Kausalität
Conditio Formel
Eine Handlung ist kausal für einen bestimmten Erfolg, wenn sie nicht weggedacht werden kann, ohne dass auch der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele.
Bezeichnungen
Bedingungstheorie, Äquivalenztheorie
Keine hypothetischen Ersatz- oder Reserveursachen
Inhalt
Es ist unbeachtlich, ob (wenig später) der gleiche Erfolg durch eine andere Handlung eingetreten wäre.
Bezug zur Conditio-Formel: Der Erfolg muss in seiner konkreten Gestalt entfallen
Beispiel
T erschießt O, bevor dieser in ein Flugzeug steigt, das später abstürzt.
Anknüpfende Kausalität
Voraussetzungen
Die Handlung des A kann nicht weggedacht werden, ohne dass der Tod des O entfiele. Jedoch ist für den konkreten Taterfolg der B verantwortlich.
Kein Abbruch der ersten Kausalkette
Fortwirkung der Ersthandlung
A sticht auf I ein und lässt diesen (noch) lebend zurück. B findet O auf und und erschießt diesen.
Strittig
Die Handlung des A ist zwar kausal für den Tod des O, aber kann A möglicherweise einen anderen Zurechnungsausschluss zum Vollendungsdelikt geltend machen?
Überholende Kausalität
Unterbrechung der Kausalkette durch eigenverantwortliches Dazwischentreten eines Dritten.
Abbrechen der ersten Kausalkette
Auslösen eines neuen Kausalverlaufes
Herbeiführung des konkreten Erfolges allein duch den neuen Kausalverlauf
A verabreicht O ein Gift. Noch bevor dieses lethal wirkt, erschießt B den O
B ist verantwortlich für den Taterfolg. A lediglich für den Versuch
Kumulative Kausalität
Die Handlung des einen kann nicht weggedacht werden, ohne dass der Erfolg ausbliebe
Handlung mindestens einer weiteren Person zur Verwirklichung des Erfolges erforderlich
A und B geben unabhängig voneinander jeweils für sich nicht, aber im Zusammenwirken, lethale Giftdosen in den Tee des O.
Folgen
Kausalität (+)
Zurrechnungsausschluss (+), da der Erfolg nicht allein das Werk einer Person ist
Versuchter Totschlag, Mord
(gefährliche) Körperverletzung
Alternative Kausalität
Mehrere Bedingungen, die zwar alternativ, aber nicht kummulativ weggedacht werden können, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele
A und B geben jeweils letale Dosen Gift in den Tee des O. Die Handlungen können jeweils weggedacht werden, ohne dass der Erfolg entfiele
Folge
Jede Handlung ist für den Erfolg kausal
Abwandlung der Conditio-Formel
Wenn mehrere zeitgleich wirkende Bedingungen, die zwar kummulativ, jedoch nicht alternativ weggedacht werden können, ohne dass der Erfolg in seiner konkreten Gestalt entfiele, so ist jede dieser Bedingungen für den Erfolg kausal.
Ausschluss der objektiven Zurechnung: Irrtum über den Kausalverlauf
Grundfall
Der Erfolg tritt ein, aber auf einem anderen Weg als vom Täter vorgesehen
Prüfung: Liegt die Abweichung innerhalb der Grenzen des nach allgemeiner Lebenserfahrung Voraussehbaren, dann ist der Irrtum unbeachtlich und der Vorsatz bleibt bestehen
Zweiaktige Geschehensabläufe
Versuch + Fahrlässigkeit (Jauchegrubenfall)
Erster Akt wird vorsätzlich herbeigeführt, jedoch erfolglos
Zweiter Akt wird vollendet, jedoch fahrlässig
h. M. (Vollendungslösung): Obwohl die Todesursache erst durch die spätere Verdeckungshandlung herbeigeführt wurde, schließt dies eine Anknüpfung an die durch den ersten Akt geschaffene rechtlich missbilligte Gefahr für das Leben des Opfers nicht aus. Nach allgemeiner Lebenserfahrung kommt ein verspäteter (ungewollter) Erfolgseintritt durch eine Zweithandlung relativ häufig vor und ist daher grundsätzlich einzukalkulieren. Anders gesagt: ein solcher Kausalverlauf hält sich noch im Rahmen des Voraussehbaren und wohnt folglich dem durch die Ersthandlung gesetzten Ausgangsrisikos inne.
a. A. (Versuchslehre): Die beiden Akte sind isoliert zu betrachten und stellen zwei selbstständige Handlungsabschnitte dar.
