Buffl

Objektiver Tatbestand

PG
by Paul G.

Ausschluss der objektiven Zurechnung: Irrtum über den Kausalverlauf

Grundfall 

  • Der Erfolg tritt ein, aber auf einem anderen Weg als vom Täter vorgesehen

    • Prüfung: Liegt die Abweichung innerhalb der Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren, dann ist der Irrtum unbeachtlich und der Vorsatz bleibt bestehen

Zweiaktige Geschehensabläufe

  1. Versuch + Fahrlässigkeit (Jauchegrubenfall)

    • Erster Akt wird vorsätzlich herbeigeführt, jedoch erfolglos 

    • Zweiter Akt wird vollendet, jedoch fahrlässig 

      • h. M. (Vollendungslösung): Obwohl die Todesursache erst durch die spätere Verdeckungshandlung herbeigeführt wurde, schließt dies eine Anknüpfung an die durch den ersten Akt geschaffene rechtlich missbilligte Gefahr für das Leben des Opfers nicht aus. Nach allgemeiner Lebenserfahrung kommt ein verspäteter (ungewollter) Erfolgseintritt durch eine Zweithandlung relativ häufig vor und ist daher grundsätzlich einzukalkulieren. Anders gesagt: ein solcher Kausalverlauf hält sich noch im Rahmen des Voraussehbaren und wohnt folglich dem durch die Ersthandlung gesetzten Ausgangsrisikos inne.

      • a. A. (Versuchslehre): Die beiden Akte sind isoliert zu betrachten und stellen zwei selbstständige Handlungsabschnitte dar.

        • Dafür spricht: Die Vollendungslösung ist eine unzulässige Umgehung der sich aus der gesetzlich vorgeschriebenen Koinzidenz von V orsatz und Tathandlung ergebenden Konsequenzen: bei Begehung der Tat – vgl. § 16 I und II StGB. Dass der Täter bei der maßgeblichen Tötungshandlung – und damit „bei Begehung der Tat“ – keinen Tötungsvorsatz (§ 16 I 1 StGB) mehr hat, kann nicht dadurch überwunden werden, dass man in unzulässiger Weise auf seinen Tötungsvorsatz bei der Ersthandlung abstellt.

        • Dagegen spricht: Die Zurechnung des Erfolges zur Ersthandlung lässt sich nicht einfach damit ablehnen, dass noch weitere Handlungen vom Täter vor- genommen wurden. Der ersten Handlung wohnt zwar nicht ohne weiteres die sich konkret realisierende Gefahr inne, doch war sie ursächlich dafür, dass sich das Opfer nicht mehr wehren bzw. selbst aus der Jauchegrube retten konnte. Es war daher nicht ausschließlich das Werfen der Person in die Grube, die die Todesgefahr geschaffen hat, sondern auch die Ersthandlung (Herbeiführung der Bewusstlosigkeit). Eine isolierte Betrachtung der Handlungen verkennt genau dieses Zusammenwirken für den konkreten Erfolg. Zudem spricht § 16 StGB von „bei Begehung der Tat“ und setzt nicht voraus, dass der Tötungsvorsatz auch in allen relevanten Phasen und vor allen Dingen nicht bis zum Eintritt des Erfolges fortbestehen muss. Von einer Umgehung der Koinzidenz kann daher nicht gesprochen werden.

    • Im Ergebnis der h.M.: Unbeachtlicher Irrtum: Täter setzt bereits mit der ersten Handlung zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar an

      • Wertung als einheitliches Geschehen -> Vorsatz hinsichtlich des vollendenten Delikts 

  2. Fahrlässigkeit + Versuch (Entführungsopfer stirbt im Kofferraum)

    • Erster Akt ist erfolgreich, wird jedoch fahrlässig begangen 

    • Zweiter Akt bleibt aus oder bleibt im Versuch stecken

    • Beachtlicher Irrtum: Täter setzt nicht unmittelbar zum zweiten Akt an, da noch wesentliche Zwischenschritte - in der Vorstellung des Täters - erfolgen sollen.

      • Vorsatz hinsichtlich des vollendeten Totschalgs (-)

      • Vorsätzliche Freiheitsberaubung mit Todesfolge (+)


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Paul G.

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