Vergleich Selbsthilfegruppe und Gruppenpsychotherapie
-> Ziele, Teilnehmer und Leitung
Setting der Gruppenpsychotherapie
− Setting: ambulant oder stationär
− 100 min = eine Therapieeinheit (Einzel = 50 min)
− Bei Beantragung muss angegeben werden wie viele Therapieeinheiten im Einzel oder in der Gruppe stattfinden werden
− Vergütung in Abhängigkeit der Teilnehmer*innenzahl
− Gruppengröße: 3-12 Personen
− Für ambulante Abrechnung muss eine Fachkunde Gruppenpsychotherapie erworben werden (altes System)
Vorteile Einzel-Psychotherapie
− Rascher Aufbau von Vertrauen
− Geringe Schamschwelle
− Höhere Flexibilität für Termine
− Die gesamte Zeit wird dem/der einen Patient*in gewidmet
− Krisen werden ggf. eher angesprochen bzw. erkannt
Vorteile Gruppen-Psychotherapie
− Ökonomischer
− Größere Methodenvielfalt
− Patient*innen sind weniger abhängig von Therapeut*innen
− Ressourcen und Defizite der Patient*innen lassen sich besser beobachten
− Zusätzliche Wirkfaktoren
Phasenmodell: Begründer und 5 Phasen
1. Forming– Kontakt
2. Storming– Konflikt
3. Norming– Kontrakt
4. Performing – Kooperation
5. Adjourning– Auflösung
Tuckmann und Klotz
Phasenmodell: 1. Forming - Kontakt
• Kennenlernen ermöglichen
• Struktur und Halt geben
• Gemeinsam Regeln finden, besprechen, anpassen
• Interesse füreinander als Person (nicht nur als Patient*in) wecken
→ Zeit zum Kennenlernen!
Phasenmodell: 2. Storming - Konflikt
• Unstimmigkeiten
• Zielklärung
• Motivationsarbeit
• Als Leitung manchmal direktiver sein
Phasenmodell: 3. Norming - Kontakt
• Rollen wurden gefunden
• Kooperation wird gestärkt
• Besser in Beziehung
• Mehr Harmonie und Akzeptanz
• Eventuell Regelanpassungen
Phasenmodell: 4. Performing - Kooperation
juhu jetzt läuft’s
Phasenmodell: 5. Adjourning - Auflösung
• Auf Abschied vorbereiten
• Sorgen und Ängste besprechen
• Ausblicke geben
• Möglichkeit zum Abschied und Mitgestaltung zum Abschied nehmen geben
Grundkonzepte psychotherapeutischer Gruppen
Welche 4 Konzepte gibt es?
Interaktionsorientierte Gruppe
-> Beispiele
- Interpersonell orientierte GP
- Gesprächspsychotherapie in Gruppen
- Tiefenpsychologisch bzw. psychoanalytisch orientierte GP
Interaktionsorientierte Gruppe:
Interpersonell orientierte GP
- Yalom
- Gruppe als sozialer Mikrokosmos
- Fokus auf das Hier und Jetzt, das zwischenmenschliche Geschehen in der Gruppe
- Annahme: „… aktuelle Symptome sind Ausdruck gestörter zwischenmenschlicher Beziehungen…“ (Yalom, 2005)
- Übungsfeld für zwischenmenschliches Lernen
- Sehr liberal: Patn dürfen passiv sein, verwirren, konfrontieren
- wie reagiere ich als Patientin auf unterschiedliche Personen? was lösen sie in mir aus?
Gesprächsorientierte GP
- Rogers gründete „Encountergruppen“, weniger psychotherapeutische Gruppen sondern Selbsterfahrungsgruppen.
