Was ist Psychodynamik
eine psychische Kräftelehre
Verschiedene Kräfte wirken einander entgegen und eine Dynamik entsteht
„... die Lehre von psychischen Kräften und deren Wechselwirkungen zur Erklärung von Erleben und Verhalten.“
„Psychodynamik meint das nicht bewusste, innere Kräftespiel im Hintergrund des bewussten Erlebens und Verhaltens stattfinden.“
Es entstehen innere Spannungen, die bedrohlich und anstrengend sind, so dass „Notlösungen“ oder Gegenregulationen gefunden werden müssen à Symptombildung
Psychodynamische Verfahren
Die TP umfasst ätiologische orientierte Therapieformen, mit welcher unbewusste Psychodynamik aktuell wirksamer neurotischer Konflikte und struktureller Störungen unter Beachtung von Übertragung, Gegenübertragung und Widerstand behandelt werden. (Psychotherapie-Richtlinien)
„Tiefe meint zum einen das Tiefgründige, das Wahrhaftige, Innerste und Substanzielle ... zum anderen liegt in der Tiefe aber auch das Niedere, das Dunkle, Abgründige und Körperliche.“
unter der Oberfläche des Bewusstseins
Abgrenzung AP / TP
Die tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie beruht auf den Grundlagen der Psychoanalyse und ihren Weiterentwicklungen
1967 erfolgte die Einführung der Richtlinien zur Differenzierung der Therapieverfahren in der Krankenbehandlung
AP/TP Gemeinsamkeiten
Psychologie des Unbewussten
unbewusste psychodynamische Prozesse und Konflikte
Einbeziehung frühkindlicher Erfahrungen und deren
Weiterwirken im „Hier und Jetzt“
Betrachtung der Therapeuten-Patienten-Beziehung mit
ihren realen, wie auch ihren Übertragungs-Anteilen
Unterschiede der TP zur AP
Zentrierung auf die aktuelle Symptomatik und ihren Konflikthintergrund
Eingrenzung der Regression
Fokussierung
Wirkfaktoren: Grawe
Grawe: schulenübergreifendes Modell, in dem er die allgemeinen Wirkfaktoren von Psychotherapie postuliert:
Therapeutische Beziehung
Problemaktualisierung (Problem unmittelbar erlebbar machen,durch Erzählen, Imagination, Konfrontation u. ä.)
Ressourcenaktivierung (Fähigkeiten,Interessen, Persönlichkeitsmerkmale, Motivationen u. ä.)
Problembewältigung (konkrete Handlungsorientierung; z.B. Emotionsregulation, soziale Kompetenzen, Kommunikation)
Motivationale Klärung (Erforschung von bewussten und unbewussten Zielen, Werten, Erwartungen, um sich über sich selbst klarer zu werden)
Wirkfaktoren Orlinsky & Howard
Orlinsky & Howard:
Allgemeines Modell der PT, nach dem vier Faktoren bzw. deren Passung für einen gelingenden therapeutischen Prozess wesentlich sind:
1. Störungdes Patienten
2. Behandlungsmodell des Therapeuten
3. Person des Patienten
4. Person des Therapeuten
Agieren
unbewusste Handlungen, um unbewusste Konflikte zu inszenieren. Verdrängte frühere Gefühle/Wünsche werden durch Handeln in der Gegenwart ausgelebt.
Containing
„Behälterfunktion“. Therapeut nimmt das für den Patienten unverdauliche, nicht-symoblisierbare, nicht-verbalisierbare auf, um es zu verdauen und es dem Patienten in Form von einer Deutung zur Wiederaufnahme anzubieten (siehe Bion)
Freie Assoziation
alle Gedanken, Gefühle, Fantasien, die einem in den Sinn kommen. „Dem flüchtig Vorbeiziehendem eine Stimme geben.“
Gleichschwebende Aufmerksamkeit
kein Element bevorzugen; unvoreingenommen zu hören
Holding
mütterlich-haltende Funktion des Therapeuten (vs. väterlich- konfrontierende Haltung) (siehe Winnicott)
Konversion
Übertragung eines psychischen Inhaltes in ein körperliches Symptom; Symbolisierung über den Körper
Regression
Rückfall in ein frühes und strukturell niedriges Niveau
Therapeutische Ich-Spaltung
Fähigkeit, das ICH in einen beobachtenden und einen erlebenden Teil zu zerteilen. Die Regression auf den therapeutischen Prozess begrenzen.
