Ist der Folgenbeseitigungsanspruch (FBA) in Drittbeteiligungsfällen anwendbar?
e.A.:
Dagegen könnte sprechen, dass es sich beim erstrebten Erfolg um einen belastenden Verwaltungsakt ggü. einem Dritten handelt, für den nach dem Grundsatz vom Gesetzesvorbehalt eine ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage erforderlich ist. Insoweit könnten Bedenken bestehen, weil der FBA nur gewohnheitsrechtlich anerkannt ist. Folgt man diesen Bedenken, so kann der FBA nur im Zweipersonenverhältnis Bürger-Staat, nicht aber im Dreipersonenverhältnis Anwendung finden, soweit die Folgenbeseitigung in der Belastung eines Dritten besteht.
a.A.:
Diese Bedenken können im Ergebnis nicht durchgreifen. Sie vermengen zwei getrennt voneinander zu beurteilende Fragen miteinander, nämlich (1) die Frage der Anspruchsgrundlage und (2) die Frage der rechtlichen Möglichkeit der Folgenbeseitigung:
(zu 1) Der Bürger, der von den Folgen eines rechtswidrigen VA betroffen wird, hat einen Anspruch gegen die Behörde auf Folgenbeseitigung. Dieser Anspruch besteht im Verhältnis Bürger-Behörde unabhängig davon, ob die Behörde zur Beseitigung der Folgen etwa einen VA gegen Dritte erlassen muss.
(zu 2) Muss die Behörde im Einzelfall zur Beseitigung der Folgen einen VA erlassen, so greift ohne Zweifel im Verhältnis Behörde-Dritter der Grundsatz vom Gesetzesvorbehalt. Der Behörde ist die Folgenbeseitigung in diesen Fällen nur möglich, wenn sie eine Ermächtigungsgrundlage zum Einschreiten gegen den Dritten hat.
Auf welchen Zeitpunkt ist zur Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Sicherstellung (§ 38 ASOG) abzustellen?
Nach einer Auffassung handelt es sich bei der Sicherstellung nicht um einen Dauerverwaltungsakt, weil das originäre Regelungsziel einer Sicherstellung, eine gegenwärtige Gefahr zu beseitigen, mit der polizeilichen Inbesitznahme der Sache und deren Überführung in öffentliche Verwahrung erreicht ist; die weitern Folgen einer Sicherstellung ergeben sich vielmehr unmittelbar uas dem Gesetz un beruhen nicht auf der durch den Bescheid verfügten Anordnung.
Nach anderer Auffassung ist eine Sicherstellung ein Dauerverwaltungsakt. Zwar kommt es auf eine gegenwärtige Gefahr im Moment der Sicherstellungverfügung an, aber bei Geld soll eine andauernde Gefahr durch das Geld oder für das Geld abgewehrt werden, so dass es - abgesehen von einem Fall des § 41 I 1 ASOG - auf eine andauernde Rechtmäßigkeit der Verfügung ankommt.
Stellungnahme:
Der Streit kann dahinstehen, da auch nach der zweitgenannten Auffassung bei einer Anfechtungsklage gegen einen Dauer-VA die Sicherstellung im Zeitpunkt der Vornahme rechtmäßig gewesen sein muss.
Maßgeblicher Zeitpunkt sowohl für die Tatsachenfeststellung als auch für die Prognoseentscheidung ist daher hier zunächst der Zeitpunkt des Erlasses der Sicherstellungsverfügung.
