Was sind die Stadien einer Krise?
Mit fortschreitender Krisenstufe geht ein größerer Handlungsdruck für die Geschäftsleitung sowie ein abnehmender Handlungsspielraum einher. Je früher eine Krise also erkannt wird, desto langfristiger und effektiver können entsprechende Gegenmaßnahmen eingeleitet und umgesetzt werden.
Stakeholder Krise
Strategiekrise
Produkt- und Absatzkrise
Ertragskrise
Liquiditätskrise
existenziellen Krise —> Feststellung der Insolvenzreife.
Was ist das Hauptziel des StaRUG?
Das StaRUG zielt darauf ab, Unternehmen frühzeitig Handlungsoptionen zur Abwendung einer Insolvenz zu bieten. Wichtige Ziele:
Krisenfrüherkennung: Geschäftsführer müssen Risiken überwachen und Maßnahmen ergreifen (§ 1 StaRUG).
Präventive Restrukturierung: Erstellung von Restrukturierungsplänen, auch gegen den Willen einzelner Gläubiger (Cram-down).
Gläubigerschutz: Vermeidung krisenverschärfender Entscheidungen.
Liquiditätsplanung: Engmaschige Überwachung mit 24-monatigem Prognosezeitraum.
Das StaRUG trat am 1. Januar 2021 in Kraft und setzt eine EU-Richtlinie um.
Welche Verpflichtungen haben Geschäftsführer gemäß §1 StaRUG?
Gemäß § 1 StaRUG müssen Geschäftsführer von haftungsbeschränkten Unternehmen:
Fortlaufend Risiken überwachen und bei Gefahr geeignete Maßnahmen ergreifen.
Bericht erstatten an Überwachungsorgane und ggf. andere Organe einbeziehen.
Ein Krisenfrüherkennungssystem einrichten, das Gefahren frühzeitig erkennt.
Alle Maßnahmen dokumentieren.
Diese Pflichten sollen Krisen rechtzeitig erkennbar und bewältigbar machen.
Welche Anforderungen muss ein Krisenfrüherkennungssystem (KFS) nach dem StaRUG erfüllen?
Das KFS muss bestandsgefährdende Entwicklungen, nachteilige Veränderungen sowie potentielle Risiken und Krisensignale für das Unternehmen frühzeitig erkennen können.
Die wirtschaftliche und finanzielle Situation des Unternehmens muss mit einem Prognosezeitraum von 24 Monaten laufend überwacht werden.
Es sind eindeutige Zuständigkeiten in die Organisationsstruktur des Unternehmens zu implementieren, um ein regelmäßiges und engmaschiges Reporting in Bezug auf Krisensignale aus den einzelnen Unternehmensbereichen an die Geschäftsleitung gewährleisten zu können.
Sämtliche Maßnahmen sind zu dokumentieren.
Welche Vorteile bietet ein Restrukturierungsplan im Vergleich zu einer Sanierung im Einvernehmen aller Gläubiger?
Ein Restrukturierungsplan gemäß StaRUG bietet gegenüber einer Sanierung im Einvernehmen aller Gläubiger folgende Vorteile:
Überstimmung einzelner Gläubiger (Cram-down): Akkordstörer können überstimmt werden, wenn 75 % der Stimmrechte je Gruppe zustimmen.
Planbarkeit und Rechtssicherheit: Gerichtliche Planbestätigung schützt vor späteren Anfechtungen.
Flexibilität: Der Schuldner entscheidet, welche Gläubiger einbezogen werden.
Keine Einstimmigkeit nötig: Blockaden durch einzelne Gläubiger werden vermieden.
Gerichtliche Unterstützung: Maßnahmen wie Stabilisierungsanordnungen oder Planprüfungen erleichtern die Umsetzung.
Präventive Maßnahmen: Nutzbar bei drohender Zahlungsunfähigkeit, um Insolvenzen zu vermeiden.
Kosteneffizienz: Geringere Kosten und weniger Eingriffe als im Insolvenzverfahren.
Der Plan bietet Flexibilität, Effizienz und Sicherheit, besonders bei komplexen Krisen.
Welche Rolle spielt die Sanierungsmoderation nach §§94–100 StaRUG?
Die Sanierungsmoderation ist ein flexibles, vertrauliches und konsensuales Verfahren, das speziell darauf abzielt, kleinere oder weniger komplexe Restrukturierungen zu erleichtern. Es bietet Unternehmen die Möglichkeit, frühzeitig und außergerichtlich Lösungen mit Gläubigern zu finden, ohne aufwendige gerichtliche Verfahren
Welche Maßnahmen kann ein Restrukturierungsgericht im Rahmen des StaRUG anordnen?