Übertragung / Gegenübertragung (konkordante & komplementäre)
Widerstand
alle unbewussten, vorbewussten und bewussten Kräfte, die sich gegen den Zugang zum Unbewussten stellen und somit gegen den Fortschritt der Therapie
Wiederholungszwang
unbewusste Tendenz, leidvolle Erfahrungen immer wieder herzustellen und damit Vertrautes zu wiederholen. Ziel ist es den Wiederholungszwang zu verstehen, um dann aus ihm herauszukommen. Das Lustvolle am W.: Was ich kenne gibt mir Sicherheit; selbsterfüllende Prophezeiung; Widerstand gegen Neues/Unbekanntes
3 Grundpfeiler der therapeutischen Haltung
1. Abstinenz=keinegegenseitigeBefriedigungvon Beziehungswünschen! Keine privaten Treffen mit den
Patienten!
2. Neutralität=gleichenAbstandzuallenInstanzen
3. Anonymität=TherapeutalsleereProjektionsfläche
§6 Abstinenz
Drei Modelle der Symptomentstehung
1) Konfliktpathologie
2) Strukturpathologie
3) Traumapathologie
Konflikt
innere unbewusste Konflikte zwischen Vorstellungen/Motive, die mit anderen Normen, Werten, Gedanken nicht vereinbar sindàes entsteht eine innere Spannung
Konfliktpathologie
Missglückter Lösungsversuch eines innerpsychischen Konflikt. Ursprünglich zwischenmenschliche Konflikte werden im Laufe des Lebens zu intrapsychischen Konflikten (Instanzenkonflikt, Wunsch vs. Abwehr etc.). Intrapsychische Konflikte können dann als soziale Konflikte reexternalisiert und inszeniert werden.
Auslösende Situation à Versuchungs- Versagungssituation
Aktueller Konflikt ist eine Reaktualisierung eines Konfliktes aus der Kindheit
Symptombildung als Kompromiss, mit dem Ziel der Angst- und Spannungsreduktion
Aufrechterhaltende Faktoren: primärer & sekundärer Krankheitsgewinn
Repetitive Konfliktmuster müssen...
Erlebens- und verhaltensbestimmend sein
dysfunktional sein
durch einen Leitaffekt identifizierbar sein
im Übertragungsgeschehen validiert werden können
Konfliktpathologie...ursprünglich
Konfliktpathologie...heute
Struktur
Struktur = psychische Funktionen, um sich selbst und seine Beziehung zu inneren und äußeren Objekten zu regulieren
Struktur ist ein relativ zeitstabiles Konstrukt
Strukturpathologie
Zentrale Frage: Wie reguliert sich der Patient?
Strukturpathologie = Defizitmodell, d.h. es gibt strukturelle Entwicklungsdefizite. Oft als Folge frühkindlicher Beziehungsstörungen.
Symptombildung: Leiden resultiert aus dem als unerträglich erlebten Verhalten anderer Menschen
Strukturelle Pathologien zeigen sich in der Regel in Form von Regulationsstörungen —> Untersteuerung!
Strukturelle Pathologien zeigen sich im Außen
Das klinische Bild...
Symptomatik: vielfältige, oft uneindeutige psychische Beschwerden
Affekterleben: von Affekten geflutet werden oder entleert sein
Beziehungen: interpersonelle Schwierigkeiten
Selbsterleben: Patient versteht sich selbst nicht, fehlende Orientierung
Verhalten: dysfunktionale, selbstschädigende, befremdliche Reaktionen
Traumapathologie
sind nicht aus frühen Persönlichkeitsentwicklungsstufen abgeleitet
es liegt eine psychische Nicht-Verarbeitung von überflutenden Erlebnissen vor
überwältigende emotionale Erfahrungen ziehen psychische Folgen nach sich
ICD-10: F43.1 (PTBS): ...Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation mit außergewöhnlicher Bedrohung, die bei fast jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde. Typische Merkmale: Flashbacks, Alpträume, emotionale Stumpfheit, Teilnahmelosigkeit, Schreckhaftigkeit, Gefühl des Betäubtseins, Freudlosigkeit etc.
Symptombildung nach traumatischem Ereignis
sowohl die Traumafolgestörung als auch die strukturelle Entwicklungsstörung weisen strukturelle Auffälligkeiten auf!
