Überblick
I. Echte Unterlassungsdelikte
Der Unterlassungsvorwurf ist asudrücklich im Text der Gesetzesnorm verankert
z.B.: § 123 (Hausfriedensbruch) oder § 323c (Unterlassene Hilfeleistung)
II. Unechte Unterlassungsdelikte
Damit sind Straftatbestände gemeint, die nur dann zu einer Strafbarkeit durch Unterlassen führe, wenn der Täter eine Rechtspflicht zum Handeln (Garantenstellung) innehat (vgl. § 13 StGB)
III. Neutrale Unterlassungsdelikte
Dies sind nach h.M. solche Deilkte die sowohl durch aktives Tun als auch Unterlassen ohne Garantenstellung begangen werden können
Bsp: § 266 I Var. 2 StGB (Untreue) oder § 339 StGB (Rechtsbeugung)
Prungsaufbau - Unechtes Unterlassungsdelikt (§ 13 StGB)
I. Tatbestand
1. Erfolg
2. Unterlassen
Bei doppelt relevanten Verhaltensweisen (Tun und Unterlassen) kommt es auf den Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit an
3. Physisch-reale Möglichkeit
Dem Garant muss die physisch-reale Möglichkeit der Erfolgsabwendung gegeben sein.
4. Quasi-Kausalität
Abwandung der Äquivalenztheorie: Das Unterlassen ist kausal für den Erfolgseintritt, wenn dieser bei Hinzudenken der gebotenen Handlung entfiele
5. Garantenstellung
s. separate Karte
6. Entsprechensklausel
Relevant bei verhaltensgebundenen Delikten (z.B. §§ 224 I Nr. 3, 263 I StGB)
7. Vorsatz
8. Sonstige subjektive Merkmale
z.B. Zeignungsabsicht beim Diebstahl, aber auch die subjektiven Mordmerkmale
9. (P): Abgrenzung Täterschaft und Teilnahme an einer Unterlassungstat
II. Rechtswidrigkeit
1. Insb. Pflichtenkollision
Kollision zwei gleichwertiger Handlungspflichten, von der jedoch nur eine erfüllt werden kann
III. Schuld
1. Insb. Zumutbarkeit
Durch Abwägung der betreffenden Rechtsgüter (die des Gefährdeten und des Garanten) ist festzustellen, ob dem Garant die Rettungshandlung zumutbar ist
Garantenstellung
I. Beschützergarant
Voraussetzung für die Beschützergarantenstellung ist, dass es ein Rechtsgut (bzw. Rechtsgutträger) gibt, dem Gefahren von außen drohen. Die Rechtspflicht, diese Rechtsgüter vor den Gefahren zu beschützen, kann sich u.a. aus den untenstehenden Bedingungen ergeben
Gesetz
z.B.: Verantwortlichkeit der Ehepartner untereinander (§ 1353 BGB) oder die elterliche Sorge (§ 1626 I BGB)
Vertrag
Tatsächliche Übernhame
Es kann sich aus den tatsächlichen Umständen - unabhängig von einem etwaigen vertraglichen Verhältnis - die Übernahme einer Garantenstellung ergeben
z.B.: Nachbarn, die aus Gefälligkeit das Kind betreuen
Gefahrgemeinschaft
Mindestens zwei Personen gehe ich Situation ein, die nach allgemeiner Ansicht gefährlich ist. Auch wissen die Personen, dass sie, sollte sich die Gefahr realisieren, füreinander verantwortlich sind
z.B.: Expedition (Bergsteigen etc.)
Enge persönliche Verbundenheit
Unstrittig fallen hierunter wie die Beziehung Verlobter
(P): Welche Anfoderungen an eine langjährige Beziehung oder Freundschaft zu stellen sind.