Dafür spricht: Die Vollendungslösung ist eine unzulässige Umgehung der sich aus der gesetzlich vorgeschriebenen Koinzidenz von V orsatz und Tathandlung ergebenden Konsequenzen: bei Begehung der Tat – vgl. § 16 I und II StGB. Dass der Täter bei der maßgeblichen Tötungshandlung – und damit „bei Begehung der Tat“ – keinen Tötungsvorsatz (§ 16 I 1 StGB) mehr hat, kann nicht dadurch überwunden werden, dass man in unzulässiger Weise auf seinen Tötungsvorsatz bei der Ersthandlung abstellt.
Dagegen spricht: Die Zurechnung des Erfolges zur Ersthandlung lässt sich nicht einfach damit ablehnen, dass noch weitere Handlungen vom Täter vor- genommen wurden. Der ersten Handlung wohnt zwar nicht ohne weiteres die sich konkret realisierende Gefahr inne, doch war sie ursächlich dafür, dass sich das Opfer nicht mehr wehren bzw. selbst aus der Jauchegrube retten konnte. Es war daher nicht ausschließlich das Werfen der Person in die Grube, die die Todesgefahr geschaffen hat, sondern auch die Ersthandlung (Herbeiführung der Bewusstlosigkeit). Eine isolierte Betrachtung der Handlungen verkennt genau dieses Zusammenwirken für den konkreten Erfolg. Zudem spricht § 16 StGB von „bei Begehung der Tat“ und setzt nicht voraus, dass der Tötungsvorsatz auch in allen relevanten Phasen und vor allen Dingen nicht bis zum Eintritt des Erfolges fortbestehen muss. Von einer Umgehung der Koinzidenz kann daher nicht gesprochen werden.
Im Ergebnis der h.M.: Unbeachtlicher Irrtum: Täter setzt bereits mit der ersten Handlung zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar an
Wertung als einheitliches Geschehen -> Vorsatz hinsichtlich des vollendenten Delikts
Fahrlässigkeit + Versuch (Entführungsopfer stirbt im Kofferraum)
Erster Akt ist erfolgreich, wird jedoch fahrlässig begangen
Zweiter Akt bleibt aus oder bleibt im Versuch stecken
Beachtlicher Irrtum: Täter setzt nicht unmittelbar zum zweiten Akt an, da noch wesentliche Zwischenschritte - in der Vorstellung des Täters - erfolgen sollen.
Vorsatz hinsichtlich des vollendeten Totschalgs (-)
Vorsätzliche Freiheitsberaubung mit Todesfolge (+)
Objektive Zurechnung
Definition
Der Täter muss eine rechtlich relevante Gefahr geschaffen haben, die sich im tatbestandsmäßigen Erfolg realisiert hat.
Prüffrage
Ist der tatbestandsmäßige Erfolg das Werk des Täters?
Ausschlussgründe der Zurechnung
Täter hat keine rechtlich relevante Gefahr geschaffen
Der Erfolg wäre auch bei rechtmäßigem Alternativverhalten eingetreten
Die von ihm geschaffene Gefahr hat sich nicht realisiert
Unterbrechung des Zurechnungszusammenhanges
Ausschluss der objetiven Zurechnung: Erlaubtes Risiko
Defintion
Risiken, die von der Gesellschaft akzeptiert werden
Risiko im öffentlichen Straßenverkehr
Abstrakte Prüfung
Wenn das Handeln des A den B einem erlaubten Risiko aussetzt (leiht im z.B. sein Auto), ist darin keine Schaffung einer rechtlich relevanten Gefahr zu sehen.