Bei der Traumapathologie geht man von einem sekundären Einbruch in das strukturelle Gefüge aus
Mögliche strukturelle Folgen einer Traumatisierung:
Gefühle der Überflutung durch Affekte (Affektregulation)
Misstrauen (Bindung)
Gefühl der unvermeidlichen Verwicklung/Verstrickung mit anderen
(Selbst-Objekt-Differenzierung)
Fehlendes inneres Sicherheitsgefühl
Unsicherheit infolge dissoziativer Symptomatik
Behandlungstechniken: Empathie
griechisch: empatheia = Leidenschaft, intensives Gefühl
„das affektive Nachempfinden der vermuteten Emotion eines anderen auf Basis des kognitiven Verstehens dieser Emotion, bei Aufrechterhaltung der „Selbst-Andere-Differenzierung“
Empathiefähigkeit
1. FähigkeitzurAffektansteckung
2. FähigkeitzurPerspektivübernahme
3. DenKontextsozialerSituationenundBezugssystemeverstehen
4. sichhinreichendvondeneigenenEmotionenabgrenzenkönnen
—> Emotionale Resonanzfähigkeit und kognitive Fähigkeiten
Empathisches Verstehen durch:
BeachtungderGegenübertragungsgefühle
SichindenPatientenhineinversetzenundversuchen,seineGefühle nachzuempfinden
VersuchderDifferenzierung,welcheAffektederPatienterlebtund welche er nicht erleben kann/möchte/darf und daher abwehrt
Klarifikation/Klärung
nachfragen, zusammenfassen, ordnen, verstehen, präzisieren
„Wie meinen Sie das?“
„Wie haben Sie sich da gefühlt?
„Was bedeutet „kompliziert“ für Sie?“
„Was fällt ihnen dazu noch ein?“
„Woran erinnert Sie das?“
Konfrontation
Widersprüche aufzeigen
„Mir fällt auf, dass Sie schwierige Themen immer erst in der letzten
Minute ansprechen.“
„Als Sie über Ihre Mutter gesprochen haben, haben Sie auf den
Boden gestarrt.“
Deutung
Hypothesen anbieten, um emotionale Einsicht zu erreichen
Das manifeste Erleben in einen Zusammenhang bringen mit
unbewussten Motiven und Wünschen
Deutungen auf Grundlage von Beobachtungen, dem szenischen
Verstehen und der Analyse der Gegenübertragung
„Kann es sein, dass Sie Ihre Kollegin so erleben, wie Sie früher
Ihre Mutter erlebt haben?“
„Kann es sein, dass Sie so undeutlich sprechen, weil Ihnen eine
weitere Auseinandersetzung mit dem Thema unangenehm ist?“
Durcharbeiten
Ausdauernde Arbeit gegen den Wiederholungszwang
Konfrontation, Klärung und Deutung variiert wiederholen, bis der
Patient dies selbstständig kann bzw. bis der Wiederholungszwang aufgehoben ist
Besonderheiten tiefenpsychologischer Behandlungstechniken (auch bei modifizierter PA)
Regressionsbegrenzung: Behandlung im Sitzen, niederfrequent, aktivere und direktivere Haltung des Therapeuten, Fokus auf Inhaltsdeutungen
Fokusbildung: Beschränkung auf einen bedeutsamen Konfliktbereich und dessen konfliktdynamischen Hintergrund
Strukturgebende/Haltgebende Interventionen: Entspannungstechniken, supportive Imaginationen, Strukturierung, Entpathologisierung etc.
Prinzip Antwort: Alternative zum Deuten bei strukturell gestörten Patienten; selektiv authentische Mitteilung der eigenen Gegenübertragungsgefühle
Behandlungstechniken: Konfliktpathologie
Konfliktaufdeckend
Bewusstmachung von Unbewusstem
Klären/Klarifizieren, Konfrontieren, Deuten, Durcharbeiten
Behandlungstechniken: Strukturpathologie
Struktur vorgeben
real bleiben, nicht frei assoziieren
nicht deuten
Holding (Winnicott)
Containing (Bion)
Therapeut als Hilfs-Ich
Strukturpathologie Ziel
Förderung der Patienten in ihren Fähigkeiten
z. B. sich selbst beruhigen können
sich selbst verstehen
Selbstreflexion
Affektdifferenzierung
Impulssteuerung
Empathie
Bindung
Strukturpathologie Therap. Haltung
Die therapeutische Haltung ist aktiver, nicht so zurückhaltend wie bei Konfliktpathologien.
Hilfs-Ich-Funktion des Therapeuten
„Nachbeelterung“
Spiegeln & markieren von Affekten
ermutigen, anleiten, Grenzen setzen
Behandlungstechniken: Traunapathologie
Stabilisierung: ähnlich wie bei der Strukturbezogenen Psychotherapie. (Selbstberuhigung und Emotionskontrolle erreichen, Ressourcenmobilisierung)
Traumakonfrontation: z. B. imaginative Techniken; mit dem Ziel die traumatischen Ereignisse erfahrbar und bearbeitbar zu machen
Integration: Einordnung des Geschehens in die eigene Lebensgeschichte
Aufbau einer verlässlichen Patienten-Therapeuten-Beziehung durch:
zur Verfügung stehen
Anteilnehmende Beobachtungen
Positive Resonanz geben
Wir-Bildung
Selektiv authentische Mitteilungen
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