadensfall sichtbar wird.

2. Besonderheiten:

  • Leistungsfähigkeit: Der Versicherer muss jederzeit zahlungsfähig und risikobereit sein.

  • Juristische Komplexität: Versicherungen sind oft schwer verständlich und erfordern klare Kommunikation.

  • Negative Assoziationen: Versicherung deckt belastende Ereignisse wie Tod oder Schäden ab, was ihre Akzeptanz erschweren kann.

  • Volkswirtschaftliche Bedeutung: Sie schützt Unternehmen und Privatpersonen und stabilisiert Wirtschaftskreisläufe.

3. Herausforderungen und Implikationen:

  • Deregulierung (seit 1994): Erhöhter Wettbewerb und Eigenverantwortung der Versicherer durch den Zugang zum EU-Binnenmarkt.

  • Kundenerwartungen: Nachfrage nach digitalen, nachhaltigen und transparenten Produkten.

  • Vertrauensaufbau: Notwendig aufgrund der abstrakten und immateriellen Natur der Versicherung.

  • Regulierung und Stabilität: Versicherer müssen durch Risikomanagement und Kapitalausstattung dauerhaft leistungsfähig bleiben.

4. Klausurfrage: Warum wird Versicherung als Dienstleistung verstanden, und welche Implikationen hat das?

Antwort: Versicherung ist eine Dienstleistung, da sie immateriell, individuell anpassbar und von der Mitwirkung des Kunden abhängig ist. Implikationen sind die Notwendigkeit von Transparenz, Vertrauensaufbau und Anpassung an veränderte Kundenbedürfnisse sowie regulatorische Vorgaben.

Risikomanagementprozess in der Versicherung

1. Begriff Risiko:

  • Definition: Unsicherheit über ein zukünftiges Ereignis mit potenziell negativen Folgen.

    • Schadenarten:

      • Wirtschaftlich quantifizierbar (z. B. Diebstahl): Versicherbar.

      • Nicht quantifizierbar (z. B. psychisches Unwohlsein): Nicht versicherbar.

2. Risikomanagementprozess:

  1. Risikoidentifikation: Erkennen potenzieller Gefahren.

  2. Risikoanalyse: Ursachen und Wahrscheinlichkeit bewerten.

  3. Risikobewertung: Auswirkungen abschätzen.

  4. Risikohandhabung: Maßnahmen wie Vermeiden, Begrenzen, Verlagern, Kompensieren oder Selbsttragen anwenden.

3. Klassifizierung und Priorisierung von Risiken:

  • Priorität 1: Existenzzerstörend: Risiken wie Tod oder Berufsunfähigkeit unbedingt versichern.

  • Priorität 2: Existenzgefährdend: Selbst tragbare Anteile definieren; Rest durch Versicherung oder Rücklagen absichern.

  • Priorität 3: Selbsttragbare Risiken: Kleine Schäden wirtschaftlich selbst tragen.

4. Rolle der Versicherung:

  • Instrument der Risikoabwälzung: Übernimmt existenzbedrohende, quantifizierbare Risiken.

  • Ergänzt Maßnahmen wie Schadenverhütung oder Begrenzung.

  • Beispiel: Rauchmelder senken Brandrisiko, Wohngebäudeversicherung deckt Schäden.

5. Beispiele für Risikoarten und Maßnahmen:

  • Privathaushalt: Risiken wie Feuer, Einbruch oder Leitungswasser → Maßnahmen: Brandschutz, Versicherungen.

  • Unternehmen: Haftungsansprüche oder Produktionsausfälle → Maßnahmen: Betriebshaftpflicht- und Ausfallversicherung.

6. Klausurfrage: Wie funktioniert der Risikomanagementprozess, und welche Rolle spielt Versicherung dabei?

Antwort: Der Risikomanagementprozess umfasst die Identifikation, Analyse, Bewertung und Handhabung von Risiken. Versicherung übernimmt existenzbedrohende und wirtschaftlich quantifizierbare Risiken, ergänzt durch Maßnahmen wie Vermeidung oder Begrenzung.

Unternehmensstrategien und „Handeln im bestmöglichen Kundeninteresse“

Arten von Unternehmensstrategien:

  1. Wettbewerbsstrategien nach Porter:

    • Kostenführerschaft: Ziel ist, die niedrigsten Produktions- und Vertriebskosten zu erreichen, um mit günstigen Preisen Marktanteile zu sichern.

    • Differenzierung: Einzigartige Produkte/Dienstleistungen, die dem Kunden einen Mehrwert bieten und Preisprämien rechtfertigen.