Ausschluss der objetiven Zurechnung: Risiko-/ Zurechnungszusammenhang
Der Risikozusammenhang bezeichnet den Zusammenhang von geschaffener Gefahr und dem tatbestandsmäßigen Erfolg.
Ein solcher Zusammenhang besteht nicht, wenn sich in dem Erfolg eine andere, durch
den Zufall oder
eine andere Person (Dritter oder Opfer)
geschaffene Gefahr realisiert.
Atypischer Kausalverlauf
Dies ist dann gegeben, wenn ein Geschehen nach der Tat außerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung liegt.
Bsp.: A schägt auf O ein und lässt diesen verletzt zurück. Der Rettungswagenfahrer wird auf der Fahrt ins Krankenhaus erschossen und verunfallt anschließend, wobei O stirbt.
Ausschluss der objektiven Zurechnung: Freiverantwortliche Selbstgefährung
Von Willens- und Wissensmängeln freie Selbstverletzungen sind nicht als strafrechtliches Unrecht erfasst
Der Schutzzweck von z.B. §§ 212, 222, 223, 229 StGb endet dort, wo der eingene Verantwortungsbereich des Rechtsgutinhabers beginnt
Maßstab der Eigen- und Freiverantwortlichkeit
Einwilligungslösung (h.M.)
Die individuelle Einwilligunsfähigkeit des "Opfers" ist maßgeblich. D.h. es ist entscheidend, ob die einwilligende Person aufgrund seiner geistigen und sittlichen Reife in der Lage ist, die Konsequenzen des eigenen Tuns voll zu erfassen.
Exkulpationslösung (a.A.)
Die Vorschriften der §§ 20, 35 StGB und § 3 des Jugendgerichtsgesetzes (der für „Jugendliche“, also Täter, die bereits 14 aber noch nicht 18 Jahre alt sind eine besondere Prüfung der strafrechtlichen „Verantwortlichkeit“ vorsieht) vergleichend heranzuziehen.
In den Fällen der freiverantwortlichen Selbstgefährung wird bereits keine rechtlich relevante Gefahr geschaffen.
Ausschluss der objektiven Zurechnung: Einverständliche Fremdgefährung
Abgrenzung zwischen Eigen- und findet maßgeblich anhand des Kriteriums der Tatherrschaft statt
Wer beherrscht das Geschehen?
A verkauft dem B Drogen. Dieser konsumiert diese überdosiert und stirbt daran. Ist A der Tod des B zuzurechnen?
Grundsätze
Strengere Maßstäbe an die einverständliche Fremdgefährung als an die Selbstgefährung
Folglich entfällt die strafrechtliche Haftung des Mitwirkenden nicht so leicht
Wenn der Dritte das Tatgeschehen hinreichend beherrscht, ist die Zurechenbarkeit zu bejahen.
Ausschluss der objektiven Zurechnung: Realisierung eines anderen Risikos
Der Erfolg ist nur zurechenbar, wenn sich Risiken verwirklichen, vor denen die Norm schützen will
T fährt über eine rote Ampel und überfährt einen Kilometer weiter einen Radfahrer. Das Risiko, das durch das Missachten der roten Ampel geschaffen wird, realisiert sich eben nicht im Überfahrend es Radfahrers.
Ausschluss der objektiven Zurechnung: Rechtmäßiges Alternativverhalten
Die objektive Zurechnung entfällt, wenn der Taterfolg auch ohne die Schaffung der rechtlich missbilligten Gefahr eingetreten wäre.
Ein Autofahrer überfährt ein spielendes Kind mit überhöhter Geschwindigkeit. Jedoch wäre es dem Autofahrer aufgrund der Begebenheiten auch bei angemessener Geschwindigkeit unmöglich gewesen, die Kollision zu vermeiden.
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