Warum koexistieren trotzdem so viele Arten in der Natur?
Artenkoexistenz wird durch verschiedene Faktoren ermöglicht.
räumliche und zeitliche Heterogenität (Vielfalt/Unterschiedlichkeit) der Umwelt
Störungen
Zeitliche Heterogenität:
Umweltbedingungen verändern sich über Zeit
Jahreszeitlich:
Unterschiedliche Jahrszeiten bringen unterschl. Umweltbedingungen mit sich -> Arten (z.b. Pflanzenarten) blühen zu untersch. Jahreszeiten
Tageszeitlich:
Unterschiede zwischen Tag und Nacht (Temperatur, Licht, Aktivität etc.) -> tagaktive und nachtaktive Arten vermeiden Konkurrenz
Räumliche Heterogenität:
Umwelt räumlich unterschiedlich
Ressourcenverteilung:
Unterschiedliche Gebiete bieten unterschiedliche Ressourcen -> Gewässer mit versch. Tiefen, die unterschl. Temperaturen/Nährstoffe enthalten
Habitatdiversität:
Untersch. Lebensräume innerhalb Landschaft (z. B. Wälder, Wiesen, Feuchtgebiete) fördern Koexistenz
Einfluss von Störungen:
Brände, Stürme, Überschwemmungen oder menschliche Eingriffe verändern das Ökosystem und schaffen neue Nischen
Störungen können neue Lebensräume schaffen und Verteilung von Ressourcen verändern
Störungen verhindern, dass dominante Arten langfristig alle Ressourcen nutzen, und schaffen Raum für weniger konkurrenzstarke Arten (Überschwemmungen können invasive Arten verdrängen und Vielfalt erhöhen)
Zusatz:
Faktoren räumliche und zeitliche Heterogenität sowie Störungen zeigen, dass Koexistenz möglich ist, selbst wenn Arten ähnliche Ressourcen teilen oder ähnliche ökologische Nischen haben. => Mechanismen trennen die Nutzung von Ressourcen zeitlich oder räumlich und verhindern so direkte Konkurrenz
Art A: Ein Baum mit flachen Wurzeln, der Wasser aus der oberen Bodenschicht zieht
Art B: Ein Baum mit tiefen Wurzeln, der Wasser aus der tieferen Bodenschicht zieht
Obwohl beide Bäume Wasser als Ressource nutzen, vermeiden sie Konkurrenz durch die räumliche Trennung ihrer Wasseraufnahme (räumliche Heterogenität)
Was besagt die “Intermediate disturbance hypothesis”?
Beschreibt, wie Häufigkeit und Intensität von Störungen die Artenvielfalt im Ökosystem beeinflussen. -> Artenvielfalt am höchsten bei mittlerer Störung
Niedrige Störungen: (schwache oder wenig Störungen)
Klimaxarten (langsam wachsende, gut angepasste Arten) dominieren Ökosystem -> sind in stabilen Bedingungen konkurrenzstärker
Artenvielfalt gering -> Pionierarten und weniger konkurrenzfähige Arten werden verdrängt
Hohe Störungen: (intensive und häufige Störungen)
Starke Störung des Ökosystems -> wenig Zeit für Entwicklung von stabilen Klimaxarten
Nur Überleben von Pionierarten (schnell wachsende, anpassungsfähige Arten) -> Artenvielfalt niedrig
=> Bei mittlerer Störung -> gute Mischung aus Klimaxarten und Pionierarten! -> höchste Artenvielfalt
Pionierarten: besiedeln als Erste eine neue oder gestörte Fläche
Was ist “Räubervermittelte Koexistenz”?
=> predator-mediated-coexistence
Konzept: Räubervermittelte Koexistenz
Definition: Raubtiere können die Artenvielfalt in einem Ökosystem fördern, indem sie die Populationen bestimmter Arten (meist dominante Konkurrenten) kontrollieren. Dadurch verhindern sie, dass diese dominanten Arten alle Ressourcen übermäßig beanspruchen und weniger konkurrenzfähige Arten verdrängen.
=> Ermöglichen Überleben von konkurrierenden Arten, die möglicherweise durch dominierende Art verdrängt worden wären
Beispiel: Seestern
Seestern -> Räuber der Muscheln (die auf Felsen in der Küstenzone leben)
Ohne Seestern -> Muschelpopulation (besonders Mytilus-Arten) würde stark wachsen und fast gesamte Fläche auf den Felsen besetzen und andere Arten verdrängen (Algen, Schnecken oder andere Schalentiere)
Mit Seestern -> kontrolliert die Muschelpopulation durch Fressen -> verhindert, dass Muscheln gesamte Fläche einnehmen und schaft Platz für andere Arten/Felsbewohner
=> Artenvielfalt mit Räuber deutlich höher!
Beruht auf dem Keystone-species-Konzept
„Keystone-Species“ (Schlüsselart) ist eine Art, die, obwohl sie zahlenmäßig nicht dominant ist, einen überproportional großen Einfluss auf Struktur und Gleichgewicht des Ökosystems hat
Was ist die Merkmalsverschiebung (Character displacement)?