Bewertung im Einzelfall anhand der Kriterien: Dauer, mögliches Zusammenwohnen, generelle Intensität der Verbindung
II. Überwachergarant
In diesen Fällen ist der Garant dafür verantwortlich die Auswirkungen einer von sich geschaffenen Gefahr zu begrenzen bzw. zu reduzieren
Ingerenz
Hierbei geht es um ein gefährliches Vorverhalten
(P): Erfordernis der Rechtswidrigkeit des Vorverhaltens
h.L.: Bestrafung wegen Unterlassen aus Ingerenz bei einer rechtmäßigen Gefährdung würde zu Wertungswidersprüchen führen, da die Straflosigkeit des Vorverhalten durch Bestrafung des Nachverhaltens umgangen wird. Außerdem ist keine Strafbarkeitslücke gegeben, da regelmäßig die Voraussetzungend es § 323c StGB gegeben sind
Std. Rsp. (BGH): Aufgrund der zeitlichen und/oder umständlichen Zäsur ist die Bejahung einer Garantenpflicht aus Ingerenz gerechtfertigt
Gefahrenquelle
Verantwortlichkeit des Betreibers, dass andere Personen aufgrund der geschaffenen Gefahr keinen Schaden erleiden
z.B.: Betreiben einer Baustelle oder eines Atomkraftwerkes
Verhalten Dirtter
z.B.: Eltern sind dafür verantwortlich, dass ihre Kinder den Rechten oder Rechtsgütern anderer keinen Schaden zufügen
Beteiligung durch Unterlassen
I. Problemstellung
Durch die aktive Tat eines anderes lebt die Rechtspflicht zum handeln auf. Nun stellt sich die Frage, ob das Unterlassen der gebotenen Handlung als Beihilfe zu verstehen oder vielmehr Mittäterschaft anzunehmen ist
Bsp.: Der Ehemnann prügelt sein Kind derart, dass dies nicht mehr vom Erziehungsrecht gedeckt ist. Die Mutter des Kindes sieht das und könnte auch einschreiten, tut dies aber nicht. Sie könnte sich daher gegebenenfalls durch eine Beteiligung durch Unterlassen strafbar gemacht haben, da sie Garantin ist. Fraglich ist bei der Beteiligung durch Unterlassen, ob sie Täterin oder nur Gehilfin durch Unterlassen ist.
I. e.A.: Stets Täterin
Nach dieser Auffassung ist die Unterlassene stets Täterin, da sie ihre Pflicht als Garantin verletzt
II. a.A.: Stets Gehilfin
Die Vertreter:innen dieser Ansicht nehmen gründend auf der Figur des Tatgeschehens an, dass die Unterlassende nur Randfigur des Geschehens sei
III. h.L.: Tatherrschaft
Die herrschende Lehre wendet hier - wie auch bei der Begehung durch aktives Tun - die Figur der Tatherrschaft an. Diese Ansicht kommt dem entstprechend nur in Ausnahmefällen zu dem Ergebnis, dass Täterschaft vorliegt.
IV. Std. Rsp. (BGH): Täterwillen
Auch die Rechtsprechung stellt analog ihrer Handhabung der Fälle des aktiven Tuns ab, hier auf den Täterwillen. Es ist also zu fragen, welche innere Einstellung die Person zur Tat hatte (insgeheime Billigung oder Verachtung).
V. a.A.: Differnezierung nach Garantenstellung
Nach dieser Auffassung ist danach zu differenzieren, ob die Unterlassene eine Beschützer- oder Überwachergarantenpflicht trifft. Demzufolge ist der Beschützergarant stets Täter, da er näher am Rechtsgut ist, als der Überwachergarant, der folglich stets Gehilfe ist.
Unterlassene Hilfeleistung (§ 323c StGB)
I. Prüfungsschema
1. Notsituation
Unglücksfall oder
Ein Unglücksfall ist eine Situation, die in der konkreten Ausgestaltung zu nicht ganz unerheblichen Verletzungen führen könnte
gemeine Not oder
gemeine Gefahr
2. Unterlassen der Hilfeleistung
3. Erforderlichkeit
Die Hilfeleistung ist dann erforderlich, wenn es dem zu Rettenden auf anderem Wege nicht möglich ist, gerettet zu werden. D.h., wenn er sich nicht selbst aus der Position befreien kann oder Dritte keine Hilfe anbieten.
4. Zumutbarkeit
5. Vorsatz
Nichtanzeige geplanter Straftaten (§ 138 StGB)
I.Prüfungsschema
1. Anzeigeverpflichteter
Nicht zur Anzeige verpflichtet sind
Täter oder Teilnehmer der Straftat
Grundsatz "nemo tenetum": Niemand muss an seiner eigenen Strafverfolgung mitwirken
Den von der Straftat Bedrohten
2. Vorhaben / Ausführung
Unter Vorhaben versteht man das ernstliche Planen einer der im Katalog des § 138 StGB enumerativ aufgeführten Taten
3. Glaubhaftes Erfahren
Der Anzeigeverpflichtete muss ernsthaft mit der Ausführung der Tat rechnen
4. Zeitpunkt
Zu diesem Zeitpunkt muss die Ausführung der Tat möglich sein, aber der Erfolg noch abgewendet werden können.
5. Möglichkeit
6. Zumutbarkeit
Gem. § 35 StGB kann es dem Anzeigeverpflichteten nicht zumutbar sein, die Anzeige zu erstatten (z.B. wenn diese einen Angeörigen oder eine andere ihm nahestehende Person dadurch belastet werden würde)
Gem. § 139 StGB
7. Vorsatz oder Leichtfertigkeit
Leichtfertig handlet, wer grob fahrlässig handelt bzw. wem sich die richtige Handlungsweise hätte aufdrängen müssen
Insb. § 139 II, III 2, 3 StGB
IV. Strafe
Tätige Reue gem. § 139 III 1, IV StGB
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