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Internationales Vertragsrecht

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by Marius M.

Rom II - Artikel 4, 17 und 18 (Haftung, Deckung, Direktanspruch bei Verkehrsunfällen)

1. Artikel 4 Rom II: Haftung bei Verkehrsunfällen

  • Grundregel (Abs. 1):

    • Erfolgsortprinzip: Anwendbares Recht ist das Deliktsrecht des Unfallortes.

    • Beispiel: Unfall in den Niederlanden → Niederländisches Deliktsrecht gilt.

  • Ausnahme (Abs. 2):

    • Gewöhnlicher Aufenthalt: Wenn beide Parteien ihren gewöhnlichen Aufenthalt im selben Staat haben, gilt das Recht dieses Staates.

    • Beispiel: Beide Fahrer mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland → Deutsches Deliktsrecht.

  • Ausweichklausel (Abs. 3):

    • Wenn der Sachverhalt eine offensichtlich engere Verbindung zu einem anderen Recht aufweist, kann dieses zur Anwendung kommen.

2. Artikel 17 Rom II: Verhaltensvorgaben (Lokale Verkehrsregeln)

  • Grundsatz:

    • Das Verhalten der Unfallbeteiligten wird immer nach den Verkehrsregeln des Unfallortes beurteilt (Local Data).

    • Beispiel: Rechts- oder Linksverkehr, Vorfahrtsregeln und zulässige Höchstgeschwindigkeit.

      Absoluter Vorrang:

      Artikel 17 gilt immer unabhängig davon, welches Deliktsrecht (Art. 4) angewendet wird.

3. Artikel 18 Rom II: Direktanspruch gegen Haftpflichtversicherer

  • Anwendbares Recht für den Direktanspruch:

    • Variante 1: Recht des Unfallorts.

      • Beispiel: Unfall in Frankreich → Französisches Recht regelt den Direktanspruch.

    • Variante 2: Recht des Versicherungsvertrags.

      • Beispiel: Versicherungsvertrag nach deutschem Recht → Deutsches Versicherungsrecht regelt den Direktanspruch.

Ergänzungen aus der Vorlesung:

  • Praktische Vereinheitlichung in der EU:

    • In allen EU-Mitgliedstaaten existiert ein Direktanspruch auf Grundlage der EU-Kfz-Haftpflichtversicherungsrichtlinie (2009/103/EG).

    • In der Praxis führt es zu keiner Abweichung, ob das Recht des Unfallorts oder des Versicherungsvertrags gilt.

Möglicher Klausurfall

  • Sachverhalt:

    • Ein deutscher Fahrer (A) kollidiert in Amsterdam mit einem französischen Fahrer (B).

    • Fahrzeug von A: Haftpflichtversicherung in Deutschland.

    • Fahrzeug von B: Haftpflichtversicherung in Frankreich.

    • A möchte einen Direktanspruch gegen die Versicherung von B geltend machen.

  • Lösungsschritte:

    1. Haftung (Art. 4):

      • Unfallort in Amsterdam → Niederländisches Deliktsrecht (Art. 4 Abs. 1).

    2. Verhalten (Art. 17):

      • Niederländische Verkehrsregeln sind maßgeblich.

    3. Direktanspruch (Art. 18):

      • Variante 1: Niederländisches Recht regelt den Direktanspruch.

      • Variante 2: Französisches Versicherungsvertragsrecht regelt den Direktanspruch.

    4. Ergebnis:

      • Durch die EU-Kfz-Haftpflichtversicherungsrichtlinie besteht in beiden Varianten ein Direktanspruch.

Merksätze (inkl. Ergänzungen)

  • Artikel 4: Haftungsrecht = Erfolgsortprinzip, Ausnahme bei gemeinsamem gewöhnlichem Aufenthalt.

  • Artikel 17: Verkehrsregeln des Unfallortes gelten immer.

  • Artikel 18: Direktanspruch durch EU-weite Vereinheitlichung immer gegeben, unabhängig von der Variante.


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Marius M.

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