    • Fokussierung: Konzentration auf spezifische Marktsegmente mit Kostenführerschaft oder Differenzierung.

  2. Marktentwicklungsstrategien (Produkt-Markt-Matrix nach Ansoff):

    • Marktdurchdringung: Bestehende Produkte in bestehenden Märkten stärker verkaufen.

    • Marktentwicklung: Bestehende Produkte in neuen Märkten einführen.

    • Produktentwicklung: Neue Produkte für bestehende Märkte entwickeln.

    • Diversifikation: Neue Produkte in neuen Märkten einführen.

  3. Sourcingstrategien:

    • Optimierung der Wertschöpfungskette (Value Chain nach Porter).

    • In der Versicherungswirtschaft z.B. Integration von Vermittler- oder Direktvertriebsmodellen.

„Handeln im bestmöglichen Kundeninteresse“:

  • Grundprinzip: Versicherungsprodukte und -dienstleistungen sind so anzubieten, dass sie den tatsächlichen Bedürfnissen der Kunden entsprechen.

  • Rahmenbedingungen:

    • Regulatorik: Anforderungen wie Beratungs- und Dokumentationspflichten (z. B. nach IDD, Versicherungsvertriebsrichtlinie).

    • Wirtschaftlichkeit: Sicherstellen, dass Vertriebsstrategien nachhaltig und profitabel sind.

    • Vertrauensaufbau: Transparente Beratung zur Reduzierung von Informationsasymmetrien zwischen Versicherungsnehmer und -vertreiber.

Beispiel aus der Versicherungswirtschaft:

  • Einsatz von Beratungsstandards wie der DIN 77230 (Basis-Finanzanalyse).

  • Ziel: Systematische Erfassung der Kundenbedürfnisse zur Ableitung passgenauer Versicherungslösungen.

  • Herausforderung: Vereinbarkeit von individuellen Kundenbedürfnissen und Wirtschaftlichkeitszielen der Versicherer.

Relevanz für die Klausur:

  1. Warum sind langfristige Strategien essenziell für Versicherungsunternehmen?

  2. Wie lässt sich das Prinzip des „bestmöglichen Kundeninteresses“ unter Wirtschaftlichkeitsaspekten umsetzen?

  3. Nenne Beispiele für die Anwendung der Wettbewerbsstrategien in der Versicherungswirtschaft.


Nachhaltigkeit in der Versicherung

1. Begriff der Nachhaltigkeit:

  • Ursprung: Forstwirtschaft 1713, Ziel: Ressourcen so nutzen, dass sie zukünftigen Generationen erhalten bleiben (Brundtland-Bericht, 1987).

  • Dimensionen:

    • Intergenerationale Gerechtigkeit: Schutz zukünftiger Generationen.

    • Intragenerationale Gerechtigkeit: Verteilungsgerechtigkeit innerhalb der aktuellen Generation.

2. Europäische Regulatorik:

  • EU Green Deal (2050): Netto-Null-Emissionen, ressourcenschonendes Wachstum.

  • Taxonomieverordnung (2020/852):

    • Einheitliche Definition nachhaltiger Wirtschaftstätigkeiten.

    • Umwelt-, soziale und Governance-Ziele (z. B. Klimaschutz, Kreislaufwirtschaft, faire Vergütung).

  • Offenlegungspflichten (SFDR 2019/2088):

    • Versicherer müssen Nachhaltigkeitsstrategien und ESG-Risiken transparent machen.

3. Herausforderungen für Versicherer und Vermittler:

  • ESG-konforme Versicherungsprodukte: Entwicklung nachhaltiger Policen.

  • Kapitalanlagen: Fokus auf grüne und soziale Investments.

  • Greenwashing: Risiko von Reputationsverlust bei falschen Nachhaltigkeitsversprechen.

4. Kundenwahrnehmung:

  • Niedrige Priorität: Nur wenige Kunden verbinden Versicherungen mit Nachhaltigkeit.

  • Erwartung: Mehr Transparenz und konkrete Maßnahmen zur Förderung nachhaltiger Ziele.

Klausurfrage: Wie beeinflussen Nachhaltigkeit und europäische Regulierungen die Versicherungsbranche?

Antwort: Nachhaltigkeit und EU-Regulierungen wie die Taxonomieverordnung und SFDR fordern von Versicherern transparente ESG-Strategien und nachhaltige Produkte. Herausforderungen liegen in der Kundengewinnung, ESG-konformen Investments und der Vermeidung von Greenwashing.

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Marius M.

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