Stabilisierungsanordnungen (§§ 49–51 StaRUG): Temporärer Schutz vor Vollstreckungen, Sicherung des Restrukturierungsvorhabens (max. 8 Monate).
Vollstreckungsschutz (§ 49 StaRUG): Gilt nur für Gläubiger im Plan, ausgenommen Arbeitnehmerforderungen und Sozialbeiträge.
Planbestätigung (§ 60 StaRUG): Gerichtliche Bestätigung macht den Restrukturierungsplan rechtsverbindlich, auch gegen widersprechende Gläubiger.
Prüfung und Genehmigung (§§ 45–47 StaRUG): Vorprüfung und Bestätigung der Gläubigerabstimmung durch das Gericht.
Weitere Maßnahmen (§ 49 ff. StaRUG): Einsetzung eines Sachwalters und Sicherung der Verfahrensziele, z. B. durch Kooperationspflichten.
Inwiefern ermöglicht das StaRUG die Durchsetzung von Maßnahmen gegen den Willen einzelner Gläubiger?
Das StaRUG ermöglicht die Durchsetzung von Maßnahmen gegen den Willen einzelner Gläubiger durch den Einsatz eines Restrukturierungsplans mit folgenden Mechanismen:
Cram-down:
Einzelne Gläubiger oder ganze Gläubigergruppen, die einem Restrukturierungsplan nicht zustimmen, können überstimmt werden.
Voraussetzung: Mindestens 75 % der Stimmrechte in jeder betroffenen Gläubigergruppe müssen zustimmen (§ 25 StaRUG).
Gruppenübergreifende Mehrheitsentscheidung:
Selbst wenn eine Gruppe den Plan ablehnt, kann er genehmigt werden, wenn bestimmte Kriterien erfüllt sind (z. B. keine schlechtere Stellung als ohne Plan, § 27 StaRUG).
Gerichtliche Planbestätigung:
Ein Restrukturierungsgericht kann den Plan auch gegen Einwände einzelner Gläubiger bestätigen (§§ 60 ff. StaRUG), sofern die gesetzlichen Anforderungen erfüllt sind.
Diese Instrumente schaffen die Möglichkeit, Sanierungen auch gegen sogenannte Akkordstörer durchzusetzen und die Umsetzung des Restrukturierungsvorhabens zu sichern
Was sind die drei zentralen Insolvenzeröffnungsgründe gemäß der InsO?
Zahlungsunfähigkeit (Allgemeiner Insolvenzeröffnungsgrund, löst Insolvenzantragspflicht aus)
Drohende Zahlungsunfähigkeit (gilt nur bei Eigenantrag als Insolvenzgrund - Ermöglicht Schutzschirm und Restrukturierungsverfahren)
Überschuldung (gilt nur bei juristischen Personen und Personengesellschaften ohne persönlich haftenden Gesellschafter als Insolvenzeröffnungsgrund, löst Insolvenzantragspflicht aus - Ermöglicht Schutzschirm und Restrukturierungsverfahren )
Wie wird Zahlungsunfähigkeit gemäß §17 InsO definiert?
Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.
Was versteht man unter drohender Zahlungsunfähigkeit gemäß §18 InsO?
Drohende Zahlungsunfähigkeit nach § 18 InsO liegt vor, wenn ein Schuldner voraussichtlich innerhalb von 24 Monaten seine Zahlungspflichten nicht erfüllen kann. Sie ermöglicht einen Eigenantrag auf Insolvenz, verpflichtet aber nicht dazu.
Welche Rolle spielt die Fortführungsprognose bei der Überschuldung nach §19 InsO?
Die Fortführungsprognose spielt eine zentrale Rolle bei der Beurteilung der Überschuldung nach § 19 InsO, da sie entscheidet, ob eine rechnerische Überschuldung zur Insolvenzreife führt:
Positive Fortführungsprognose:
Liegt vor, wenn das Unternehmen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit seine Verbindlichkeiten in den nächsten 12 Monaten erfüllen kann.
Ergebnis: Keine Überschuldung, auch wenn die Aktiva die Passiva nicht decken.
Negative Fortführungsprognose:
Liegt vor, wenn die Zahlungsfähigkeit in den nächsten 12 Monaten nicht gesichert ist.
Ergebnis: Eine rechnerische Überschuldung führt zur Insolvenzreife.
Die Fortführungsprognose erfordert eine nachvollziehbare Vermögens-, Finanz- und Ertragsplanung und ist entscheidend, ob ein Insolvenzantrag gestellt werden muss.