- „Selbstaktualisierung“ soll durch empathische Zuwendung und Akzeptanz gefördert werden
- Selbstaktualisierung = dem Menschen innewohnende Kraft zu Wachstum und authentischer Selbstverwirklichung als kreativer Ausdruck der ganzen Person
- KlientInnen, nicht PatientInnen
Psychoanalyse in der Gruppe
- Die Gruppe bzw. Therapeut*in triggern und analysieren die Widerstände und Übertragungsphänomene der Patient*innen
- Einsicht, Sublimation und Katharsis werden angestrebt
Sublimation = Es-Impulse in einer gesellschaftlich akzeptierten Weise übersetzen
Katharsis = Befreiung von seelischen Spannungen durch emotionales Abreagieren in Form von körperlicher oder geistiger Aktivität
Störungsspezifische Gruppenpsychotherapie
-> grundlegendes
Klassisch: Psychoedukationsgruppen
- Hohe Homogenität der Gruppe (gemeinsames Störungsbild)
- Einzelne Patient*innen stehen nicht im Vordergrund
- Individuelle kritische Lebenssituationen, Probleme nachrangig
- Ziele, Erklärungsmodelle und Fertigkeiten sind vorgegeben
- Fertigkeitenvermittlung:
- Agoraphobie: Expo in vivo
- Depression: Aktivitätenaufbau, kogn. Umstrukturierung
Störungsspezifische Gruppe:
Beispiel Depressionsgruppe
- Lebendig gestalten
- Gute Auswahl an Menge des Inhalts
- Interaktiv
- An Bedürfnisse angepasst
- Metaphern!
- Beispiele: paradoxe Intervention, gemeinsam Sachen ausprobieren, raus gehen
Elemente und Methoden
- Austausch über Symptomatik
- Psychoedukation: Verlauf, Behandlung, Aufrechterhaltung
- Selbstbeobachtung
- Kognitive Vorbereitung auf Verhaltensexperimente
- Verhaltensexperimente/ -Erprobungen
Methodenorientierte Gruppenpsychotherapie:
Beispiele
Fertigkeitenvermittlung
- Soziales Kompetenztraining (z.B. Hinsch et al., 2007)
- Training Emotionaler Kompetenzen (z.B. Berking, 2017)
- Achtsamkeitstraining ( z.B. Mindfulness based Cognitive Therapy, Segal et al., 2012)
- Interaktives Skills-Training für Borderline-Patienten (Bohus et al. 2018)
Nachteile einer alleinigen Behandlung mit Störungsspezifischen und Methodenorientierten Gruppen
- Wenig Raum für individuelle Problematik
- Symptomatik des Störungsbildes in der Regel nicht die einzige Schwierigkeit der Patient*innen
- Große Homogenität der Gruppe, es wird eine genügend große Zahl an Patient*innen benötigt
→unbedingt Kombination mit Einzel
Einzelfallorientierte Gruppenpsychotherapie:
Merkmale
- Einzelarbeit in und mit der Gruppe
- Zieloffenheit
- „Eine-Sitzung“-Konzept (ein Thema einer Person soll nach einer Sitzung abgeschlossen sein)
- Erlaubt offene/ fluktuierende Gruppen (Patientenwechsel)
- Erlauben hohe Heterogenität
- Psychodrama
- Gestalttherapie in der Gruppe
- Einzelfallorientierte verhaltenstherapeutische Gruppen
Einzelfallorientierte GP:
Psychodrama
Protagonist*innenspiel
− Fokus auf das innere Erleben von real erlebten oder antizipierten Situationen
− Kein Fokus auf künstlerische Darstellung
− Phasen: Erwärmungsphase, Aktionsphase, Integrationsphase
- Protagonit*in = AutorIn und RegisseurIn und gibt konflikthafte Szene vor
− GM als „Hilfs-Ichs“, spielen Rollen wie von Protagonist*in vorgegeben
− Interventionen zur emotionalen Verdichtung, Vertiefung und Reflexion zur inneren Erkenntnis und Förderung von Einfühlungsvermögen werden von TherapeutIn genutzt
Einzelfallorientierte verhaltenstherapeutische Gruppenpsychotherapie:
Beispiele und Konzept
z.B.
- Verhaltensanalytische GP (Fiedler, 2005)
- Transdiagnostische GP (Sipos & Schweiger, 2013)
Einzelarbeit in und mit der Gruppe
- Im Mittelpunkt stehen individuelle Probleme eines/r Patient*in, die er oder sie außerhalb der Gruppe hat.