=> Evolution Konsequenzen der Konkurrenz
Merkmalsverschiebung -> bezeichnet evolutionäre Veränderung von phänotypischen Merkmalen (z.B. Körpergröße, Schnabelform), bei einer oder mehreren Arten, um Konkurrenz zu reduzieren, wenn sie in direkter Konkurrenz zueinander stehen.
=> meistens bei Arten, die im gleichen Gebiet vorkommen und um ähnliche Ressourcen konkurrieren
Beispiel: Samengröße und Schnabelbreite
Situation ohne Konkurrenz:
Vogelart mit durchschnittlicher Schnabelgröße -> mittlere Samen fressen (kleine und große Schnäbel nicht stark selektiert)
Situation mit Konkurrenz:
zweite Vogelart mit ähnlicher Schnabelgröße wandert in demselben Lebensraum ein -> Konkurrenz um mittlere Samengröße
Individuen mit extremen Merkmalen (große und kleine Schnäbel) sind im Vorteil -> können auf andere Ressourcen ausweichen
Langfristige Konsequenzen:
Über Zeit entwickeln sich zwei deutlich unterschiedliche Gruppen innerhalb der Art (z. B. kleine Schnäbel und große Schnäbel)
Bei ausreichender Isolation (z. B. durch räumliche oder reproduktive Barrieren) können sich Gruppen langfristig zu zwei getrennten Arten entwickeln
Lebenszyklen: life-history
Was sind Lebenszyklusmerkmale?
Lebenszyklusmerkmale sind Eigenschaften eines Organismus, die seine Fortpflanzung und Überlebensfähigkeit an seine Umwelt beeinflussen.
=> Stellen die Hauptkomponente der Fitness dar -> bestimmen, wie fit ein Organismus ist, also wie erfolgreich er seine Gene weitergibt
Beispiele:
Größe bei der Geburt -> Größere Tiere können oft besser überleben
Lebensdauer -> Je länger ein Tier lebt, desto mehr Fortpflanzungschancen hat es
Wachstumsrate -> Schnelles Wachstum hilft, früher reproduktiv zu werden
=> Selektion wirkt oft auf die Variationen der Life-history-Merkmale
Gibt es einen optimalen “Lebenszyklus” ?
In der Theorie ja -> “Darwinian Daemon”
=> Organismus, der unbegrenzt Energie hätte und folgende Eigenschaften…
Geschlechtsreif bei Geburt
Unendliche Zahl an Nachkommen
Ewiges Leben
Warum ist das nicht möglich? -> es gibt Trade-Offs
Ressourcen wie Energie, Zeit und Nährstoffe sind begrenzt
=> Organismus muss entscheiden, wie er diese Ressourcen auf Überleben, Wachstum und Fortpflanzung verteilt
Lebenszyklen mehrjähriger Organismen.
Iteropare Organismen (mehrfache Reproduktion)
Saisonale Reproduktion: Angepasst an jahreszeitliche Rhythmen z.B. temperierte Pflanzenarten
Kontinuierliche Reproduktion: keine feste Fortpflanzungszeit z.B. Arten in tropischen Regionen, wo Klima konstant ist
Semelpare Organismen (einmalige Reproduktion)
Organismen investieren ihre gesamte Energie in einen einzigen, aufwendigen Fortpflanzungsakt
Die Aufteilung der Ressourcen auf verschiedene Komponenten des Lebenszyklus ist ein Kompromiss.
Das Konzept der R- und K-Strategen wurde eingeführt, um Lebensstrategien von Organismen zu erklären. Organismen haben begrenzte Ressourcen und investieren diese Ressourcen in unterschiedliche Aspekte ihres Lebenszyklus, was szu Trade-Offs führt.
R-Strategen = Blattläuse, Fruchtfliegen
Populationsdichte niedrig (meist unter der Tragekapazität)
Lebensstrategien:
schnelle Entwicklung und Reifung
kleine Körpergröße
Frühe Reproduktion
kurzlebigkeit
Merkmale: Strategie -> viele Nachkommen, aber investieren wenig in deren Pflege
K-Strategen = Elefanten, Wale
Populationsdichte hoch (nahe der Tragekapazität)
langsame Entwicklung und verzögerte Reifung
große Körpergröße, geringe Nachkommenzahl
längere Lebensdauer
Merkmale: Strategie wenig Nachkommen, aber viel Zeit in deren Aufzucht und Pflege
Probleme des Konzepts:
beschreibt zwei Extreme, aber in der Natur gibt es Übergangsformen -> Organismen haben Mischung der Merkmale
geht von Gegensatz zwischen diesen Strategien aus -> spiegelt nicht immer Realität wieder = in Ökosystemen oft Kombination beider Strategien
Besser wäre es die Organismen in slow- und fast-life-histories einzuteilen, welches ein “neueres Konzept” darstellt.
Organismen werden danach eingeteilt, wie schnell oder langsam ihre Lebenszyklen ablaufen und wie sie ihre Ressourcen investieren.
Warum ist das Konzept besser?
keine starren Kategorien -> Organismen werden nicht versucht in eine von zwei Schubladen gepresst zu werden
Reflektiert reale Muster in der Natur
Merkmale:
Fast
Slow
Späte Reproduktion
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