Ist bei der Vollstreckung eines sofort vollziehbaren Verwaltungsaktes im laufenden Vollstreckungsverfahren bzgl. Folgeakte (isolierte Androhung, Festsetzung, Anwendung) die Rechtmäßigkeit der Grund-Verfügung zu prüfen?
m.M.:
Nach einer Mindermeinung soll ea auch rechtsstaatlichen Gründen ausgeschlossen sein, dass eine Behörde einen noch nicht bestandskräftigen Verwaltungsakt ohne Rücksicht auf seine Rechtmäßigkeit vollstreckt und damit das mögliche Unrecht aus dem Verwaltungsakt durch seine Vollstreckung noch vertieft. Es bestehe in diesem Fall vielmehr ein Rechtswidrigkeitszusammenhang zwischen der Rechtswidrigkeit der Grund-Verfügung und der Rechtswidrigkeit von Folgeakten. Für diese Sichtweise spreche im Übrigen auch ein Umkehrschluss aus § 18 I 3 VwVG, der Einwendungen gegen die Grund-Verfügung (nur) im Fall der Unanfechtbarkeit der Grundverfügung ausschließe.
h.M.:
Gegen die Prüfung der Rechtmäßigkeit der (noch anfechtbaren, aber sofort vollziehbaren) Grund-Verfügung spricht zum einen der Wortlaut des § 6 I VwVG: ist der Verwaltungsakt sofort vollziehbar (§ 80 II VwGO), so ist er vollstreckbar. Darüber hinaus verkennt die mM, dass auch eine rechtswidrige (nicht nichtige) Grund-Verfügung Tatbestandswirkung hat, an die auch die Gerichte gebunden sind, sofern sie nicht zur Kontrolle der Grund-Verfügung berufen sind. Schließlich trennt das Vollstreckungsrecht zum Zwecke der Effektivität der Vollstreckung die Primär- und die Vollstreckungsebene. Aus diesen Gründen müssen Einwendungen gegen die Grund-Verfügung gegen diese selbst geltend gemacht werden. Rechtsstaatliche Bedenken bestehen hiergegen nicht, weil es der Betroffene in der Hand hat, nicht nur die Folgeakte, sondern auch die Grund-Verfügung anzugreifen.
Die Rechtmäßigkeit der Grund-Verfügung ist deshalb für die Rechtmäßigkeit der Folgeakte grds. irrelevant.
Streitig ist, ob iRd gestreckten Verfahrens (§ 6 I VwVG)) nicht zumindest bei der Anforderung von Kosten eine inzidente Rechtmäßigkeitsprüfung aller vorausgegangenen, noch nicht bestandskräftigen Verwaltungsakte zulässig und geboten ist.
Dafür könnte sprechen, dass die Behörde im Ergebnis Kostenerstattung nur verlangen kann, wenn die Maßnahme insgesamt rechtmäßig war, und dass nach erfolgter Vollstreckung ein Einwendungsausschluss zum Zwecke der Effektivität der Vollstreckung nicht mehr erforderlich ist.
Nach der Dogmatik des Vollstreckungsrechts kommt es für die Rechtmäßigkeit der Zwangsanwendung (z.B. der Durchführung der Ersatzvornahme) gerade nicht auf die Rechtmäßigkeit, sondern allein auf die Wirksamkeit der vorangegangenen Verwaltungsakte an.
OLG NRW: Voraussetzung des Kostenerstattungsanspruchs ist die Rechtmäßigkeit der Ersatzvornahme. Diese hängt davon ab, dass ein unanfechtbarer oder vollziehbarer auf die Vornahme einer Handlung gerichteter Verwaltungsakt, ferner eine wirksame Androhung … und ein wirksamer Bescheid über die Festsetzung der Ersatzvornahme vorliegen. Tragender Grundsatz des Verwaltungsvollstreckungsrechts ist, dass die Wirksamkeit und nicht die Rechtmäßigkeit vorausgegangener Verwaltungsakte Bedingung für die Rechtmäßigkeit der folgenden Akte und letztlich die Anwendung des Zwangsmittels ist. Der Betroffene kann also über eine Anfechtung nur der Vollstreckungsmaßnahme nicht die diesbezügliche Grundverfügung beseitigen.
Der h.M. ist zuzustimmen. Es besteht kein Grund von der Systematik des Vollstreckungsrechts abzuweichen. Der Betroffene wird dadurch nicht rechtsschutzlos gestellt. Er kann und muss gegen den Verwaltungsakt vorgehen, den er für rechtswidrig hält.
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