- Es wird ein/e Protagonist*in bestimmt und eine maximale Individualisierung des Prozesses angestrebt.
- Interaktionelle Aspekte können auch Anliegen sein, dabei bleibt der Fokus auf ProtagonistIn und dessen Zielen
- Methodenoffen
- Ziel wird am Anfang der Gruppe festgelegt
- Zielformulierung und Entscheidung für Methode ist
therapeutische Arbeit
Wirkfaktoren: Instrumentelle Gruppenbedingungen
Dziewas, 1980
Für erfolgreichen Gruppenprozess sollten die Bedingungen erfüllt sein
Kohäsion: Ausmaß, in welchem Therapeut*in, Gruppenmitglieder und Gruppenprozess einen Verstärkungswert für die Einzelnen haben. „Summe aller Kräfte, welche die Gruppe zusammen halten“
Offenheit: Ausmaß der Bereitschaft Informationen über Einstellungen, Erleben und Gefühle in der Gruppe preis zu geben.
Vertrauen: Ausmaß der Überzeugung, dass Preisgegebenes nicht gegen sie verwendet wird oder weiter gegeben wird.
Kooperative Arbeitshaltung: Ausmaß der gemeinsamen Zielerreichung
Förderung von Kohäsion
− „Wir-Gefühl“ stärken
− Verdeutlichung gemeinsamer Ziele und Werte
− Patient*innen sind von der Wirksamkeit der Gruppenpsychotherapie überzeugt
hohe vs. niedrige Kohäsion
Förderung von Offenheit
− Akzeptanz der Besonderheiten der Einzelnen GM schaffen
− Schamschwelle senken (indem GM Protagonist*in den Rücken zukehrt beim Erzählen.)
− Feedback einholen: „Wie denkt ihr über mich in Bezug auf das Verhalten?“, „Haltet ihr mich für nervig/dumm?“
− Sicherheit herstellen:
− Akzeptanz der Patient*in von Gruppe sollte sichergestellt sein
− Akzeptanz der Patient*in darf nicht durch Selbstöffnung verloren gehen (z.B. durch das Berichten von sexuellen Praktiken, anderer Lebensstil, etc.)
Förderung von Vertrauen
− Wohlwollen der Gruppe fördern
− Freiwilligkeitsprinzip
− Als Therapeut*in berechenbar sein
− Als Therapeut*in sich vom eigenen Ärger distanzieren
− Aussagen und Verhalten validieren
Förderung von Kooperativer Arbeitshaltung
− Klare Rollenverteilung
− Patient*innen bei Fehlverhalten schnell informieren
− Kooperative Arbeitshaltung unmittelbar, freundlich aber bestimmt einfordern
− Therapeut*in muss berechenbar sein
Wirkfatoren in Gruppen laut Irvin Yalom
1. Hoffnung einflößen
2. Universalität des Leidens
3. Mitteilung von Informationen
4. Altruismus
5. Korrigierende Rekapitulation der primären Familiengruppe
6. Entwicklung von Techniken des mitmenschlichen Umgangs
7. Nachahmendes Verhalten
8. Interpersonelles Lernen
9. Gruppenkohäsion
10. Katharsis
11. Existenzielle Faktoren
(therapeutische) Beziehungen in der Gruppe
statt dyadische Struktur wie im Einzel, haben wir in Gruppen drei Ebenen (aus Patient*innen Sicht):
− Zwischen einzelnen Gruppenmitgliedern
− Zwischen einem Gruppenmitglied und Gruppenleitung
− Zwischen einem Gruppenmitglied und der Gruppe
Aus Gruppenleitungssicht:
− Zwischen Leitung und Gruppe
− Zwischen Leitung und Leitung (bei zwei TherapeutInnen)
wie sollten die Beziehungen sein?
Die Therapeutische Beziehung ist eine der wichtigsten kurativen Eigenschaften der Gruppe.
Unterstützende und anspruchsvolle Beziehungen tragen zu einer geringeren Abbruchrate und Genesung bei.