In welchen Fällen löst drohende Zahlungsunfähigkeit keine Insolvenzantragspflicht aus?
Drohende Zahlungsunfähigkeit führt nicht zu einer Insolvenzantragspflicht, da sie keine akute Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung darstellt. Sie erlaubt Unternehmen vielmehr, präventive Maßnahmen zu ergreifen, wie Sanierungs- oder Restrukturierungsverfahren, um eine Verschärfung der Krise abzuwenden.
Bei drohender Zahlungsunfähigkeit hat der Schuldner die Möglichkeit, einen Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu stellen.
Ein Fremdantrag durch Gläubiger ist auf Basis der drohenden Zahlungsunfähigkeit nicht möglich, da dieser Insolvenzgrund nur dem Schuldner selbst zur Verfügung steht.
Welche Handlungsoptionen bestehen außerhalb des Gesellschafterkreises bei Vorliegen von Insolvenzgründen?
Bei Insolvenzgründen stehen folgende Handlungsoptionen außerhalb des Gesellschafterkreises zur Verfügung:
Rangrücktritt: Forderung wird nachrangig, verhindert Überschuldung und verbessert die Bilanzstruktur.
Stundung: Hinauszögern der Fälligkeit, entlastet Liquidität und verhindert Zahlungsunfähigkeit.
Forderungsverzicht: Verzicht auf Forderungen, beseitigt Überschuldung und verbessert Bonität.
Debt-Equity-Swap: Umwandlung von Forderungen in Eigenkapital, stärkt die Eigenkapitalbasis.
Vertragsneuverhandlung: Anpassung von Verträgen, reduziert finanzielle Belastungen.
Schutzschirm- oder Restrukturierungsverfahren: Schutz vor Gläubigervollstreckung, ermöglicht gerichtliche Sanierungsplanung.
Diese Maßnahmen stabilisieren die Liquidität, berücksichtigen Gläubigerinteressen und adressieren Insolvenzgründe.
Wie funktioniert ein Debt-Equity-Swap als Sanierungsmaßnahme, und welche Risiken birgt er?
Ein Debt-Equity-Swap wandelt Gläubigerforderungen in Eigenkapital um, meist durch Kapitalerhöhung. Ziel ist die Stabilisierung des Unternehmens durch Schuldenabbau, Stärkung der Eigenkapitalbasis und Verbesserung der Liquidität.
Beseitigung von Überschuldung: Abbau von Verbindlichkeiten stärkt die Bilanz.
Liquiditätsentlastung: Weniger Schulden schafft mehr Spielraum.
Sanierungsinstrument: Gläubiger können aktiv am Unternehmen mitwirken.
Differenzhaftung: Forderungen müssen werthaltig sein.
Verlust von Sicherheiten: Gläubiger wird zum Gesellschafter.
Interessenskonflikte: Neue Gesellschafter könnten bestehende Strukturen beeinflussen.
Steuerliche Risiken: Mögliche Sanierungsgewinne.
Ein Debt-Equity-Swap bietet Flexibilität, erfordert aber sorgfältige rechtliche und steuerliche Planung.
Was wird unter rechnerischer Überschuldung verstanden?
Die rechnerische Überschuldung nach § 19 InsO wird durch eine Überschuldungsbilanz ermittelt, die das Verhältnis von Aktiva (Liquidationswerte) zu Passiva betrachtet.
Negatives Eigenkapital: Liegt vor, wenn die Passiva die Aktiva übersteigen (Nachrangforderungen ausgeschlossen).
Fortführungsprognose: Eine positive Prognose verhindert die Insolvenzreife trotz Überschuldung.
Bewertung: Vermögenswerte werden meist zu Liquidationswerten angesetzt, bei Sanierungsplänen ggf. zu Ertragswerten.
Die rechnerische Überschuldung ist entscheidend für die Insolvenzantragspflicht nach § 15a InsO, falls keine positive Fortführungsprognose vorliegt.
Welche Handlungsoptionen bestehen aus dem Gesellschafterkreis bei Vorliegen von Insolvenzgründen?
Handlungsoptionen aus dem Gesellschafterkreis:
Eigenkapitalzufuhr oder Gesellschafterdarlehen: Finanzielle Unterstützung zur Stabilisierung.
Patronatserklärung: Zusicherung wirtschaftlicher Unterstützung.
Sanierende Umwandlung: Restrukturierung durch Verschmelzung, Spaltung oder Formwechsel.
Kapitalherabsetzung/Kapitalschnitt: Anpassung des Kapitals zur Beseitigung der Unterbilanz und Stärkung der Eigenkapitalbasis.
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