Befunde zur Wirksamkeit von Gruppentherapie
~circa 700 Studien haben die Wirksamkeit von Gruppen-PT untersucht (Fuhriman & Burlingame, 1994)
− Gruppen-PT ist effektiver als keine/ Placebo-Therapie oder unspezifische Behandlung
− Effekte der Gruppen-PT vs. Einzel-PT sind gleich stark oder stärker
− Gruppen-PT hat ein breites Indikationsspektrum, heißt sie ist für viele unterschiedliche Störungen hilfreich
− Gruppen-PT weisen höhere Abbruchraten im ambulanten Setting auf verglichen mit Einzel-PT
− Wirksamkeitsnachweise wurden von verschiedenen Verfahren erbracht. Das heißt kein bestimmtes GP-Verfahren hat sich im Vergleich mit anderen Verfahren als durchgängig effektiver herausgestellt
Beispiele für schwierige Gruppensituationen
− Schweigepflicht gebrochen
− Konflikte zwischen GM
− Kritik an Leitung
− Vielredner*innen vs. Schweigen
− Abwertung der Gruppentherapie
− Patient*in verlässt Gruppe
− Kein Engagement der Patient*innen
− Außenseiter*in in der Gruppe
− Abwertung von Mitpatient*innen
− Arbeitsverweigerung
− Dissoziieren in der Gruppe
− Ärger über Patient*innen
− Leitung weiß nicht wie sie geschildertes Problem angehen soll
− Äußerung von Suizidideen
− Konflikt zwischen Gruppenleiter*innen
Ärger des Therapeuten
Häufig werden Situationen in der Gruppe als schwierig erlebt, wenn intensive Emotionen (Ärger, Angst, Scham) von Patient*innen und Therapeut*innen erlebt werden.
„Ärger des/der Therapeut*in gehört nicht in die Therapie”
Selbstreflexion:
− Typische Auslöser („was bringt mich auf die Palme?“)
− „Welche Bedürfnisse des Ärgers haben hohe Priorität für mich?“
− Ziel: kognitive Kontrolle über Ärger gewinnen
Ärger der PatientIn Beispiele
Submissiv-feindselig:
− Nichteinhalten von Gruppenregeln
− Mangelnde Kooperation
− Nichterledigen von Hausaufgaben
Dominant-feindselig:
− Abwertungen gegenüber GM, Therapeut*innen, Therapiemethode
− Kritisieren des therapeutischen Vorgehens bei einem GM
Als Therapeut*in mit Freundlichkeit reagieren:
− Gründe der Bewertung oder Verhalten erfragen
− Wohlwollende Hypothesenbildung („das Beste annehmen“)
− Bereitschaft Fehler und Versäumnisse einzugestehen
− Bereitschaft eigenes Verhalten zu korrigieren
− Ärger validieren, erst dann Kritik üben
Hilfreiche Annahmen für Schwierige Gruppensituationen (aus der DBT)
− Patient*innen wollen sich wirklich verbessern
− Patient*innen geben sich wirklich Mühe
− Patient*innen können in Therapie nicht versagen
Training Emotionaler Kompetenzen: Modell mit 7 Teilen
Ablauf Training Emotionaler Kompetenzen
Basis
was ist Stress?
Emotionen und Stress
Muskel- und Atementspannung, Ultrakurzentspannung, PMR
Bewertungsfreie Wahrnehmung
Wofür haben wir Emotionen? achtsam wahrnehmen
primäre und sekundäre Emotionen (Gefühlszwiebel)
psychische Grundbedürfnisse
Akzeptanz von Emotionen
Akzeptanzfahrplan:
1. Innere Erlaubnis für Emotion Geben
2. Begründung für Erlaubnis
3. Emotionen als Verbündete
4. Belastbarkeit bewusst machen
5. Vergänglichkeit von Emotionen
Selbstmitgefühl und Selbstunterstützung
sich um sich selbst kümmern und freundlich sich selbst gegenüber sein
Analyse von Emotionen
ABC-Analyse
Zielgefühl festlegen -> wo will ich hin? z.B. zufrieden sein
Regulation
Emotionen regulieren
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